Protokoll der Sitzung vom 29.03.2011

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Bern- hard Pohl (FW))

Liebe Freunde, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Sie haben die Sparkassen in dieses Drama mit hineingeritten. Die Staatsregierung war dafür zuständig, dass auch die Sparkassen 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro verloren haben. Der Wertverlust beläuft sich auf das Dreibis Vierfache. Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen. Und wenn Ihre Sparkassen daheim immer

sagen, das hätten sie alles wertberichtigt und abgeschrieben, dann haben Sie auch das Geld vernichtet, nämlich das Geld der Kommunen, der Gewährträger, der Landkreise, der Städte und Gemeinden, die die Eigentümer sind, liebe Freunde.

(Beifall bei der SPD)

Dann komme ich zu Dr. Naser. Er ist fulminant gestartet und hat alles an sich gerissen. Das ist eine Fehlleistung, die er hier hingelegt hat, ist an Arroganz, an Selbstüberschätzung, an Großmannssucht nicht zu übertreffen. Aber da hat er sich bei der Staatsregierung in guter Gesellschaft befunden.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Er hat dafür gesorgt, und Sie haben ihm die Vorlage dafür geliefert, dass die Bank gekauft worden ist - zu schnell, überteuert, ohne eine Prüfung vorgenommen zu haben, ohne eine Einschränkung festzulegen, was Garantien und Haftungen betrifft. Ein Kaufvertrag für 1,625 Milliarden Euro auf 23 Seiten ist durchgerutscht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne Tischvorlagen. Da hat selbst der CSU-Fraktionsvorsitzende gesagt: Das stand ja nicht auf der Tagesordnung. Ja, wissen Sie denn, dass diese Bayerische Landesbank, dieses grandiose Unternehmen nicht einmal eine Geschäftsordnung hat? Da ist nicht einmal geregelt, was wie auf die Tagesordnung kommt. Jeder "Bauernbürgermeister" draußen muss sich an das halten, was in der Bayerischen Gemeindeordnung steht, und hier macht man, was man will.

(Alexander König (CSU): Na, na, na!)

- Doch, das ist so. Die Bürgermeister bekommen gleich eine Dienstaufsichtsbeschwerde, wenn sie die Tagesordnung nicht richtig aufstellen, und hier kümmert sich kein Mensch drum. Darauf muss Herr Fahrenschon in Zukunft ein wenig mehr achten.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Die Finanzkrise, die hier die ganze Zeit angesprochen wird, kommt nicht von ungefähr, sondern Sie haben sie selber produziert. Da brauchen Sie jetzt nicht zu lamentieren.

Zu Herrn Schaidinger, der immer noch an seinem Stuhl klebt und uneinsichtig ist - er hat uns auch mit hineingeritten, denn er ist der Vertreter unseres Bayerischen Städtetags - dann kann ich nur sagen: Mancher fällt auch einmal mit seinem Stuhl um, und das kann ihm jetzt passieren.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Wir von der SPD haben dafür gesorgt, dass die Verjährungsfristen verlängert werden. Deshalb machen wir uns im Moment keine großen Sorgen. Wir haben es gehört: Die Frist läuft länger als bis 2013. Und der Sonntag vorgestern sollte der FDP auch ein bisschen zu denken geben: Schnell kann man wieder weg sein von der Regierung. Wir werden die Zeit nutzen, um die, die dieses Drama verursacht haben, zur Rechenschaft zu ziehen.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Es geht um Schadenersatz- und Haftungsansprüche. Das Geld der Bürgerinnen und Bürger muss wieder zurück in die Staatskasse, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Deshalb kann man auch feststellen, dass es nach wie vor kein Geschäftsmodell bei der BayernLB gibt. Das Papier, das bei der EU eingereicht worden ist, datiert ich habe es mir extra aufgeschrieben - vom 17. März 2009. Fortschreibungen sind uns in der Landesbank-Kommission bisher nicht vorgelegt worden. Am kommenden Donnerstag haben wir wieder eine Sitzung der Landesbank-Kommission. Ich bin gespannt, ob wir da etwas Neues hören.

Tatsache ist, dass die Landesbank ihre Kernkompetenzen völlig vernachlässigt hat. Sie hat in Amerika, sie hat in Schanghai, sie hat rund um den Erdball den Global Player geben wollen, dabei aber leider vergessen, dass die Musik daheim in Bayern spielt. Die Landesbank soll die heimische Wirtschaft stärken, sie ins Ausland begleiten, und sie soll vor allem ein Partner der Kommunen sein. Das hat sie alles vergessen.

Sie haben leider nichts daraus gelernt. Lieber Herr Verwaltungsratsvorsitzender, Sie haben, denke ich, in der nächsten Zeit noch einiges vor sich, denn wir werden mit Argusaugen darauf schauen, dass da nichts passiert.

Deshalb möchte ich Ihnen zum Schluss noch ein Schmankerl sagen. Im Jahre 2009 gab es ein Schreiben des Vorstands der BayernLB von Herrn Häusler und Herrn Kramer. Darin beschweren sie sich bei der BaFin, also bei der Aufsichtsbehörde, über deren Kritik am Risikomanagement der BayernLB. Sie beschwören dabei das Bild eines Tankers. Vorhin haben wir schon den Kapitän gehört. Der Kapitän ist zwar im Moment nicht da, aber irgendeiner wird es ihm schon erzählen.

(Zuruf von der SPD)

- Ja, er ist im Maschinenraum. - Die beiden beschwören also das Bild des Tankers, der nicht rechtzeitig

vor den Hindernissen zum Stehen gebracht wird. Die Antwort der BaFin greift diese Metapher auf: Wenn die Mannschaft auf der Brücke die Möglichkeiten moderner Navigationstechniken gar nicht nutzt, kann sie natürlich den Aufprall auf das Hindernis schon deshalb nicht verhindern, weil sie es gar nicht erkennt.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Fußnote Nr. 777, Seite 213 des Untersuchungsberichts zur Frage 3.2.23.

Zum Schluss bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen. Ich weiß, dass ich manchmal Ihre Ruhe gestört habe, aber dafür sind wir gewählt. Beim Neujahrsempfang der CSU in Erlangen-Höchstadt warnte Herr Beckstein vor zu großer Schwarzmalerei im Zusammenhang mit der Finanzkrise - ein Zitat aus der "Bayerischen Rundschau", das ist die Heimatzeitung bei uns, vom 26. Januar 2009, das ist die Fußnote dazu -: "Ich habe immer gedacht, wenn jemand fünfmal so viel verdient wie der Ministerpräsident, muss er auch mindestens doppelt so viel Verstand haben."

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Aures. Es gibt noch einen Nachschlag durch eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Klein. Bitte schön.

Frau Kollegin Aures, zuerst freue ich mich natürlich, dass Sie sich in den Farben der FDP angezogen haben. Das tut momentan sehr gut.

(Heiterkeit)

Aber zum eigentlichen Thema: Sie haben jetzt in Ihrer ganzen Euphorie alles für die SPD vereinnahmt. Das will ich ein bisschen richtigstellen. Die Regelung in der Gesetzgebung im Haushaltsausschuss geht, wenn man ehrlich ist, auf eine Initiative von Georg Winter, CSU, zurück. Das wurde gemeinsam mit Unterstützung von Kollegen Halbleib beschlossen. Da muss man die Urheberschaft schon richtigstellen.

Was die Verjährung angeht, ist es zwar richtig, dass die SPD dazu einen Antrag in den Bayerischen Landtag eingebracht hat, aber die Änderung auf Bundesebene hat die Frau Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger durchgesetzt. Nur damit die Urheberschaft klar ist. Das ist ja momentan sehr wichtig.

Und der Bundespräsident hat das noch vor Weihnachten unterschrieben. Sonst wäre sie

von uns selbst verabschiedet worden - mit Ihren Stimmen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Bern- hard Pohl (FW))

Danke schön. Damit sind alle guten Dinge wieder richtig zugeordnet, und wir können in der Aussprache mit Herrn Dr. Bauer fortfahren. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Bauer.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den ganzen Tag ein juristisches Seminar erlebt. Es hat mich schon fasziniert, was der Kollege Herrmann alles gesagt hat. Aber eines möchte ich ihm ins Stammbuch schreiben: Die Juristerei ist nicht das ganze Leben, sondern die Juristerei ist ein Teilbereich des Lebens. Wir dürfen dieses Leben nicht vergessen. Es geht hier auch um die sozialen Interessen der Menschen. Mein Beitrag bezieht sich auf Folgendes: Welche sozialen Auswirkungen dieser Skandal für das Land hat, dürfen wir nicht vergessen. Die müssen hier auch zur Sprache kommen. Deswegen bin ich sehr dankbar dafür, dass die Freien Wähler einen Sozialpolitiker in diesen Ausschuss entsandt haben.

Wo sie recht hat, hat sie recht, die Frau Bundeskanzlerin - fast möchte ich sagen: Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hat recht, wenn sie sagt, man brauche kein Studium zu absolvieren und müsse kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um mit Geld, auch mit großen Summen, umgehen zu können. Man müsse nur seinen gesunden Menschenverstand einsetzen und solle sich - so hat sie sich ausgedrückt an der schwäbischen Hausfrau orientieren. Die schwäbische Hausfrau folgt einer ganz einfachen Regel: Jeder Euro, der eingenommen wird, kann nur einmal ausgegeben werden.

Genau diese Regel gilt auch für die Landesbank, für die HGAA, für dieses Debakel. Heute möchte ich aufzeigen, welche Folgen dieses Debakel, dieser Skandal für den Sozialetat in Bayern hat.

Zwischen 2009 und heute umfasste der Sozialhaushalt - Einzelplan 10 - 2,27 bis 2,54 Milliarden Euro. Der entstandene Schaden durch die HGAA beträgt, wie schon mehrfach gesagt, insgesamt 3,75 Milliarden Euro. Das heißt konkret: Der Schaden ist rund 1,5 Milliarden Euro höher als das, was für den gesamten Sozialetat im Freistaat Bayern in einem Jahr ausgegeben worden ist. Das sollte Ihnen zu denken geben, und das sollten Sie auch in dieser juristischen Auseinandersetzung beachten.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die Summe ist ungeheuer groß. Ein Vergleich zeigt auf, was man mit diesem Geld machen könnte. Um es deutlicher zu sagen: Dieser Schaden ist unsäglich.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Noch ein anderer Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig. Sie könnten mir jetzt vorwerfen, die 3,75 Milliarden Euro seien doch abgeschrieben. Ich möchte aber darstellen, welche Wirkungen die Zinszahlungen für den 10Milliarden-Euro-Kredit auf den sozialen Bereich haben. Leider sind nur wenige Sozialpolitiker im Raum; vorhin habe ich einige gesehen. Aber ich gehe davon aus, Herr Dr. Detsch wird dem Ministerpräsidenten berichten, was das bedeutet.

Es wurden Kredite im Umfang von 10 Milliarden Euro aufgenommen, um die große Mehrheit der Anteile an der BayernLB aufzukaufen und die Eigenkapitalquote aufzustocken. Die Zinszahlungen für diese 10 Milliarden Euro - so steht es im Haushalt - betragen allein 400 Millionen Euro jährlich. Wenn Sie sich mit diesen großen Zahlen nicht zurechtfinden, dann sollten Sie sich vor Augen halten, was das für einen einzigen Tag heißt: Jeden Tag werden allein für Zinsen auf diese Kredite über 1 Million Euro ausgegeben, das heißt, dem Steuerbürger aus der Tasche gezogen. Jeden Tag - auch heute, wo wir so lange darüber diskutieren - fließen über 1 Million Euro einfach weg!

Damit fallen jährlich 400 Millionen Euro für wichtige sozialpolitische Projekte weg. Was könnten wir damit umsetzen? Was könnten wir damit dauerhaft und ohne Schulden, das heißt seriös, finanzieren? Die rechte Seite neigt immer dazu, uns vorzuwerfen, wir könnten zwar viel fordern, wollten aber Schulden machen. Nein, ich spreche jetzt nur von diesen 400 Millionen Euro. Wenn das Geld nicht versemmelt worden wäre, dann hätten wir diesen Betrag zur Verfügung.

Einige Beispiele: Das kostenfreie Kindergartenjahr eine wichtige sozialpolitische Forderung - würde ungefähr 100 Millionen Euro im Jahr kosten. Was machen wir? Wir zahlen stattdessen Zinsen!

Der Sozialhilfeausgleich für die Bezirke - ich brauche hier sicherlich nicht zu erklären, was das bedeutet - ist das nächste Beispiel. Der Bezirksetat ufert im Moment aus, die Bezirke stöhnen unter der Finanzlast. 70 Millionen Euro könnten wir den Bezirken für wichtige sozialpolitische Ausgaben geben. Was machen wir? - Wir zahlen stattdessen Zinsen!

Das Megathema der Zukunft wird wohl die Generationenpolitik sein. Dazu gehören generationenübergreifende Projekte wie Mehrgenerationenhäuser, die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements, die Ehrenamtskarte, alternative Wohnformen und Pflegestützpunkte. Ich habe die Aufwendungen dafür einmal

geschätzt und bin auf ungefähr 50 Millionen Euro gekommen. Diesen jährlichen Betrag könnten wir in einem wichtigen Zukunftsbereich, einem sozialen Bereich, einsetzen, damit es den Menschen besser geht. Was machen wir hier? - Wir zahlen Zinsen!

Letztes Beispiel: Abschaffung der Studiengebühren. Das ist nicht nur ein bildungspolitisches, sondern auch ein sozialpolitisches Thema; denn die Familien werden davon belastet, sie müssen die Studiengebühren zahlen. Das sind ungefähr 160 Millionen Euro pro Jahr. Was machen wir? - Wir zahlen Zinsen!