Protokoll der Sitzung vom 05.04.2011

Weit aus dem Fenster gelehnt hat sich der Ministerpräsident zu Beginn des Jahres in Wildbad Kreuth, als er in Anwesenheit des DGB-Chefs in Bayern Sympathie für das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" zeigte. Er sagte, er habe sogar Sympathien für den Mindestlohn. Im Bund hat er bei den Verhandlungen über Hartz IV den Bremser gegeben - ganz anders, als er es heute dargestellt hat. Dabei hätte es die Gelegenheit gegeben, hier im Freistaat Bayern etwas für faire Löhne zu tun. Wir, die SPD-Fraktion, haben den Entwurf eines Vergabegesetzes eingebracht, das von der CSU und der FDP abgelehnt wurde. Wir wollten damit sicherstellen, dass nur solche Unternehmen von den öffentlichen Händen einen Zuschlag für ausgeschriebene Arbeiten erhalten sollen, die sich bei der Abgabe des Angebots verpflichten, ihre Arbeitnehmer bei der Ausführung dieser Leistungen nach den in Bayern für Tarifvertragsparteien geltenden Tarifen zu entlohnen, wenigstens aber Mindestlöhne bezahlen. Eine zentrale Forderung der SPD war ein definierter Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde, soweit die vorgesehenen Löhne 8,50 Euro unterschreiten oder soweit es keine Tarifverträge gibt. Die Beachtung ökologischer Kriterien und die Frauenförderung sollten dabei ebenfalls eine Rolle spielen. Auch dies wurde von der CSU und der FDP abgelehnt. Der Ministerpräsident zeigte entgegen seinen Bekundungen vor Mikrofonen und Journalisten überhaupt keinen Eifer, sich für gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen im Freistaat Bayern einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Er nimmt es auch hin, dass in Bayern mittlerweile knapp 200.000 Beschäftigte in Leiharbeit tätig sind und dabei nur knapp die Hälfte dessen verdienen, was ein regulär Beschäftigter für die gleiche Arbeit erhält. Meine Damen und Herren, der Aufschwung muss doch jetzt auch bei denen ankommen, die ihn maßgeblich erarbeitet haben. Einen entscheidenden Anteil zum Aufschwung trug doch nicht die Bayerische Staatsregierung bei, wie es von Ihnen, Herr Mi

nisterpräsident, selbstgefällig dargestellt wurde. Zum Aufschwung trugen unter anderem auch die Beschlüsse der Großen Koalition, die Konjunkturpakete von Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück und die von Olaf Scholz initiierte Kurzarbeit bei. Ausschlaggebend für diesen Aufschwung war der Fleiß der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Freistaat Bayern. Diese müssen an diesem Aufschwung jetzt auch partizipieren können, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt eine Fülle von Beispielen für leere Versprechungen des Bayerischen Ministerpräsidenten aus den vergangenen zweieinhalb Jahren. Es gab große Worte, die tatsächliche Leistungsbilanz ist aber nicht mehr als eine bloße Leerstelle. Das große Projekt fehlt. Wichtige und notwendige Weichenstellungen werden im Kabinett nicht vorgenommen. Die Regierung fungiert vorwiegend als Zentralorgan bloßen Verwaltungshandelns und als Maschine zum Abspulen wohlklingender Presseverlautbarungen.

Ich fasse deshalb zusammen: Die Staatsregierung hat in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren Energien und Ressourcen im schwarz-gelben Koalitions-KleinKlein und in Abgrenzungskämpfen zueinander geradezu verschleudert. Wertvolle Zeit für die wichtige Modernisierung in unserem Land wurde vertan. Die Staatsregierung hat bis heute kein tragfähiges Konzept dafür erarbeitet, wie in Zeiten der Globalisierung, der Energiewende und des demografischen Wandels der Wohlstand in unserem Land gehalten werden kann und wie er dort noch ausgebaut werden kann, wo es Rückstände gibt. Die finanziellen Handlungsspielräume des Freistaats wurden durch schwere Fehler bei der Landesbankaufsicht und durch steuerpolitische Fehlsteuerungen im Bund massiv verknappt. Die angebliche Energiewende von SchwarzGelb ist bis heute unglaubhaft. Sie wird haushalterisch nicht nur nicht vollzogen, sondern geradezu konterkariert.

Notwendige schulpolitische Weichenstellungen werden verschleppt. Innovation und Fortschritt in der Bildung - so viel scheint heute festzustehen - wird es mit Schwarz-Gelb nicht geben. Diese Stagnation bedeutet Rückschritt.

Wichtige Infrastrukturmaßnahmen werden von Schwarz-Gelb vertagt. Der Staatsregierung ist es sogar gelungen, die Stadt- und die Landbevölkerung vollkommen ohne Not gegeneinander aufzubringen. Der Ministerpräsident hat heute eine Halbzeitbilanz aus mitunter erfreulichen wirtschaftlichen Kennzahlen vorgelegt, die aber ganz gewiss nicht die Bayerische

Staatsregierung verursacht hat und die sie nicht zu verantworten hat.

(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Sondern die bayerischen Sozialdemokraten? Georg Schmid (CSU): Die SPD aber wirklich nicht!)

Der Ministerpräsident badet geradezu in einer marketingmäßig aufbereiteten Fülle von politischen Themen. Er packt sie jedoch nicht an. Auch das ist heute wieder deutlich geworden. Die Regierung Seehofer denkt und handelt allenfalls in Quartalsschritten. Oft hat man den Eindruck, dass sie einfach in den Tag hineinlebt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die letzten zweieinhalb Jahre hier im Hohen Hause haben aber auch gezeigt, dass es politische Alternativen gibt.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Euch?)

Ich habe heute wenigstens anhand einiger Punkte aufgezeigt, welche Initiativen wir ganz konkret im Bayerischen Landtag eingebracht haben und was wir anders machen würden.

(Alexander König (CSU): Das ist aber niemandem aufgefallen! - Georg Schmid (CSU): Davon haben wir noch nichts gesehen, das muss noch kommen!)

Die Opposition aus SPD, FREIEN WÄHLERN und GRÜNEN - das betone ich deswegen, weil es keinesfalls selbstverständlich ist - arbeitet in freundschaftlichem Wettbewerb, teilweise mit unterschiedlichen Akzentuierungen und Schwerpunktsetzungen gut und vertrauensvoll zusammen. Sie arbeitet zumindest weit besser und zielführender zusammen als CSU und FDP in der Regierung jemals dazu in der Lage wären.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER - Thomas Hacker (FDP): Wir arbeiten so gut zusammen, dass wir auch gemeinsam Gesetze vorlegen können!)

Uns in der Opposition eint mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes die Erkenntnis, dass unsere Heimat eine bessere Regierung verdient hat.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER - Thomas Hacker (FDP): Das glauben nur Sie selbst!)

Wir arbeiten konzentriert und konstruktiv darauf hin, Schwarz-Gelb nach Möglichkeit bereits 2013 abzulösen. Eines ist klar: Schwarz-Gelb hat kein Konzept.

Schwarz-Gelb hat abgewirtschaftet. Bayern hat mehr drauf. Bayern kann es besser.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Der nächste Redner ist der Vorsitzende der CSU-Fraktion, Herr Kollege Schmid.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rinderspacher, Sie haben in den letzten 38 Minuten ein Bild von Bayern gezeichnet, das den Leistungen der Menschen in diesem Land nicht gerecht wird.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Horst Arnold (SPD): Pflichtverletzungen! - Zurufe von der SPD)

Ihre Vorwürfe sind nur Unterstellungen. Herr Rinderspacher, Sie haben selbst die Tatsache kritisiert, dass es Regierungserklärungen gegeben hat, obwohl Sie immer Informationen fordern. Sie haben von fehlenden Grundüberzeugungen gesprochen. Die Grundüberzeugung, die ich aus Ihrer Rede herausgelesen habe, lautet wie folgt: Am besten ist es, alles schlecht und madig zu machen und Kritik zu üben. Das reicht jedoch für die Übernahme der Regierungsverantwortung durch die SPD nicht aus. Das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Mit Ihren letzten Sätzen haben Sie gesagt, dies sei Ihr Konzept. In den letzten 38 Minuten habe ich viel gehört, jedoch kein Konzept.

(Zurufe von der SPD)

Wie wollen Sie Bayern gestalten? Die Menschen wollen Antworten auf ihre Fragen. Herr Rinderspacher, in den letzten 38 Minuten haben Sie keine Antworten gegeben.

(Zurufe von der SPD)

Deshalb befinden Sie sich bei den Umfragen genau dort, wo Sie hingehören: Bei 16, 17 und 18 %. Die Menschen wissen, was richtig ist.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie sind rückwärtsgewandt, haben keine Zukunftsvision und keine Perspektive. Ich frage Sie: Wo ist Ihr Aufbruch? Am 25. Januar hat der Ministerpräsident seine Regierungserklärung zum Thema Aufbruch gegeben. Damals habe ich Sie bereits gefragt: Wo sind Ihre Konzepte? Wenn Sie gute Ideen haben, könnten

wir diese in unser Konzept einbauen. Aber weder am 25. Januar noch heute haben Sie irgendwelche Vorschläge gemacht, die unser Konzept verbessern oder ergänzen könnten.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Welches Konzept?)

Ihr Aufbruch ist heute wieder einmal ausgeblieben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

An einer ähnlichen Stelle habe ich schon einmal die Jusos zitiert. Das kann man nicht oft genug sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Stefan Schuster (SPD))

- Lieber Stefan, das kann man nicht oft genug sagen: "Die bayerische SPD klagt nur Schwarz-Gelb an, ohne eigene Konzepte vorzulegen." Wir haben das schon mehrfach angemerkt. Wo die Jusos recht haben, haben sie recht, nämlich genau an dieser Stelle.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wenn Sie noch nicht einmal Ihre eigene Partei überzeugen können, wie wollen Sie die Menschen im Lande überzeugen? Ich betone: Das, was wir im Zusammenhang mit dem Aufbruch miteinander diskutiert haben - Ihre Ideen- und Konzeptlosigkeit -, hat sich bis heute nicht verbessert. Verlassen Sie sich darauf, das werden wir noch oft sagen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ihre Politik!)

Wenn Sie kein Konzept und keine Vorschläge haben, sollten das die Menschen in diesem Land auch wissen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

- Johanna Werner-Muggendorfer ist auch da.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ja, warum?)

Auch Sie darf ich zitieren: "Was uns fehlt, sind die Erfolge. Die wirklich Erfolglosen in Bayern sind die Sozialdemokraten." Hört, hört, so ist es.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))