Wer dem Einzelplan 04 mit den vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen seine Zustimmung geben
will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke schön. Das sind die Kolleginnen und Kollegen der CSU und der FDP. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen von SPD, FREIEN WÄHLERN und GRÜNEN. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Einzelplan 04 mit den vom Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen angenommen.
Die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung - soweit über sie nicht einzeln abgestimmt worden ist - gemäß § 126 Absatz 6 der Geschäftsordnung vorgeschlagenen Änderungsanträge gelten als erledigt. Eine Liste dieser Änderungsanträge liegt Ihnen vor.
Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen, insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen, beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.
Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen aus den Reihen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist das so beschlossen.
Haushaltsplan 2011/2012; Einzelplan 08 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von einer Stunde und 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die CSU-Fraktion 22 Minuten, auf die SPD-Fraktion 14 Minuten, auf die Fraktion der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN jeweils 11 Minuten und auf die FDP-Fraktion 10 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Sie kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.
Bevor ich die Aussprache eröffne, darf ich bereits jetzt darauf hinweisen, dass die SPD-Fraktion beantragt hat, über die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/7475, 16/7478 und 16/7480 einzeln, und zwar in namentlicher Form, abstimmen zu lassen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Staatsminister Brunner das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bayern hat sich zu einer modernen, leistungsfähigen Hightech-Gesellschaft entwickelt. Ganz Europa bestaunt unsere Entwicklung. Wir haben es trotzdem geschafft, dass Bayern nach wie vor das Agrarland Nummer 1 in Deutschland ist. Bayern ist ohne seine leistungsfähige, vielfältige und nachhaltige Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft nicht denkbar. Unsere Landwirtschaft verleiht Bayern ein besonderes Gesicht.
Meine Damen und Herren, wir sind stolz darauf, dass wir nicht nur eine hohe Qualität der Nahrungsmittel sicherstellen können, sondern dass wir auch einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung leisten und unsere Kulturlandschaft und unser Tourismusland weiterhin so schön und vielfältig gestalten können. Das verdanken wir letzten Endes unseren Bäuerinnen und Bauern.
Es muss unsere vornehmste Aufgabe sein und bleiben, unsere Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit mit unseren bäuerlichen Strukturen auch für die Zukunft sicherzustellen. Deswegen habe ich zusammen mit Ministerpräsident Horst Seehofer im letzten Jahr die "Zukunftskommission Landwirtschaft" eingerichtet. Diese Zukunftskommission hat sich ein dreiviertel Jahr lang ausgetauscht. 25 verschiedene Verbände und Organisationen waren eingebunden - nicht nur
die Nutzerorganisationen, sondern auch andere gesellschaftlich relevante Gruppen. Sie haben ein Leitbild für die nächsten zehn bis 15 Jahre entworfen und klargemacht, dass wir unseren bayerischen Weg fortsetzen sollen. Dieser hat sich hervorragend bewährt, sonst hätten wir heute nicht 115.000 landwirtschaftliche Betriebe. Jeder dritte Bauernhof Deutschlands steht in Bayern.
Diese Zukunftskommission hat uns aber auch wertvolle Ratschläge dafür gegeben, welche Schwerpunkte wir in Zukunft setzen sollen. Sie hat uns Ratschläge zu den Themen Ernährung, nachwachsende Rohstoffe, Klimaveränderung, Diversifizierung, Forschung und Innovation gegeben. Diese Ratschläge greife ich gerne auf. Deswegen habe ich auch einen eigenen Prozess eingeleitet, um die Landwirtschaftsverwaltung noch professioneller, moderner und schlagkräftiger aufstellen zu können, und das trotz des Personalabbaus, der bis zum Jahr 2019 vorgegeben ist.
Mir geht es nicht nur darum, dass wir unsere Hausaufgaben erfüllen, sondern mir geht es auch darum, dass wir den Anforderungen, die morgen oder übermorgen auf uns zukommen, gerecht werden. Dabei will ich die flächendeckende Versorgung mit unseren Fachämtern sicherstellen. Ich möchte unsere 47 Fachämter, die sich auf insgesamt 70 Behördenstandorte verteilen, bis zum Jahr 2019 sichern.
Dabei möchte ich aber auch noch Spielraum für Zukunftsfelder bekommen. Die Menschen erwarten, dass wir moderne Dienstleister sind und Dienstleistungsangebote unterbreiten können. Ich behaupte, dass die Agrarpolitik keine Klientelpolitik ist, sondern im Interesse der gesamten Gesellschaft und aller Bürgerinnen und Bürger ausgeübt wird. Deswegen müssen wir auch die Verbraucher im Blickfeld haben und nicht nur die Erzeuger.
Ich versuche mit meiner Politik ganz bewusst, auf einen gesellschaftlichen Dialog zu setzen nach dem Motto: nicht spalten, sondern zusammenführen. In den letzten zweieinhalb Jahren habe ich viele Gespräche mit unterschiedlichen Verbänden und Organisationen geführt, bei denen es scheinbar Zielkonflikte gab. Immer konnten aber vernünftige Kompromisse erzielt werden. Ich erinnere an das Thema Milch. Wegen der steigenden Milchpreise habe ich im letzten Jahr ohne spektakuläre Medienberichterstattung einen runden Tisch einberufen. Mir ging es um die Sache. Die Arbeitsgruppe hat mehrmals getagt und erste Ergebnisse erzielt. Die verschiedenen Verbände und Organisationen sind eingebunden. Sie schätzen dies sehr. Ich habe den Eindruck, diese Arbeitsgruppe könnte Vorbildcharakter für ganz Deutschland haben. Unser Ziel muss es sein, die Bündelung voranzutrei
Ein anderes Thema, das mir seit jeher besonders wichtig ist, ist der Bürokratieabbau. Davon möchte ich nicht nur reden, sondern ich möchte auch entsprechend handeln, nämlich nach dem Motto: Die Tat ziert den Minister. Deswegen habe ich auch den zuständigen EU-Agrarkommissar, Herrn Ciolos, Mitte März nach Bayern eingeladen. Er hat diese Einladung angenommen. Aus 13 verschiedenen Ländern waren hohe Vertreter hier. Ich habe selbst von meinem Haus 44 Vorschläge erarbeiten lassen und diese Herrn Ciolos nach Brüssel mitgegeben, um die Agrarpolitik auch nach 2013 unbürokratischer und pragmatischer im Sinne unserer Bäuerinnen und Bauern gestalten zu können.
Ein Thema, das wir in den vergangenen Monaten innerhalb der Landwirtschaft verstärkt zu hören bekamen, ist die Flächenkonkurrenz zwischen N- und EBetrieben, also Nahrungsmittelerzeugern und den Energieproduzenten. Wir haben in Bayern derzeit 2.030 Biogasanlagen. Wegen der Zunahme der Biogasanlagen habe ich zu einem Fachkongress eingeladen, an dem ein Vertreter des Naturschutzes genauso teilnahm wie der Präsident des Bayerischen Gemeindetages. Bei diesem Kongress kamen alle Betroffenen zu Wort.
Wir wollen von Bayern aus selbst Vorschläge zum Energieeinspeisegesetz unterbreiten, das zum 1. Januar 2012 geändert werden soll. Ich möchte dem zuständigen Minister Röttgen die praktischen Erfahrungen Bayerns zukommen lassen, damit wir unsere Vorstellungen über die neue Vergütungsordnung vorbringen können. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir diese Pachtflächenkonkurrenz entzerren müssen.
Die Interessen der Nahrungsmittelproduzenten müssen ebenso gewahrt werden wie die Hoffnungen der Energieerzeuger, die sich ein zusätzliches Standbein schaffen wollen. Ich sehe Möglichkeiten, beiden Interessen gerecht zu werden, vor allem dann, wenn wir auf die Regionen Rücksicht nehmen, wenn wir den Güllebonus auf die Gülle beschränken und wenn wir bevorzugt Kleinanlagen unterstützen und nicht irgendwelche Großkonzerne, die anonym investieren. Ich bin überzeugt davon, dass wir vonseiten der Landwirtschaft gerade in einer Zeit, in der wir über die Energiewende diskutieren, beiden Interessen gerecht werden können. Es geht mir also nicht um Teller oder Tank, sondern um Teller und Tank. Dafür gibt es intelligente Lösungsansätze. Diese möchte ich weiterverfolgen.
Das heißt aber auch, meine Damen und Herren, dass wir uns verstärkt einem Thema widmen müssen, über das gerade diskutiert wird. Es ist der Flächenverbrauch und der daraus resultierende Anspruch auf Ausgleichsflächen, der erhoben wird. In Bayern verbauen wir täglich 16 Hektar. Deutschlandweit sind es hundert Hektar. Zudem nehmen wir in einem weit größeren Umgang Flächen aus der Produktion, weil wir einen vermeintlich ökologischen Mehrwert damit erzielen. Ich meine, wir müssen das aufs Tapet bringen. Wir können uns nicht von der Atomenergie verabschieden, fossile Energieträger minimieren, gleichzeitig aber uns den Grund und Boden buchstäblich selbst entziehen, wenn wir Alternativen für nachwachsende Rohstoffe haben.
Deswegen fordere ich für den Flächenverbrauch und den Flächenausgleich intelligentere Lösungen. Der langen Rede kurzer Sinn: Ich werde noch im Sommer zu einem Symposium laden, um mit den Kommunen, aber auch mit den Umweltverbänden über Lösungen nachzudenken, wie wir dem Anspruch der Gesellschaft gerecht werden, aber auch die Flächenkonkurrenz entschärfen, anstatt sie zu verschärfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Agraretat von rund 1,2 Milliarden Euro setzt neue Akzente. Mir geht es nicht nur darum, bewährte Förderprogramme weiterzuführen, sondern ich will, dass sich der Agrarstandort Bayern für die Zukunft entsprechend positionieren kann. Dabei ist mir aber daran gelegen, dass wir an unserem Leitbild, am Leitbild einer modernen, leistungsfähigen, nachhaltig wirtschaftenden Landwirtschaft nach bäuerlichen Strukturen nicht zweifeln. Das ist mein Ziel und mein Motto. Ich bin überzeugt davon, dass wir diesem Anspruch mit einem Bündel von maßgeschneiderten Maßnahmen gerecht werden können.
Wir müssen uns von 08/15-Vorschlägen und Patentlösungen verabschieden, weil das dem einzelnen Landwirt nicht gerecht wird. Ich möchte einen Akzent auf die größere Unabhängigkeit von Importen insbesondere von Eiweißfuttermitteln setzen. Ich habe bereits eine Eiweiß-Strategie gestartet, weil ich der Meinung bin, dass dies im Interesse der Erzeuger und der Verbraucher ist. Wir importieren 800.000 Tonnen Eiweißfuttermittel vornehmlich aus Brasilien, Argentinien und den USA, die zu 90 % gentechnisch verändert sind. Wenn wir unabhängiger werden wollen, müssen wir die Produktion von Eiweiß, also zum Beispiel von Luzernen, Erbsen oder Bohnen im eigenen Land vorantreiben.
Ganz entscheidend ist die Ernährung. Auch für die Ernährung habe ich strukturell und strategisch Weichen für die Zukunft auch aufgrund des Programms "Aufbruch Bayern" stellen können. Das Ernährungskompetenzzentrum, das wir in Bayern einrichten wollen, wird eine Bündelung von Wissenschaft und Wirtschaft in sich vereinen. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Ansprechpartner in den 47 Ämtern den verschiedenen Bevölkerungsgruppen viele Ernährungsbildungsmaßnahmen nahebringen können. Meine Damen und Herren, mit dem Geld, das wir für die vorsorgende Beratung einsetzen, können wir bei der Reparatur das Doppelte einsparen.
Ich bitte Frau Kollegin Noichl zu warten, bis ich mit meiner Einführungsrede fertig bin. Danach bin ich gerne bereit, auf die Frage zu antworten.
- Jetzt haben Sie doch eine Frage gestellt. Ich gebe Ihnen eine kurze Antwort. Das sind zwei paar Stiefel. Wir haben uns damals von der personenbezogenen Ernährungsberatung verabschiedet. Mit einer entsprechenden Aufklärung und einer Bündelung der bereits vorhandenen Kompetenzen im privaten Bereich wollen wir einen gesundheitsförderlichen Lebensstil unterstützen. Das ist ein anderer Ansatz. Das Thema Ernährung ist jedoch aktueller als je zuvor.
Meine Damen und Herren, wir müssen unsere Produkte auf dem Binnenmarkt und auf den ausländischen Märkten noch effektiver positionieren. Die Marke Bayern genießt weltweit einen hervorragenden Ruf. Gerade die bayerischen Lebens- und Nahrungsmittel können mit Nahrungsmitteln aus anderen Ländern problemlos konkurrieren. Wichtig ist, die Vermarktung professionell zu gestalten. Deshalb will ich eine bayerische Agrarmarketing-Agentur aufbauen, damit unsere hochwertigen Produkte noch erfolgreicher vermarktet werden.
Zu unseren Förderprogrammen werde ich nichts sagen, da ich davon ausgehe, dass die nachfolgenden Redner meiner Fraktion dazu Stellung nehmen werden. Das Kulturlandschaftsprogramm - KULAP könnte die Opposition jedoch zum Anlass nehmen, um einzuhaken. Ja, wir haben leichte Korrekturen aus verschiedenen Gründen vornehmen müssen. Trotzdem stellen wir fest, dass unser bayerisches Kulturlandschaftsprogramm von den Bäuerinnen und Bauern begehrt wird. Wie sonst hätten wir wieder 168 Millionen Euro hierfür binden können? Das baye
rische Kulturlandschaftsprogramm ist das umfangreichste, das erfolgreichste und wirkungsvollste Umweltprogramm in ganz Deutschland.
Ich weise noch darauf hin, dass wir heuer das Internationale Jahr der Wälder haben. Wir werden mit verschiedenen Veranstaltungen auf die Bedeutung des Waldes in all seinen Funktionen für die Gesellschaft hinweisen. Ich möchte eigens im Steigerwald ein Zentrum für die Nachhaltigkeit des Waldes einrichten. Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass Bayern uneingeschränkt für eine naturnahe und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes steht, da wir nicht nur die ökologischen, sozialen und kulturellen Werte des Waldes schätzen, sondern dem Holz als Rohstoff einen hohen Stellenwert beimessen. Das wird beweisen, welche Wirtschaftskraft vom Wald ausgeht. Wir verfügen noch über eine Milliarde Festmeter Holzreserven in Bayern. Das gibt es nirgendwo anders.