Protokoll der Sitzung vom 06.04.2011

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Stachowitz für eine Zwischenbemerkung das Wort.

Herr Kollege Unterländer, Sie haben gesagt, wir sollten zusammen mit den Kommunen und mit dem Bund finanzieren. Wir befinden uns an einem Punkt, an dem wir sagen: Das müssen wir wirklich gemeinsam machen. Sie haben vorhin die Mehrgenerationenhäuser genannt und behauptet, der Bund gebe uns was und lasse uns dann alleine. Das ist gar nicht wahr. Der Bund hat das Projekt gar nicht allein finanziert. Die Mittel kamen vom Europäischen Sozialfonds. Herr Unterländer, Sie haben die 91 Mehrgenerationenhäuser damals mit CSU-Kollegen groß eröffnet und gefeiert. Jetzt gibt es lediglich sechs Generationenhäuser, die in dem Nachfolgeprogramm die drei Monate in Bayern nicht finanzieren können. Sie lassen die Mehrgenerationenhäuser alleine.

Wir haben Bundesmittel erhalten, damit die Kinderbetreuung in Bayern ausgebaut werden kann. Erklären Sie mir, wie viel Geld aus dem bayerischen Haushalt überhaupt dafür ausgegeben wird, wenn dieses Geld herausgerechnet wird. Sie rechnen die Bundesmittel und die ESF-Mittel heraus und schauen, was übrig bleibt.

(Beifall bei der SPD)

In Bayern gibt es 335.000 Kinder, die in Armut leben. Erklären Sie mir bitte, wie man dieses Problem im Sinne einer verlässlichen Familienpolitik lösen kann. In Bayern gibt es 160.000 alleinerziehende Mütter, die nicht arbeiten gehen können, weil es nicht genügend Kinderbetreuungsplätze gibt. Können Sie mir bitte erklären, wo ich diesen Aspekt in Ihrem Haushaltsansatz wiederfinde? Wir sollten diese Probleme beheben. Wenn Sie mir das erklären können, erkläre ich den Haushalt für Familien in Bayern für gut.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Unterländer, Sie haben das Wort.

Frau Kollegin Stachowitz, sehen Sie sich den Landessozialbericht einmal an. Auf diesen Bericht berufen Sie sich immer. Mir ist völlig klar, dass jeder Fall von Kinderarmut in Bayern ein Fall zu viel ist. Vergleichen Sie jedoch einmal die Zahlen mit den anderen Bundesländern. Hier ist der Freistaat Bayern spitze.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Diana Stachowitz (SPD))

Nehmen Sie das einfach mal zur Kenntnis. Wenn Sie Nachhilfe brauchen, zeige ich Ihnen gerne, wo das steht.

Wir haben eine dichte Infrastruktur an familienpolitischen Maßnahmen auch im Bezug auf die finanzielle Entlastung. Ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie zur Gegenfinanzierung von einigen familienpolitischen Infrastrukturmaßnahmen das Landeserziehungsgeld, das nachweislich auch zur Bekämpfung der Armut beiträgt, einsparen wollen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wie können Sie das mit Ihrer vorherigen Aussage vereinbaren?

Es ist völlig klar, dass der Freistaat Bayern die Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze in Anspruch nimmt. Sie sehen an der Setzung unserer Prioritäten im Rahmen des Programms "Aufbruch Bayern", dass der Einsatz für Familien berücksichtigt wird. Gestatten Sie mir darauf hinzuweisen - ich weiß, das hören Sie nicht gerne -, dass die Länder NordrheinWestfalen, Rheinland-Pfalz oder andere Länder die Finanzierung von Kinderbetreuungsplätzen über eine Neuverschuldung oder durch den Länderfinanzausgleich gewährleisten. Über den Länderfinanzausgleich

übernehmen wir auch noch deren Kosten. Das ist nicht richtig.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf der Ab- geordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Als Letzter hat Herr Kollege Dr. Fahn das Wort für eine Zwischenbemerkung.

(Tobias Thalhammer (FDP): Kurz, knackig, bündig - wie immer!)

- Kurz, knackig, bündig. Danke, Herr Thalhammer. Von Ihren Vorschlägen bin ich immer wieder begeistert.

(Unruhe)

Mir geht es um die Koordinierungszentren für Bürgerschaftliches Engagement. Dafür sind im letzten Doppelhaushalt 650.000 Euro bereitgestellt worden. In 21 Landkreisen konnten derartige Koordinierungszentren eingerichtet werden. Diese Mittel sind aus dem Sozialfonds zur Verfügung gestellt worden. Wir wissen nicht, wie hoch die Mittel für die Koordinierungszentren im nächsten Doppelhaushalt sind. Sie haben gesagt, Sie hätten sich erst kürzlich beim Ministerium erkundigt. Deshalb frage ich Sie: Wie viel Euro sind im nächsten Doppelhaushalt dafür vorgesehen? Sind es wieder 650.000 Euro? Wir benötigen ein flächendeckendes Netz an Koordinierungszentren. Sind es vielleicht weniger? Wenn Sie in diesem oder im nächsten Jahr die bayernweite Ehrenamtskarte einführen wollen, müssen Sie die Möglichkeiten schaffen, dies vor Ort umzusetzen. Das sollen die Kommunen machen. Es ist wichtig, dass die Kommunen vom Freistaat unterstützt werden. Der Freistaat möchte diese Ehrenamtskarte. Aus diesem Grund brauchen wir flächendeckende Koordinierungszentren. Wie ist der aktuelle Haushaltsansatz?

Herr Kollege Unterländer, Sie haben das Wort.

Wir wollen diese Koordinierungszentren gemeinsam im bisherigen Ausbautempo errichten. Der Antrag ist jedoch nicht erforderlich, weil die entsprechenden Mittel über den Arbeitsmarkt und den Sozialfonds zur Verfügung gestellt werden. Jeder Abgeordnete ist in der Lage, noch einmal selber nachzusehen. Wir brauchen keine Lesestunde über Haushaltspläne.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Als Nächster hat Herr Professor Dr. Bauer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus medizinischer Sicht gebe ich Ihnen zunächst einmal den Rat, den Adrenalin-Spiegel nicht zu hoch steigen zu lassen. Das ist schlecht für das Herz und für den Blutdruck. Nehmen Sie Ihre Stimme zurück. Das schont Ihre Stimmbänder. Dann können Sie in den nächsten fünf oder zehn Jahren noch gut sprechen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Professor Dr. Bauer, an wen waren diese Worte gerichtet?

An das gesamte Plenum, sowohl an die rechte als auch an die linke Seite des Saales. Ich möchte Friedrich Wilhelm Raiffeisen zitieren. Er ist der Vater der Genossenschaften und des Raiffeisen-Gedankens. Er hat gesagt: "Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele." Eigenverantwortung und Solidarität sind die tragenden Grundpfeiler unserer Sozialpolitik. Das sind die Vorstellungen der FREIEN WÄHLER von gerechter Sozialpolitik.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die FREIEN WÄHLER nehmen gerne die Steigerung im Gesamthaushalt für den Sozialetat zur Kenntnis. Das ist bereits von Kollegin Claudia Jung betont worden. Dennoch möchte ich auf einige aktuelle Probleme eingehen, die vernachlässigt werden bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. Frau Staatsministerin Haderthauer hat die Probleme aufgezeigt. Der demografische Wandel ist keine Fiktion und keine Story der Opposition. Der demografische Wandel ist Fakt. Das kann man nachschauen. Es wird höchste Zeit, die richtigen Weichen zu stellen. Die Lebensund Wohnstrukturen müssen angepasst werden, damit die Senioren in die Gesellschaft integriert bleiben und weiter ihren wertvollen Beitrag in der Gesellschaft leisten können. Deshalb brauchen wir flexible Wohnformen im Alter. Unser Prinzip "Eigenheim statt Altenheim" ist nicht nur einprägsam, sondern auch richtig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Medizinisch formuliert: "Ambulant vor Stationär". Das ist unser Ansatz. Daher müssen wir die Mittel zur Förderung dieser Maßnahmen steigern. Konkret haben wir 500.000 Euro an zusätzlichen Fördermitteln bereitgestellt. Das sind keine Riesensummen; sie sind

überschaubar. Diese Summe ist angesichts des Gesamthaushalts in Höhe von 42 Milliarden Euro zu schultern, wenn man dies politisch möchte.

Ältere Menschen bilden die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe. Damit steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen im Alter überproportional. Gestatten Sie mir - das ist ein persönliches Anliegen -, einen Zusammenhang mit der unsäglichen Diskussion über den Ausgleich der privaten Pflegeschulen herzustellen. Dieses Thema haben wir ausführlich diskutiert. Dazu hat es Irritationen gegeben. Ich appelliere nochmals an Ihre soziale Verantwortung. Gehen Sie sie an! Springen Sie über Ihren Schatten und schauen Sie darauf, dass die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler in den Altenpflegeschulen möglichst kostengünstig wird. Bedenken Sie, welches Zeichen wir an die Gesellschaft geben, wenn wir das nicht tun, und welches negative Zeichen wir an die Schülerinnen und Schüler geben, die sich für diesen wichtigen Bereich interessieren, aber davon abgehalten werden, diese Ausbildung zu beginnen. Diese Situation ist nicht hinnehmbar. Wir müssen rechtzeitig handeln. Wir dürfen keine ideologischen Scheuklappen tragen.

Deswegen ist es auch wichtig, noch einmal über die Mehrgenerationenhäuser zu sprechen. Es darf nicht sein, dass eine Hängepartie entsteht und die Betreiber nicht wissen, wie es weitergehen soll. Das Aktionsprogramm ist bereits angesprochen worden. Es kann nicht sein, dass sich der Bund aus der Verantwortung stiehlt und sich das Land mehr oder weniger wegmogelt und die Verantwortung an die Kommunen abschiebt. Die Kommunen können das nicht mehr leisten. Daher fordern wir ganz konkret eine Million Euro mehr für diese Projekte im Zusammenhang mit dem ehrenamtlichen Engagement. Das ehrenamtliche Engagement soll nicht nur in Sonntagsreden und Lippenbekenntnissen gepriesen werden, sondern wir müssen es stärken. Die Anerkennung in diesem Bereich ist wichtig.

Die Zeit schreitet fort; deshalb werde ich abkürzen. Ich möchte auf die Erhöhung der Mittel für das Landesnetzwerk "Bürgerschaftliches Engagement" zu sprechen kommen. Es geht um 30.000 Euro. Ich habe bewusst bei der Fraktion der FREIEN WÄHLER beantragt, dass dazu eine namentliche Abstimmung stattfindet; denn mir fehlt jedes Verständnis, wenn man einer Erhöhung um 30.000 Euro nicht zustimmen kann. Wir werden sehen, was bei der Abstimmung herauskommt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zusammenfassend stelle ich fest: Alternative Wohnformen für Senioren, Mehrgenerationenhäuser, bür

gerschaftliches Engagement und Schulgeldausgleich für die Schülerinnen und Schüler privater Altenpflegeschulen, sind der Schwerpunkte der Politik der FREIEN WÄHLER auf diesem Gebiet. Die anderen Schwerpunkte hat meine Kollegin dankenswerterweise vorgetragen.

Unterstützen Sie die Eigenverantwortung und üben Sie Solidarität! Wie es Raiffeisen gesagt hat, können viele das erreichen, was dem Einzelnen nicht möglich ist: Eine verantwortliche Sozialpolitik!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte um eine gewisse Disziplin, damit wir die sechs namentlichen Abstimmungen, die wir vor uns haben, und alles Weitere in geordneter und schneller Weise durchführen können, so dass wir den Abend schicklich beenden können.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplans 2011/2012, Einzelplan 10,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- ich fahre erst fort, wenn Ruhe im Plenum ist; es steht jedem frei, die Sitzung zu verlängern

die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/7300 mit 7306, 7308 mit 7317, 7340 mit 7344, 7383 mit 7389 und 7392 mit 7410 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 16/7557 zugrunde.

Vorweg lasse ich jetzt, wie von den Fraktionen der SPD und der FREIEN WÄHLER beantragt, über die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/7310, 7312, 7314, 7340, 7342 und 7344 in namentlicher Form abstimmen.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der SPD auf Drucksache 16/7310, betreffend "Förderung von Maßnahmen und Einrichtungen für die Familie" abstimmen. Für die Stimmabgabe sind Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaals und auf dem Stenografentisch bereitgestellt. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 20.25 bis 20.30 Uhr)