Protokoll der Sitzung vom 12.05.2011

Wenn Sie das wollen, dann machen Sie so weiter! Wenn Sie wollen, dass in Bayern nur noch diejenigen an den Hochschulen studieren, die es sich leisten können, dann gehen alle anderen in die anderen Bundesländer. Denn demnächst werden bald alle anderen Bundesländer keine Studiengebühren mehr erheben. Wenn Sie so weitermachen wie bisher, dann schadet uns das. Es schadet unserem Land und den jungen Menschen, die hier leben, bleiben und studieren wollen, übrigens auch denen, die neu nach Bayern kommen wollen. Diese werden sich überlegen, ob sie an unsere Hochschulen gehen, wo sie mehr zahlen müssen als woanders, wo die Qualität der unsrigen nicht nachsteht. Sie brauchen sich nur die Meldungen von heute anzusehen. Nach einer Meldung rechnet die Uni Salzburg für das Wintersemester mit einem Ansturm von Studierenden aus Bayern. Warum? Weil man dort keine Studiengebühren zahlen muss. Lesen Sie die Meldung! Sie ist heute gekommen.

Die Entwicklung wird so weitergehen. Baden-Württemberg macht es Ihnen vor. Sie haben sich doch auch früher an Baden-Württemberg ein Beispiel genommen. Tun Sie das auch jetzt! Ich verweise auf Nordrhein-Westfalen, wo die Studiengebühren abgeschafft werden. Auch Hamburg wird sie abschaffen. Sie werden sehen: Bald stehen Sie allein da. Ich sage Ihnen: Geld wäre genug da. Wo, wenn nicht in Bayern, wäre genug Geld vorhanden, um die Hochschulen ausreichend zu finanzieren?

Sie werfen uns vor, wir stellten Forderungen, ohne zu sagen, wie die Umsetzung finanziert werden soll. Wir haben Ihnen in der Haushaltsberatung aber gesagt, was wir GRÜNEN alles nicht wollen, wofür Sie unnötigerweise Geld ausgeben. Das beginnt beim Straßenbau, geht über Flugverkehrssubventionierungen bis zu unnötigen Subventionierungen in der Wirtschaftsförderung, die nur Mitnahmeeffekte auslösen und ökologisch unsinnige Investitionen sind. Sie kennen unsere Debattenbeiträge dazu.

Wenn wir hier umfassend umsteuern, steht für die Bildung in diesem Land viel Geld zur Verfügung. Wir sollten endlich dazu übergehen, die Umsteuerung einzuleiten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben nun erneut die Gelegenheit, nachzudenken, umzuschwenken und für mehr soziale Gerechtig

keit zu sorgen. Vor allen Dingen aber haben Sie auch die Gelegenheit, Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir werden mehr gut ausgebildete junge Menschen brauchen, auch in Bayern.

Wenn Sie nicht wollen, dass gute junge Leute abwandern, dann schaffen Sie die Studiengebühren ab!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die letzte Rednerin in dieser Aussprache ist Frau Kollegin Bulfon.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Aufhänger für diese Diskussion ist die Abschaffung der Studiengebühren in Baden-Württemberg. Ich sage an dieser Stelle: Studiengebühren sind richtig und wichtig. Ich sehe es als außerordentlich wichtig an, dass wir in 20 Jahren sagen können: Wir haben ein Qualitätsmerkmal in der Lehre geschaffen. Ich möchte, dass Studenten aus Bayern international und natürlich auch national auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden.

Es darf nicht sein, dass mir hinter vorgehaltener Hand Universitätsprofessoren sagen: Meine Kinder studieren in England; meine Kinder studieren in den USA. Wir brauchen in einem föderalen Bildungssystem Qualität. Wir brauchen auch einen Anziehungspunkt. Unter diesem Gesichtspunkt sehe ich die bayerischen Universitäten in der Pflicht. Ich halte es für wichtig, hier Qualitätsstandards zu schaffen. Es darf nicht sein, dass unsere besten Studierenden abwandern. Aber sie tun es, und zwar gehen sie in die USA und nach England. Aber diese Tatsache wollen Sie negieren, indem Sie hier in Deutschland keine Qualitätsstandards schaffen wollen. Das halte ich für unmöglich.

(Beifall bei der FDP)

Sie kennen alle aus Ihrem Bekanntenkreis Menschen, die Ihnen solches hinter vorgehaltener Hand erzählen. Dazu müssen wir eine Gegenoffensive starten. Wir können uns die Abwanderung, die es gibt, nicht leisten.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage auch dies: Studiengebühren sind sozial gerecht. Es ist nicht zu verantworten, dass, während Meister hier für ihre Ausbildung mehrere tausend Euro zahlen müssen, die Studierenden in diesem Land, die zu der späteren Einkommenselite zählen

(Jörg Rohde (FDP): Wenn sie nicht auswandern!)

- ja, dies trifft auf die Studierenden zu, wenn sie nicht auswandern -, die Allgemeinheit zu 100 Prozent mit den Ausbildungskosten belasten. Dies ist sozial ungerecht.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen stehen wir zu dem Drei-Säulen-Modell der Studienfinanzierung. Die eine Säule ist das BAföG. Wir haben es gerade ausgeweitet. Es gibt jetzt mehr Studierende, die BAföG erhalten. Die Mittel dafür wurden in den Haushalt 2011/12 eingestellt. Das gilt auch für den doppelten Abiturjahrgang.

Des Weiteren stehen wir auch zu dem Stipendienwesen, zum Beispiel zum Deutschlandstipendium. Wir halten diese Komponente für richtig und wichtig. Der Freistaat Bayern hat mit dem Max-Weber-Programm vorgesorgt. Denn auch aufgrund dieses Programms gibt es Stipendien für leistungsstarke Studierende.

Dann nenne ich das bayerische Studienbeitragsdarlehen. Hier zeigt sich die soziale Ausgestaltung. Wir wollen den Aufstieg auch derjenigen, die nicht in der Lage sind, die Gebühren aufzubringen. Wir können es uns auch in Bayern nicht leisten, auf Potenzial zu verzichten. Deswegen gibt es das bayerische Studienbeitragsdarlehen. Es besteht die Möglichkeit, kostengünstige Darlehen zu vergeben, die nach einer Karenzzeit von zwei Jahren zurückgezahlt werden. Dafür müssen wir noch mehr Werbung machen. Es ist wichtig, dass hier die Möglichkeit besteht, das Darlehen zurückzuzahlen, wenn man im Beruf steht. Das ist dann kein Problem. Wer keinen Job hat, muss auch nicht zahlen. Insofern ist es wirklich sinnvoll, sich zu informieren und dieses Studienbeitragsdarlehen in Anspruch zu nehmen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich komme jetzt noch einmal auf die HIS-Studie (Anm.: HIS - Hochschul-Informations-System) zurück, die im April dieses Jahres durchgeführt wurde. 3 % es ist klar, es sind 3 % zuviel - nehmen ein Studium in Bayern wegen der Studienbeitragspflicht nicht auf. Für mich ist aber interessanter - das möchte ich noch einmal betonen -, dass 79 % der Abiturienten kein Studium aufnehmen, weil sie sofort Geld verdienen wollen. An diese jungen Menschen müssen wir herantreten, denn es findet sich hier ein großes Potenzial.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Weil sie Studiengebühren zahlen müssen! Manche können sich das nicht leisten!)

Hier muss die Einstellung verändert werden; das halte ich für ganz wichtig.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Es muss klar gesagt werden, dass ein Studium die bessere Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist. Ein Studium ist im Endeffekt auch die bessere Versicherung dafür, mehr Geld zu verdienen.

Frau Kollegin, Ihre Zeit ist um.

Vielleicht noch das akademische Viertel.

Es tut mir leid, Ihre Redezeit ist um. Vielleicht aber gibt Ihnen der Kollege Pohl durch eine Zwischenintervention noch zusätzliche Redezeit. Können wir das so machen?

(Tobias Thalhammer (FDP): Wir hätten noch stundenlang zuhören können! - Alexander König (CSU): Das wäre vielleicht ein zusätzliches Geburtstagsgeschenk!)

Bitte sehr, Herr Kollege Pohl.

Ja, liebe Frau Kollegin, so bin ich! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Erste Bemerkung: Frau Kollegin, Sie haben davon gesprochen, dass die Studienabgänger zur finanziellen Elite Deutschlands gehören. Das möchte ich ein wenig in Frage stellen. Wir können nur von einigen wenigen ausgehen; es gibt viele Akademiker, die nicht zu den Spitzenverdienern gehören, zumal man auch berücksichtigen muss, dass sie einige Jahre eigene Einkünfte nur aus Ferienjobs während ihres Studiums erzielen können.

Die zweite Bemerkung geht dahin: Sie haben gesagt, wir müssten die Abwanderung junger Studierender ins Ausland verhindern. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung. Das müssen wir in der Tat im Blick haben. Ich frage Sie allerdings, ob Studiengebühren als eine zusätzliche Belastung das befördern oder verhindern.

Und ich frage Sie des Weiteren Folgendes: Wenn Professoren hinter vorgehaltener Hand sagen, "meine Kinder gehen ins Ausland", warum haben dann die Studiengebühren, die es schon seit 2007 gibt, dies nicht verhindern können?

Bitte schön, Frau Kollegin Dr. Bulfon, jetzt haben Sie noch mal zwei Minuten Redezeit.

Zunächst möchte ich feststellen, dass die Studierendenzahlen in Bayern ansteigen.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Überall ist das der Fall!)

Selbst nach Einführung der Studienbeiträge steigen die Studierendenzahlen an. Das ist ein guter und wichtiger Trend. Trotzdem möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es tatsächlich das Beispiel des akademischen Taxifahrers gibt. Dennoch belegen alle Studien eindeutig, dass man, wenn man ein Studium abgeschlossen hat, wirklich zu den Besserverdienenden in unserer Gesellschaft gehört. Es gibt, wie gesagt, natürlich Ausnahmen, aber das Gros der Bevölkerung hat mit einem Studienabschluss in der Tat bessere Verdienstmöglichkeiten.

Ich finde, dass diese Tatsache sehr viel stärker in die Öffentlichkeit getragen werden muss und nicht immer nur vom Risiko die Rede sein darf. Sie stellen immer nur das Risiko in den Vordergrund: Es müsse ein Studentenjob gesucht werden, es sei ein langer Weg. Ich meine, dieser lange Weg zahlt sich aus.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Was ist mit den Professorenkindern? Das wollte ich wissen und nicht, dass trotz Studienbeiträgen Abwanderungen stattfinden.)

Die Professorenkinder, die abwandern, sind natürlich in der Tat ein Verlust für unser Land. Das sehe ich auch so. Das möchte ich nicht und deshalb halte ich es für sehr wichtig, eine entsprechende Qualität in der Lehre zu schaffen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Trotz Studienbeiträgen wandern die ab!)

Wir müssen die Betreuungsverhältnisse, die Tutorien verkleinern und müssen Möglichkeiten schaffen, die Bibliotheksöffnungszeiten zu verlängern. All das sind die Dinge, die wir uns jetzt aufgrund der Studienbeiträge in Höhe von 150 Millionen Euro leisten können, die direkt an die Universitäten gehen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Aber sie wandern trotzdem seit 2007 weiter ab. )

Das halte ich einfach für sinnvoll.

(Beifall bei der FDP)

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss

für Hochschule, Forschung und Kultur als federführenden Ausschuss zu überweisen. - Damit besteht erkennbar Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: