Protokoll der Sitzung vom 12.05.2011

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Rabenstein. Nächster Redner ist Herr Kollege Sibler, ihm folgt Herr Dr. Fahn. - Jetzt spricht für Sie Herr Sibler, Herr Goppel. Ist das in Ordnung? - Sie können mir nachher signalisieren, ob Sie dem beitreten, was er jetzt sagt. Herr Kollege Sibler, bitte.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es lag auf der Hand, dass nach den letzten aktuellen Entscheidungen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg das Thema "Studienbeiträge" auf die Tagesordnung kommt.

Die politische Lage mag sich zwar verändert haben, aber die geltenden Fakten sind immer noch die gleichen. Lieber Herr Kollege Rabenstein, Sie haben diese IHF-Studie zitiert. Aber gerade diese IHF-Studie hat die Befürchtungen, die die Opposition vor Einführung der Studienbeiträge formuliert hatte, eben nicht bestätigt.

Bayern legt bei den Studierendenzahlen zu, und wir verlieren nicht.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Das ist auch in Gebieten zu verzeichnen, die an Hessen oder Thüringen angrenzen und die schon längst keine Studienbeiträge mehr haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Qualität setzt sich eben durch.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Wie lange noch?)

Das lässt auch Schlüsse zu auf das, was in BadenWürttemberg passieren könnte. Natürlich werden wir diese Situation und diese Entwicklung sehr genau zu beobachten haben.

Bayern - darauf will ich auch hinweisen - hat sehr großzügige Befreiungstatbestände, sodass etwa ein Drittel der in Bayern Studierenden gar keine Studienbeiträge zu bezahlen hat. Gerade auch in dieser Periode - der eine oder andere mag es schon wieder vergessen haben - haben wir erneut weitere Befreiungstatbestände auf den Weg gebracht. Ich will nur die Drei-Kinder-Regelung nennen.

Es ist auch nachweisbar, dass durch die Einführung von Studienbeiträgen die Qualität an den bayerischen Hochschulen deutlich zugenommen hat. Ich darf nur die Zahl der zusätzlichen Tutorinnen und Tutoren und die verbesserte Sachausstattung anführen.

Baden-Württemberg plant eine Befreiung zum Sommersemester 2012. Wie wird die Kompensation dort ausfallen? Wie geht man da mit dem doppelten Abiturjahrgang um, der erst nachher kommen wird? Wird man den auch schon einrechnen? Was wird da passieren?

Jetzt lese ich mit großem Vergnügen in der Zeitschrift des Philologenverbandes, die draußen auch ausliegt: "Lehrerstellen werden gekürzt und zurückgenommen." Das sind die ersten Wahlversprechen, die von einer grün-roten Regierung, die noch gar nicht im Amt ist, nicht mehr gehalten werden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans-Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Nordrhein-Westfalen plant die Abschaffung zum Wintersemester 2011. 250 Millionen Euro stehen zur Kompensation im Plan. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist alles schuldenfinanziert, und der nordrhein-westfälische Haushalt ist immer noch als verfassungswidrig eingestuft.

Auch Sie, Herr Rabenstein, wollen wieder alles: kostenloses Kindergartenjahr, keine Studienbeiträge; alles, was man sich wünschen kann, soll eingeführt werden.

Aber man stellt deutlich fest, dass eine massive Nervosität in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen um sich greift, weil keiner wirklich genau weiß,

(Zuruf des Abgeordneten Bernhard Roos (SPD))

wie das umgesetzt werden soll.

- Nein, an den Universitäten, lieber Kollege Roos, weil die eben noch nicht wissen, wie es weitergehen soll.

Dann darf ich doch gleich zitieren. Der ansonsten eher kritische Präsident der LMU München hat sich erst vor Kurzem eindeutig für die Beibehaltung der Studienbeiträge ausgesprochen.

Lassen Sie mich abschließend noch zwei Fakten nennen: Zum einen darf man darauf hinweisen, dass der Steuerzahler hier in Bayern je nach Richtung pro Student zwischen 150.000 Euro und 200.000 Euro zu bezahlen hat. Der Handwerker zahlt für seine Meisterprüfung alles selbst. Die Studierenden - das sei das zweite Faktum, das noch genannt sein soll - verdienen im Durchschnitt nach Abschluss ihres Studiums im Berufsleben mehr als die anderen Gruppen. Auch das gilt es in der politischen Diskussion zu berücksichtigen.

(Beifall bei der CSU - Zuruf von der SPD: Sie zahlen auch mehr Steuern!)

Danke schön, Herr Kollege. Nächster Redner ist Herr Dr. Fahn, bitte. Ihm folgt Frau Gote.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 19.11.2010 teilte Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch den Universitäten in Bayern mit, dass es endlich an der Zeit sei, die seit 2007 angehäuften Restmittel von 106 Millionen Euro, die aus den Studiengebühren stammen und immer noch auf Halde liegen, auszugeben. Sogar der RCDS, der der CSU relativ nahe steht,

reagierte sehr verärgert und betrachtete den Heubisch-Appell zum Geldausgeben als Beleg dafür, dass die Studiengebühren höher sind, als sie sein müssten.

Ich habe mir gedacht, ich stelle eine Schriftliche Anfrage, um das Ganze im Detail zu erfahren. Am 12.01.2011 habe ich die Schriftliche Anfrage gestellt zu Ursachen der Geldanhäufung mit der Bitte um ganz genaue Auflistung der konkreten Verwendung dieser Studiengebühren. Ich habe gestern die Antwort bekommen; es ist aber auch nur eine Zwischenantwort. Das Wissenschaftsministerium braucht immer noch Zeit, um das Ganze zu analysieren. Ich darf hoffen, dass diese meine Schriftliche Anfrage bis Ende Juli beantwortet wird. Aber zumindest eines steht in diesem Zwischenbericht, dass nämlich bis Ende 2010 nur noch 99,8 Millionen Euro, also rund 100 Millionen Euro, nicht ausgegeben wurden. Also: 106 Millionen Euro lagen auf Halde, und 100 Millionen Euro sind noch da. Trotz eines Brandbriefes von Wissenschaftsminister Heubisch, diese Restmittel von 106 Millionen Euro endlich auszugeben, gelang es dem Wissenschaftsministerium also lediglich, dieses Polster um 6 Millionen Euro abzubauen, meine Damen und Herren.

Wir empfinden das als einen Skandal angesichts der Tatsache, dass noch zusätzlich Studiengebühren bezahlt werden müssen. Es gab nämlich noch zusätzlich 152 Millionen Euro Einnahmen aus den Studiengebühren - plus diese 100 Millionen Euro. Das ist, meine ich, zu viel, was hier den Studenten aus der Tasche gezogen wird.

(Beifall des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER))

Wie sollen sie es verstehen, dass sie Summen bis zu 500 Euro zahlen müssen, während gleichzeitig so viele Millionen auf Halde liegen?

Deswegen finden wir den Aufruf der Studenten "SOS - Studieren ohne Studiengebühren" richtig. Das muss unser Ziel sein, meine Damen und Herren.

Dies bestätigen auch verschiedene Universitäten öffentlich. Zum Beispiel konnte man am 10. Februar im "Donaukurier" nachlesen, dass die Universität Eichstätt-Ingolstadt im Jahre 2010 700.000 Euro nicht ausgegeben hatte. Oder auch: Die Universität Würzburg wurde gezwungen, Möbel aus Studiengebühren zu finanzieren, weil noch zu viel Geld auf Halde war. Das sind keine richtigen Verwendungszwecke, muss ich ganz klar sagen. Diese Beispiele zeigen ganz deutlich, dass die Akzeptanz für die Studiengebühren einfach fehlt.

Jetzt sagen Sie, das stimmt nicht. Aber es stimmt schon, und zwar gibt es eine Untersuchung der Universität Hohenheim, die jedes Jahr durchgeführt wird. Sie untersucht die Zufriedenheit der Studenten bezüglich der Studiengebühren. Sie haben zum Beispiel im Jahre 2010 bundesweit 5.200 persönliche Interviews geführt. Die schlechtesten Bewertungen gibt es für Bayern in Sachen Transparenz. Nur 20 % der Studenten in Bayern fühlen sich über die Verwendung der Studiengebühren gut und richtig informiert. Das, meine ich, ist einfach zu wenig. Es ist nicht gelungen, den Studenten das konkret deutlich zu machen.

Deswegen kann die Forderung eigentlich nur lauten: Abschaffung der Studiengebühren. Wir haben diese Position schon seit 2007 und meinen, dass diese Studiengebühren auch einem zukunftsorientierten Bildungskonzept widersprechen. Von den Studiengebühren ist vor allem die Mittelschicht betroffen. Die Oberschicht hat das Geld ohnehin, und Studenten aus der Unterschicht bekommen das Geld zum Teil aus dem BAföG. Deswegen betrifft es vor allem die Mittelschicht.

Aus diesen Gründen können wir durchaus nachvollziehen, dass immer mehr Bundesländer die Studiengebühren wieder abgeschafft haben. Kollege Rabenstein hat es schon gesagt: In Kürze werden nur noch Niedersachsen und Bayern übrig bleiben.

Für die Staatsregierung ist es jetzt natürlich sehr bedauerlich, dass die sogenannte Südschiene auch in der Bildungspolitik zerbrochen ist. Wir meinen, das führt mittel- und langfristig zu einer Schwächung des Bildungsstandortes Bayern. Wie wollen Sie einem Studenten klar machen, dass er in München studieren und dafür 500 Euro bezahlen soll, wenn er in Heidelberg, Freiburg oder Karlsruhe - das sind auch sehr gute Universitäten - für den gleichen Studieninhalt keine Gebühren bezahlen muss? Dies sage ich vor dem Hintergrund steigender Mietpreise, auf die in den Medien immer wieder hingewiesen wird, und höherer Lebenshaltungskosten. Da wird es natürlich sehr schwierig. Das gilt auch für die Landeshauptstadt München.

Allerdings sind die Probleme, die durch den doppelten Abiturjahrgang entstehen, im Moment noch nicht sichtbar. Das wird erst in einigen Monaten oder Jahren der Fall sein. Dann werden sich die Verhältnisse auch auf die Naturwissenschaften auswirken. Diese sind für die Wirtschaftskraft eines Landes sehr wichtig. Bayern wird dann das Nachsehen haben.

Herr Heubisch, Sie haben am 07. April, als die Abschaffung der Studiengebühren vorgeschlagen wurde,

gesagt, das sei ein Weg in den Schuldenstaat. Nach unserer Ansicht ist diese Aussage fundamental falsch.

Herr Kollege, ich muss Sie leider darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit schon überschritten ist.

Wir meinen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden sollten. Das Studium sollte vom Staat finanziert werden. Wir meinen, dass das eine exzellente Wirtschaftsförderung ist. Diese Zukunftsinvestition müssen wir machen. Dafür ist der Staat zuständig. Deshalb sind wir für den Gesetzentwurf der SPD.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Gote. Ihr folgt Frau Bulfon.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist wieder einmal der richtige Zeitpunkt, hier über die Abschaffung der Studiengebühren zu reden. Insofern ist der Gesetzentwurf richtig und wichtig. Wir haben das Thema zuletzt bei den Haushaltsberatungen besprochen und tun es jetzt erneut.

Natürlich gibt es eine neue Entwicklung. Herr Minister und verehrte Kolleginnen und Kollegen von FDP und CSU, Sie sind dabei, eine Entwicklung zu verschlafen. Sie haben nicht gemerkt, dass der Zug seit einiger Zeit in eine ganz andere Richtung fährt, nämlich weg von Studiengebühren, weg von der Privatisierung der Bildungskosten. Sie haben diese Bewegung verschlafen. Das wird Ihnen einmal schwer auf die Füße fallen.

Sie merken es vielleicht jetzt noch nicht, weil wir im Moment mehr Studienanfänger haben. Es ist aber keine große Kunst, zu erkennen, warum die Verhältnisse jetzt so sind. Es ist Folge einer völlig undurchdachten Politik, der überstürzten Einführung des G 8. Durch diese Politik, auf die die meisten nicht vorbereitet waren, hat man eine größere Zahl von Studienanfängern produziert. Sie sagen vielleicht: Es passiert auch in Zukunft schon nichts; die Studierenden werden nicht abwandern. In eine solche Ruhe sollten Sie sich nicht begeben.

Ich sage Ihnen: Wachen Sie auf! Kommen Sie von Ihrem hohen Ross herunter! Sie tun immer so, als wenn Bayern nichts zu machen brauche, weil die Unis so toll und so exzellent seien, dass die Leute von allein kommen.

Ich rate Ihnen, sich einmal anzuschauen, wer in Bayern und speziell auch in München studiert. Natürlich

sind die TU und die LMU noch gut besucht; sie haben einen guten Zulauf. Aber schauen Sie doch einmal hin, um wen es sich da handelt. In Zukunft werden dort nicht diejenigen studieren, die die besten Köpfe sind, sondern nur diejenigen, die es sich leisten können.

Wenn Sie das wollen, dann machen Sie so weiter! Wenn Sie wollen, dass in Bayern nur noch diejenigen an den Hochschulen studieren, die es sich leisten können, dann gehen alle anderen in die anderen Bundesländer. Denn demnächst werden bald alle anderen Bundesländer keine Studiengebühren mehr erheben. Wenn Sie so weitermachen wie bisher, dann schadet uns das. Es schadet unserem Land und den jungen Menschen, die hier leben, bleiben und studieren wollen, übrigens auch denen, die neu nach Bayern kommen wollen. Diese werden sich überlegen, ob sie an unsere Hochschulen gehen, wo sie mehr zahlen müssen als woanders, wo die Qualität der unsrigen nicht nachsteht. Sie brauchen sich nur die Meldungen von heute anzusehen. Nach einer Meldung rechnet die Uni Salzburg für das Wintersemester mit einem Ansturm von Studierenden aus Bayern. Warum? Weil man dort keine Studiengebühren zahlen muss. Lesen Sie die Meldung! Sie ist heute gekommen.