Protokoll der Sitzung vom 12.05.2011

(Beifall bei der SPD)

Es wird Ihnen schwerfallen, auch nur irgendwo eine ernstzunehmende Stimme für die Auffassung, die Sie hier zum Besten gegeben haben, zu finden. Diese Stimme gibt es nämlich nicht. Es mag die eine oder andere Mindermeinung geben; herrschende Meinung ist das gewiss nicht. Absicht derjenigen, die damals die Verfassung geändert haben, war das, was Sie vorgetragen haben, übrigens auch nicht.

Ich halte fest: Unser Vorschlag entspricht den Vorgaben der Bayerischen Verfassung.

Zweitens. Herr Staatsminister, sollten wir die Kirche im Dorf lassen.

Darin stimme ich Ihnen auf jeden Fall zu.

Selbstverständlich kann man die Vorgaben des EuGH so oder auch anders umsetzen. Man kann es so machen, wie Sie es vorschlagen. Aber ich bitte doch zu akzeptieren, dass man es

auch so machen kann, wie die SPD es vorschlägt. Damit folgen wir übrigens Bundesländern, die ein bisschen mehr Renommee haben, was Datenschutz betrifft; ich rede zum Beispiel von Hessen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dort ist der Datenschutz erfunden worden. Die machen es genau so, wie die SPD es hier vorschlägt.

(Beifall bei der SPD)

Ich stelle fest: Es stehen sich zwei, wie ich meine, gleichwertige Gesetzentwürfe gegenüber. Der unsrige ist natürlich noch besser, weil er den Charme hat, dass er Synergieeffekte bewirkt, die Zersplitterung endlich beendet und dafür Sorge trägt, dass die Stelle in Ansbach, die hervorragende Arbeit geleistet hat, das auch zukünftig tun kann, dann allerdings unter dem Dach des Landesbeauftragten.

Ich bitte Sie also, Ihre voreingenommene Haltung noch einmal zu überdenken und am besten Ihren Gesetzentwurf zurückzuziehen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister.

Mit dem zuletzt genannten Anliegen, Herr Kollege Schindler, muss ich Sie, wie Sie es sicherlich auch nicht anders erwarten, leider enttäuschen. Ich kann nur noch einmal sagen: Nachdem wir uns alle einig sind, dass in Ansbach eine großartige Arbeit geleistet wird, erschließt sich mir die Logik nicht, weshalb die Arbeit dieses Amtes in Ansbach, wenn es der Oberhoheit des Landesbeauftragten hier in München, unterstellt würde, besser werden soll, obwohl dort schon bisher eine ausgezeichnete Arbeit geleistet wurde. Wir können darüber in den nächsten Wochen und Monaten gerne noch weiter diskutieren. Ich stelle mich dieser Diskussion gerne, aber zwingend ist das jedenfalls nicht.

Wenn Sie auf andere abheben, will ich nur sagen, nachdem Kollege Arnold vorhin auch immer wieder auf die entsprechende parlamentarische Legitimation abgehoben hat, dass wir hier in der Tat die getrennte Zuordnung haben. Ich darf Ihnen sagen, dass in dem einen oder anderen Land, vor allen Dingen aber auch im Bund, nach wie vor die Gesamtkonstruktion des Datenschutzbeauftragten einheitlich zusammengefasst, aber nach wie vor beim Innenministerium angesiedelt ist, also nicht beim Deutschen Bundestag. Daran haben übrigens auch rot-grüne Bundesregierungen nichts geändert.

In der Tat kann man, Herr Kollege Schindler, manches so oder auch anders sehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Konstruktion in Bayern im Moment gut und erfolgreich ist und dass wir damit auch den Herausforderungen der nächsten Jahre sehr gut gewachsen sind. Deshalb wird das die Staatsregierung auch entsprechend hier im Parlament vorschlagen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Im Übrigen war das erst die Erste Lesung, und es gibt noch Hoffnung auf Einsicht. Die Aussprache für heute ist jedenfalls geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Ich stelle fest, dass damit Einverständnis besteht. Dann ist das so beschlossen.

Ich darf aufrufen Tagesordnungspunkt 2 c:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Thomas Beyer, Harald Güller u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Drs. 16/8256) - Erste Lesung

Auch dieser Gesetzentwurf wird vonseiten des Antragstellers begründet. Ich eröffne damit auch gleich die Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Rabenstein. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Rabenstein.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bei diesem Gesetzentwurf, den wir aus aktuellem Anlass eingebracht haben, geht es um die Abschaffung der Studienbeiträge oder Studiengebühren. Wir haben dafür mehrere Gründe.

Als Erstes möchte ich ansprechen, dass durch die Abschaffung der Studienbeiträge die Chancengleichheit zunehmen würde. Es geht hier also um soziale Gerechtigkeit, und die Sozialdemokraten stehen nun einmal seit weit über 100 Jahren für soziale Gerechtigkeit. Deswegen sind wir auch für die Abschaffung der Studienbeiträge.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nach wie vor haben wir ein Ungleichgewicht. Das heißt, Kinder aus sozial schwächeren Familien haben in unserem Bildungssystem sehr viel weniger Chan

cen. Deswegen heißt für uns die Devise: Bildung muss kostenlos sein.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD) und des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Eines sage ich auch in diesem Zusammenhang ganz deutlich: Wir wollen, dass die Kindergartenbeiträge abgeschafft werden. Wir wollen also, dass die Kinder auch von der Vorschulerziehung kostenlos Gebrauch machen können. Dasselbe wollen wir auch in der Schule - dort ist es schon so -, im Gymnasium und bei den Hochschulen. Deswegen heißt unsere Forderung - ich kann das nur wiederholen -: Bildung muss kostenlos sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER)

Wir haben in den letzten Wochen eine Studie des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung und Hochschulplanung mit dem Titel "Auswirkungen und Verwendung von Studienbeiträgen in Bayern 2009" vorgelegt bekommen. Der Kollege Dr. Fahn hat sie auch dabei.

In dieser Studie wird noch einmal deutlich, wie ungerecht die Bildungschancen verteilt sind. Hier wird untersucht, welchen Bildungshintergrund, welchen sozialen Hintergrund die einzelnen Studierenden haben. Sie werden dabei in vier Kategorien eingeteilt: niedriger, mittlerer, gehobener und hoher Bildungshintergrund. 13 % haben einen niedrigen Bildungshintergrund, kommen aus niedrigen sozialen Schichten. Bei den mittleren sind es 26 %, bei den gehobenen 24 % und bei der höchsten Stufe, also bei der Stufe "hoch", sind es 37 %. Dabei haben wir noch einen Unterschied zwischen Fachhochschulen, den Hochschulen für angewandte Wissenschaft, und Universitäten. Bei den Universitäten kommen nur 10 % aus den niedrigen Bildungsschichten, dafür aber 45 % aus den höchsten Bildungsschichten. Dagegen wollen wir etwas tun.

Eine zweite Zahl ist für mich auch noch interessant: Wie werden diese Studienbeiträge finanziert? Diese Studie klärt uns auf, dass 65 % der Studienbeiträge durch Eltern finanziert werden und nur 3,7 % durch Darlehen. Das heißt auch, dass Eltern mit einem finanziell guten Background überhaupt keine Probleme haben. Ich sage auch, dass mich die 500 Euro für meine Kinder, die zurzeit studieren, nicht umbringen. Aber für jemanden, der wenig Geld hat, entsteht natürlich schon ein Problem. Für mich ist vor allen Dingen die Schranke im Kopf das Entscheidende, dass man also von vornherein sagt: Nein, du gehst lieber nicht auf die Universität oder auf die Hochschule, ob

wohl vielleicht die Voraussetzungen dafür vorliegen. Deswegen kann unsere Forderung nur heißen: Abschaffung der Studiengebühren, um Chancengleichheit herzustellen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD) und des Abgeordneten Dr.Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Der zweite aktuelle Punkt ist - ich habe gesagt, unser Gesetzentwurf greift auf aktuelle Gegebenheiten zurück: In Baden-Württemberg werden die Studiengebühren definitiv abgeschafft, entweder schon in diesem oder im nächsten Jahr. Das ist jedenfalls Fakt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abge- ordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Bayern und Niedersachsen sind dann die einzigen Bundesländer, die noch Studienbeiträge erheben. 2012 sind in Niedersachsen Wahlen. Wenn die Umfragen stimmen, können wir davon ausgehen, dass auch dort ein Regierungswechsel stattfinden wird. Dann wird Bayern als einziges Land noch diese Studienbeiträge haben.

Da muss ich mich schon fragen: Was kann denn der bayerische Abiturient, die bayerische Abiturientin dafür, dass er bzw. sie gerade in Bayern lebt und dass Bayern als einziges Bundesland noch diese Studienbeiträge hat? Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich kommt dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Gefahr der Abwanderung besteht. In dem Moment, wo wir den doppelten Abiturientenjahrgang haben, mag das vielleicht noch nicht so gravierend sein. Aber es kommen auch geburtenschwächere Jahrgänge, und dann werden wir eine Abstimmung mit den Füßen erleben, da viele sagen werden: Warum soll ich in Bayern studieren? Die Universitäten in Baden-Württemberg oder auch in Hessen, um nur die Nachbarbundesländer zu nennen, sind auch nicht schlecht.

Wir in Bayern brauchen die klügsten Köpfe bei uns. Wenn jemand in einem anderen Bundesland studiert hat, ist natürlich auch die Gefahr groß, dass er dort bleibt. Das heißt, allein schon aus dem Grund, dass wir im Moment zusammen mit Niedersachsen und wahrscheinlich bald als einziges Bundesland Studienbeiträge erheben, obwohl wir die Hochschulen auch selber finanzieren könnten, müssen die Studiengebühren abgeschafft werden.

Noch etwas zur Finanzierung: Natürlich haben wir in unseren Gesetzentwurf hineingeschrieben, dass das

auch Geld kostet. Bei den Kosten haben wir 150 Millionen Euro genannt; denn zum Nulltarif bekommen wir das nicht. Das wissen wir auch. Die Universitäten und die Hochschulen für angewandte Wissenschaften brauchen natürlich das Geld. Deswegen sind die meisten Präsidenten und Kanzler für Studienbeiträge. Sie wären es nicht, wenn der bayerische Staat diese Kosten übernehmen würde. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, als Letztes möchte ich auch noch Folgendes ansprechen. Wir haben es beim Atomausstieg gemerkt: Die CSU ist lernfähig. Die CSU hat hier eine Kehrtwende vollzogen, die wirklich erstaunlich ist.

(Harald Güller (SPD): Verbal!)

- Ja, verbal. Herr Söder hat hier gesagt, die CSU sei noch nie die Partei der Atomenergie gewesen. Da haben wir alle bloß gestaunt. Mich würde es nicht wundern, wenn sich Herr Söder in Veitshöchheim nächstes Mal als Windrad verkleiden würde. Ich hoffe auch, dass die CSU vielleicht einmal auf die Idee kommt, zu sagen: Die Studienbeiträge werden aus den genannten Gründen wieder abgeschafft, und wir waren noch die Partei, die Studienbeiträge wirklich unterstützt hat. - Das ist meine Hoffnung!

Ich sage es auch ganz deutlich: Wenn Sie dies in den nächsten zwei Jahren nicht zustande bringen und dieser Gesetzentwurf wieder scheitern sollte, dann werden wir 2013 - da bin ich mir sicher -, dann in Regierungsfunktion, als Erstes die Studienbeiträge abschaffen.

(Beifall bei der SPD)

Das hoffe ich noch zu erleben. Sie können es schneller haben, wenn Sie unserem Gesetz entsprechend zustimmen. Ich freue mich schon auf die Auseinandersetzungen im Ausschuss und jetzt auf die weitere Diskussion.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)