Protokoll der Sitzung vom 17.05.2011

men für solche Arbeitsplätze neuer Büroraum teuer geschaffen werden, sondern man kann durchaus in den ländlichen Raum gehen, entweder nach Hause in Form von Telearbeitsplätzen oder in vorhandene Büros im ländlichen Raum.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Volle Unter- stützung!)

- Sehr schön; wunderbar.

Noch eine abschließende Frage zur Thematik. Wir haben Zuzugsregionen, in denen Anforderungen entstehen, und wir haben Regionen, in denen Wegzug stattfindet. Es ist schon angesprochen worden, dass dort Strukturen schwerer finanzierbar sind. Die Zuzugsregionen profitieren, indem sie aufgrund der höheren Zahl an Köpfen, die dort wohnen, einen höheren Anteil von der Einkommensteuer erhalten. Wie stehen Sie dazu, über den kommunalen Finanzausgleich einen Ausgleichsmechanismus zu schaffen, der auch den demografischen Faktor berücksichtigt? Stehen Sie dazu auch positiv?

Herr Staatsminister, bitte.

Erster Punkt. Ich gestehe offen: Bei der speziell technischen Frage, mit welchem Verfahren Glasfaserkabel in die Erde gebracht werden, bin ich überfordert. Ich bin kein Diplomingenieur und grabe auch nicht in der Erde.

(Harald Güller (SPD): Eine unabgesprochene Frage; das ist unglaublich!)

- Ich werde mich aber selbstverständlich gerne sachkundig machen und Ihnen vom zuständigen Ressort die Antwort zukommen lassen. Mit der Frage, mit welchem Verfahren welches Kabel in die Erde gebracht wird, habe ich mich, wie gesagt, noch nicht beschäftigt.

(Zuruf des Abgeordneten Harald Güller (SPD))

- So geht es hier zu, Herr Kollege.

Zweiter Punkt. Was die Telearbeitsplätze anbetrifft, bin ich völlig Ihrer Meinung. Sicherlich gibt es noch viele gute Potenziale; einiges ist schon entwickelt worden. Auch innerhalb der Staatsverwaltung gibt es schon eine ganze Reihe positiver Beispiele. Wir sind damit aber - da bin ich ganz bei Ihnen - noch lange nicht am Ende der Entwicklung angelangt; sondern könnten uns noch sehr, sehr viel mehr vorstellen. Das gilt nicht nur für die Staatsverwaltung. Es gibt auch viele Firmen, die schon gezielt daran arbeiten. Ich

gehe davon aus, dass wir in zehn Jahren wesentlich mehr solcher Telearbeitsplätze haben werden, als dies heute der Fall ist. In der Tat ist das auch eine zusätzliche Chance für den ländlichen Raum.

Schließlich zur dritten Frage.

(Thomas Dechant (FDP): Kommunaler Finanzausgleich!)

- Das ist in der Tat ein ganz wichtiges Thema; denn wir haben im kommunalen Finanzausgleich als ganz wesentliche Stellschraube die Zahl der Einwohner. Das heißt, Gemeinden, die mehr Einwohner haben, haben einen höheren Anteil am kommunalen Finanzausgleich. Das ist auch logisch und richtig. Gleichzeitig haben wir aber das Problem, dass vor allen Dingen die Gemeinden, aus denen Einwohner abwandern, entsprechend weniger bekommen. Diese haben dann hinausgehend über die Probleme, die dadurch entstehen, dass sie weniger Einwohner haben, zusätzlich noch ein Finanzproblem. Wir haben die Problemlage vor ein paar Jahren etwas dadurch entschärft, dass die Gemeinden, die Abwanderung verzeichnen, fiktiv noch eine Reihe von Jahren so behandelt werden, als ob sie die frühere Einwohnerzahl hätten. Wir sind zusammen mit dem Finanzminister dabei - ich habe vorhin schon von den Gesprächen berichtet -, den Zeitraum zu verlängern, sodass die Fiktion der früher höheren Einwohnerzahl noch über einen längeren Zeitraum beibehalten wird. Dadurch würden Gemeinden, die von Abwanderung betroffen sind, bei der Verteilung der Gesamtmasse des kommunalen Finanzausgleichs automatisch gegenüber denjenigen gestärkt, die vom Zuwachs profitieren. Das ist einer der Aspekte. Wir müssen in der Tat die demografische Veränderung beim kommunalen Finanzausgleich bei den verschiedenen Parametern, die eine Rolle spielen, noch stärker berücksichtigen. Das wird ein Teil des Aktionsplanes sein.

Ich darf Frau Karl um ihre Frage bitten.

Herr Staatsminister, in der Staatsregierung fühlen sich mittlerweile viele für die Stärkung des ländlichen Raums verantwortlich.

Ich darf Ihnen noch einmal versichern: Alle sind damit befasst.

Es gibt den Staatssekretärausschuss, den Kabinettsausschuss; jeder Minister einzeln, selten koordiniert, selten miteinander, oft gegeneinander. Deshalb meine Frage: Wie stehen Sie zur Schaffung eines Querschnittsministeriums "Ländlicher Raum"? Das ist die erste Frage.

Meine zweite Frage bezieht sich ganz konkret auf Ihren Zuständigkeitsbereich. Ich habe eben mit Freude vernommen, dass Sie gesagt haben, dass es wichtig ist, auch im ländlichen Raum die Straßen in einem guten, vernünftigen Zustand zu erhalten und dass dies für die Entwicklung sehr wichtig ist. Dann muss man dies in der Politik allerdings auch umsetzen. Ich spreche konkret den Staatsstraßenausbauplan an. Dort ist durch die Einführung des Raumwirksamkeitsfaktors nämlich genau das Gegenteil entstanden. Der Raumwirksamkeitsfaktor bewertet die Verbindung von zentralen Orten. Ich nenne ein Beispiel, wozu das in den Grenzregionen führt. Die Ortsumgehung Eslarn, die das sehr wichtige Industriegebiet Schönseer Land an die Autobahn A 6 nach Tschechien anbindet, ist aus der höchsten Priorität des Straßenausbauplans komplett aus dem Plan mit der Begründung herausgefallen, eine Autobahn sei kein zentraler Ort. Ich meine, dies ist für die Stärkung des ländlichen Raumes völlig kontraproduktiv. Ich bitte darum, dies zu überprüfen und diese Ortsumgehung und ähnliche oder gleich gelagerte Fälle wieder in die höchste Priorität zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Bitte schön, Herr Staatsminister.

Um beim Letzten anzufangen: Ich kenne den speziellen Fall dieser Ortsumgehung nicht. Bei allen Kriterien, die irgendwo angewendet werden, ist nie auszuschließen, dass es in einem von insgesamt über 1.000 Fällen einmal zu einem unerwünschten oder unrichtigen Ergebnis kommt. Ich bin gerne bereit, mir das anzusehen, so wie wir im Moment noch viele Dutzende von Einzelvorhaben nochmals auf dem Prüfstand haben, weil die regionalen Planungsverbände oder einzelne Kollegen aus dem Hohen Hause spezielle Straßenbauvorhaben an uns herangetragen haben. Wir werden jetzt jeden einzelnen Fall nochmals überprüfen, bevor ich das Gesamtkonzept der Staatsregierung zur Billigung vorschlage.

Was das Thema "Querschnittsministerium" anbetrifft, sage ich Ihnen ganz klar, dass ich davon nichts halte, weil wir bei der Entwicklung des ländlichen Raumes nur weiterkommen - das ist wirklich meine volle Überzeugung -, wenn jedes Ministerium das Thema "Ländlicher Raum" mit im Blick hat. Bei vernünftiger Betrachtung wird man deshalb auch sehr schnell zu dem Ergebnis kommen: Ein übergreifendes Querschnittsministerium kann letztendlich zu keinen besseren Ergebnissen führen. Natürlich geht es um die Straßenplanung - Sie haben gerade ein entsprechendes Beispiel gebracht. Soll das Ministerium der Obersten

Baubehörde die Straßenplanung für den ländlichen Raum abnehmen? Natürlich geht es um Stichworte wie zum Beispiel gute Ärzteversorgung im ländlichen Raum. Soll das Ministerium für den ländlichen Raum dem Gesundheitsminister die Frage abnehmen, wie es mit der Ärzte- und Pflegeversorgung im ländlichen Raum aussieht? Da geht es um wohnortnahe Schulversorgung, insbesondere hinsichtlich der Grundschulangebote. Soll das Ministerium dem Kultusminister die Entscheidung aus der Hand nehmen, wie in manchen Landkreisen des ländlichen Raumes die Grundschulstrukturen auszusehen haben? Ich meine, wer das zu Ende denkt, wird sehr schnell zu dem Ergebnis kommen: Das kann nicht funktionieren. Wir müssen bestimmte Dinge koordinieren - das ist gar keine Frage -, aber es ist wichtig, dass das jedes Ministerium im Blick hat.

Deshalb werden wir einen Aktionsplan für die gesamte Staatsregierung erstellen, durch den deutlich wird, dass alle Ressorts ihren Beitrag dafür leisten müssen, die Entwicklung im ländlichen Raum zu stabilisieren. Wir arbeiten gerade an diesem Aktionsplan.

(Beifall bei der CSU)

Ich bitte Herrn Dr. Vetter ans Mikrofon.

Herr Staatsminister, Ihre Botschaft "Stärkung des ländlichen Raums" höre ich gerne, mir fehlt aber ein bisschen der Glaube.

Auch der ungläubige Thomas wurde später bekehrt.

Vielleicht werden mich die nächsten Jahre vom Gegenteil überzeugen.

Ich werde daran arbeiten.

Die demografische Entwicklung im Norden und Osten Bayerns ist nicht gottgegeben und kam nicht von selbst. In den letzten 40 bis 50 Jahren waren dafür auch schon die CSU und die Bayerische Staatsregierung verantwortlich. Sie haben jetzt gute Pläne für die Zukunft. Würden Sie unter Umständen eingestehen, dass Sie in der Vergangenheit bei der strukturellen Entwicklung des ländlichen Raumes das eine oder andere falsch gemacht haben? Dies ist eine Frage, die mich schon lange interessiert.

(Harald Güller (SPD): Falsch gemacht? Jetzt wird es interessant!)

Bitte, Herr Staatsminister.

Das ist eine sehr pauschale Frage, die noch nicht einmal einen konkreten Vorwurf enthält. Offensichtlich sind Ihnen selbst keine Fehler an unserer Politik in den letzten 50 Jahren eingefallen.

(Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Er sucht händeringend!)

Jetzt fragen Sie mich, ob mir ein Fehler aufgefallen ist.

Ich möchte aber gern etwas dazu sagen. Sehen Sie sich einmal die letzten veröffentlichten Arbeitsmarktdaten an. Sehen Sie sich einmal die Arbeitslosenquoten für das gesamte Niederbayern oder für Landkreise wie Deggendorf oder Cham an. Sehen Sie sich einmal an, wie dort die Arbeitslosenquoten vor 30 Jahren im März oder April ausgesehen haben. Dann werden Sie nicht behaupten können, dass dort die Entwicklung schlechter geworden ist. Wir haben heute, bezogen auf die Arbeitslosigkeit, in diesen Landkreisen Daten, von denen die Menschen dort vor 30 Jahren kaum geträumt hätten. Wir können also mit der Entwicklung, die sich die Menschen in unserem Land mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen erarbeitet haben, recht zufrieden sein.

Wir dürfen uns aber nicht ausruhen. Wenn wir uns heute die Landkarte anschauen, wo wir die größten Strukturprobleme haben und wo wir - nach den Prognosen - in 20 Jahren Probleme haben werden, sind das zum größten Teil die gleichen Gebiete und die gleichen Landkreise, die vor 30 Jahren noch in der Zonenrandförderung waren. Diese Gebiete entlang der früheren Grenzen zur DDR und zur früheren CSSR erhielten Fördermaßnahmen aus der regionalen Wirtschaftsförderung.

Nach der Wiedervereinigung waren alle - jedenfalls diejenigen, die damals schon politische Verantwortung getragen haben - der Meinung, dass nach der Wiedervereinigung und der Grenzöffnung nach Tschechien die Grenzlage beseitigt sein wird. Wir glaubten, jetzt sind wir mitten in Europa und alles wird sich mehr oder weniger in Wohlgefallen auflösen. Coburg wird keine Randlage mehr haben. Kronach wird das grüne Herz Deutschlands. Nach 20 Jahren müssen wir einräumen, dass dies nicht so eingetreten ist. Nicht überall hat von selbst eine dynamische Entwicklung stattgefunden. Ein paar Gebiete stehen in der Tat wirtschaftlich stärker da. Überall ist im Vergleich

zu damals ein Rückgang der Arbeitslosenquote zu verzeichnen. Wie geht es jedoch weiter? Wie dynamisch wird dort die Entwicklung sein? Wie viele Menschen werden in diesen Gebieten wohnen? Hier gibt es keine Entwicklung, die von selbst läuft. Deshalb müssen wir uns darauf konzentrieren, weiterhin gerade diese Gebiete zu stärken.

Meine Damen und Herren, ich darf mir aber doch noch einmal die Bemerkung erlauben, dass wir in den strukturschwächsten Regionen Bayerns im Frühjahr 2011 eine Entwicklung hatten, von der mindestens die Hälfte aller anderen deutschen Länder nur träumen können.

(Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Sehr richtig!)

Sehen Sie sich einmal in anderen Bundesländern um. Sehen Sie sich einmal die dortige Bevölkerungsentwicklung an. Sehen Sie sich das dortige Wirtschaftswachstum oder die dortige Arbeitslosenquote an. Wir sollten die Situation nicht schlechter reden, als sie ist. Wir müssen aber die Probleme, die zweifellos vorhanden sind, aufgreifen und versuchen, die Situation zum noch Besseren zu wenden. Das ist der Anspruch, den wir in der Bayerischen Staatsregierung an uns selbst stellen und an dessen Umsetzung wir jetzt engagiert arbeiten.

Herr Kollege Mütze, Sie stellen die nächste Frage.

Herr Staatsminister, da in Ihrem Hause die Oberste Baubehörde untergebracht ist, kann ich es verstehen, dass Sie sich bei der Frage nach der älteren Bevölkerung auf die Wohnraumpolitik beschränkt haben. Ich hatte aber auch nach der Ärzteversorgung und nach der Pflegesituation im ländlichen Raum gefragt. Vielleicht könnten Sie noch ein Wort dazu sagen.

Der zweite Punkt. Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie wollten Anreize für die Zusammenarbeit der Kommunen schaffen. Wird es auch Anreize geben, um die galoppierende Ausweisung von Gewerbegebieten zu beenden, die die Kommunen betreiben müssen, um Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu erzielen?

Der dritte Punkt. Herr Minister, Sie haben weiterhin gesagt, dass die Kommunen, die ihre Zuschüsse nach der Zahl der Einwohner bekommen, auch bei sinkender Einwohnerzahl die Zuschüsse in der gleichen Höhe erhalten werden. Haben Sie hierfür schon einmal über einen Zeitraum nachgedacht? Über welchen Zeitraum werden diese Zuschüsse gewährt?

Die FREIEN WÄHLER haben nach dem ländlichen Raum gefragt. Herr Minister, Sie haben die Menschen aus Dessau genannt. Die Menschen aus Dessau ziehen nicht nach Bayern, um sich in Hof niederzulassen. Menschen aus Dessau ziehen meistens in den Großraum München. Mit welchen Maßnahmen möchte die Staatsregierung dem Großraum München unter die Arme greifen, der vom demografischen Wandel dadurch betroffen ist, dass er diesen Zuzug zum großen Teil schlucken muss? Wie will die Staatsregierung dem Großraum München helfen, um der steigenden Zahl von Bewohnern Herr zu werden? Haben Sie darüber in den Sitzungen mit dem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister gesprochen?

Bitte, Herr Staatsminister.