Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Sehr richtig, aber das schaffen Sie nicht mit der Sicherheitswacht!)

Wenn wir von dem hohen Sicherheitsniveau in unserem Lande sprechen, dürfen wir durchaus auch davon sprechen, dass es bislang gelungen ist, auch in dieser Hinsicht ein entsprechendes gesellschaftliches Bewusstsein in Bayern zu erhalten, sodass bei den Bürgern ein größeres Maß an Zivilcourage, an Hilfsbereitschaft, an Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung vorhanden ist. Dazu gehören auch unsere freiwilligen Feuerwehren. Ich möchte das nur erwähnen, weil vorhin das Stichwort gefallen ist. Niemand käme da auch nur auf die Idee, zu kritisieren, dass dieser Bereich, abgesehen von wenigen Berufsfeuerwehren, überwiegend ehrenamtlich organisiert ist: Wir haben in Bayern 330.000 freiwillige Feuerwehrleute. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit im umfassenden Sinn in unserem Land. Diesen Menschen will ich für ihr Engagement ein ganz herzliches Dankeschön sagen.

(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die müssen um ihren Führerschein betteln, weil Sie die überteuerten Feuerwehrfahrzeuge kaufen!)

Dass Sie, Herr Kollege Schneider, das private Sicherheitsgewerbe in diesem Zusammenhang problematisieren, ist völlig daneben. Selbstverständlich werden Geldtransporte in unserem Land seit jeher von privaten Sicherheitsfirmen begleitet. Völlig unsinnig und hinausgeschmissenes Geld wäre es, wenn jeder Geldtransport von einem Polizeifahrzeug begleitet werden

müsste. Selbstverständlich haben wir mehrfach über die Einsätze der Polizei bei Fußballspielen gesprochen. Natürlich ist es richtig, dass der FC Bayern mit eigenem Geld dafür sorgt, dass jeweils 500 Ordner in der Allianz-Arena anwesend sind, wenn der FC Bayern ein Heimspiel hat. Dazu müssen wir nicht lauter hoch besoldete Polizeibeamte im Stadion haben. Daraus, dass es solche privaten Sicherheitsfirmen gibt, ein Problem zu konstruieren, ist sicherlich Unsinn. Hier gibt es vielmehr ein vernünftiges Engagement.

(Zuruf des Abgeordneten Harald Schneider (SPD))

Am Ende des nächsten Jahres werden wir den höchsten Personalbestand in der Geschichte der bayerischen Polizei haben. Daraus können Sie erkennen, dass das Engagement des privaten Sicherheitsgewerbes nicht zulasten der Polizei geht oder wir uns darauf ausruhen würden.

Die Herausforderungen der letzten Zeit waren Terrorismus, Computerkriminalität, Alkohol und Jugendgewalt oder Verkehrssicherheitsprobleme. All diese Probleme haben wir offen und klar angesprochen. Wir sind nicht unterwegs und sagen, es gibt keine Probleme mehr in unserem Land. Wir stellen nur fest, dass wir auf jeden Fall besser dastehen als alle anderen Bundesländer und dass wir in der Tat den großen Ehrgeiz haben, dass das auch weiterhin so ist. Neu auftretende Probleme wollen wir deswegen auch sofort angehen.

Lassen Sie mich abschließend auf einen Aspekt besonders hinweisen, der deutlich macht, wo die aktuellen Unterschiede liegen und weshalb es wichtig ist, dass wir über die Ländergrenzen hinausblicken. In der letzten Ausgabe der Monatszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter - BDK - habe ich einen interessanten Bericht aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen gelesen. Vorhin wurde die Kriminalpolizei angesprochen. Dort berichtet der Landesverband des BDK Nordrhein-Westfalen, wie der Vergleich zwischen Köln und München aktuell aussieht. Wohlgemerkt: Aus Sicht des BDK wird angemerkt, der Polizeipräsident von Köln habe die Kriminalitätsbekämpfung in den Millionenstädten Köln und München untersuchen lassen, um deutlich zu machen, warum Köln sein selbst gesetztes Ziel, bis 2010 sicherste Millionenstadt in Deutschland zu werden, nicht erreichen konnte. Beim Vergleich der Aufklärungsquoten und des Einsatzes von Sachbearbeitern der Kripo werde deutlich, dass es offensichtlich eine Proportionalität zwischen der Zahl der eingesetzten Sachbearbeiter und der Aufklärungsquote gibt. Das bestätigt die BDK-Argumentation.

Das kann ich auch rundweg bestätigen: Natürlich spricht alles dafür, dass die Aufklärungsquote mit aller Wahrscheinlichkeit umso höher ist, je mehr Kriminalpolizeibeamte in der Fahndung eingesetzt werden.

Entscheidend ist, wie der BDK feststellt: München bringt hier wesentlich mehr Beamte auf die Straße; München hat darüber hinaus eine Vielzahl an Zivilund uniformierten Beamten auch zur operativen Kriminalitätsbekämpfung unterwegs.

Unter anderem wird ausdrücklich festgehalten: Im Jahr 2009 lagen Fallzahlen der Straßenkriminalität im Bereich der Polizei Köln mehr als doppelt so hoch wie im Stadtgebiet München.

Das ist die Bilanz, die der Polizeipräsident von Köln selbst feststellt und die der BDK entsprechend darstellt. Wenn von einer doppelt so hohen Straßenkriminalität wie in München die Rede ist, geht es offensichtlich nicht um einige Promille hin oder her in einer wunderschönen Statistik; die Zahlen liegen vielmehr um ganze Dimensionen auseinander. Das macht deutlich, dass wir hier in unserem Land Gott sei Dank ein anderes Sicherheitsniveau haben.

Ich habe mich über die freundlichen Dankesworte gegenüber Herrn Staatssekretär Eck, Herrn Landespolizeipräsident Kindler und mir gefreut; heute ist es aber vor allen Dingen an der Zeit, unseren Kolleginnen und Kollegen in der bayerischen Polizei sehr herzlich zu danken. Sie haben es in der Hand, unsere Sicherheit zu bewahren. Sie haben es im vergangenen Jahr wieder geschultert, dass wir das sicherste Land in Deutschland geblieben sind

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Trotz Nullrunde!)

und dass wir eine gute Grundlage dafür haben, dass das auch in diesem und im nächsten Jahr so bleiben wird. Ein herzliches Dankeschön an unsere Polizei in Bayern!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Staatsminister. Nachdem Sie mehr als zehn Minuten gesprochen haben, hat eine Fraktion, wenn sie dies beantragt, noch einmal die Möglichkeit, hier bis zu fünf Minuten zu sprechen. Die Fraktion der FREIEN WÄHLER hat dies beantragt; Kollege Pohl hat nun das Recht, hier zu sprechen. Bitte schön, Herr Kollege Pohl.

(Staatsminister Joachim Herrmann: Wir hatten doch vorhin schon die entsprechende Redezeit!)

- Es tut mir leid. So steht es in den Regeln. Alle Fraktionen haben vorhin überzogen; ich habe das zwar etwas auszugleichen versucht. Aber die Bestimmungen nehmen nicht auf Vorgänge wie Redezeitüberziehungen Bezug, sondern erklären schlicht und klar: Wenn ein Mitglied der Staatsregierung mehr als zehn Minuten gesprochen hat, - hier steht nicht, um wie viel länger als zehn Minuten - hat eine Fraktion auf ihren Antrag das Recht, bis zu fünf Minuten zu reden. Damit ist die Sache klar. Bitte schön, Herr Pohl, Sie haben das Wort.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das war ja nur ein Spaß vom Herrn Innenminister!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, Sie kennen den Spruch über Jupiter. In diesem Fall ist es umgekehrt: In diesem Fall ist dem Rind erlaubt, was dem Jupiter nicht erlaubt ist.

Zunächst einmal möchte ich unterstreichen, was Sie zum Ende Ihrer Ausführungen gesagt haben: den herzlichen Dank an all diejenigen, die die Sicherheit in Bayern Tag für Tag garantieren. Unsere bayerische Polizei, unsere Sicherheitskräfte sind in der Tat dafür verantwortlich, dass man mit Fug und Recht behaupten kann: In Bayern leben wir sicher.

Ich weiß aber nicht, warum die Regierung, der Sie angehören, die Beamten mit einer Nullrunde bestraft.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Das verstehe ich einfach nicht. Ich kann den Initiatoren dieser Aktuellen Stunde recht geben: Innere Sicherheit war Markenzeichen Bayerns, war auch Markenzeichen der CSU. Das kann man in aller Deutlichkeit sagen. Ich kann mich noch gut erinnern: Zu einer Zeit, als man noch darüber diskutiert hat, ob Hausbesetzungen legitim, wenn auch nicht legal sind, zu einer Zeit, als man meinte, Gewalt gegen Sachen akzeptieren zu können, zu einer Zeit, als man das Schottern von Gleisen als legitim erachtet hat, hat die CSU ganz deutlich gesagt: Mit uns nicht: Wir sind die Partei, die für Law and Order steht. Deshalb haben Sie in der Tat einen Anteil daran, dass es in Bayern sicher zugeht. Allerdings ist diese Spitzenstellung Bayerns in Gefahr - einerseits durch die nicht sachgerechte Behandlung der Polizeikräfte, andererseits durch die Gesetzgebungsvorhaben.

Wenn ich mir vorstelle, Franz Josef Strauß würde hören, dass Sie das Vermummungsverbot bei Demonstrationen aus dem Gesetz gestrichen haben und die Vermummung nur noch als Ordnungswidrigkeit verfolgen, Herr Staatsminister, denke ich, das hätte

Ihren Ehrenvorsitzenden zu Recht sehr erzürnt. So gibt es durchaus die eine oder andere Tendenz, die möglicherweise auch dem Koalitionspartner geschuldet ist, die eine Aufweichung dieser klaren Sicherheitslinie der Bayerischen Staatsregierung befürchten lässt.

Es ist sehr wichtig, dass wir die Versäumnisse der Ära Stoiber aufholen und wieder mehr Polizeibeamte in den Dienst schicken. Es ist schön, wenn Sie sagen, dass auf eine Stelle vier bis fünf Bewerber kämen. Warum ist die Vorgabe des Koalitionsvertrags, 1.000 neue Polizeibeamte einzustellen, dann nicht schon längst umgesetzt worden? Bis einschließlich 2011 haben wir mehr Beamte, die in Pension gehen, als Beamte, die eingestellt werden. Erst im nächsten Jahr wird das wieder besser.

Sie bestrafen die Polizei mit einer Nullrunde. Das ist völlig unsachgemäß. Darüber hinaus ist die Frage des Beförderungsstaus zu diskutieren. Die derzeitigen Regelungen bei der Polizei sind nicht motivierend.

Marode Polizeigebäude müssen dringend saniert werden. Nicht zuletzt besteht das Problem der Gewalt gegen Polizeibeamte. Herr Kollege Meißner, zwar verfolgen Sie das richtige Ziel, das wir teilen, jedoch wollen Sie den § 113 des Strafgesetzbuchs nur halbherzig und kosmetisch verändern. Wir sind der Ansicht, Straftaten wie Körperverletzungen gegenüber Polizeibeamten sind härter zu bestrafen. Der Strafrahmen muss sechs Monate bis zehn Jahre betragen wie bei einer gefährlichen Körperverletzung. Das wirkt abschreckend. Meine Damen und Herren, es ist ein Unterschied, ob ein Mensch auf der Straße angegriffen oder die Staatsgewalt, die uns beschützt, ins Visier genommen wird.

Ich könnte noch andere Punkte anführen. Nachdem meine zusätzliche Redezeit der Überziehung des Innenministers geschuldet ist, werde ich meine Redezeit pünktlich nach fünf Minuten beenden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben jetzt noch zwei Wortmeldungen. Als Nächster hat Herr Kollege Schneider das Wort. Danach folgt Frau Kollegin Tausendfreund. Das sind die bisherigen Anmeldungen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe der Staatsregierung nicht in vollem Umfang recht. Jedoch muss ich ihr im Zusammenhang mit den Einstellungen in den Polizeidienst recht geben. 1.463 Polizeibeamte sind neu eingestellt worden. In diesem Jahr sind 1.300 Polizeibeamte und im Jahr zuvor über 1.000 Polizeibeamte

eingestellt worden. Damit liegen Sie daneben. Die Einstellungen sind bereits vollzogen worden.

Herr Innenminister, ich habe eine Anmerkung zur Sicherheitswacht. Sie sagen, ich hätte in diesem Punkt eine falsche Wahrnehmung. Es ist richtig, dass wir das private Sicherheitsgewerbe für Kunsttransporte und Fußballeinsätze benötigen. Wir brauchen sie jedoch ebenfalls zur Bewachung von Villenvierteln. Die reichen Leute in Bogenhausen, Grünwald, in Köln, in Frankfurt oder wo auch immer müssen sich ihre eigenen Sicherheitsdienste organisieren, um Einbrüche zu verhindern. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich dazu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Meißner, Sie haben die Erhöhung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten von 1,28 Euro auf 2,56 Euro pro Stunde als riesige Errungenschaft angepriesen.

Herr Kollege Schneider, Herr Kollege Ländner hat sich für eine Zwischenfrage gemeldet.

Das darf er.

Herr Kollege Schneider, wie würde Ihre Partei auf die folgende Schlagzeile reagieren: Auf Anregung von MdL Schneider fährt die Polizei verstärkt im Villenviertel Streife, damit die Reichen nicht auf private Sicherheitskräfte zurückgreifen müssen?

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Ländner, mir geht es um eine Gleichbehandlung. Der Bürger hat ein Recht auf Polizeischutz. Nur darum geht es. In das Thema "Schutzmann an der Ecke" möchte ich nicht noch einmal einsteigen.

Ich möchte mich noch einmal zum Dienst zu ungünstigen Zeiten äußern. Herr Kollege Meißner, Sie haben verschwiegen, dass die Hälfte der Erhöhungen von den Beamten selbst finanziert wird. Die Hälfte der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten müssen die Polizisten nämlich selber tragen. Von allen Fraktionen wurde eine Erhöhung der Zulage auf fünf Euro die Stunde gefordert. Die Hälfte der aktuellen Zulage in Höhe von 2,56 Euro zahlt der Polizist selber. Das muss klar gesagt werden.

Herr Innenminister, Sie haben von einer Einstellungsquote von fünf zu eins gesprochen. Es ist richtig, dass wir derzeit noch genügend Bewerber haben. Die hatten wir auch schon bei einer Einstellungsquote von

acht zu eins. Von acht Bewerbern ist einer eingestellt worden. Diese Zahl ist rückläufig. Meines Erachtens ist sie deswegen rückläufig, weil wir die Eingangsbesoldung abgesenkt haben.

(Christa Naaß (SPD): Nicht wir, sondern Sie!)

- Ja, nicht wir, sondern Sie.

Wir befinden uns im Wettbewerb mit der Wirtschaft. Dieser Wettbewerb nimmt zu. Es wird schwerer werden, Nachwuchs zu finden. Zwar haben wir zurzeit noch genug Bewerber, jedoch wird es immer schwerer werden, geeignete Leute für die Polizei zu finden. Wenn die Eingangsbesoldung abgesenkt wird, überlegt sich jeder, ob er zur Polizei geht oder in der freien Wirtschaft einen besseren Arbeitsplatz findet.

(Beifall bei der SPD)