Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH um eine möglichst zügige Beratung dieses Gesetzentwurfs, damit wir auch gegenüber der Europäischen Kommission in Brüssel melden können, dass wir die Vorgaben des EuGH umgesetzt haben. Ich bedanke mich schon jetzt für die konstruktive Mitwirkung bei den weiteren Beratungen. Ich bitte Sie, unseren Gesetzentwurf in diesen Beratungen zu unterstützen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich darf die Aussprache damit eröffnen. Erster Redner ist Herr Kollege Arnold. Bitte Herr Kollege Arnold.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ihr Gesetzentwurf entspricht in der Tat der Rechtsprechung des EuGH. Das war es dann aber auch schon. Sie sprechen in Ihrer Pressemitteilung davon, dass unser Entwurf eine Schwächung darstellt, insbesondere eine Schwächung des ländlichen Raums, Frau Guttenberger, weil Ansbach zu einer Außenstelle deklariert werden werde. Das Gegenteil ist der Fall! Erstens ist Ansbach die Regierungshauptstadt von Mittelfranken und kein ländlicher Raum.

(Beifall der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

Zweitens ist es genau die Chance für Ansbach, den privaten Datenschutz dorthin zu tragen, wo er hingehört. Man sollte nicht immer alles nach München geben, sondern vielmehr alles sinnvoll vernetzen. Ansbach ist nach unserer Auffassung nicht Außen

stelle, sondern es wird Kompetenzzentrum sein. Kompetenz erwirbt man aber nicht dadurch, dass man eine eigene neue Behörde mit einem Präsidenten schafft, sondern dass man vorhandene Kräfte so vernetzt, dass das funktioniert und dass man das der Bürgerin und dem Bürger gegenüber glaubwürdig darstellen kann.

(Beifall bei der SPD)

Unser eigener Gesetzentwurf, den wir vor zwei Wochen behandelt haben, bedeutete eine Stärkung deshalb, weil er einheitlich ist. In Ihrem Gesetzentwurf ist in Artikel 30 Absatz 7 extra erwähnt, dass sich die beiden Behörden austauschen und unterstützen müssen. Das ist nach unserem Gesetzentwurf nicht notwendig, weil sich eine Behörde gar nicht qua Gesetz austauschen und unterstützen muss, sondern dies zu tun ist ihre amtliche Aufgabe. Dabei bedarf der sogenannte ministerialfreie Raum trotzdem der Demokratie. Demokratie heißt, dass möglicherweise auch das Parlament mitzusprechen hat. In Ihrem Gesetzentwurf ernennt die Bayerische Staatsregierung eine sehr kompetente Person zum Präsidenten, wenn es derjenige ist, der schon jetzt diese Position innehat. Wir wollen in unserem Gesetzentwurf aber dem bayerischen Parlament die Möglichkeit geben, den Datenschutzbeauftragten zu wählen, um damit zu erreichen, dass er auch dem Parlament gegenüber eine gewisse Berichts- und Auskunftspflicht hat. Das ist eine Stärkung des Parlaments, eine Stärkung der Demokratie und darüber hinaus eine Absicherung des ministerialfreien Raumes.

Bei unserem Gesetzentwurf, verehrte Kolleginnen und Kollegen, brauchen Sie keine Verordnung zu ändern oder haushaltsrechtliche Erwägungen anzustellen. Bei uns ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz bereits mit einem eigenen Haushalt ausgestattet. Dieser Haushalt muss angemessen erhöht werden, aber dann ist alles aus einem Guss.

Ein weiteres Problem entsteht dadurch, dass der Bürger gar nicht weiß, wen er ansprechen soll, weil die Amtszeiten unterschiedlich sind. Während der Landesbeauftragte für den Datenschutz für sechs Jahre gewählt wird, soll der Präsident für fünf Jahre bestimmt werden. Ist das dann wirklich eine sinnvolle einheitliche Lösung? Begreifen der Bürger und die Bürgerin draußen, warum sich jetzt schon wieder etwas beim Datenschutz ändert, obwohl es immer um dasselbe Thema geht?

Ihr Einwand, dass Artikel 33 a der Bayerischen Verfassung grundsätzlich unserem Entwurf entgegenstehe, ist aus der Luft gegriffen. Erstens ist richtig, dass Artikel 33 a den öffentlichen Bereich regelt, und zwar

als unabhängige Behörde. Zweitens schafft aber schon jetzt tatsächlich das Bayerische Sicherheitsüberprüfungsgesetz die Möglichkeit, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz Kontrollen über Parteien und Parteienstiftungen ausüben kann. Das ist aber mit Sicherheit nicht öffentlich, sondern privat, also privatrechtlich, und somit ist es möglich.

Noch ein letzter Hinweis. Wir sind nicht die einzigen, die das so durchführen wollen. Sie finden das bereits in Hessen. Hessen ist übrigens das einzige Land, das vom EuGH nicht beanstandet wurde, weil diese Datenschutzmaßnahmen umgesetzt worden sind. Im Land Hessen ist das bereits Usus, und zwar genau mit unserer Lösung.

Man höre und staune, in der Südallianz bewegt sich etwas. Auch in Baden-Württemberg ist dieses Modell bereits vereinbart. Wir sind in diesem Zusammenhang sicher und auch stolz, dass unser Gesetzentwurf bürgerfreundlich ist, demokratieorientiert und insbesondere dem Bürokratieabbau dient und nicht der Schaffung neuer Normen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden deshalb den Gesetzentwurf der Regierung ablehnen und nach wie vor für unseren Gesetzentwurf kämpfen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Guttenberger. Sie haben das Wort, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt seitens der SPD viele hehre Worte gehört, allein sie vermögen nicht zu überzeugen.

(Horst Arnold (SPD): Wen denn?)

Herr Kollege Arnold, Sie haben dabei offensichtlich eines verkannt: Kompetenzerweiterungen, wie sie vor dem Hintergrund des Artikels 33 a der Bayerischen Verfassung notwendig wären, können nur durch den Verfassungsgesetzgeber erfolgen. Das ist das bayerische Volk. Das ist absolut nicht an den Haaren herbeigezogen, wie Sie gerade gesagt haben, sondern das ist geltendes Recht.

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Ich möchte noch ein bisschen mehr Wasser in den Wein gießen. Es gibt auch die Äußerung der EUKommission, die durchaus Zweifel daran hat, ob das Konstrukt eines Landesbeauftragten wie bei uns oder

in Brandenburg wirklich dem Unabhängigkeitserfordernis entspricht. Wir wollen auf der sicheren Seite sein. Wir wollen ein unabhängiges Amt. Wir wollen die bestehende Kompetenz weiter stärken, und das geschieht, indem das Amt in Ansbach jetzt zu einem unabhängigen Landesamt hochgestuft wird. Fach- und rechtsaufsichtliche Weisungen an dieses Amt finden nicht statt, es gibt keine Rechts- und Fachaufsicht. In dem Amt unterbleibt letzten Endes eine Eingliederung in die öffentliche Verwaltung, auf dass dem Unabhängigkeitsgebot des EuGH Rechnung getragen wird.

Wir sind der festen Überzeugung, dass es wichtig und richtig ist, den Datenschutz im öffentlichen Bereich vom Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich auch rein fachlich zu trennen. Es ist eine andere Aufgabenwahrnehmung, wenn ich im Bereich der öffentlichen Verwaltung als Kontrollorgan tätig werde und überprüfe, ob der Datenschutz eingehalten wird, oder ob ich im Bereich des privaten Rechts auch eine Vielzahl von Beratungsfunktionen wahrnehme, um im nichtöffentlichen Bereich für die Einhaltung des Datenschutzes Sorge zu tragen. Wo hier das Mehr an Bürokratie sein soll, ist mir nicht nachvollziehbar.

(Horst Arnold (SPD): Artikel 30 Absatz 7!)

Ob ich mich mit einer Außenstelle koordiniere, wie Sie das möchten, oder ob ich das mit einem anderen Amt auf gleicher Augenhöhe tue, kann nicht das Problem sein. Ich sehe jedenfalls nicht, wo hier das Mehr an Kommunikation, das Mehr an Bürokratie und das Mehr an Aufwand liegen soll. Für mich ist das nicht nachvollziehbar, ich glaube, auch für jeden anderen nicht, der wie der sogenannte normale Mensch denkt.

Wir halten den Gesetzentwurf deshalb für den richtigen Weg. Wir werden diesen auch gemeinsam mit der Staatsregierung beschreiten. Wir werden den Gesetzentwurf unterstützen. Sie haben richtig gesagt, dieser Gesetzentwurf ist im Einklang mit den Anforderungen des EuGH. Wir sind damit nämlich im Einklang mit dem europäischen Recht und außerdem nach unserem Dafürhalten auf dem besseren Weg für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

(Horst Arnold (SPD): Und das Parlament ist wieder außen vor!)

Nächster Redner ist Herr Kollege Streibl.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Hier geht es um den Datenschutz, es geht aber auch um ein anderes, ein tieferes Thema. In einer vordemokratischen Gesellschaft sind die Menschen darauf gekommen, dass es schlecht ist, wenn eine Institution

alle Macht auf sich vereint. Deshalb hat man darüber nachgedacht und kam auf die Idee, dass man die Macht verteilt, und zwar auf alle. So kam man zur Gewaltenteilung, von der Montesquieu sagt, der Mensch neige dazu, Macht zu missbrauchen, deshalb müsse man sie teilen. Wichtig dabei ist es, die einzelnen Gewalten zu kontrollieren.

Heute leben wir in einer modernen Gesellschaft, in der eine unabhängige Kontrolle der Macht und der Gewalten notwendig ist. Deswegen hat letztlich der EuGH geurteilt, dass der Datenschutz in völliger Unabhängigkeit agieren muss, dass er nicht mehr von staatlichen Stellen abhängen darf. Deswegen muss man das auch umsetzen. Der Datenschutz muss schauen, dass mit den personenbezogenen Daten unserer Mitbürger rechtmäßig umgegangen wird. Das muss er im privaten wie im öffentlichen Bereich kontrollieren. Somit gehört der Datenschutz letztlich zu einer modernen Form der Gewaltenteilung.

Wenn man sich den Gesetzentwurf der Staatsregierung ansieht, stellen sich einem schon ein paar Fragen. Dann haben wir nämlich zwei Datenschutzstellen, eine im Verfassungsrang, eine, die wohl unabhängig ist, die eine in München, die andere in Ansbach. Es ist für den Bürger dann sehr unübersichtlich, wer für was zuständig ist, vor allem wenn schwierig zu unterscheiden ist: Was ist im öffentlichen Bereich, was ist im privatrechtlichen Bereich?

Auch bei den Amtszeiten der Leiter - Kollege Arnold sagte es schon - besteht ein Verwirrspiel. Hierzu fällt mir nur der Satz ein: Wenn ein Teich Tiefe heucheln will, muss er zumindest trüb sein. So trüb ist dieses Gesetz hier auch. Für den Bürger wird es auch trüb und undurchschaubar, was und wer zuständig ist.

Dann haben wir auch eine Doppelbelastung oder eine Doppelarbeit von zwei Stellen, die teilweise in die ähnliche Richtung arbeiten. Da kann man Synergien schaffen, indem zusammengearbeitet wird.

Ich bin auch nicht ganz davon überzeugt, ob die Vorgabe des EuGH letztendlich durch dieses Gesetz in völliger Unabhängigkeit erfüllt wird.

Einen weiteren Punkt muss ich kritisieren: Die Staatsregierung ernennt den Präsidenten. Warum nicht das Parlament, warum nicht die Vertreter des Volkes, wie es üblich sein sollte? Warum wollen wir uns diese Kontroll- und Berichtsmöglichkeiten entziehen? Von daher sollte in diesem Gesetz zumindest die Wahlmöglichkeit durch das Parlament aufgenommen werden.

Letztendlich bin ich für ein Einheitsmodell, indem beide Stellen zusammengeführt werden und das man letztlich per Verfassungsänderung umsetzt.

Der jetzige Gesetzentwurf ist im Grunde so, wie wenn ich mit einem Dackel in einen Biergarten gehe, ihn an der langen Leine führe und ihm ein Schild umhänge: Jetzt bist du unabhängig. Davon hat der Dackel nichts. Das ist in gewisser Weise ein Schein, der hier erzeugt wird, aber nicht der Realität entspricht. Insofern werden wir diesem Gesetz höchstwahrscheinlich nicht folgen können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nächste Rednerin ist Frau Stahl.

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Sprichwörter können ja so täuschen. Was lange währt, wird in diesem Fall eben nicht gut. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung für eine unabhängige Datenschutzkontrolle ist halbherzig und vergibt die Chance, Datenschutz aus einem Guss zu installieren. Ich nehme an, das geschieht aus Angst vor Unruhe und Kosten, die eine Umstrukturierung mit sich brächte, und aus Angst, möglicherweise jemanden zu verprellen. Es bleibt also bei der Trennung von Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich und im öffentlichen Bereich. Die Arbeit des Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz behält Verfassungsrang, die des Datenschutzes für den privaten Bereich dagegen nicht.

Auch wenn die Unabhängigkeit beider Behörden nunmehr endlich und nach Rüge der Europäischen Kommission gewährleistet werden soll, halten wir die Trennung wie auch die anderen Kollegen aus der Opposition nicht für sinnvoll; wir halten sie für das falsche Signal.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN, der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme haben einmal unabhängig von der Behördenstruktur natürlich Verfassungsrang. Aber warum will man diesen Verfassungsrang nicht gleichzeitig verdeutlichen, indem man die Zuständigkeiten auf der entsprechenden Ebene verortet? Das erschließt sich uns nicht.

Mit der Trennung der Bereiche vergeuden Sie Arbeitskraft. Frau Guttenberger hat auch nach mehrmaliger Diskussion noch immer nicht verstanden, worin diese Vergeudung liegt, und sie verzichten auf Synergien. Zudem erschweren Sie den Zugang zu Schutzmecha

nismen für die Bürger und Bürgerinnen. Sie leisten sich Doppelstrukturen, wo diese Einsparung bringen könnten, zum Beispiel für Aufgaben, die wir dringend bräuchten, etwa zur Entwicklung eines Datenschutzauditverfahrens, das sowohl für Private wie auch für Behörden angeboten werden könnte.

Die Schnittstellen in der Datenschutzkontrolle werden immer größer. Das wurde auch bei der Debatte zum SPD-Entwurf deutlich, und ich habe es in der Pressemitteilung vom 27.04. noch einmal angeschnitten. Es ist jetzt schwierig, das noch einmal in der Kürze der Zeit so in die Debatte zu packen, damit Frau Guttenberger das versteht.

Ein weiteres Argument möchte ich heute aber noch anfügen. Der Einsatz Privater zur Erledigung staatlicher Aufgaben nimmt zu. Der Staat zieht sich mehr und mehr zurück. Er überträgt Aufgaben, ist nur noch für den gesetzlichen Rahmen zuständig und natürlich für die Kontrolle.