Protokoll der Sitzung vom 09.06.2011

Herr Kollege Hartmann, im Gegensatz zu dem Antrag Ihrer Fraktion halten wir es für legitim, die Regeln über Anschluss-, Abnahme- und Ausbaupflichten der Netzbetreiber im EEG zu überprüfen und im Sinne eines effizienten Netzbetriebes zu überarbeiten. Wir brauchen ein gesamtwirtschaftlich hocheffizientes System. Dazu ist es erforderlich, ein zu großes Missverhältnis zwischen hohen Anschluss- und Ausbaukosten einerseits und geringer zusätzlicher Stromproduktion andererseits zu vermeiden.

Die besonderen Ausgleichsregelungen für stromintensive Unternehmen im EEG sind angesprochen worden. Ich halte viel davon, sich bei der Frage nach deren Ausweitung strikt an dem Ziel der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Industrie und der Attraktivität des Industriestandortes Bayern zu orientieren. Die Ausweitung generell auszuschließen, wie es die GRÜNEN fordern, lehnen wir im Interesse unseres Wirtschaftsstandortes ab. Wir brauchen vielmehr eine Regelung, die das mittelständische produzierende Gewerbe nicht benachteiligt. Das ist durchaus eine Gratwanderung. Wir wollen Innovationen, die zu mehr grünen Fabriken - "green factories" - führen. Auch das Innovationspotenzial, was das Einsparen von Energie angeht, ist zu stärken.

Kollege Reiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich bin in zwei Sekunden am Ende. - Nur noch eine Anmerkung zu unserem Abstimmungsverhalten: Wir werden die Anträge der GRÜNEN, der SPD und der FREIEN WÄHLER ablehnen und den Anträgen von CSU und FDP zustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Kollege Reiß. - Dann wandeln wir die Zwischenfrage in eine Zwischenbemerkung um. Bitte sehr.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrter Kollege Reiß, Sie argumentieren, der notwendige Netzausbau stehe in keinem Verhältnis zu der zusätzlichen Stromeinspeisung von PVAnlagen in Spitzenzeiten. Daher solle man die Anlagen automatisch drosseln, das heißt, die Wirkleistungseinspeisung begrenzen. Wir alle wollen irgendwann eine Vollversorung aus erneuerbaren Energiequellen. Wäre es nicht der richtige Ansatz, jegliche Kilowattstunde zu nutzen und den Eigenverbrauch dann zu steigern? Sollte nicht darauf hingewirkt werden, dass die Spitzen abgespeichert und später verwendet werden? Wir reden von Spitzenzeiten von ein bis zwei Stunden am Tag. Angesichts dessen muss doch der Ansatz in die andere Richtung gehen, damit junge Firmen, die an Innovationen forschen - diese Firmen gibt es auch in Bayern -, an den Markt kommen, statt das Problem - es ist durchaus ein Problem; insoweit gebe ich Ihnen recht - durch ein simples Kappen der Anlagen zu lösen. Letzterer Weg ist zwar einfach; er liegt aber im Interesse der großen Konzerne, die die Grundlast möglichst hoch halten wollen. Das ist verkehrt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte sehr, Herr Reiß.

Ich schlage vor, dass eine zu tun und das andere nicht zu lassen. Wir müssen auf der einen Seite die Anreize für erhöhten Eigenverbrauch und bessere Speichermöglichkeiten erhöhen. Wir wissen jedoch, dass wir in vielen Bereichen, gerade, was die Batterietechnik anbelangt, erst am Anfang stehen. Wir haben zwar das Ziel "100 % erneuerbare Energien"; bis wir es erreichen, haben wir aber sicherlich noch einige Jahrzehnte vor uns.

(Tobias Thalhammer (FDP): Genau - Jahreszahlen!)

- 2050 schlage ich vor.

Wir müssen auch den Aspekt der Kosteneffizienz im Blick haben. Kleine Stadtwerke und generell kommunal getragene Energieversorger stoßen oft an ihre Leistungsgrenzen, was den Netzausbau anbelangt.

Wie gesagt, so weit liegen wir nicht auseinander. Wir brauchen Anreize für die Schaffung besserer Speichermöglichkeiten und für dezentrale Lösungen in Gebäuden. Aber wir dürfen gerade kleinere Netzbetreiber beim Netzausbau nicht überlasten.

Nächste Zwischenbemerkung: Kollege Wörner. Bitte sehr.

Herr Kollege Reiß, das ist die Huhn-oder-Ei-Frage. Die Einspeisung erneuerbarer Energien wird zwar zugelassen, aber es gibt noch keinen echten Einspeisevorrang. Die Vergütung erfolgt; trotzdem wird abgeschaltet, auch bei Biogas- und Photovoltaikstrom. So ist das in dem Gesetz geregelt.

Um diesen Missstand zu beenden, wäre es wichtig, den Druck zu erhöhen, damit - erstens - die Leitungen schneller ausgebaut werden und - zweitens - schneller speicherfähige Anlagen zur Verfügung stehen. Einige funktionieren mit CO2; dazu gibt es inzwischen zahlreiche Überlegungen und auch Testanlagen. Wenn wir aber, wie Sie das wollen, den Druck herausnehmen - glauben Sie, dass Sie dadurch etwas beschleunigen?

Im Übrigen bestrafen Sie wieder einmal die Bürgerinnen und Bürger und die Betreiber kleiner Anlagen; die nehmen Sie aus und die großen lassen Sie laufen. Das halten wir für schädlich, weil der notwendige Handlungsdruck vermindert wird und weil wieder einmal kleine Bürgeranlagen ausgebremst werden. Warum soll ich eine Anlage bauen, wenn ein Fremder darüber entscheidet, wann ein- und wann ausgeschaltet wird? Darauf würden Sie wahrscheinlich auch verzichten. Sie würden sich auch nicht ein Auto kaufen, das ferngesteuert ist und Ihnen sagt, wann Sie Gas geben dürfen und wann nicht.

Das ist doch so nicht vorgesehen. Es soll nur die absolute Spitze "abgeregelt" werden können; das bewegt sich um unteren Prozentbereich. Nichtsdestotrotz bleibt es bei den Grundsätzen des Einspeisevorrangs, das heißt der Vorfahrt im Netz. Insoweit ändert sich am EEG nichts. Das ist breiter Konsens.

In der Auffassung, dass wir den Eigenverbrauch in Gebäuden, insbesondere dort, wo Photovoltaikstrom erzeugt wird, erhöhen müssen - wir wollen dies auch -, sind wir uns einig. Wir müssen aber auch erkennen, dass gerade hinsichtlich der Speichertechnik

schon vor vielen Jahren, auch unter anderer politischer Verantwortung auf Bundesebene, vieles versäumt wurde. An neuen Speichertechnologien muss massiv weiter geforscht werden. Es gibt noch zu hohe Wirkungsgradverluste, bei der Methanisierung rund 1 : 5. Wir haben also noch hohen Aufwand zu betreiben.

Wir sollten nicht das eine gegen das andere ausspielen. Wir brauchen ein hoch kosteneffizientes System, das sowohl dezentral als auch zentral abgestützt ist. Dafür sind die Vorschläge, die wir heute einbringen, durchaus geeignet.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Kollege Reiß. - Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Thalhammer für die FDP-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sollten vernünftig und sozialverträglich in das Zeitalter der erneuerbaren Energien gehen. Teil der so definierten Vernunft ist, dass das Ganze bezahlbar bleibt. Natürlich müssen wir uns, wenn wir mehr erneuerbare Anlagen wollen, auch mit den Vergütungssätzen auseinandersetzen. Wenn Energie zu teuer wird - ich spreche nicht nur für die energieintensive Industrie, sondern auch für jeden einzelnen Bürger in unserem Land -, dann werden sehr viele Bürger erneuerbare Energien sehr schnell ziemlich dämlich finden. Wenn wir die Bevölkerung mitnehmen wollen - die erneuerbaren Energien leben vom Mitmachen der Bürgerinnen und Bürger -, dann müssen wir für eine vernünftige, sozialverträgliche Ausgestaltung sorgen.

Dennoch sehe ich es nicht so wie Herr Kollege Hartmann von den GRÜNEN, der behauptet, die EEG-Novelle berge nur Gefahren in sich. Uns eröffnen sich auch Chancen, gerade was die Vergütungssätze anlangt. Wir können aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen. Es wird Sie vielleicht wundern, wenn ich das sage, aber es gibt durchaus Teilbereiche, in denen es Sinn hat, die EEG-Vergütung anzuheben. Das Beispiel dafür ist die Geothermie. Die Vergütung der Geothermie, wie sie damals von Ihren Kollegen auf Bundesebene festgesetzt wurde, ist zu niedrig für ein so komplexes Vorhaben. Wir wollen die Geothermie auch deshalb fördern, weil sie grundlastfähig ist. Deswegen müssen wir die Vergütungssätze im Rahmen der Novellierung entsprechend anheben.

Beim Thema Biogas - ich möchte jetzt auf die Details konkret eingehen - müssen wir, da es hier auch um eine ethische Komponente geht, darauf achten, dass

es nicht einzig und allein nur um eine Ertragssteigerung gehen kann, sondern auch um andere Komponenten wie beispielsweise Naturverträglichkeit oder regionale Aspekte gehen muss. Dazu gehört auch die Vielfalt der Sorten. Deswegen müssen wir eine Kombination von nachwachsenden Rohstoffen und nicht nachwachsenden Rohstoffen zulassen. Ich spreche nicht nur von solchen Sachen, wie sie von den FREIEN WÄHLERN ins Feld geführt wurden, sondern beispielsweise auch von Bio- oder Gartenabfällen, die man durchaus entsprechend nutzen könnte.

Herr Kollege Reiß hat in seiner sehr geschätzten und sachlichen Art und Weise zu Recht darauf hingewiesen, dass wir auch den starren Güllebonus entsprechend verändern und anpassen müssen.

Beim Thema Wind ist für uns in Bayern Folgendes wichtig: Wenn wir mehr Windräder in Bayern bauen wollen - im Moment sind es etwas mehr als 400; wir wollen noch mehr als 1.000 dazu haben -, dann ist natürlich sehr entscheidend, dass jemand diese Windräder baut. Der Staat selber macht das nicht; deshalb müssen die Vergütungssätze im Land entsprechend erhalten bleiben.

Bei der Photovoltaik hat Kollege Hartmann gerade darauf hingewiesen, dass zurzeit die "Intersolar" stattfindet, aber, Herr Kollege, während einige davon erzählen, waren andere schon dort. Die Photovoltaik ist immer noch lukrativ. Wenn Sie eine Photovoltaikanlage zu 100 % fremdfinanzieren können und diese Ihnen nach 8,5 Jahren mit Haut und Haar gehört, weil Sie den Breakeven erreicht haben, stehen noch knapp 12 Jahre an, in denen Sie in der reinen Gewinnzone sind. Das ist nach wie vor also eine sehr attraktive Anlageart. Was glauben Sie, wie viele Mittelständler in unserem Land darum kämpfen müssen, eine solche Rendite zu erhalten wie mit der Photovoltaik.

(Ludwig Wörner (SPD): Aber Sie sind doch für Renditen! Oder nicht?)

- Ja, ich habe auch selbst eine Photovoltaikanlage und ich habe auch nichts dagegen, dass man damit gutes Geld verdienen kann. Über diesen wunderbaren Verdienst freue ich mich natürlich sehr. Meine Anlage ist übrigens bereits nach 7,5 Jahren beim Breakeven, weil ich sie nicht fremdfinanziert, sondern ganz eigenfinanziert habe. Ich bin mir allerdings bewusst, dass das, wenn es viele Leute so wie ich machen, Auswirkungen auf den Strompreis für die gesamte Bevölkerung haben wird. Das muss man als Politiker entsprechend fair thematisieren.

Warum Sie, Kollege Hartmann, gegen die Regelbarkeit größerer Photovoltaikanlagen sind, erschließt sich

mir nicht so ganz. Wenn wir eine Überlastung der Netze haben, muss es selbstverständlich Kraftwerke geben, mit denen man die Last entsprechend anpassen kann. Das ist auch nicht etwas, das dem Bereich der erneuerbaren Energien fremd wäre. Bei der Windkraft haben wir das auch. Wenn nun Windkraftanlagen beispielsweise vom Netz genommen werden, weil sonst das Netz überlastet wäre, wird das mit einer entsprechenden Vergütung bedacht. Das wäre sicherlich auch ein interessantes Modell für die Photovoltaik.

Entschuldigung, Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Bitte nachher, Herr Kollege Hartmann.

Ein Anliegen sind mir vor allen Dingen die Freiflächen bei der Photovoltaik. Ich meine dabei nicht nur die Konversionsflächen, wo das bisher schon möglich ist, sondern ich denke, wir müssen noch einiges korrigieren, was die Ackerflächen und das Grünland angeht.

Eines ist auch klar: Ich sage immer, erneuerbare Energien leben vom Mitmachen der Menschen. Natürlich ist der Eigenverbrauch aus einer solchen Photovoltaikanlage eine unglaublich wichtige Stellschraube, um die wir entsprechend kämpfen müssen.

Ich habe von Biogas, Windkraft und Photovoltaikanlagen gesprochen. Ein Aspekt im gemeinsamen Antrag von FDP und CSU gefällt mir ganz besonders, und zwar ein Aspekt, der in Ihrem Antrag weitgehend versteckt bleibt. Das ist die Kombination aus den verschiedenen Arten der erneuerbaren Energien. Stichwort: virtuelles Kraftwerk. Genau das ist die Richtung, in die wir gehen sollten, dass eben nicht nur Geothermie und nicht nur Biogas grundlastfähig werden. Lasst uns doch ein Zusammenspiel der verschiedenen erneuerbaren Energiekraftwerke schaffen, um ein Konglomerat zu erzielen, durch das mehr erneuerbare Energien grundlast- und spitzenlastfähig werden.

Das ist die entscheidende Stellschraube: Wir müssen die Innovationen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien ganz nach vorne stellen und entsprechende Anreize schaffen, die die erneuerbaren Energien auf ihrem Weg zur Innovation, zur Marktführerschaft weltweit mit begleiten werden. In Bayern sind wir dabei bereits unglaublich stark, aber wir können noch stärker werden. Mit allem Know-how der erneuerbaren Energien, die wir hier vor Ort haben, können wir erstmals auf dem weltweiten Energiemarkt ein Wörtchen mitreden.

Bisher haben uns die Rohstoffe gefehlt. Jetzt wird der Rohstoff "Hirnschmalz" immer wichtiger und da sind

unsere bayerischen Unternehmen immens stark aufgestellt. Dabei sollten wir sie unterstützen. Damit hätten wir nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Chancen. Das ist das, worum wir am meisten kämpfen sollten, nämlich Bayern zu unterstützen, unsere vielen Handwerker, Mittelständler und kleineren Unternehmen, um weiter Innovationsland zu werden.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Hört, hört!)

Herr Kirschner, Sie rechnen uns doch sicherlich gleich noch einmal vor, wie lukrativ das alles ist.

Darf ich dieser Bemerkung entnehmen, dass Sie fertig sind, Herr Kollege Thalhammer? - Danke sehr. Dann kommen wir zu zwei Zwischenbemerkungen. Zuerst hat sich Herr Kollege Dr. Kirschner gemeldet; ihm folgt Kollege Hartmann.

Herr Kollege Kirschner, bitte sehr.

Lieber Kollege Thalhammer, Sie sehen es mir nach, dass ich diese Zwischenbemerkung nicht vorher mit Ihnen abgesprochen habe. Aber mir ist jetzt eine Idee bei Ihrem Redebeitrag gekommen, die mich sehr besorgt. Es geht um die bestehenden Biogasanlagen. Gibt es da einen Bestandsschutz, dass dort die Vergütungen gleich bleiben? Solche Anlagen sind langfristig zwischen 10 und 20 Jahren finanziert. Das könnte dazu führen, dass die Investoren Probleme mit dem Kapitaldienst bekommen, wenn die Unterstützung zurückgeht.

Bitte sehr, Herr Thalhammer.

Lieber Kollege Kirschner, es ist gut, dass Sie auf diesen Punkt hingewiesen haben. Die Politik darf nicht Investoren eine Planungssicherheit vorgaukeln und dann, weil sie es sich anders überlegt, einem Projekt komplett den Garaus machen. Diesen Fehler sollte man nicht machen. Das ist beispielsweise beim Rapsöl geschehen. Es darf nicht sein, dass Investoren in diesem Lande fest mit einer Vergütung und einer gewissen Steuervergünstigung rechnen und dann im Handstreich meist unüberlegt in Stich gelassen werden. Das geht nicht. Wir brauchen eine verlässliche Politik und wir brauchen Planungssicherheit. Deswegen treten wir dafür ein, dass beispielsweise im Bereich der Photovoltaik, der Solarenergie, die bestehenden Vergütungssätze, die wir festgesetzt haben, auch bestehen bleiben. Das dient, wie gesagt, der Planungssicherheit.

Danke schön, Herr Kollege. Jetzt folgt der Kollege Hartmann.