Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es gab eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Änderung der Geschäftsordnung. Wir haben uns in dem interfraktionellen Antrag, der Ihnen vorliegt, auf eine Reihe von Klarstellungen, redaktionellen Änderungen, Vereinfachungen und auf einen Punkt, der den Datenschutz betrifft, geeinigt. Ich glaube, ich brauche diese Änderungen nicht im Einzelnen auszuführen. Es handelt sich um einen interfraktionellen Antrag. Wir sind uns hierin einig.
Darüber hinaus haben sich die Regierungsfraktionen zusammengesetzt und überlegt, welche Änderungen zusätzlich sinnvoll sind. Wir sind zu einer Reihe von Punkten gekommen. Zum einen sind wir der Meinung,
dass es in unserer Geschäftsordnung Regelungslücken gibt, die geschlossen werden müssen. Das betrifft einmal Zwischenbemerkungen zu Debattenbeiträgen aus der eigenen Fraktion. Nach unserer Wahrnehmung werden solche Zwischenbemerkungen immer wieder dafür verwendet, um die Redezeit zu verlängern. Das entspricht und entsprach schon bisher nicht dem Geist unserer Geschäftsordnung. Ein anderer Punkt ist die Rücknahme eines Dringlichkeitsantrags. Bisher führte die Rücknahme des Dringlichkeitsantrags einer Fraktion dazu, dass ein weiterer Dringlichkeitsantrag einer anderen Fraktion aufgerufen werden konnte. Auch dies entspricht unseres Erachtens nicht dem Geist der Geschäftsordnung. Wir wollen beides ändern.
Daneben haben wir keine guten Erfahrungen mit einer Redezeit von 15 Minuten zur Geschäftsordnung gemacht. Wir wollen diese auf fünf Minuten reduzieren. Wir sind der Meinung, dass Dringlichkeitsanträge nur dann auf die Tagesordnung der nächsten Ausschusssitzung gesetzt werden sollen oder können, wenn die allgemeine Ladungsfrist von zwei Werktagen vor dem Sitzungstag eingehalten wird, damit sich die einzelnen Fraktionen ordentlich auf den Tagesordnungspunkt vorbereiten können. Das ist unseres Erachtens auch im Interesse aller Fraktionen. Das sind die wesentlichen Änderungen, die wir uns darüber hinaus wünschen. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich diesem unserem gemeinsamen Antrag doch noch anschließen könnten.
In den letzten Tagen, vor allem gestern, konnten wir den Medien entnehmen, dass die Frage, ob die Ministerbefragung im Hohen Hause beibehalten werden soll, durch einen Beitrag der Kollegin Bause von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eine gewisse Eigendynamik erhalten hat. Kolleginnen und Kollegen, ich möchte daran erinnern, dass wir die Ministerbefragung seinerzeit eingeführt haben, weil wir uns von diesem Instrument eine wesentliche Belebung des Parlamentsbetriebs erwartet haben. Wir haben auch an Modelle in anderen Nationen gedacht, wo Ministerbefragungen sehr erfolgreich durchgeführt werden. In der interfraktionellen Diskussion haben wir dann - das ist jedenfalls meine Wahrnehmung - einen Konsens zwischen den Fraktionen des Hauses darüber festgestellt, dass die Erwartungen von damals an die Ministerbefragung nicht in dem Maße erfüllt worden sind, wie wir es uns gewünscht haben. Deshalb wurde ursprünglich die Abschaffung der Ministerbefragung nicht aus unseren Reihen, sondern aus den Reihen der Oppositionsfraktion vorgeschlagen. Ich könnte es noch präziser sagen, aber das bringt jetzt nichts, weil das eine Geschichte von vorgestern ist.
Wir haben daraufhin gesagt: Wenn es keinen besseren Vorschlag statt der Ministerbefragung und auch keinen Vorschlag für eine bessere Ausgestaltung der Ministerbefragung gibt, um das ursprüngliche Ziel der Belebung des Parlamentsbetriebs zu erreichen, dann schaffen wir sie ab. Umso mehr sind wir über die jetzige Entwicklung überrascht, wonach namentlich die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN meint, durch die Abschaffung der Ministerbefragung würde vieles verloren gehen.
Ich wundere mich schon, warum es nicht möglich war, während der interfraktionellen Behandlung der Geschäftsordnung dieses Thema anzusprechen und
konkrete Vorschläge einzubringen. Von Ihnen wurde kein einziger Vorschlag eingebracht, wie man das Instrument der Ministerbefragung im Sinne eines lebendigeren Parlamentsbetriebs verbessern könnte. Dass Sie im Nachhinein gesagt haben, April, April, wir haben es uns anders überlegt, hat uns enttäuscht.
Deshalb sind wir der Meinung, dass wir uns darauf einigen sollten, ein Instrument abzuschaffen, wenn es sich nicht bewährt hat und es keinen besseren Vorschlag gibt - und von Ihrer Seite kam kein besserer Vorschlag.
Zu den weiteren Anträgen, die Ihrerseits eingebracht wurden, noch folgende Anmerkungen. Im Nachhinein sind Sie auf die Idee gekommen, dass es schön wäre, die Ministerbefragung ausschließlich den Oppositionsfraktionen als Instrument des Parlaments zur Verfügung zu stellen. Dagegen haben wir erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Wir bezweifeln, dass es im Sinne der Verfassung ist, dass einem wesentlichen Teil der Mitglieder dieses Hauses die Möglichkeit genommen würde, ein solches Instrument zu nutzen, und dass ein solches Instrument nur den Oppositionsfraktionen zur Verfügung steht. Ich bitte Sie, sich wirklich einmal zu überlegen, ob das im Sinne des Demokratieprinzips ist, welches wesentlich vom Mehrheitsprinzip geprägt ist. Ich bitte Sie, sich wirklich zu überlegen, ob es im Sinne des Demokratieprinzips ist, dass ein Instrument des Parlamentsbetriebs wie zum Beispiel eine Ministerbefragung nur noch von der Opposition verwendet werden soll.
Damit können wir uns wirklich nicht anfreunden. Ich glaube, dass dadurch wesentliche Rechte einzelner Abgeordneter verletzt würden. Wir werden deshalb diesen Antrag ablehnen.
Genauso schaut es mit dem wiederholten Vorschlag aus, den Donnerstag als festen Plenartag einzuführen. Dieser Vorschlag kommt von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wir haben Verständnis dafür, dass darüber immer wieder mal diskutiert wird. Wie könnte der Ablauf sinnvollerweise gestaltet werden? Die Argumente, die dafür und dagegen sprechen, wurden schon oft ausgetauscht. Wir sind der Meinung, wir sollten am Betrieb des wechselnden Plenartages festhalten - bei allen Schwierigkeiten, die oftmals damit verbunden sind.
Darüber hinaus haben die GRÜNEN einen Antrag eingebracht, wonach es nicht mehr möglich sein soll, dass Anträge aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses von der Tagesordnung abgesetzt werden. Ich nehme Bezug, auf das, was ich eben gesagt habe: Wir bekämen ein ernsthaftes Problem. In diesem Zusammenhang möchte ich die Stichworte Demokratieprinzip und Mehrheitsprinzip nennen. Das Parlament, dessen Sinn und Zweck die Mehrheit ist, soll keine Möglichkeit haben, die Tagesordnungen zu gestalten. Wenn neue Erkenntnisse bezüglich einzelner Tagesordnungspunkte vorliegen, sollte es möglich sein, Tagesordnungspunkte zurückzustellen oder von der Tagesordnung abzusetzen. Ich bitte Sie um Verständnis, dass wir diesem Vorschlag nicht nähertreten können.
Herr Kollege König, bitte bleiben Sie am Mikrofon. Wir müssen noch zwei Zwischenbemerkungen abarbeiten. Die erste Zwischenbemerkung kommt von Dr. Herz.
Herr Kollege König, wir sollten nicht zu sehr um den heißen Brei herumreden. Das haben Sie jedoch getan. Bitte haben Sie Verständnis für diejenigen, die sagen: Die Fragenden haben nur eine begrenzte Redezeit, aber der Minister kann antworten, solange er will. Bitte haben Sie für diejenigen Menschen Verständnis, die finden, dass das nicht in Ordnung ist.
Herr Kollege Dr. Herz, ich habe kein Verständnis dafür, dass auch seitens Ihrer Fraktion keinerlei Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Ministerbefragung eingebracht worden sind. Ich habe kein Verständnis dafür, dass jetzt im Nachhinein solche Fragen gestellt werden.
Kolleginnen und Kollegen, haben Sie keine Angst, ich nehme meinen Redebeitrag nicht vorweg. Ich muss jedoch einiges dementieren, was gerade gesagt worden ist. Herr Kollege König, Sie betreiben pure Geschichtsklitterung.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Alexan- der König (CSU): Herr Güller, Sie klatschen schon, obwohl Sie noch gar nicht wissen, was gesagt wird!)
- Ich bin dran. In der ersten Kommission "Lebendiges Parlament" lagen unsere Vorschläge, die in diesen Antrag eingegangen sind, schon in der Form auf dem Tisch. Wir haben schon immer gesagt: Die Ministerbefragung muss besser gestaltet werden. Die Opposition muss bestimmen können, welche Ministerin oder welcher Minister kommt. Außerdem wollen wir ausführlichere Fragen stellen. Aufgrund Ihrer Mehrheit in der Kommission sind diese Vorschläge abgelehnt worden. Jetzt zu behaupten, wir hätten diese Vorschläge nie gemacht, ist blanker Hohn. In dieser von Ihnen jetzt benannten interfraktionellen Arbeitsgruppe wurde überhaupt nicht diskutiert. Uns wurden lediglich Ihre Anträge hingelegt. Von Ihrer Seite gab es überhaupt kein Entgegenkommen - in keiner Weise. Sie haben nur abgefragt, wo wir mitgehen könnten. Wir haben gesagt: Da und da gehen wir nicht mit. Dann hieß es: Gut, dann bringen wir alles andere selber ein. In diesem Zusammenhang habe ich bereits gesagt, die Ministerbefragung gefalle uns in ihrer jetzigen Form nicht. Wir würden diese zu einem reinen Oppositionsinstrument ausbauen. Ich weiß nicht, ob Sie zu diesem Zeitpunkt etwas auf den Ohren hatten. Das haben wir ausführlich diskutiert. Die Vorschläge kamen immer von uns. Es ist schlichtweg nicht richtig, an dieser Stelle zu behaupten, wir wären erst im Nachhinein mit diesen Vorschlägen gekommen. Ich bitte Sie, dies nicht zu wiederholen.
Frau Kollegin, diese Art der Debatte sehe ich als sehr fragwürdig an. Ich bitte Sie, in sich zu gehen und zu überlegen, ob es sinnvoll ist, Ihr Anliegen in dieser Art und Weise vorzubringen.
Wollen Sie noch einen wesentlichen Beitrag leisten? Wenn das nicht der Fall ist, würde ich gerne auf die Zwischenbemerkung eingehen.
- Die Zeit ist noch überhaupt nicht um. Ich bitte Sie, die Protokolle der interfraktionellen Arbeitsgruppen durchzulesen. Im ersten Protokoll können Sie lesen, dass Herr Güller es zunächst einmal für sinnvoll gehalten hat, die Ministerbefragung abzuschaffen. Ein Kollege einer anderen Oppositionsfraktion hat dem zugestimmt. Im weiteren Verlauf können Sie diesen Protokollen entnehmen, dass Ihrerseits keinerlei Vorschläge eingebracht worden sind.
Sie haben keine Vorschläge zur Ausgestaltung des Instruments der Ministerbefragung eingebracht. Wenn Sie jetzt Vorschläge haben, ist das gut. Darüber können wir reden. Seinerzeit haben keine Vorschläge vorgelegen. Aus diesem Grund haben wir keine andere Möglichkeit, zu einem anderen Schluss zu kommen.
Mittlerweile liegt eine dritte Anmeldung einer Zwischenbemerkung vor. Herr Kollege Güller hat das Wort.
Ich möchte aus der Debatte die Schärfe nehmen. Es war exakt so, wie Frau Kollegin Gote es geschildert hat. Es lagen Vorschläge vor, die Sie nicht aufgenommen haben. Das möchte ich allerdings nicht auf Sie, Herr König, beziehen. An dieser Stelle traf Sie die Gnade der späten Geburt. Sie waren in den Sitzungen überhaupt nicht anwesend, weil Sie damals eine vollkommen andere Funktion hatten. Das war ein anderer Kollege von Ihnen. Insofern bin ich über die forsche Art verwundert, mit der Sie behaupten, es sei nichts vorgelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt waren Sie nicht anwesend.
Herr Kollege Güller, ich habe mir die Freiheit erlaubt, darauf hinzuweisen, dass es sinnvoll sein könnte, die Protokolle dieser Sitzungen zu lesen. Den Protokollen können Sie entnehmen, was vorgebracht worden ist. Kolleginnen
und Kollegen, im Übrigen ist es gegenüber der Öffentlichkeit nicht zielführend - darauf können wir uns am Ende einigen -, diese Art der Diskussion in diesem Haus an dieser Stelle zu führen. Die Öffentlichkeit kann das überhaupt nicht beurteilen, weil sie ebenfalls nicht anwesend war. Im Ergebnis geht es darum, was man für sinnvoll oder für nicht sinnvoll hält. Eingangs habe ich Ihnen ausführlich dargelegt, was wir für sinnvoll halten und was nicht. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt besteht tatsächlich Konsens: Die Ministerbefragung in ihrer heutigen Form kann man so, wie sie ist, in die Tonne klopfen.
Die Ministerbefragung in ihrer heutigen Form braucht kein Mensch. Eine Veranstaltung, in der sich der Minister oder Staatssekretär zu vorgefertigten Fragen seiner eigenen Fraktionen - FDP und CSU - äußert und die bereits vom Ministerium vorgefertigten Antworten vorliest, braucht kein Mensch.
(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Deswegen haben wir so oft auf die Ministerbefragung verzichtet!)
Eine Ministerbefragung, in der der Minister von vornherein sagt "Sie können mich fragen, was Sie wollen, ich antworte nur auf das, was ich vorbereitet habe" und in der man nur einmal oder zweimal ganz kurz nachfragen kann, ohne Druck aufzubauen, können wir uns ersparen.