Protokoll der Sitzung vom 13.07.2011

Mir gefällt nicht, mit welchen Worten pauschal über den TÜV gesprochen wird. In Ihrer Begründung nennen Sie sogar Namen. Ich muss sagen, dass auch der TÜV für unser Land viel Gutes leistet.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Das bestreitet keiner!)

Sie stellen die strategische Partnerschaft zwischen Eon und TÜV bei der Elektromobilität in Frage. Dazu muss ich Ihnen auch sagen, dass dabei vorzeigbare und gute Vorschläge herauskommen. Ich empfehle Ihnen: Laden Sie Herrn Altepost vom TÜV ein - ich nenne jetzt einen Namen, da Sie das in dem Antrag auch machen -; Sie werden von seiner Sachkompetenz und auch von seiner Begeisterung für die Elektromobilität begeistert sein.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jetzt haben wir die Elektromobilität!)

In diesem Sinne glaube ich, dass wir über das Thema ausführlich diskutiert haben. Wir können den Antrag getrost ablehnen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich glaube, dass Sie unten auch keine Zeitanzeigen haben, das heißt, Sie wissen nicht, welche Restzeiten Ihnen offen bleiben. Deswegen nenne ich sie der Fairness halber zu diesem Antrag - bei den anderen Anträgen war die Redezeit ausgeschöpft. Ich bitte, das aber nicht unbedingt als Aufforderung zu verstehen. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn wir ohne Uhr sprechen, hat jeder das Gefühl, dass die fünf Minuten schon um sind, obwohl das nicht so ist. Die SPD hätte noch eine Minute Redezeit, die GRÜNEN 1 Minute 10 Sekunden und die FDP 1 Minute 20 Sekunden. Ich sehe aber nicht, dass davon Gebrauch gemacht werden soll. Deswegen bitte ich für die Staatsregierung abschließend Frau Huml ans Mikrofon. Bitte.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Fragen zur Thematik wurden im Ausschuss schon ausführlichst beantwortet, wie wir von den Kollegen schon gehört haben. Wir vom Umweltministerium sind selbstverständlich weiterhin bereit, Fragen dazu zu beantworten, wenn denn weiterer Erklärungsbedarf vorhanden sein sollte. Lieber Herr Fahn, wir stehen selbstverständlich weiterhin zur Verfügung, wenn Sie denn weitere Auskünfte benötigen sollten. Ich bin aber der Auffassung, dass schon sehr ausführlich darüber debattiert wurde. Man muss auch sagen, dass zwischenzeitlich sowohl die Revision des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld als auch die Sonderund Sicherheitsprüfungen der Kernkraftwerke auf Landes- und Bundesebene durchgeführt wurden, dass dort neben dem TÜV Süd auch andere Gutachter unabhängig zugelassen waren, mit einbezogen wurden, dass also Ihrem Wunsch Rechnung getragen wurde. Ich denke an das Umweltministerium, das Landesamt für Umwelt und weitere unabhängige Expertengremien, die fachlich in die Prüfungen einbezo

gen waren. Daran merkt man, dass das, was Sie im Antrag aufgeführt haben, entsprechend umgesetzt wurde.

Ich denke an die Jahresrevision 2010 in Grafenrheinfeld, wo der Ausschuss "Druckführende Komponenten und Werkstoffe" der Reaktorsicherheitskommission fachlich mit einbezogen worden ist. Ich denke daran, dass auf Bundesebene bei den Sicherheitsüberprüfungen die Reaktorsicherheitskommission des Bundes und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mitgeprüft haben. Ich denke daran, dass bei den bayerischen Prüfungen die Bayerische Kommission für Reaktorsicherheit mitbegleitet und bewertet hat. Einige Herrschaften sind dabei gewesen, zum Beispiel Dipl.-Ing. Kurth vom Öko-Institut Darmstadt, Dipl.-Ing. Bandholz, Prof. Fischer, Prof. Schwarz, Dr. Kalkhof. Namhafte Personen aus unterschiedlichsten Professionen waren einbezogen und sind dabei gewesen. Deshalb meine ich, dass man bereits in Ihrem Sinne und auch im Sinne des Antrags gehandelt hat und dass dieses Thema damit sozusagen abgeschlossen ist. Wir sind aber, wie gesagt, jederzeit bereit, weitere Fragen zu beantworten.

Wir haben schon gehört: Der TÜV Süd ist weltweit viertgrößter Prüf- und Zertifizierungsdienstleister und international fachlich in höchstem Maße anerkannt. Ich meine, das sollte man auch nicht ganz außer Acht lassen. Nichtsdestotrotz: Sollten Sie Fragen haben, beantworten wir vom Umweltministerium sie gerne.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir haben keine weiteren Wortmeldungen und können die Aussprache schließen.

Ich komme zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/8863 die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Pauli. Wer dem Antrag nicht zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen; ich bitte also, Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 bis 31 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER)

Starke Kommunen: Spielhallenflut eindämmen Baurecht ändern (Drs. 16/8320)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Begrenzung von Spielhallen und Spielautomaten (Drs. 16/8107)

und

Antrag der Abgeordneten Helga SchmittBussinger, Inge Aures, Reinhold Perlak u. a. (SPD) Bekämpfung von Spielsucht durch strengere Regelungen für Spielhallen und Spielautomaten und mehr Suchtprävention (Drs. 16/8324)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von sieben Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich bitte als ersten Redner Herrn Pohl für die FREIEN WÄHLER ans Mikrofon.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Spielhallenflut eindämmen - ich meine, das ist eine wichtige Sache; denn gerade in den letzten Wochen und Monaten hat die Anzahl dieser Vergnügungsstätten deutlich zugenommen. Die Spielhallenanzahl hat natürlich auch zur Folge, dass Suchtgefahren und andere unerwünschte Dinge zunehmen.

(Eberhard Sinner (CSU): Da wurden Sie öfter gesichtet!)

- Herr Kollege, ich weiß nicht, wie viele Spielhallen es im Landkreis Main-Spessart gibt, offensichtlich noch nicht genügend, weswegen Sie an diesem Thema einen besonderen Gefallen finden. Herr Kollege Felbinger kann Sie vielleicht einmal auf eine Landkreistour mitnehmen; dann zählen Sie die Spielhallen, und dann sagen Sie mir, ob Sie der Meinung sind, dass das in Ihrem Landkreis ein Thema ist oder nicht.

Meine Damen und Herren, wie kann man dieses Problems Herr werden? Um eines vorwegzuschicken: Uns geht es nicht darum, mittelständische Existenzen zu vernichten. Uns geht es nicht darum, Berufsverbote ins Leben zu rufen. Das wäre auch verfassungsrechtlich nicht zulässig. Es geht auch nicht darum, einen Berufsstand zu kriminalisieren. Wir müssen uns aber diesem Problem stellen und müssen es in geordnete Bahnen überführen. Dazu, meine Damen und Herren, haben wir den Antrag gestellt, dass sich die Bayerische Staatsregierung im Bundesrat für eine Änderung des Baurechts einsetzen soll, um den Kommunen die Möglichkeit zu geben, die Zahl der Spiel

hallen, die Zahl der Neukonzessionierungen zu regeln, zu ordnen.

Wir wollen die Möglichkeit einräumen, Konzentrationsflächen zu schaffen, also einzelne Straßen oder Viertel, wo dies zulässig ist. In anderen Stadtgebieten dürfen dafür keine Spielhallen errichtet werden. Momentan haben wir wegen des Verbots der Verhinderungsplanung dieses Instrumentarium nicht. Es gibt zwar Lösungen, wie sie zum Beispiel in Regensburg angewandt wurden. Diese Lösungen sind aber nicht gerichtsfest und basieren darauf, dass sich die Beteiligten daran halten.

Wir meinen, dass hier Regelungsbedarf und Ordnungsbedarf besteht. Selbstverständlich kann eine Kommune, wenn sie der Meinung ist, dass sie viele Spielhallen haben muss, diese großzügig genehmigen und Gebiete dafür ausweisen, wenn ihr die Bürger nicht durch einen Bürgerentscheid einen Strich durch die Rechnung machen. Wir wollen das aber in die Verantwortung der Kommunen legen; denn die Kommunen müssen die Möglichkeit haben, zu verhindern, dass sich Grundstückswerte und das Gesicht von Vierteln durch eine Flut von Spielhallen, die aus dem Boden schießen, nachteilig verändern.

Nun haben die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN ebenfalls Anträge eingebracht. Der Antrag der GRÜNEN ist im Ergebnis für uns nicht zustimmungsfähig, weil er einen ganz gravierenden Mangel hat, den wir so nicht akzeptieren können: Sie wollen Spielautomaten in Gaststätten verbieten. Ich meine, damit schütten Sie das Kind mit dem Bade aus. In den Gaststätten befinden sich maximal drei Spielgeräte, während sich in den großen Spielhallen 12 bis 24 Geräte befinden. Wenn Sie die kleinen Gaststätten noch weiter treffen wollen - ich unterstelle Ihnen das nicht, aber das wäre die Konsequenz Ihres Antrags -, würden Sie gerade den Gastwirten einen Bärendienst erweisen, die es ohnehin sehr schwer haben. Bei einer Gaststätte mit drei Geldspielgeräten ist das Suchtpotenzial weitaus geringer als in der großen Spielhalle mit 12 oder 24 Geräten. Ich bin sehr darüber im Zweifel, ob es richtig ist, die Spielhallen faktisch verbieten zu wollen. Sie wollen die Möglichkeit schaffen, der DB AG die Stationsentgelte zu kürzen, wenn in den Bahnhofshallen Spielhallen eingerichtet werden. Sie wollen außerdem größere Spielhallenkomplexe verbieten. Mehrfachkonzessionen sollen nicht mehr möglich sein. Was hätte das zur Konsequenz? Denen, die bereits eine Spielhalle haben, kann diese Spielhalle aufgrund des Bestandsschutzes nicht weggenommen werden. Sie würden aber jede Konkurrenz verhindern. Ich glaube, dies ist auch nicht der richtige Weg. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

Der Antrag der SPD enthält viele gute Punkte, aber auch einige Punkte, mit denen wir Probleme haben. Sie haben auch das Verbot von Mehrfachkonzessionen aufgenommen. Sie wollen außerdem die Maximalzahl von Geldspielgeräten verringern. Insgesamt ist dieser Antrag aber ein Schritt in die richtige Richtung, weswegen wir diesem Antrag zustimmen werden.

Wir sollten uns darüber einig sein, dass wir auf diesem Feld Regelungs- und Handlungsbedarf haben. Wir sind der Meinung, dass das Baurecht hier das richtige Instrumentarium ist. Dieses Problem sollte über das Baurecht angegangen und damit in die Verantwortung der Städte und Gemeinden überführt werden, die dann über ihre Bauleitplanung festlegen können, in welchem Umfang sie das Glücksspiel zulassen wollen, wo sie es zulassen wollen und wo es unerwünscht ist und nicht stattfinden darf.

Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. Dem Antrag der SPD werden wir zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bitte ich Frau Kamm ans Mikrofon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Föderalismusreform 2006 wurde das Recht über die Spielhallen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen. Damit können die Länder die personengebundenen Anforderungen an die Spielhallenerlaubnis, die Ausgestaltung, die Größe, die Öffnungs- und Sperrzeiten, Trenn- und Abstandserfordernisse Überwachung, Informations- und Aufklärungspflichten regeln.

Andere Bundesländer - nicht nur Berlin, sondern beispielsweise auch Hessen - handeln. Die drastische Zunahme der Spielhallen von 550 im Jahr 2006 auf mehr als 850 nur vier Jahre später ließen den hessischen Gesetzgeber handeln. Er hat den Kommunen den nötigen Handlungsrahmen gegeben, um das ausufernde Wachstum der Spielhallen in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken. Nachdem die bevorzugten einheitlichen Regelungen im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages nicht zustande gekommen sind, setzt Hessen mit seinem neuen Gesetz jetzt ein Zeichen für die Suchtprävention, gegen den Spieler und für den Jugendschutz.

Das neue hessische Spielhallengesetz verbietet Mehrfachkonzessionen, schreibt Mindestabstände zu anderen Spielhallen vor und untersagt Werbung.

Zudem werden die Betreiber künftig gezwungen, mit einer mindestens achtstündigen Sperrzeit an einem übergreifenden Sperrzeitsystem mitzuwirken.

Auch Bayern sollte handeln. Im Jahr 2000 gab es in Bayern 6.367 Spielautomaten. Im Jahr 2008 waren es 13.480, also bereits mehr als doppelt so viele. Die Summe des Geldes, das in Bayern in die Spielautomaten geworfen wurde, stieg von 117 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 258 Millionen Euro im Jahr 2008. 44.000 Menschen sind in Bayern spielsüchtig, mit allen dramatischen persönlichen Folgen. Die Zahl der regelmäßig an Spielautomaten spielenden Menschen, insbesondere auch der Jugendlichen, steigt. Das Automatenspiel wird im Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung als Glücksspielform mit dem größten Suchtpotenzial bezeichnet.

Der Anteil der glücksspielabhängigen Menschen in der ambulanten Suchthilfe hat sich seit dem Jahr 2006 ständig erhöht. Im Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung ist ausgeführt:

Eine Evaluation der bestehenden Spielverordnung zeigt, dass zwar die Vorgaben der Spielverordnung weitgehend beachtet werden, es aber hinsichtlich des Spielerschutzes deutliche Lücken gibt. So findet bei den Spielautomaten im Gaststättenbereich ein Jugend- und Spielerschutz kaum statt.

Deswegen sieht der Drogenbeauftragte der Bundesregierung in diesem Bereich den größten Handlungsbedarf. Sehen wir uns einmal die Situation an den Autobahnraststätten an.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Oder in einem Spielkasino!)

In ein Spielkasino geht kein Jugendlicher. An den Autobahnraststätten stehen einfach in irgendeiner Ecke Spielautomaten. Kein Mensch kümmert sich darum, was dort passiert, ob der Jugendschutz gewährleistet wird. Hier besteht Handlungsbedarf. Wir sollten den Drogenbeauftragten der Bundesregierung in diesem Punkt ernst nehmen.

(Jörg Rohde (FDP): Das ist eine Dame!)

Laut der Spielsuchthilfe Österreich hat jeder dritte Spielsüchtige vor seinem 19. Geburtstag zu spielen begonnen, meistens in Gaststätten. Die meisten dieser Menschen haben an einem der rund 15.700 Automaten in Österreich angefangen, die als kleines Glücksspiel vom staatlichen Glücksspielmonopol ausgenommen sind. Betroffen sind vor allem männliche Jugendliche, die oft aus sozial schwachen Familien oder aus Familien von Einwanderern stammen.

Leider müssen wir feststellen, dass in den Spielhallen nicht diejenigen spielen, die genug Geld haben und bei denen es nichts ausmacht, wenn sie 10 % ihres Geldes in eine Spielhalle werfen, sondern oft Menschen mit kleinem Geldbeutel, Menschen, die ihr Geld für Dringenderes bräuchten. Spielhallen entstehen nicht in Nobelvierteln, sondern oft in Stadtteilen, in den Ärmere wohnen, oder an Orten mit viel Schülerumsteigeverkehr.

Wir werden daher alle Initiativen, mit denen die Spielhallen und die Spielsucht begrenzt werden können, unterstützen, auch wenn der Antrag der FREIEN WÄHLER nicht hinreichend und ausreichend ist. Aber er ist wenigsten ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Alles ist besser, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, als weiterhin nichts zu tun. Spielhallen, die jetzt genehmigt werden, bekommt man später nicht so leicht wieder weg. Herr Gauselmann von der Automatenindustrie bedankt sich vermutlich bei Ihnen sehr großzügig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD bitte ich Frau Schmitt-Bussinger an das Mikrofon.