Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst frage ich mich, warum CSU-und FDP-Mehrheit gestern eine Energiekommission beschlossen haben, wenn man heute Dringlichkeitsanträge, die für die Energiewende doch von einiger Bedeutung zu sein scheinen, im Minutentakt abhandelt. Aber das werden Sie wohl wissen.
Der Antrag der Koalitionsfraktionen entstammt der Abteilung "Heiße Nadel". Er ist schnell zusammengeschrieben, weil man meint, vor der Sommerpause noch ein Sammelsurium zur Thematik Wald vorlegen zu müssen. Wenn Sie sagen, Sie wollten die energetische Nutzung nach vorne bringen und gleichzeitig den Baustoff Holz zur CO2-Vermeidung fördern - was völlig richtig ist -, dann haben Sie natürlich zwei widersprüchliche Punkte in Ihrem Antrag. Entweder setze ich, was mir persönlich sympathischer wäre, auf die Kaskadennutzung von Holz. Ich verbaue es zunächst und dann, wenn es - sei es ein Dachstuhl oder ein Möbelstück - nicht mehr benötigt wird, kommt es in die Verbrennung unter Speicherung des CO2 auf längere Zeit. Oder aber ich will die Energiewende aus diesem Bereich heraus gestalten, dann muss ich andere Prioritäten setzen.
Ich frage: Wo ist Ihre Priorität? Sie ist in Ihrem Antrag nicht erkennbar. Das Sowohl-als-auch wird nicht funktionieren.
Derjenige von Ihnen, der sich ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzt weiß, dass wir in Richtung
einer Holzlücke laufen. Das heißt, diese Punkte werden sich in Zukunft deutlich verschärfen. Außerdem sagen Sie, natürlich zu Recht, man solle auf die Privatwaldbesitzer zugehen. Der Privatwald, speziell der Kleinstprivatwald, entspricht fast einem Drittel der Waldfläche in Bayern, besitzt aber fast 60 % der Holzvorräte. Da ist etwas zu holen, es ist etwas zu heben so weit richtig. Nur: Wie Sie das machen wollen, sagen Sie nicht. Wir haben in Bayern mindestens 500.000, wahrscheinlich sogar 750.000 Klein- und Kleinstwaldbesitzer. Wenn Sie an diese heranwollen und sagen: Leute, gebt diese Vorräte, die auf eurer Fläche sind, in den Markt, dann müssen Sie mit Personal auf die Menschen zugehen. Das ist von meinen Vorrednern bereits gesagt worden. Das Personal für die Beratung haben Sie aber abgebaut. Hier müssten wir also aufstocken.
In der Vergangenheit sind Sie mit der Forstreform in die falsche Richtung gegangen. So, wie Sie es jetzt gemacht haben - auf der freiwilligen Ebene -, werden Sie an die Vorräte nicht herankommen, sondern Sie werden mit Ihrem Anliegen scheitern. Das wird nicht funktionieren.
Der Dreh- und Angelpunkt ist der Bereich Geld. Dort drücken Sie sich wie so oft vor einer Aussage und schreiben, welche Maßnahmen mit welchem finanziellen Rahmen umgesetzt werden, hänge von den haushaltstechnischen Möglichkeiten ab - eine Binsenweisheit. Eine Entscheidung darüber erfolgt im Rahmen des Nachtragshaushalts 2012. Warum stellen Sie dann heute einen Dringlichkeitsantrag, wenn Sie erst im Rahmen des Nachtragshaushalts entscheiden wollen, welche Geldmittel Sie zur Verfügung haben und wie viel Ihnen dieser Bereich wert ist? Das erschließt sich mir an dieser Stelle nicht.
Einen Punkt noch. Sie schreiben natürlich auch hinein, da Sie die Flanke nicht öffnen wollen, die bayerische Biodiversitätsstrategie solle weiter verfolgt werden. Aber gleichzeitig sagen Sie, Flächenstilllegungen im Wald wollen Sie auf keinen Fall. Die 5-%-Vorgabe stammt von der Bundesregierung, nicht von der rotgrünen, sondern von der jetzigen; und wir meinen schon, dass wir gerade auch im Rahmen der Biodiversitätsstrategie in einem bestimmten Umfang Wälder brauchen, die nicht genutzt sind, weil es einige Tier- und Pflanzenarten gibt, die auf diese Wälder angewiesen sind und ohne diese nicht auskommen können. 5 % sind in meinen Augen eine Vorgabe, die nicht allzu groß ist.
Aus diesen Gründen werden wir den Antrag der Koalitionsfraktionen ablehnen. Er bringt uns in diesem Zusammenhang nicht weiter. Dafür braucht es ganz andere Punkte, die wir noch angehen müssen. Auch den
Antrag der FREIEN WÄHLER werden wir ablehnen. Bei den ersten beiden Spiegelstrichen könnten wir vielleicht noch mitgehen, aber dem Anliegen, den Waldwegebau generell von der Ausgleichspflicht zu entbinden, können wir nicht zustimmen. Die Ausgleichspflichtigkeit von Eingriffen in den Naturhaushalt ist im Bundes- sowie im Bayerischen Naturschutzgesetz geregelt. Dies gilt selbstverständlich auch hier, wobei ich davon ausgehe, dass das Gros der Waldwege, die gerade im Privatbereich geschaffen werden, nicht ausgleichspflichtig ist, da der Eingriff nicht vorhanden ist. Aber es gibt einige Bereiche, in denen wir nicht umhin kommen.
Außerdem geben Sie ein Bekenntnis zur Baumart Fichte ab. Wir alle wissen - dies zeigen die Forschungen der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft -, dass die Klimahülle der Fichte und der Klimawandel in Zukunft nicht mehr zusammenpassen werden. Das heißt, wir müssen dahin gehend beraten, dass wir speziell den Menschen im Flachland sagen: Baut keine Fichte mehr an, denn sie wird weder Ertrag noch Nutzen bringen. Mit diesem Punkt werden wir also auch nicht weiterkommen. Wir werden deshalb den Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen.
Beim Antrag der SPD stört mich zwar der letzte Punkt, ähnlich wie beim Antrag der Koalitionsfraktionen, aber insgesamt geht der Antrag in die richtige Richtung, deshalb werden wir zustimmen - mit Ausnahme des letzten Spiegelstriches, das gebe ich hier zu Protokoll, in dem gefordert wird, auf Flächenstilllegungen im Wald zu verzichten.
Danke, Herr Kollege Dr. Magerl. - Sie haben 5 Minuten und 55 Sekunden verbraucht. - Ich gebe bekannt - da wir einen 15-minütigen Vorlauf haben -, dass für den Dringlichkeitsantrag "Wald- und Forstwirtschaft haben zentrale Bedeutung bei der Energiewende", Drucksache 16/9257, vonseiten der CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden ist. - Ich bitte nun für die FDP-Fraktion Herrn Dechant ans Mikrofon.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Debatte sehr aufmerksam verfolgt, in der bereits alle Fraktionen zu Wort gekommen sind. Zum Dringlichkeitsantrag möchte ich anfügen, dass es hier keine Vollständigkeit gibt und man mit der Haarspalterei, die von den GRÜNEN und der SPD betrieben wurde, und mit den Worten "nachhaltig" oder "Kaskadennutzung" usw., was wir unter Umständen bereits erwähnt haben oder nicht bzw. nicht im richtigen Zusammenhang erwähnt
Es ist eine Initiative; die beiden Regierungsfraktionen haben den Dringlichkeitsantrag gestellt, da es sich um ein wichtiges Thema handelt und es ein Baustein der Energiewende ist, die wir angehen müssen. Nun haben Sie als Opposition natürlich die Aufgabe, die Regierung zu kritisieren und Stellung zu beziehen. Aber die Art und Weise, wie das zu dem Antrag erfolgt ist, ist schon sehr zweifelhaft. Das muss man festhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen. Frau Noichl, wenn Sie sagen, wir haben 15 %, das wollen wir so nicht festschreiben, denn wir wollen Nachhaltigkeit, dann heißt das, Sie wollen keine Ziele festlegen, damit Sie nicht angreifbar sind.
In den Anträgen von SPD und FREIEN WÄHLERN geht es wie üblich darum, mehr Personal zu fordern, mehr Geld zu verteilen und auch wie immer Klientel zu bedienen. Uns werfen Sie auch immer Klientelpolitik vor, aber Sie tun selber nichts anderes, als Klientelpolitik zu betreiben.
Die Spiegelstriche 3 und 4 des Antrages der FREIEN WÄHLER sind absolut unterstützenswert; aber, wie gesagt, in den ersten beiden Spiegelstrichen steht ebenfalls nichts anderes, als mehr Geld zu fordern.
Meine Damen und Herren! Wir von der Regierungskoalition versuchen, nachhaltig, auch finanziell nachhaltig, vernünftige Politik zu betreiben. Wir versuchen und wir sind damit auch verdammt erfolgreich, wie man an der Entwicklung Bayerns sieht -, mit den vorhandenen Ressourcen effektiv Politik zu betreiben und nicht immer nur mehr Geld zu fordern. Mein Fraktionskollege Georg Barfuß hat heute bereits schön gesagt: In diesem Lande zahlen 50 % der Menschen keine Steuern. - Sie bedienen genau diese 50 %. Wir versuchen, mit dem Geld der anderen 50 % für 100 % der Menschen etwas Vernünftiges zu erreichen.
Vielen Dank, Herr Kollege Dechant. Dieser Redebeitrag hat 2 Minuten und 55 Sekunden gedauert. - Zwischendurch gebe ich bekannt: Auch die SPD hat für ihren Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/9271 namentliche Abstimmung beantragt. Keine namentliche Abstimmung wurde für den Antrag der FREIEN WÄHLER beantragt. - Abschließend hat Herr Staatsminister
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass Wald und Holz auch im Parlament eine solch hohe Bedeutung zugemessen wird. Gerade im Internationalen Jahr der Wälder ist es angebracht, sich parlamentarisch auszutauschen. Die Anträge gehen grundsätzlich alle in dieselbe und damit in die richtige Richtung, nämlich in der Bevölkerung deutlich zu machen, wie vielseitig Holz einsetzbar ist und wie werthaltig dieser Bau-, Dämm- und Werkstoff ist.
Gerade das Thema Energiewende, Atomausstieg, weniger Verbrauch an fossilen Energieträgern hat das Holz in den Mittelpunkt gerückt, da unser Wald, unser Holz selbstverständlich einen Beitrag leisten kann. Bayern ist mit 2,5 Millionen Hektar mit Sicherheit das Holz- und Waldland Nummer eins und, lieber Herr Dr. Magerl, wir haben inzwischen bereits 700.000 Waldbesitzer. Übrigens nimmt die Zahl der Waldbesitzer aufgrund der Erbteilung jährlich zu - dies ist nicht nur positiv -, und die Waldfläche nimmt ebenfalls leicht zu. Dies beweisen entsprechende Statistiken.
Dass wir mit unseren Wäldern verantwortungsbewusst umzugehen verstehen, beweist unsere Strategie. Seit 300 Jahren werden unsere Wälder nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit bewirtschaftet.
Deswegen dürfen wir, ja müssen wir auch in diesem Gremium darüber nachdenken, wie wir die gesamte Waldstrategie - Holzverwendung, Holzproduktion, Holzmobilisierung - weiter optimieren können.
Frau Kollegin Noichl, es ist ein Unterschied, ob ich ein Renditeziel von 15 % habe oder ich weitere 10 bis 15 % Holz mobilisieren will, ohne die Nachhaltigkeit infrage zu stellen. Ich will damit zum Ausdruck bringen - im Antrag ist es ähnlich formuliert -, dass wir insbesondere im Privatwald noch Reserven haben; diese sind aber nicht grenzenlos. Bis zu 15 % mehr Holz kann mobilisiert werden, ohne die Grundsätze der naturnahen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung infrage zu stellen.
Ich meine, wir konnten mit unserer bisherigen Waldbewirtschaftung unter Beweis stellen, dass wir Ökonomie, Ökologie und Soziales unter einen Hut bringen können. Ich bekenne mich nachdrücklich zu der multifunktionalen Aufgabe unserer Wälder. Wir haben entsprechende Cluster eingerichtet, sowohl auf der Ebene des Freistaates als auch auf regionaler Ebene,
zum Beispiel in meiner Heimat, dem Bayerischen Wald, und im Allgäu. Damit unterstützen wir die Idee, alle Akteure und Branchen im Forstbereich enger zusammenzuführen, um die Wertschöpfung zu erhöhen und die Wertschätzung zu steigern.
Immerhin 190.000 Menschen finden in dem Cluster Wald - Holz - Papier einen Arbeitsplatz. Mit einem jährlichen Umsatz von 37 Milliarden Euro ist das ein bedeutender Wirtschaftsfaktor bei uns.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Holz als Brenn-, Bau- und Dämmstoff weist vielseitige Eigenschaften auf. Dieser ökologisch nachwachsende Brenn-, Bau- und Werkstoff muss in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit unserer Gesellschaft gerückt werden. Er ist vielseitig nutzbar und wirkt wärme- und schalldämmend; selbst beim Brandschutz erhält Holz gute Noten. Wir alle sollten einfordern - ich will andere Baustoffe nicht in Misskredit bringen -, dass Holz bei Ausschreibungen und Vergaben eine faire Wettbewerbschance bekommt.
Deswegen appelliere ich auch an Ingenieure und Architekten, die Eigenschaften des Holzes richtig einzuschätzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie geben mir sicherlich in der Einschätzung Recht, dass wir Holz oft unterschätzt haben. Ich erinnere daran: Vor wenigen Wochen konnte im Landkreis Rosenheim ein achtstöckiges Holzhaus präsentiert werden. Im Hinblick auf die Tragweite kann man vielleicht noch die eine oder andere kreative Lösung erwarten.
Ich freue mich auch, dass die Zusammenarbeit mit den Akteuren - dazu gehören auch die Waldbauern und die Waldbesitzerverbände - hervorragend funktioniert. Wir haben einen Waldpakt abgeschlossen. Daran wird deutlich, wie sehr unsere Forstbetriebsgemeinschaften und Waldbesitzervereinigungen die Rahmenbedingungen schätzen, die wir im Zuge der Forstreform gesetzt haben. Wir geben ihnen Planungssicherheit. Sie bekommen Personal für die Beratung und - nicht zu vergessen - jährlich drei Millionen Euro zur Unterstützung ihrer Arbeit.
Ich verhehle es nicht: Der Forstminister freut sich über jeden zusätzlichen Förster. Aber im Gegensatz zur
Opposition hat die Regierung eine ganzheitliche Verantwortung. Sie muss mit den vorhandenen Ressourcen optimal umgehen und daher Abwägungen vornehmen.
Die infrastrukturellen Voraussetzungen sind zu optimieren. Vor wenigen Wochen konnte ich den zwölftausendsten Waldwegekilometer eröffnen. Insgesamt werden so 450.000 Hektar Wald erschlossen. Wir sind insoweit auf einem guten Weg.
Allen, die der Stilllegung das Wort reden, sage ich: Wir haben zwei Nationalparke und 159 Naturwaldreservate; das sind kleinere Regionen, in denen dem Prinzip "Die Natur Natur sein lassen" gefolgt wird. Ich appelliere an die Verantwortlichen, alle Flächen naturnah und nachhaltig zu bewirtschaften, damit dieser wertvolle Rohstoff weiterhin zur Verfügung steht.
Ich freue mich, dass ich vor wenigen Tagen gemeinsam mit der gesamten Branche als neue Aktion das Werbebündnis "pro Holz Bayern" starten konnte. In dessen Rahmen wollen alle, die von der Produktion bis zum Endprodukt mit Holz zu tun haben - Waldbesitzer, Sägewerker, Zimmerer, Möbelindustrie -, an einem Strang ziehen und Holz offensiv bewerben. Wir setzen mit verschiedenen medienwirksamen Aktionen Akzente - gestern war ich mit Vertretern des bayerischen Zimmererhandwerks in Brüssel -, um den Absatz des so vielseitig einsetzbaren Bau- und Werkstoffes Holz zu fördern.
Auch in Bezug auf den Waldumbau haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt. Es gibt bei uns noch über 100.000 Hektar Reinbestände an Fichten und Kiefern. Wir wollen diese nach und nach in klimatolerante Mischwälder umwandeln. Damit tragen wir auch den aus der Klimaveränderung resultierenden Herausforderungen Rechnung. Beim Waldumbau muss man jedoch behutsam vorgehen.