Protokoll der Sitzung vom 27.09.2011

Herr Perlak hat eine Evaluierung ins Gespräch gebracht. Dieser Überlegung kann man im Ausschuss sicher nähertreten. Andererseits geht es um eine Million Euro pro Jahr. Deshalb sollten wir schon darüber nachdenken, wie viel Bürokratie wir schaffen. Zwei Jahre sind für eine Evaluierung möglicherweise auch zu kurz. Zuerst brauchen sie eine Einführungsphase mit Schulungsmaßnahmen. Da läuft das Projekt noch nicht so effizient. Dann wird immer wieder zurückgefragt werden, sodass die ersten zwei Jahre noch nicht so repräsentativ sind wie die nächsten zwei Jahre. Deshalb sollte man über einen anderen Zeitraum als zwei Jahre nachdenken. Interessant wäre zudem, ob auch ein anderes Ergebnis herauskommen könnte, ob sich herausstellen sollte, dass das System außerordentlich genial ist und die Kommunen dadurch so viel Geld einsparen, dass die eine Million, die der Freistaat Bayern zuschießt, auch von den Kommunen getragen werden kann. Auch darüber wäre zu debattieren.

Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und deswegen würde ich auf die Evaluierung verzichten. Wenn uns die kommunalen Spitzenverbände signalisieren, dass es schon passt, wie der Franke sagen würde, wenn sie mit der einen Million zufrieden sind, sollten wir den Weg gemeinsam gehen. Wir wissen, dass dabei für die Bürger etwas herauskommt. Wir haben damit wahrscheinlich die effizienteste Lösung. Im Übrigen ist uns diese Aufgabe vom Bund ohnehin übertragen.

Damit komme ich zum Schluss. Wir sollten in der Beratung ein paar Details beleuchten. Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende dieses Gesetz gemeinsam, vielleicht sogar einstimmig verabschieden, um dem elektronischen Personenstandsregister in Bayern für die Zukunft den Weg zu ebnen.

(Beifall der FDP und Abgeordneten der CSU)

Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist es auch so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 e auf:

Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder (Drs. 16/9592) - Erste Lesung

Der Staatsvertrag wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Frau Staatsministerin Dr. Merk ist schon am Redepult.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit der Ersten Lesung zum Staatsvertrag über die Einrichtung einer gemeinsamen Stelle zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung biegen wir auf die Zielgerade auf dem Weg zur Durchsetzung eines weiteren Punktes unserer Sicherheitsarchitektur ein. Künftig ist es den Gerichten bei rückfallgefährdeten Gewalt- und Sexualstraftätern, die aus Rechtsgründen entlassen werden müssen, möglich, im Regelfall im Rahmen der Führungsaufsicht das Tragen eines Überwachungsgerätes - landläufig sagt man dazu Fußfessel - anzuordnen. Wir haben gestern den Testbetrieb in Bayern aufgenommen. Wir werden im November einen Pilottest durchführen, um dieses schwierige technische Unterfangen so sicher wie möglich auf den Weg zu bringen. Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen haben dazu ein effektives Konzept ausgearbeitet. Die anderen Länder haben sich dem Angebot angeschlossen. Dies war deswegen wichtig, weil wir keine räumliche Lücke haben dürfen, wenn wir den größtmöglichen Schutz gewährleisten wollen. Mit uns haben das Innenministerium und die Polizei eng zusammengearbeitet. Mein Dank geht an den Kollegen Joachim Herrmann für die wie immer exzellente und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Überwachungsstelle in Bad Vilbel, die 24 Stunden am Tag in Betrieb ist, wird für einen reibungslosen Betrieb sorgen und überwachen, ob den Auflagen und Anordnungen der Führungsaufsicht genüge getan wird und ob sich die

Probanden in dem Bereich, in dem sie sich bewegen dürfen, auch bewegen und ihn nicht verlassen oder in Verbotszonen gehen.

Ich möchte noch einmal betonen, was mir sehr wichtig ist: Die Fußfessel ist kein Ersatz für Freiheitsstrafen. Das möchte ich dick unterstreichen. Es darf nicht heißen: Fußfessel und Hausarrest statt Gefängnis. Das ist nicht unser Ziel. Es geht uns auch nicht primär um Einsparungen. Mich treibt es vielmehr immer wieder um, dass wir gerade in den Fällen mehr Sicherheit bekommen, in denen wir sie sonst nicht gewährleisten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie um Unterstützung und um Zustimmung zum Staatsvertrag.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Erster Redner ist Herr Kollege Arnold. Ihm folgt Kollege Dr. Rieger.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Fußfessel, die elektronische Aufenthaltsüberwachung, ist ein taugliches Instrument zur Wahrung und Herstellung des Rechtsfriedens im und nur im - das betone ich ausdrücklich - Bereich der Führungsaufsicht. Deswegen befürworten wir diesen Staatsvertrag, der nicht zuletzt auch von den rot-grünregierten Ländern Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg auf den Weg gebracht worden ist.

Dennoch müssen wir fragen, was Führungsaufsicht ist. Führungsaufsicht hat nichts mit Bewährungshilfe zu tun. Das muss man deutlich klarstellen. Führungsaufsicht wird nur bei gefährlichen Straftaten angeordnet und auch nur dann, wenn das Gericht zur Erkenntnis kommt, dass der Verurteilte die Gefahr, weitere Straftaten zu begehen, in sich trägt. Insofern sind die Würde des Verurteilten und das Interesse der Öffentlichkeit an der Gewährleistung von Sicherheit durch die elektronische Aufenthaltsüberwachung gewahrt.

Wir haben für diese Maßnahmen natürlich gesetzliche Auflagen. Das Gericht kann mit der Führungsaufsicht über § 68 b des Strafgesetzbuches für den Verurteilten den Aufenthalt beschränken. Es kann ihm den Zutritt zu bestimmten Zonen verbieten. Wenn dies die Bewährungshelfer, die diese Aufgaben übertragen bekommen, überwachen sollten, wäre die Maßnahme ein stumpfes Schwert. Die Bewährungshelfer sind schon aufgrund ihrer Fallzahlen überlastet. Wie soll man die Einhaltung der Auflagen durch jemandem, der unter Führungsaufsicht steht, kontrollieren? Wir

sind dafür, dass die Einhaltung der Auflagen kontrolliert wird und die Auflagen kein stumpfes Schwert mehr darstellen. Wir wissen, dass die Straftaten mit der elektronischen Fußfessel zwar nicht direkt aufgeklärt werden können, jedoch ermöglicht diese die Beweisführung und erzeugt somit den notwendigen Druck auf den Rückfallgefährdeten, nicht rückfällig zu werden. Laut § 145 a des Strafgesetzbuchs droht demjenigen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe, der Weisungen der Führungsaufsicht missachtet. Dem Paragrafen wird durch die Kontrolle entsprechend Sinn und Inhalt gegeben. Aber wie bereits betont: Das ist für uns die Grenze. Wir wollen keinen Strafvollzug, der auf zwei Klassen basiert. Wir wollen nicht, dass zu Geldstrafen verurteilte Straftäter darunter leiden müssen, dass sie keinen festen Wohnsitz oder Arbeitsplatz haben. Sie sollen nicht in den Ersatzfreiheitsstrafvollzug gehen, während sich andere vor dem Fernseher mit einer Fußfessel wohlfühlen können. Das wäre für uns ungerecht, unsozial und unsolidarisch.

(Beifall bei der SPD)

Die Frau Justizministerin hat heute eine Pressekonferenz über die Praktikabilität der elektronischen Fußfessel gegeben. Können möglicherweise Fehlalarme ausgelöst werden? Wir sollten uns genau ansehen, wie diese Technik funktioniert. Ich bitte die Staatsregierung - das wird später in Form eines Antrags noch formuliert werden -, spätestens nach einem Jahr darüber zu berichten, welche konkreten Erfahrungen mit diesem neuen Instrument gemacht worden sind. Zwar befürworten wir die Einführung, jedoch sind auch immer Verbesserungen möglich. Hierzu befinden wir uns auf einem gemeinsamen Weg. Gleichwohl heißt Führungsaufsicht, dass Bewährungshelfer in Anspruch genommen werden. Leider gibt es immer noch zu wenige Bewährungshelfer. Was nützt uns dieses neue Instrument, wenn aufgrund einer enormen Fallzahl, die maximal mit Überstunden von einer Person zu bewältigen ist, die benötigte Aufsicht nicht ausgeführt werden kann? Wir werden mehr Stellen für Bewährungshelfer fordern und fördern. Wir stimmen diesem Staatsvertrag zu, der ganz in unserem Sinne ist.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Dr. Rieger. Ihm folgt Herr Kollege Streibl.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich kann mich kurz fassen, da Rot-Grün bzw. Grün-Rot in Baden-Württemberg diesem Staatsvertrag bereits zugestimmt hat. Wie Frau Staatsministe

rin Dr. Merk und mein Vorredner ausgeführt haben, besteht seit dem 1. Januar 2011 für die Gerichte die Möglichkeit, im Rahmen der Führungsaufsicht eine sogenannte elektronische Fußfessel, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung, für hochgefährliche rückfallgefährdete Gewalt- und Sexualstraftäter anzuordnen. Diese Aufenthaltsüberwachung ist zwar kein Ersatz für eine geschlossene Unterbringung, jedoch durch die Möglichkeit einer besseren Lokalisierung und Verfolgung der Straftäter in einer akuten Gefahrensituation ein adäquates Mittel mit Abschreckungswirkung zum Schutz der Bevölkerung.

Um die elektronische Aufenthaltsüberwachung optimal zum Einsatz zu bringen, müssen wir in Bayern die technischen und organisatorischen Voraussetzungen in Form einer Überwachungsstelle schaffen. Was macht eine solche Überwachungsstelle? - Sie sammelt Informationen, wertet diese aus und informiert die Polizei und die Justizbehörden der jeweiligen Länder. Da der finanzielle und personelle Aufwand einer solchen Überwachungsstelle für ein Bundesland und damit auch für Bayern sehr hoch wäre - Stichwort: Rund-um-die-Uhr-Überwachung - und eine Überwachung über die Ländergrenzen hinweg ermöglicht werden soll, wird mit dem vorliegenden Staatsvertrag eine Überwachungsstelle für alle Länder geschaffen. Der Vorteil besteht einerseits in der enormen Kostenersparnis und andererseits in einer einheitlichen Handhabung der elektronischen Überwachung.

Frau Staatsministerin Dr. Merk hat bereits deutlich gemacht, dass wir in Bayern nicht von allen Optionen, die im Staatsvertrag enthalten sind, Gebrauch machen wollen. Wir fordern die Fußfessel nicht als Ersatz für eine Freiheitsstrafe und nicht als Ersatz für eine Untersuchungshaft. Sie soll ebenfalls nicht zu Vollzugslockerungen führen. Wir wollen lediglich die Täter, die gefährlich sind, elektronisch überwachen und somit ein effektives Instrument zum Schutze unserer Bevölkerung schaffen.

Herr Kollege Arnold, hinsichtlich der Handhabung sollten wir zunächst einmal den Probebetrieb abwarten, der im Herbst durchgeführt wird. Mit dem Probebetrieb wird die technische Durchführbarkeit sichergestellt werden. Wir können daher guten Mutes und mit aller Überzeugung die Zustimmung zum Staatsvertrag empfehlen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Streibl, Sie sind der nächste Redner.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst gedenkt man des heiligen Leonhards, der oft

mit Ketten dargestellt wird. Er ist der Schutzpatron der Gefangenen. Seitdem wissen wir, dass Fesseln ein probates Mittel für die Sicherheit sind. Auf der Grundlage des Staatsvertrags sollen diese Fesseln eine neue und moderne Anwendung als Instrument der Führungsaufsicht finden. Diejenigen Straftäter, die zwar ihre Strafe abgesessen haben, von denen jedoch weiterhin eine Gefahr für die Bevölkerung ausgeht, sollen mithilfe der Fußfessel überwacht werden können. Zurzeit muss die Polizei diese Straftäter, die auf freiem Fuß sind, rund um die Uhr überwachen. Mit der Überwachung sind täglich 25 Beamte beschäftigt. Durch die Einführung der elektronischen Fußfessel kann diese Überwachung erleichtert werden. Zwar bietet die elektronische Fußfessel keine absolute Sicherheit und keinen absoluten Schutz, jedoch sollte sie als ein weiteres Instrument für die Sicherheit der Bevölkerung angesehen werden. Aus diesem Grund stimmen wir diesem Staatsvertrag zu. Wir halten den Staatsvertrag für sinnvoll, weil er zur Sicherheit der Bevölkerung beiträgt.

Wir stimmen dem Staatsvertrag insbesondere aufgrund des darin enthaltenen Artikels 4 zu. Die Öffnungsklausel des Artikels 4 enthält Maßnahmen, die wir letztes Jahr am 21. Juni 2010 in einem Gesetzentwurf gefordert haben, nämlich die Anwendung der Fußfessel für Ersatzfreiheitsstrafen und Gnadenerweise. Der zustimmende Kanon zum Staatsvertrag in diesem Hohen Hause ist eine Rehabilitierung unseres Gesetzentwurfes. Einzelne Kollegen werden jetzt sagen: Nein, das wollen wir nicht so. Trotzdem stimmen Sie dem Staatsvertrag und seinem Artikel 4 zu. Andererseits müssten Sie für eine Streichung des Artikels 4 plädieren. Wir freuen uns über diese Öffnung, die in unsere Richtung geht. Meine Damen und Herren, die Argumente, die gegen unseren Gesetzentwurf vorgebracht worden sind, könnten eins zu eins gegen diesen Staatsvertrag vorgebracht werden. Man könnte sagen, dass keine zusätzliche Sicherheit geschaffen wird, da nur im Nachhinein festgestellt werden kann, wo sich der Straftäter aufgehalten hat. So schnell kann sich die Zeit drehen. Damals habe ich im Rahmen der Diskussionen gesagt: Das Thema wird wiederkommen. Jetzt ist es in einem anderen Gewand wieder da. Sie stimmen zu, und das freut uns. Wir werden ebenfalls zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Stahl. Den Abschluss bildet dann Herr Kollege Dr. Fischer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Dieser Staatsvertrag ist in dieser Form natürlich nicht zustimmungsfä

hig. Liebe Frau Justizministerin, Sie werden von uns selbstverständlich keinen Blankoscheck bekommen; denn a, wer sagt mir, dass Sie Ihre Haltung, die Sie gerade zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie nämlich die Möglichkeiten, die dieser Staatsvertrag bietet, nicht ausnützen wollen, bis zum Ende der Legislaturperiode oder bei einem Wechsel beibehalten werden, und b, wer sagt mir, dass ein möglicher Nachfolger von Ihnen nicht etwas ganz anderes damit anfängt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dies umso mehr, als es hier keine Vollzugsgesetze gibt. Wenn man sich diesen Vertrag durchgelesen hat, kann man von uns nicht wirklich verlangen, dass wir zustimmen. Ich bin schon etwas erstaunt über meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die mit Verweis auf Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen das Denken aufgeben und schlicht und einfach sagen: Wir machen das, weil Rot-Grün dort auch so etwas beschlossen hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben diesen Mist von Schwarz-Gelb während der Regierungsbildung geerbt. Das heißt für uns noch lange nicht, dass wir daran gebunden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Anders als es uns dieser Staatsvertrag weismachen möchte, geht es hier nicht nur um die Einrichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder. Dieser Artikel 4 enthält nämlich eine Öffnungsklausel, die weitere Einsatzzwecke vorsieht. Das müssen Sie sich vor Augen führen. Wenn darin nur stünde "bei Straftaten, die mit der Führungsaufsicht zusammenhängen" könnte man über diesen Staatsvertrag reden. Mit diesem Artikel wird jedoch auch bei der Außervollzugsetzung eines Haftbefehls, bei Gnadenerweisen und zur Vermeidung kurzer Freiheitsstrafen die Möglichkeit des Einsatzes von Fußfesseln vorgesehen.

Ich muss Ihnen außerdem noch einmal entgegenhalten, dass eine Testphase üblicherweise vor der Unterschrift unter einen Vertrag oder unter einen Gesetzentwurf durchgeführt wird, um zu testen, welche Auswirkungen eine bundesweit neue Technik hat, und nicht nach der Unterschrift unter einen solchen Vertrag. Ich bitte Sie, das muss man vorher prüfen, nicht erst danach. Wir schaffen damit eine Infrastruktur, die über das hinausgeht, was man sich bei der Frage der Sicherungsverwahrung wünscht. Liebe Frau Justizministerin, ich verstehe natürlich, dass Sie nach dem Desaster, welches ein Richter in Nürnberg angestellt hat, wo man einen Sicherungsverwahrten freilassen musste, besonders unter Druck stehen. Aber auch das kann im Grunde genommen kein Argument für die Unterschrift unter diesen Vertrag sein.

Aus unserer Sicht ist auch im Hinblick auf die im Zusammenhang mit diesem Staatsvertrag diskutierten Verwaltungsvereinbarungen Vorsicht geboten. Zum Beispiel ist hier zu lesen, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung mit einer Kontrolle des Alkoholkonsums kombiniert werden könnte. Sagen Sie mir bitte einmal, in welchen Fällen dies möglich sein soll. Hier fehlt es ganz klar an einer Rechtsgrundlage. Nachdem es sich hier um eine GPS-überwachte Fußfessel handeln soll, die man erst noch testen möchte, möchte ich Sie daran erinnern, dass das Verfassungsgericht in seinem Urteil zur Sicherungsverwahrung zwar die Fußfessel als Mittel der Führungsaufsicht gebilligt hat, diese Billigung aber nicht schrankenlos gilt. Zeigen Sie mir bitte die Stelle im Vertrag, in den Verwaltungsvereinbarungen oder in sonstigen Gesetzen, die die Schranken, die das Verfassungsgericht fordert, schafft. Wie lange darf eine solche Fußfessel eingesetzt werden? Bis derjenige, der sie trägt, stirbt? Wer darf sie anlegen? Wer darf sie abmachen? Dies alles sind Fragen, die überhaupt noch nicht geklärt sind. Der Verweis auf die gesetzlichen Regelungen zur Führungsaufsicht genügt nicht.

In diesem Staatsvertrag werden zwei Dinge vermischt: Prävention und Repression. Prävention heißt, dass jemand, der unter Führungsaufsicht steht, daran gehindert werden soll, eine neue Straftat zu begehen. Man kann darüber diskutieren, ob das etwas nützt oder nicht. Darüber würden wir mit uns reden lassen. Über diesen Artikel 4 nehmen Sie jedoch die Fußfessel sehr wohl auch als Ersatz für Freiheitsstrafe auf. Wenn Sie das tun, müssen Sie aber auch im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz die Befugnisnorm für die Polizei regeln. Genau das fehlt hier.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schindler?

Nein, denn ich habe nur noch 14 Sekunden.

Die Frage, in welcher Form diese gemeinsame Stelle geführt werden soll, ist ebenfalls noch nicht beantwortet. Im Raum steht, dass dies in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft geschehen solle. Wir wissen das aber nicht. Genauso gut könnte die Trägerschaft privatrechtlich sein. Auch dies ist uns viel zu unpräzise, als dass wir diesem Staatsvertrag mit einem Blankoscheck zustimmen könnten, der eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten eröffnet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Stahl, Herr Kollege Schindler hat eine Zwischenbe

merkung angemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Schindler.

Verehrte Frau Vizepräsidentin, ich muss Sie leider fragen, ob Ihnen entgangen ist, dass dieser Staatsvertrag auch von der Landesregierung in Baden-Württemberg ausgehandelt worden ist, die von Ihrer Partei angeführt wird. Wollen Sie außerdem ernsthaft behaupten, wir dürften allen Staatsverträgen, die Länderöffnungsklauseln enthalten, nicht zustimmen, bloß weil vielleicht irgendeines oder mehrere dieser Länder von einer solchen Öffnungsklausel Gebrauch machen wollen? Hier wurde ausgeführt, dass die Staatsregierung von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen will. Wir wollen das auch nicht. Sie können doch nicht argumentieren: Weil andere Länder dies möglicherweise tun werden, dürfen wir dem Staatsvertrag nicht zustimmen. Der Staatsvertrag wird doch auch von Ihnen, was die Führungsaufsicht betrifft, als vernünftig angesehen. Das passt doch nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)