Die Lohnkosten sind im Übrigen bei Vergaben im Wettbewerb keineswegs dominant und überwiegend. Kollege Dr. Beyer hat die Ausbildung angesprochen. Auch die Wettbewerber der Deutschen Bahn AG bilden aus. Es wird keineswegs nur bei der DB ausgebildet und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den Wettbewerbern übernommen.
Auch im Straßenpersonenverkehr gibt es keinen tarifvertragslosen Bereich. Für nicht gebundene Verkehrsunternehmen gilt ein nachwirkender, für allgemein verbindlich erklärter Tarifvertrag. Bei Ausschreibungen ist die Einhaltung der für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge ohnehin vorzugeben.
Was die Festschreibung eines Mindestlohns von 8,50 Euro anlangt, ist unsere Haltung bekannt. Wir lehnen das aus wirtschaftspolitischer Sicht ab, weil wir der Überzeugung sind, dass Mindestlöhne Beschäftigungschancen für Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte kosten. Es wird dann verschiedene Arbeitsstellen nicht mehr geben, weil sie zu teuer sind. Damit tun wir diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern keinen Gefallen.
Aus unserer Sicht ist ein Mindesteinkommen besser als ein Mindestlohn, das mit dem ergänzenden Arbeitslosengeld II aufgestockt werden kann. Nicht der Staat, liebe Kolleginnen und Kollegen, soll Mindestlöhne festsetzen. Es ist Sache der Tarifvertragsparteien, die Löhne auszuhandeln. Für uns ist die Tarifautonomie ein hohes Gut.
Die geforderte Beachtung ökologischer Kriterien bleibt hinter dem zurück, was in Bayern schon seit Langem gilt. Ich erinnere an die Umweltrichtlinien Öffentliches Auftragswesen. Die Berücksichtigung sozialer Kriterien ist ebenfalls im geltenden Recht geregelt, und zwar speziell im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
Da die Gesetzentwürfe Wiederholungen bereits bestehender Regelungen enthalten, würde das Ziel einer Vereinfachung und Verschlankung des Vergaberechts in weite Ferne gerückt. Im Übrigen erinnere ich daran, dass bei Durchführung der Vorschriften,
wie sie in den beiden Gesetzentwürfen gegeben wären, durchaus die Bürokratie in nicht unerheblichem Ausmaß zunehmen würde, was insbesondere für kleinere Unternehmen ein Hemmnis wäre, sich am Wettbewerb zu beteiligen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das waren die Gründe, die wir bereits in der Ersten Lesung vorgetragen haben und die auch im Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie maßgebend dafür waren, dass wir und auch andere Fraktionen die Gesetzentwürfe abgelehnt haben. Wir werden das auch in dieser Abstimmung tun.
Herr Kollege Rotter, bleiben Sie bitte am Mikrofon. Herr Kollege Dr. Runge hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Herr Kollege Rotter, ich bitte Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass § 97 Absatz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB - die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien und als dritte Kategorie Innovationen auf gleicher Ebene erlaubt wie die Eignungskriterien. Sie müssen aber nicht berücksichtigt werden. Nehmen Sie weiter bitte zur Kenntnis, dass dies bei der Staatsregierung nicht durchgedrungen zu sein scheint. In der Beantwortung der Anfragen zur Auftragsvergabe beim Umwelt- und Gesundheitsministerium stand, dass solche Kriterien bei Ausschreibungen nicht berücksichtigt werden dürften.
Nach meinem Kenntnisstand wird dies sowohl von der Staatsregierung als auch insbesondere von den Kommunen berücksichtigt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die heute zu beratenden Gesetzentwürfe von der SPD und von den GRÜNEN sind, wie Herr Kollege Beyer schon betont hat, aus unserer Sicht hinsichtlich des Zieles richtig. In der Machart sind sie aber ein Musterbeispiel für den Aufbau von Bürokratie und für die systematische Behinderung von kleinen und mittleren Unternehmen.
(Dr. Thomas Beyer (SPD): Genau das Gegenteil ist der Fall! - Dr. Martin Runge (GRÜNE): Genau das Gegenteil!)
Ich will Ihnen das gern anhand einzelner Regelungen belegen. Wenn es um den hoch gelobten und viel gepriesenen Mittelstand geht, dann können wir ihn alle würdigen. Wenn es aber um die Frage geht, wie wir diesem Mittelstand das Wirtschaften, die Arbeit und das Erwerben von Aufträgen ermöglichen beziehungsweise erschweren könnten, dann fallen die Bewertungen sehr viel kritischer aus. Was Sie hier vorgelegt haben, soll nicht nur für große Betriebe mit Millionenaufträgen gelten, sondern auch für die Kommunen und für kleine und kleinste Handwerksbetriebe, die das Rückgrat der Wirtschaft insbesondere im ländlichen Raum bilden. Diese Unternehmen müssen nach Ihrer Meinung künftig nicht nur Nachweise zur Tariftreue vorlegen - das wäre noch nachvollziehbar -, sondern sie sollen darüber hinaus viele andere Aufgaben erfüllen. Das erschwert diesen Unternehmen aber die Teilnahme am Wettbewerb. Die großen Betriebe sind problemlos in der Lage, ob ihres Overheads zusätzliche Kriterien zu erfüllen und Nachweise zu erbringen. Für die kleinen Betriebe aber, bei denen der Chef nicht nur die Ausschreibungen erarbeitet, sondern auch auf der Baustelle mitwirkt, bedeuten diese Vorgaben eine zusätzliche Last und die Erschwerung ihres Bemühens, Aufträge zu bekommen.
Herr Kollege Rotter hat die Rechtslage rekapituliert. Auch Sie, Herr Runge, haben eingeräumt, in weiten Bereichen bestehe über das Arbeitnehmerentsendegesetz eine Verpflichtung auch in den Branchen, die klassischerweise bei der Vergabe von Aufträgen durch die Kommunen und die öffentliche Hand eine Rolle spielen. Das wären beispielsweise das Bauhaupt- und -nebengewerbe, die Gebäudereinigung und Unternehmen der Abfallwirtschaft. Dies sind Bereiche, in denen sich die öffentliche Hand tummelt und wo sie Aufträge vergibt. Auch die Kommunen sind in diesen Bereichen in großem Umfang tätig. Hier haben wir Regelungen.
Wenn Sie, Herr Dr. Runge, jetzt das Gefühl haben, es könnten möglicherweise Missstände bestehen und diese Regelungen könnten vielleicht nicht beachtet werden, dann kann das aber doch nicht dazu führen, noch ein Gesetz zu verabschieden, in dem genau das Gleiche steht. Vielmehr müsste man doch darüber nachdenken, wie man solche Rechtsverstöße entdeckt und ahndet. Wenn die gesetzliche Verpflichtung nicht im gewünschten Umfang berücksichtigt wird, kann das nicht dazu führen, noch einmal ein Gesetz zu machen und, sollte auch dieses nicht ausreichen, noch ein drittes zu verabschieden. Das wäre aber ganz sicher nicht die Lösung unserer Probleme und schon gar nicht unser Anliegen.
oder wo Tarifverträge nicht bestehen, dann darf ich auf das verweisen, was Herr Rotter zur Vergabe durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft - BEG gesagt hat. Wenn es darüber hinaus noch immer Lücken geben mag, dann wäre mit uns gern darüber zu reden gewesen, ob sich der Staat selbst verpflichtet, einen Lohn von 8,50 Euro pro Stunde zur Voraussetzung einer Vergabe zu machen. Auch das hätten wir durchaus mitgetragen und für richtig gehalten. Wir hätten auch einen Appell gleichen Inhalts an die Kommunen adressiert. Was Sie aber darüber hinaus wollen, ist eine Anreicherung der Gesetze nicht nur mit dem Ziel, Tariftreue zu erreichen, sondern Sie wollen eine Vielzahl weiterer Kriterien, Aufgaben und Nachweise verankern und die Vergabe, die Erteilung von Aufträgen und das Gewinnen von Wettbewerben erschweren. Ihr Gesetz ist deshalb mit uns nicht zu machen. Den Versuch, jetzt gesellschaftlich wünschenswerte Prozesse hinsichtlich der Umwelt- oder der Frauenpolitik - und in Absatz 2 sogar im Hinblick auf die Integrationspolitik - im Wettbewerbsrecht zu verankern und kleine und kleinste Unternehmen diese Aspekte in allen Einzelfällen nachweisen zu lassen, halten wir schlichtweg für falsch.
In der Begründung zum Gesetzentwurf der SPD ist bezeichnenderweise zur Frage der Bürokratiekosten überhaupt nichts ausgesagt. Erst kürzlich hat im Übrigen auch die SPD ein Gesetz angeregt, wonach in allen Fällen für gesetzliche Initiativen auch eine Folgenabschätzung im ländlichen Raum zur erfolgen hätte. Auch da sind wir skeptisch, ob dieses Gesetz den Aufwand lohnt. In Ihrer Gesetzesvorlage ist nichts zu der Frage zu finden, ob die von Ihnen gewünschten Vorlagen für die kleinen und kleinsten Handwerksbetriebe, die im ländlichen Raum zu Hause sind, in besonderer Weise ein Problem darstellen.
Zusammengefasst bedeutet dieses Gesetz eine systematische und erhebliche Erschwerung für unsere Unternehmen, weshalb wir diesen Gesetzentwurf nicht mittragen können. Ich will das an ein paar Beispielen illustrieren. In dem SPD-Gesetzentwurf ist unter anderem zum Thema Frauenförderung gesagt, Vergaben an Unternehmen könnten nur dann erfolgen, wenn die Unternehmen nachweisen, dass sie Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen durchführen. An anderer Stelle wird gesagt, diese Nachweise dürften nicht älter als sechs Monate sein, sie müssten ständig aktualisiert und erneuert werden. Das gilt, lieber Herr Kollege Dr. Beyer, auch für den Handwerksbetrieb, wo der Meister mit drei oder vier Mitarbeitern unterwegs ist, erfolgreich unterwegs ist, und das ist das Problem, -
- Ab 50.000 Euro? - Das sind doch genau die Fälle, die wir haben, wenn beispielsweise die Gemeinden einen Bauhof erneuern oder wenn sie, wie derzeit aktuell, eine Kinderkrippe bauen. Wenn für die Kinderkrippe beispielsweise Fenster und Türen benötigt werden, dann sind wir über diesen Beträgen. Die Unternehmen vor Ort haben größtes Interesse, den Zuschlag zu erhalten, und sie bemühen sich darum. Sie sind dabei auch erfolgreich. Wir wollen die Zusammenarbeit der Gemeinden mit den örtlichen Unternehmen nicht unnötig erschweren. Wir erachten die derzeitige Gesetzeslage auch unter dem Gesichtspunkt für ausreichend, dass wir maßgebliche Regelungen zur Entlohnung der Arbeitnehmer in den Tarifverträgen, im Arbeitnehmerentsendegesetz haben. Wir wollen auf diesem Wege nicht noch zusätzliche Komplikationen im Ausschreibungsverfahren schaffen.
Die SPD hat jetzt noch einen Änderungsantrag zur ihrem Gesetzentwurf nachgeschoben. Danach sollen Unternehmen dann bevorzugt behandelt werden, wenn sie Maßnahmen zur Förderung der Integration von Menschen mit Migrationhintergrund in ihrem Unternehmen durchführen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, lieber Herr Kollege Dr. Beyer -
- Ich spreche von Absatz 2, den Sie noch in das Gesamtkonzept integrieren wollen. Ich bin dankbar, wenn Sie an dieser Stelle einen Rückzieher machen. Diese Vorgabe würde jedenfalls zu Ihrem Gesamtkonzept passen, das Vergabeverfahren möglichst weit aufzublasen, um kleinen Unternehmen die Vergabe und den Wettbewerb zu erschweren.
Laut Entwurf der SPD-Fraktion sollen die Auftraggeber "Kontrollgruppen" einrichten. Wir reden von über 2.000 bayerischen Gemeinden, von denen viele nicht sonderlich groß sind, wie wir alle wissen. All denen wollen Sie, wenn die Gemeinden als Auftraggeber auftreten, solche zusätzlichen Verpflichtungen auferlegen. Wir sollten endlich das Ziel ernst nehmen - alle bekennen sich im Grundsatz dazu -, nicht noch mehr Bürokratie und Verwaltungskosten durch immer neue Vorschriften entstehen zu lassen. Vielleicht können wir uns in diesem Hause irgendwann auf das Prinzip einigen: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Wir haben schon ausreichend davon. Die Wirtschaft darf nicht auch noch auf diesem Wege über die Maßen reglementiert oder behindert werden. Das wol
len wir nicht, das können wir nicht mittragen. Im Ausschuss haben wir das bereits verdeutlicht; an dieser Stelle bestätigen wir es.
Lieber Kollege Runge, Sie haben in Bezug auf die Frage, welcher der einschlägige Tarifvertrag ist, noch einmal unter Beweis gestellt, dass Ihnen kein Verfahren zu kompliziert ist, um insoweit doch noch zu einer Regelung zu kommen. Wenn zweifelhaft ist, welcher Tarifvertrag im Zusammenhang mit der Vergabeentscheidung maßgeblich ist, soll nach Ihrem Vorschlag die Staatsregierung durch Rechtsverordnung das Verfahren festlegen, um festzustellen, welche Tarifverträge als repräsentativ anzusehen sind. Ferner kann die Rechtsverordnung "auch die Vorbereitung der Entscheidung durch einen Beirat vorsehen".
Wenn wir es wirklich kompliziert haben wollen, dann müssen wir solchen Vorschlägen folgen. Wir aber wollen es nicht kompliziert, sondern möglichst einfach strukturiert und klar. Wir wollen kein Wirtschaftsbehinderungsgesetz, wenn es nicht notwendig ist. Deswegen können wir beiden Gesetzentwürfen nicht zustimmen.
Danke schön, Kollege Muthmann. - Ich gebe bei dieser Gelegenheit bekannt, dass die SPD-Fraktion namentliche Abstimmung über ihren Gesetzentwurf beantragt hat.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zugunsten der Behandlung der Dringlichkeitsanträge mache ich es besonders kurz; wir sind in der Zeit weit fortgeschritten.
Herr Dr. Runge, die FDP hat ihre Argumente in der Ersten Lesung und in beiden Ausschusssitzungen vorgetragen. Das wurde nicht bemängelt. Heute wurden sie von den Kollegen Rotter und Kollegen Muthmann wiederholt, sodass ich mich auf das Wesentliche beschränken kann.
Um an Herrn Muthmann anzuschließen: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Das unterschreibe ich voll und ganz.
Die Position der FDP zum Thema Mindestlohn kennen Sie schon etwas länger. Wir wollen nicht in die Tarifautonomie eingreifen. Deswegen bin ich froh, dass wir in Berlin eine Lohnuntergrenze vereinbart haben, die von den Tarifpartnern vereinbart wird. Der Gesetzgeber soll keinen Mindestlohn vorschreiben.
In der gesamten Debatte habe ich ein Beispiel vermisst, das belegt, wo in Bayern in den vergangenen Jahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge tarifliche Regelungen nicht eingehalten wurden. Ich habe jedenfalls keines gehört.
Da ich nicht alle Vergabeprozesse kenne - es sind sehr viele -, kann ich es zwar nicht mit Sicherheit sagen, aber wenigstens ein oder zwei Beispiele, die zeigen, dass etwas gehörig schiefgelaufen ist, hätten die Redner von SPD und GRÜNEN vortragen können. Ich gebe Ihnen gern im Rahmen einer Zwischenbemerkung Gelegenheit dazu. Bisher kam nichts.
Welche Bürokratie in der Folge der vorgeschlagenen Regelungen aufgebaut werden könnte, hat Herr Muthmann intensiv beleuchtet. Deswegen verzichte ich darauf und verweise auf seine Ausführungen.
Bevor wir ein neues Gesetz verabschieden, frage ich mich immer, ob es umgangen bzw. unterlaufen werden kann. Wenn dem so ist, dann muss ich mir ein anderes Gesetz einfallen lassen. Ich halte jetzt keine Lehrstunde ab, was schwarze Schafe angeht, aber mir fallen durchaus Möglichkeiten ein, wie auch diese Gesetze unterlaufen werden könnten. Vor uns liegen zwar gut gemeinte Gesetzentwürfe - dass sie gut gemeint sind, attestiere ich Ihnen gern -, aber die Initiatoren haben die Wirkung nicht bedacht und deshalb leider danebengegriffen. Wir schließen uns ihnen nicht an.
Wir haben auf anderen Ebenen genügend Regelungen; sie wurden schon aufgeführt. Wenn sie angewendet werden, passiert eigentlich nichts. Das gilt speziell für die Eisenbahn, einen Bereich, in dem es nur tarifgebundene Bewerber gibt.
Ich freue mich auf die Zwischenbemerkung und belasse es an dieser Stelle bei meiner Wortmeldung. Ich freue mich auch auf die Diskussion im Rahmen der Beratung über die Dringlichkeitsanträge.