Meine sehr verehrten Damen und Herren, Greening, Fruchtfolge und die 70 % bei einer Frucht im Jahr, die gerade von der Opposition angezweifelt werden, machen deutlich, dass man nicht weiß, wovon man redet. Ich muss im Betrieb eine Fruchtfolge anbauen; eine Frucht kann 70 % haben. Es gibt eine Betriebswirtschaft, eine Arbeitswirtschaft sowie kleine, mittlere und große Betriebe. Zu den kleinen Betrieben hat die Landwirtschaftsberatung gesagt: Ihr müsst arbeitswirtschaftlich so handeln, dass ihr betriebswirtschaftlich etwas übrig habt. - Sie haben zum Beispiel zehn Hektar. Dann bauen sie heuer Weizen, nächstes Jahr Gerste und übernächstes Jahr Mais oder sonst irgendeine Frucht an. Dann ist das arbeitswirtschaftlich wunderbar zu gestalten. Man muss also mindestens den Faktor Zeit hineinbringen, ohne dass sich die Bürokratie erhöht, damit so kleine Betriebe ein Jahr dieselbe Frucht anbauen können und auf drei Jahre bezogen die Fruchtfolge wieder stimmt. Denn es bringt überhaupt nichts, noch dazu wenn die Schlaggröße schon so groß ist, wenn man drei Früchte auf dem Acker hat, sodass der Lohnunternehmer oder ich selber anfahren muss. Man muss da also aufpassen und die Kirche im Dorf lassen. Alles ist möglich - ob man nun sieben Prozent aus der Produktion nehmen muss
Ich möchte nur eines noch ansprechen. Wir haben in diesem Raum - damals war ich auch schon Mitglied des Bayerischen Landtags - über FFH-Flächen und darüber gesprochen, dass bei der bisherigen Bewirtschaftung überhaupt nichts passiert. Jetzt muss ich feststellen, dass bei Flächen, die in einem FFH-Gebiet liegen, dieses und jenes nicht geht. Deswegen müssen wir genau darauf achten, was machbar ist.
Daher ist es sinnvoll, wenn wir uns über die Fraktionsgrenzen hinweg darüber unterhalten, wie bayerische Bäuerinnen und Bauern langfristig ihre Höfe bewirtschaften können, wie sie für die Wirtschaftskraft im ländlichen Raum sorgen können und dadurch Nachhaltigkeit für Bayern produzieren.
Danke schön, Herr Kollege Kiesel. Sie waren ziemlich nah an der Redezeitbegrenzung. Als Nächste spricht Frau Kollegin Brendel-Fischer. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Kollegin, Noichl, Sie haben jetzt nicht das Wort. Die Frage erübrigt sich, die Sie gestellt haben. Frau Kollegin Brendel-Fischer, Sie haben das Wort, bitte schön.
Frau Noichl, was ich jetzt aufzeigen will, wird Sie ohnehin nicht besonders interessieren. Vielleicht sollten Sie in der Zeit im Internet recherchieren, woher die meisten Sojaimporte nach Deutschland kommen; das wäre für Sie vielleicht eine lehrreiche Aufgabe.
Bei dem Thema möchte ich gleich bleiben, weil mich das vorhin so gereizt hat, als Sie geredet haben, Frau Kollegin Noichl. Wir haben vor allem auf Initiative unseres Ausschussvorsitzenden Füracker mit einer Eiweißoffensive begonnen. Wir haben im Programm "Aufbruch Bayern" drei Millionen für eine Eiweißoffensive vorgesehen, und wir machen uns hier auf den Weg. Wenn wir aber bundesweit das ausgleichen wollten, was an Sojaimporten kommt, bräuchten wir dafür mehr als 20 % unserer deutschen Ackerflächen. Das wäre wohl kaum leistbar.
Ich möchte vor allem auf ein Thema eingehen, das mich als Oberfränkin besonders betrifft; das sind die vom Kollegen Kiesel bereits angesprochenen benachteiligten Gebiete. Es wird sehr wohl so kommen; diese Regelung wird nicht sinnstiftend sein. Aufgrund des neuen Kriterienkatalogs werden Regionen herausfal
len, die wirklich in einer schwierigen Situation sind, und es werden welche hineinkommen, die nicht unbedingt als benachteiligt anerkannt werden müssten. Deshalb wollen wir uns - insbesondere unser Minister wird das tun - dafür einsetzen - und dabei werden wir hoffentlich von allen Europaabgeordneten unterstützt, die sich hier auskennen und hierfür kompetent sind -, dass es keine Abkehr von der landwirtschaftlichen Vergleichszahl geben wird.
Ich möchte auch die Umweltleistungen herausstellen. Wir haben in Bayern nicht zuletzt durch unsere eigenen Initiativen sehr viele Umweltvorleistungen erbringen können und möchten diese auch anerkannt wissen. Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir eine hervorragende Naturkulisse mit viel Grünland, Magerwiesen usw. haben, und das müsste anerkannt werden. Für diesen bayerischen Weg müssen wir weiter kämpfen. Wir wollen Anreize statt Reglementierungen bei den Umweltleistungen.
Gerade wurden die Agrarexporte angesprochen. Liebe Frau Noichl, wir alle wollen uns bei unseren Einkäufen mit regionalen und saisonalen Produkten eindecken. Wir werden aber nicht ohne Agrarexporte auskommen. Unser Anliegen ist es doch, unsere Nachbarn, in den letzten Jahren gerade die MOEStaaten, Länder in Mittel- und Osteuropa, mit bayerischen Produkten besser auszustatten und dadurch Wertschöpfung in unserem Land zu generieren. Auch die Industrie hat das Anliegen, exportstark zu sein. So funktioniert eben ein erfolgreicher Wirtschaftskreislauf. Wir können nicht die gesamte Welt beglücken und den Welthunger von Bayern aus bekämpfen. Das wird uns nicht gelingen. Dafür sind weltweit solidarische Akte erforderlich. In den Staaten, in denen die Hungersnot besonders groß ist, herrschen oft problematische Regimes, die das Volk zum Hungern bringen; das ist nicht immer die Europäische Union.
Alle Redner haben die Bürokratie angesprochen; ich will das nicht wiederholen. Mittlerweile gibt sich wohl niemand mehr der Illusion hin, dass die Bürokratie weniger wird. Wenn schon Bürokratie notwendig ist, wenn Anträge zu stellen sind, wenn ein Formularkrieg geführt werden muss, dann muss das in nachvollziehbarer und sinnvoller Weise geschehen. Das wird hoffentlich auch durch den Einsatz aller Vernünftigen in dieser Förderperiode erreicht werden.
Ganz, ganz wichtig ist auch, dass wir nicht zu Stilllegungsmaßnahmen zurückkehren. Wir haben früher zwangsweise Flächen stillgelegt, um die Preise zu stabilisieren. Die Sieben-Prozent-Lösung ist aber nichts anderes als eine Flächenstilllegung. Sie wissen
genauso wie ich, dass in den nächsten Jahren Konkurrenzsituationen entstehen werden, nicht zuletzt aufgrund eines verstärkten Engagements der Landwirtschaft im Energiepflanzenbau und in der Erzeugung von Biomasse. Deswegen wäre es Unsinn par excellence, wenn wir uns auf einen solchen Kuhhandel einlassen würden.
Sie haben den Hunger in der Welt angesprochen. Eine Verknappung der Anbaufläche würde die Situation der Weltbevölkerung auch problematischer machen. Es gibt mehr und mehr Klimaturbulenzen, die in manchen Regionen für Ernteausfälle sorgen.
Ich möchte noch etwas ansprechen, das heute gar nicht thematisiert wurde. Wir sollten uns in Bayern vor Augen führen, dass wir es mit einer der am besten ausgebildeten Bauerngenerationen zu tun haben. Die jungen Bäuerinnen und Bauern von heute sind besser ausgebildet als ihre Väter und Großväter. Sie denken unternehmerisch und wollen eigenverantwortlich handeln. Sie wollen nicht, dass irgendwelche Fonds eingerichtet werden und dass bei Einkommensrückgängen die Mittel der Fonds, die sie selbst befüllen müssten, für alle solidarisch ausgegeben werden. Von daher werden wir mithilfe unseres Ministers und unserer Europaabgeordneten dafür sorgen müssen -
- Wir setzen da auch auf Ihre engagierte Beteiligung, lieber Leopold Herz. Es gibt doch einige, die sich in manchen Punkten mit uns solidarisieren.
Ich wünsche mir, dass wir nicht nur heute bei dieser Debatte alle so tun, als würden wir stark für die Landwirtschaft kämpfen, sondern dass wir das bei Themen, welche die Landwirtschaft tangieren, auch wirklich tun. Ich möchte nur an die FFH-Richtlinie, das Wassergesetz und an das Erbrecht erinnern.
Danke schön, Frau Kollegin. Als nächster Redner hat nun Herr Staatsminister Helmut Brunner das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich mich für Ihr großes Interesse für dieses Thema und für die leidenschaftlichen Beiträge ganz herzlich bedanken. Ich darf auch
daran erinnern, dass die Landwirtschaftspolitik mit Sicherheit keine Politik für eine bestimmte Klientel ist, sondern dass sie in der Tat Gesellschaftspolitik ist. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass die gemeinsame europäische Agrarpolitik erheblich zum Frieden in Europa beigetragen hat. Es gibt keinen anderen Politikbereich, der in dem Maße vergemeinschaftet ist wie die gemeinsame Agrarpolitik. Deswegen sollten wir uns auch einmal dankbar zeigen für die Beiträge, die unsere Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten für die gesamte Gesellschaft geleistet hat.
Sie hat nicht nur in hohem Umfang die Bedürfnisse der Allgemeinheit befriedigt, indem sie hochwertigste Nahrungsmittel in ausreichendem Umfang, hoher Qualität und großer Vielfalt zur Verfügung gestellt hat, sondern sie hat auch immer öffentliche Güter quasi zum Nulltarif für die gesamte Gesellschaft bereitgestellt.
Ich sehe drei künftige Schwerpunkte, gewissermaßen drei Säulen, unserer Agrarpolitik: Wir müssen erstens auch in der Zukunft in der Lage sein, Nahrungsmittel in ausreichendem Umfang und in bester Qualität zur Verfügung zu stellen, und zweitens, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, indem wir Flächen, die nicht zur Nahrungsmittelproduktion benötigt werden, für die Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen und regenerativen Energien zur Verfügung stellen. Die dritte Säule ist die Biodiversität; wir müssen sie noch stärker im Blickfeld haben. Ich bin überzeugt, dass das keine Zielkonflikte sind, sondern dass das zu vereinbaren ist. Unsere Landwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten bewiesen, dass sie sehr flexibel auf neue Herausforderungen reagiert.
Ich habe aus den Wortbeiträgen herausgehört, dass es keine Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Gesamtetats gibt und man sehr wohl zur Kenntnis nimmt, dass es uns gelungen ist, die einheitliche Flächenprämie zu verändern. Sie wäre nicht gerecht und nicht angebracht, da die Produktionskosten noch zu verschieden sind. Ich habe auch herausgehört, dass das gesamte Hohe Haus zu der Zwei-Säulen-Struktur steht. Wir brauchen eine leistungsstarke erste Säule, aber auch eine zweite Säule, um die Herausforderung des gesamten ländlichen Raums noch mehr zu berücksichtigen.
Ich darf daran erinnern, Frau Noichl, dass die Eiweißstrategie, die wir in Bayern gestartet haben, eine Antwort ist, um unabhängiger von Eiweißimporten zu
Wir sind da auf dem richtigen Weg. Ich will, dass sich die bayerischen Bauern in Zukunft unabhängiger von Importen selbst mit Eiweißstoffen versorgen können. Noch importieren wir 800.000 Tonnen Sojaextraktionsschrot.
Herr Dr. Herz, Sie haben vollkommen recht: Eine Schwachstelle der Vorschläge, die von EU-Kommissar Ciolos gekommen sind, sind die zunehmenden bürokratischen Auflagen. Damit bleibt er ganz eindeutig hinter seinen eigenen Erwartungen zurück. Er hat angekündigt, für die Förderperiode von 2014 bis 2020 mit Vereinfachungen aufzuwarten, entsprechende Dokumentationspflichten auf ein Minimum zurückzuschrauben und die notwendigen Kontrollen von 5 % auf 2 % zurückzudrehen. Das ist bisher in den 600 Seiten, die uns vorliegen, noch nicht zum Ausdruck gekommen. Wie Sie wissen, habe ich selbst die Initiative ergriffen. In einem Symposium habe ich Ciolos 44 praktische Vorschläge überreicht, wie wir künftig mit weniger Bürokratie zurechtkommen können.
Herr Sprinkart, Sie sprachen die Exportsubventionen an. Ich gebe Ihnen durchaus recht. Fakt ist aber, dass wir in den vergangenen Jahren ohnehin immer weniger Geld für Exporterstattungen bereitgestellt haben. Vorgesehen ist, dass sie ab 2014 auf Null zurückgeführt werden. Wir werden in Zukunft aber ein sogenanntes Sicherheitsnetz brauchen, weil es Marktverwerfungen geben kann, weil die Volatilität der Märkte die Landwirtschaft urplötzlich vor Probleme stellt, denen sie nicht gewachsen ist. Wir brauchen Interventionsmöglichkeiten und Stellschrauben, damit wir den Markt einigermaßen im Gleichgewicht halten können, um großen Preisverfall zu verhindern.
Vieles ist in der Tat noch unklar. Wir können im Detail noch nicht sagen, wie die einzelnen Begriffe, die in den Vorschlägen genannt sind, in den jeweiligen Ländern und Sprachen fachlich umgesetzt werden. Deshalb haben wir noch viel zu diskutieren.
Das Thema "Normarbeitskräfte" habe ich aufgegriffen, weil ich der Meinung bin, dass es ein überlegenswerter Ansatz wäre, um künftig die Transferleistungen gerechter zu verteilen. Wer mehr Arbeit leistet oder kleinere Einheiten hat, hat einen höheren Aufwand. Viehlose Betriebe mit entsprechenden Hektar-Zahlen haben verständlicherweise geringere Stückkosten. Deswegen gilt es aus meiner Sicht, diesen Ansatz weiter zu verfolgen.
Nun ein paar konkrete Hinweise, wo ich mir eine Korrektur der bisher vorliegenden Vorschläge vorstellen kann.
Warum wollen wir beim Thema "Greening" überhaupt nicht honorieren, wenn ein Betrieb schon einen überwiegenden Grünlandanteil hat? - Ich denke, das wäre im Interesse der bayerischen Mischbetriebe. Können wir nicht sagen, bis fünf Hektar Ackerland sind ohnehin kleinere Strukturen gegeben? - Auch diese Betriebe könnten wir von zusätzlichen Greening-Auflagen freistellen. Ökobetriebe sollen, wie dies Ciolos vorhat, aus nachvollziehbaren Gründen grundsätzlich von den Greening-Auflagen ausgenommen werden. Der Anteil der ökologischen Schwerpunktflächen von derzeit 7 % muss erheblich abgesenkt werden, damit sie realisierbar sind. Aus meiner Sicht ist es nicht zeitgerecht und nicht zielführend, mutwillig Flächen aus der Bewirtschaftung zu nehmen.
- Frau Kollegin Noichl, in Bayern und gerade im Gäuboden gibt es Regionen, wo keinerlei Hecken und Raine in der Natur vorzufinden sind. Dies hieße in der Tat, bestes Ackerland aus der Produktion zu nehmen.