Vor allem muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn Sie 10 Minuten Redezeit verlangen, sollte darin etwas Format enthalten sein. Das hat heute völlig gefehlt.
Die Argumente, die Sie hier gerade gebracht haben, sind nicht neu. Ich frage Sie: Woher nehmen Sie eigentlich die Weisheit, zu sagen, mit 16 sei es möglich, zu wählen, mit 14 Jahren oder mit 12 Jahren wäre es ebenso möglich?
Ich freue mich darüber, dass Sie die Junge Union genannt haben. Sie müssen wissen, dass es bei uns eine Freiwilligkeit gibt, in die Junge Union einzutreten, und zwar ab 16 Jahren. Dann kann man dort auch durchaus politisch mitentscheiden.
Das Hauptargument haben Sie allerdings nicht entkräftet: Wenn Ihre Ideen umgesetzt würden, dann hätte das zur Folge, dass in Zukunft ein 16-Jähriger zwar darüber entscheiden kann, ob seine Gemeinde dieses oder jenes Rechtsgeschäft abzuschließen hat. Aber für sich selbst darf er noch keine Verträge abschließen. Sie sollten sich überlegen, wie gut Ihre Argumente insoweit waren.
Wenn Ihr Argument eine Verbesserung der Wahlbeteiligung zur Folge hätte, wenn Sie sich erhoffen, dass dann 3 % mehr ihre Stimme abgeben, dann muss ich Ihnen entgegenhalten, dass die Gesamtsituation, dass die demokratische Situation in unserem Land wirklich zu schade dafür ist, darüber zu diskutieren.
(Dr. Linus Förster (SPD): Sie sprechen von neuen Argumenten, aber das ist doch auch nur die alte ausgeleierte Geschichte!)
Es stimmt auch nicht, selbst wenn Ihre Fraktion das mehrfach erklärt hat, dass die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei den Wahlen in Bremen und Berlin zu einer Verbesserung der Wahlbeteiligung geführt hätte. Nein, die jungen Leute unter 18 Jahren sind mit 46 % beziehungsweise in Berlin sogar unter 20 % zur Wahl gegangen. Das zeigt doch, dass Ihre Argumente fehlgehen.
Frau Kollegin Tausendfreund hat im Übrigen im Ausschuss ein sehr gutes Argument gebracht. Sie hat gesagt, man müsse dann auch die Bildung, die schulische Ausbildung in Sachen Politik verändern. Das finde ich richtig. Wir tun das, sollen es die anderen eben auch tun.
Das machen wir aber nicht an den Schulen, sondern in unseren politischen Gremien, und dort ist auch der richtige Ansatz dafür.
Sind Sie der Meinung, dass man als Wahlberechtigter wählen gehen muss, oder sehen Sie in einem Wahrecht die Möglichkeit derer, die daran interessiert sind, ihre politische Meinung per Wahl kundzutun?
(Dr. Linus Förster (SPD): Dann müssen Sie das zugestehen, dann ist die Wahlbeteiligung nicht ausschlaggebend!)
Sie sollten aber auch wissen, dass das nicht nur ein Problem bei den 16-Jährigen, sondern bei allen Wählern ist. Da geht auch nicht jeder zur Wahl. Sie sollten sich einmal fragen, warum so viele nicht zur Wahl gehen. Wir machen das auch.
Zurück zur schulischen Ausbildung. Das Üben der demokratischen Situation in den Jugendorganisationen ist möglich. Wenn das bei Ihnen in der Partei niemand mehr macht, dann ist das nicht unser Problem. Wir haben sehr gute junge Leute, und wenn ich mir anschaue, wer heute im Kabinett sitzt, dann stelle ich fest: Da kommen viele aus der Jungen Union. Das zeigt, dass dort durchaus geübt und gelernt werden kann.
- Herr Güller, Sie waren Gott sei Dank nicht dabei, sonst hätten wir jetzt wahrscheinlich Schwierigkeiten.
Zusammenfassend möchte ich feststellen: Verfassungsänderungen erachten wir als nicht notwendig, weil wir keine Verbesserung sehen. Es ist auch keine
Verbesserung, wenn man zwei oder drei Prozent mehr Wahlbeteiligung bekommt, was ich im Übrigen auch bezweifle. Ich sage Ihnen noch eines: Der Kollege aus Ihrer Fraktion, den ich meine, ist im Moment nicht da, deshalb benenne ich ihn nicht. Er hat im Ausschuss erklärt, man müsse davon ausgehen, dass Abiturienten schon mit 17 Jahren ein hervorragendes Abitur machen könnten, und gefragt, warum diese jungen Leute dann nicht wählen sollten. - Dann kommen wir zu einem Mehrklassenwahlrecht, meine Damen und Herren, und das wollen Sie hoffentlich nicht. Wir jedenfalls wollen das nicht. Wir würden das ablehnen. Dies ist ein untauglicher Versuch gewesen, uns in eine Linie zu bringen, die letzten Endes niemandem hilft. Das wird von Ihnen alle Jahre wiederholt. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab.
Bevor ich Herrn Hanisch an das Mikrofon bitte, gebe ich bekannt, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat. Bitte, Herr Hanisch.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben innerhalb Deutschlands und auch innerhalb Bayerns mit einer Wahlverdrossenheit sondergleichen zu kämpfen. Wir werden dem Problem nur begegnen können, wenn wir bei unserer Jugend anfangen, wenn wir in den Schulen anfangen, wenn wir die Kinder rechtzeitig dazu erziehen, sich mit Politik, mit unserer Demokratie auseinanderzusetzen und sich mit ihr zu beschäftigen. In unseren Augen gehört dazu auch, dass man die Jugendlichen rechtzeitig an die Wahlen heranführt. Die kommunale Ebene soll keine Spielwiese sein, doch sie soll eine Möglichkeit bieten. Die kommunale Ebene ist hervorragend dazu geeignet, die jungen Leute schon mit 16 Jahren an die Wahlurnen gehen zu lassen, weil die jungen Menschen die Leute vor Ort besser kennen. Sie kennen den Bürgermeister und die Kandidaten, die sich zur Wahl stellen. Sie kennen viele der Gemeinderäte und sind deshalb eher bereit, zur Wahl zu gehen.
Meine Damen und Herren, wir FREIEN WÄHLER sprechen uns klar für das aktive Wahlalter ab 16 Jahren auf der kommunalen Ebene aus. Beim passiven Wahlalter wollen wir nichts ändern. Es wurden einige Bundesländer genannt, in denen das 16. Lebensjahr bereits ausreicht, um wählen zu können. Das geht fast in der Hälfte unserer Bundesländer. Die Palette der Länder könnte man beliebig erweitern: Gehen Sie nach Österreich, nach Brasilien, nach Indonesien oder in die Schweizer Kantone. Dort können 16-Jährige wählen. Meine Damen und Herren, dort gibt es keine negativen Erfahrungen. Es ist also die Frage,
was ich für praktikabel halte. Die Erfahrungen, die gewonnen wurden, sprechen eindeutig dafür, dass junge Leute mit 16 Jahren durchaus zur Wahl gehen. Je jünger wir die Bürgerinnen und Bürger an die Wahl heranführen, umso besser ist es.
Meine Damen und Herren, ich glaube, die jungen Leute legen eine größere Identifikation mit der Politik an den Tag, wenn sie bereits mit 16 zur Wahl gehen können. Vielleicht zwingt ein Wahlalter von 16 auch die Politik dazu, sich rechtzeitig und stärker mit den Problemen der jungen Leute auseinanderzusetzen, früher als das derzeit und bei der jetzigen Situation gemacht wird.
Meine Damen und Herren, wir meinen, die jungen Leute sind reif und selbstständig genug. Wir plädieren für das Wahlalter von 16 Jahren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich den Ausführungen der SPD im Großen und Ganzen anschließen. Ich möchte mit einem Thema anfangen, das Herr Kollege Heike von der CSU in die Debatte geworfen hat. Auch Sie, Herr Heike, haben nicht wirklich neue Argumente gebracht. Sie haben den Aspekt, dass ein Jugendlicher mit 16 Jahren wählen darf, aber noch keine rechtskräftigen Verträge unterschreiben darf, wieder ganz an den Anfang gestellt. Es liegt aber in der Natur der Sache von Zivil- und Strafrecht, dass wir die Altersgrenze in diesem Bereich geschaffen haben, um die jungen Menschen vor etwas zu schützen. Wenn sie einen Vertrag abschließen, ohne dass ihnen die Konsequenzen bewusst sind, dann will man sie davor schützen. Auch im Strafrecht will man sie schützen. Niemand kann mir aber erzählen, dass wir junge Menschen davor schützen müssen, sich an der Demokratie zu beteiligen und ein aktives Wahlrecht auf kommunaler Ebene auszuüben.
Das ist doch ein gewaltiger Unterschied, der nicht mit dem Gedanken der Altersgrenze im Zivil- oder Strafrecht vergleichbar ist. Das ist definitiv nicht vergleichbar.
Moment nicht im Hause ist, der Konflikt zwischen der Volljährigkeit und dem Wahlrecht immer wieder betont. Dazu muss man deutlich sagen: Von 1970 bis 1975 hatten wir genau diesen Fall in Deutschland: Volljährigkeit und Wahlrecht waren getrennt. Das ist im Moment auch in Österreich der Fall. Das Wahlalter liegt dort bei 16, die Volljährigkeit bei 18 Jahren. Seit 1996 besteht dieser Umstand auch in Niedersachsen bei der Kommunalwahl: Während die Volljährigkeit bei 18 Jahren liegt, wurde das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt. In Niedersachsen wurden damit bereits vier Kommunalwahlen durchgeführt, schlechte Erfahrungen gab es dabei nicht. Der bayerische Innenminister hat mehrfach kritisiert, dass die Jugendlichen nicht reif genug seien, um zu wählen. Man könnte auch vereinfacht sagen, ob die Jugendlichen in der Lage sind - ich sage das jetzt in Anführungszeichen - "richtig zu wählen". Man muss sich einmal die Situation in den letzten Jahren in Bremen ansehen, seit das Wahlrecht für die Landtagswahl gesenkt worden ist. Es ist nicht nachvollziehbar und durch die Statistik auch nicht zu belegen, dass die Jugendlichen linksoder rechtsaußen wählen. Das tun sie definitiv nicht. Im Jahr 2009 gab es ein bundesweites Wahlprojekt "U 18". Dieses Projekt wurde ausgewertet mit dem Ergebnis, dass die Tierschutzpartei mehr Stimmen als die gesamten Splitterparteien am linken oder rechten Rand bekommen hat. Die Jugendlichen wählen also durchaus verantwortungsbewusst und würden mit ihrer Stimme auch hier verantwortungsbewusst umgehen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Unionspolitiker oder der Innenminister auf einem Parteitag der Jungen Union auftreten und den Jugendlichen die Wahlfähigkeit absprechen würde, oder sagen wir lieber, bei der Schülerunion. Denn bei der Jungen Union haben die meisten ein Alter so wie ich, also über 30 Jahre. Würde sich also jemand bei der Schülerunion hinstellen und den jungen Menschen, die sich engagieren, die sich politisch einbringen möchten, sagen: "Sie sind noch nicht fähig, zu wählen."? Ich würde gerne mal sehen, wie man damit umgeht.
Zum Schluss möchte ich noch einen weiteren Bereich ansprechen, ohne dass ich alle Argumente wiederholen will. Es ist an der Zeit, um endlich der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken und ein Zeichen zu setzen. Die Kommunalwahl, bei der sich junge Menschen gut informieren können, wo die Entscheidungen, welche die Kommune betreffen, meistens in ihrem sozialen Umfeld, sozusagen vor der Haustür geschehen, wo man sich schnell einarbeiten kann, wäre die erste Stelle, um das Wahlalter zu senken. Ein Jahr geht zu Ende, in dem die Regierungsparteien deutlich bewiesen haben, dass sie sich von alten Denkmustern durchaus trennen und eine Kehrtwende
vollziehen können. Es ist höchste Zeit, den jungen Menschen mehr politische Teilhabe zu ermöglichen und auch hier endlich eine Kehrtwende zu vollziehen, um damit dem Desinteresse junger Menschen an der Politik etwas entgegenzuwirken.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei meinen Vorrednern, die deutlich unter den zehn Minuten Redezeit geblieben sind. Herr Kollege Förster, ihre zehn Minuten haben mich auch nicht überzeugt. Da waren einige Argumente dabei, die ich für haarsträubend halte. So haben Sie noch einmal das Auseinanderlaufen von Wahlalter und Volljährigkeit vor 40 Jahren ins Feld geführt. Das ist doch überhaupt nicht der Punkt. Das ist lange her. Heute sind Volljährigkeit und Wahlalter zusammen. Das kann man nun bewerten, wie man will, aber das ist überhaupt nicht Gegenstand meiner Argumentation.
Ich würde mich auch nicht der Argumentation anschließen, dass es einen Zusammenhang zwischen Vertragsabschlüssen und Wahlalter geben muss. Die entscheidende Frage ist: Sollen das aktive und das passive Wahlrecht auseinanderlaufen? Dazu sage ich Nein. Im Gegenteil, wir führen es zusammen. Denken Sie an die Diskussion, die wir an anderer Stelle führen, nämlich darüber, bei der passiven Wählbarkeit von 21 Jahren auf 18 Jahre zu gehen. Wir führen die passive und aktive Wählbarkeit auf dieses Alter zusammen.
Wenn wir Ihrem Vorschlag folgen würden, gäbe es unterschiedliche Wahlalter auf den verschiedenen politischen Ebenen. Das finde ich auch nicht so gut.
Wir alle haben politische Jugendorganisationen, in die man ab 14 Jahren eintreten kann. Dort kann man sich in die Beschlüsse der Parteien politisch einbringen, die dann umgesetzt werden. Jedenfalls ist das bei uns so. Auch im Vergleich zu meiner Zeit als Jungliberaler vor - - Das ist doch schon einige Jahre her, 15 Jahre mittlerweile, 10 Jahre.