Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Bei jedem Handlauf sagen Sie uns, Herr Minister, Berlin sei zuständig. Aber bei der zweiten Stammstrecke wollen Sie die Stadt München zu einer rechtswidrigen Mitfinanzierung zwingen. Das ist ein hochinteressanter Ansatz.

(Beifall bei der SPD)

Meine Redezeit ist zu Ende.

So ist es!

Herr Präsident, ich hoffe Sie haben Verständnis dafür, dass ich gleich noch etwas sage, bevor Herr Rotter seine Zwischenbemerkung macht. Ich möchte nämlich gern beim Thema bleiben. 25.000 Arbeitsplätze im Chemiedreieck hängen von der Strecke München - Mühldorf - Freilassing ab. Nun fließen die Milliardeninvestitionen nicht mehr dort hin, sondern in die neuen Bundesländer, weil Sie, Herr Minister Zeil, das alles gemeinsam mit Herrn Ramsauer nicht auf die Reihe bringen. Auch hier zeigt sich, dass Ihnen die Industrie in diesem Chemiedreieck zu unspektakulär ist. Das ist wieder einmal nur Werkbank und nicht Hightech. Damit versündigen Sie sich an der Zukunft der dort lebenden Menschen. Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, dass ich hier einiges richtigstellen konnte.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Jetzt hat der Kollege Rotter Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung.

Lieber Kollege Dr. Beyer, ich hatte vor, es bereits in meiner Rede zu sagen, aber ich meinte dann doch, es als Zwischenbemerkung machen zu sollen, denn es war mir klar, dass Sie auf den CSU-Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer hinweisen würden. Dieses Amt hat er seit zwei Jahren inne. Aber alles das, was nicht nur bei den Bahnhöfen, sondern generell im Schienenwegeausbau versäumt wurde und im Argen liegt, ist in elf Jahren unter SPD-Bundesverkehrsministern entstanden und nicht erst in den letzten zwei Jahren.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der CSU: Sehr richtig!)

Im Übrigen waren auch SPD-Bundesfinanzminister dafür verantwortlich, dass es nicht zu einer entsprechenden Finanzausstattung kam. Tun Sie also bitte nicht so, als ob Ramsauer in seinen beiden Jahren all diese Versäumnisse hätte aufholen können.

(Beifall bei der CSU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Rotter. Es hätte mich enttäuscht, wenn dieser Hinweis nicht gekommen wäre. Ich kann dem insofern zustimmen, als Sie die äußeren Rahmendaten im zeitlichen Ablauf zutreffend skizziert haben. Ich erinnere mich allerdings daran, dass wir beide bereits in der letzten Legislaturperiode häufiger die Klingen gekreuzt haben, weil Sie praktisch wöchentlich für die CSU einen Antrag eingebracht haben, in dem Sie den Ausbau irgendeiner bayerischen Bahnstrecke gefordert und gleichzeitig Berlin dafür verantwortlich gemacht haben.

Schön fände ich es, wenn wir uns zusammensetzten und einen gemeinsamen Antrag formulierten. Ich möchte von Ihnen ein einziges Mal hören, dass, seitdem Ramsauer Bundesverkehrsminister ist, überhaupt nichts mehr vorangeht. Das würde ich gerne einmal in aller Deutlichkeit hören.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Widerspruch von der CSU - Eberhard Rotter (CSU): Derartige Wahrnehmungsstörungen hätte ich Ihnen wahrlich nicht zugetraut!)

Lieber Eberhard Rotter, mit Verlaub! Was Ihr Bundeskollege neben dem Katastrophenthema Gigaliner und der von der FDP-Lobby gesteuerten Einführung der Fernbusse tatsächlich auf den Weg gebracht hat, ist eines: Sein Bahnhof Traunstein wird barrierefrei ausgebaut. Darüber freuen wir uns, weil wir alle Bahnhöfe barrierefrei haben wollen. Er soll dieses Zuckerl haben, aber dann soll er auch gefälligst dafür sorgen, dass das Maßstab für alle Nutzer der Bahn wird, nicht nur in seinem Heimatort. Ansonsten gibt es dazu nichts mehr zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Dr. Beyer. Jetzt habe ich noch die Wortmeldung des Kollegen Blume. Bitte sehr, Herr Kollege Blume.

Herr Präsident, Herr Minister, meine Damen und Herren! Herr Beyer, Sie gelten in Ihrer Fraktion als Wirtschaftsexperte. Davon hat man in Ihren Ausführungen nur in der ersten Minute etwas

gemerkt, als Sie richtigerweise festgestellt haben, dass die Lage in Bayern außerordentlich gut ist.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Wie können Sie das beurteilen, Herr Blume?)

- Das können wir alle miteinander beurteilen. Man muss sich nur einmal die Fundamentaldaten ansehen, die Minister Zeil heute dankenswerterweise vorgelegt hat. Sie geben einen nachweisbaren Beleg dafür ab, dass Bayern tatsächlich außerordentlich positioniert und besser als alle anderen Länder aus der Krise hervorgegangen ist.

Wir haben viele Arbeitsmarktdaten vernommen. Und was mir besonders wichtig ist: Bei den Personen unter 20 Jahren verzeichnen wir eine Arbeitslosigkeit von lediglich 1,4 %. Das ist fast nichts. Da kann man immer noch etwas wegarbeiten, aber im Vergleich zu anderen Ländern ist dies außerordentlich gut.

Wir haben ein Wirtschaftswachstum, das sich sehen lassen kann. Wir haben all das in einem Haushaltsrahmen geschafft, der in Europa ebenfalls einmalig ist. Das ist das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen in der Koalition. Ich würde Sie schon bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich dies auch im Nachtragshaushalt abbildet, dass wir auf Probleme, die immer existieren, reagiert haben, dass wir uns auf künftige Herausforderungen eingestellt haben, und zwar früher als alle anderen - ich nenne nur das Beispiel Demografie -, und dass wir auch beträchtliche Mittel für Zukunftsinvestitionen mobilisiert haben. Was wollen Sie noch, Herr Dr. Beyer, muss ich Sie fragen. Was wollen Sie noch von einer Regierung erwarten, die eine solche Bilanz abgibt?

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Sie haben doch den Minister gerügt, nicht ich!)

Völlig zu Recht ist heute gesagt worden, dass Bayern ein hohes Niveau hat. Das Niveau ist das eine; das andere, in die Zukunft gerichtet, ist die Dynamik. Bei diesem Thema arbeiten wir gemeinsam, ziehen an einem Strang.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Klein hat heute dargelegt, dass die aktive Wirtschaftspolitik breiten Raum einnimmt. Deswegen ist dazu das meiste gesagt.

Wir müssen uns gemeinsam daran machen, Bayerns Stärken auszubauen. Da ist, liebe Kollegen von der Opposition, mit dem Aufbruch Bayern einiges geschehen.

Ich komme zum Stichwort Innovation. Wir haben investiert oder wir investieren in Umwelttechnologien, in Energietechnologien, in all das, wo wir künftiges Wachstum vermuten. Bei "Bayern stärken" müssen wir - auch das ist einmal angesprochen worden - übrigens auch die Cluster-Strategie weiterentwickeln. Das tun wir aktuell gemeinsam. Wir müssen auf die künftigen Wachstumsfelder setzen. Dazu habe ich heute von der Opposition relativ wenig gehört. Man kann sich hierzu schon einen Hinweis erwarten. Energie und Umweltmobilität sind genannt worden, auch vom Minister.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Medizin und Gesundheit, aber auch die IT-Wirtschaft werden in der Zukunft für die wirtschaftliche Weiterentwicklung Bayerns von herausragender Bedeutung sein.

Drittens werden wir uns daran machen müssen, die Kompetenzen in Bayern noch besser zu vernetzen. Die erste Evolutionsstufe in Bayern war in der Vergangenheit die flächendeckende Ansiedelung wissenschaftlicher Einrichtungen, zum Beispiel der Fachhochschulen, im ganzen Land. Die nächste Stufe bedeutet: Nun müssen wir diese Kompetenzzentren miteinander vernetzen. Minister Zeil hat mit seiner Glasfaser-Strategie den Weg gewiesen, wohin die Reise bei der digitalen Vernetzung geht. Selbstverständlich dürfen wir und werden wir auch nicht bei der Vernetzung mit Straße und Schiene nachlassen.

In einer solchen Debatte, wie wir sie heute erlebt haben, möchte man auch einmal etwas darüber hören, welche großen wirtschaftspolitischen Vorschläge die Opposition hat.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie müssen zuhören!)

- Ich habe sehr gut zugehört. Ich habe aber festgestellt, dass Sie, Herr Dr. Beyer, als selbsternannter Wirtschaftsexperte keine Ideen beigesteuert haben. Ich bin dem Minister auch sehr dankbar dafür, dass er das Zitat herausgearbeitet hat, und dass Sie darauf eingestiegen sind, dass wir in Bayern Werkbank statt Hochglanz oder Hightech brauchten. Herr Dr. Beyer, ich glaube, da besteht ein Missverständnis; denn der innovative Mittelstand in Bayern, die Werkbank, die Sie sich vorstellen, ist heute Hightech. Die kleinste Schraube, das kleinste Getriebe, das sich im Windrad dreht, ist bayerische Hightech.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie hätten wirklich zuhören sollen, Herr Kollege Blume! Einmal zuhören, dann hätten Sie sich viel von Ihrem Redebeitrag sparen können. )

Deswegen würde ich Sie dringend bitten, nicht einen Gegensatz zwischen Hightech auf der einen Seite und dem guten bayerischen Mittelstand, der Industrie auf der anderen Seite aufzumachen. Das wird nicht funktionieren.

(Beifall bei der CSU - Volkmar Halbleib (SPD): Wir wollen beides!)

Als Ihr Fraktionsvorsitzender Rinderspacher zehn Punkte angekündigt hatte, habe ich mir tatsächlich einen großen Aufschlag erwartet. Diese zehn Punkte haben sich am Ende der Debatte aber als zehn Pünktchen herausgestellt.

(Beifall bei der CSU - Erwin Huber (CSU): Sehr gut! - Volkmar Halbleib (SPD): Ist das jetzt rhetorische Pflichtübung?)

Man stellt fest, dass Sie offensichtlich immer noch Suchende sind.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

- Dazwischenrufen hilft auch nichts. Man sieht das auch bei Ihrem Spitzenkandidaten, der auf die Frage, wie er sich denn vorstellt, wie sich die Wirtschaft im ländlichen Raum entwickelt, von einer intellektuellen Herausforderung gesprochen hat. Man kann es auch anders sagen: Er weiß nichts, Herr Kollege. Er weiß nichts.

(Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, von der SPD, Sie haben die rot-grüne Wirtschaftspolitik in München gelobt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das Desaster, das Sie angerichtet haben, nehmen wir zur Kenntnis! Schauen Sie nur einmal nach Oberfranken!)

Ich kann Ihnen eines sagen: Ich kenne einen Mittelständler im Münchner Osten, der sich aus verschiedenen Gründen mit Absiedelungsgedanken aus München trägt. Er hat dies der Stadt signalisiert. Glauben Sie, einer hätte einmal das Telefon abgenommen und gefragt: Willst du nicht in München bleiben? - Nein, den lässt man nach Kaufbeuren ziehen. Das ist gut; das freut die dortige Wirtschaft. Das kann aber doch nicht moderne Wirtschaftspolitik sein.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, Sie haben die Milliardenbeträge angeführt, die von den Stadtwerken München investiert wurden. Ich habe schon gestern in der De

batte gesagt: Die Stadtwerke investieren nicht in Bayern; sie investieren in der ganzen Welt, aber nicht in Bayern. Wo ist da die lokale Wertschöpfung?

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie machen es sich zu einfach. Sie haben kein Konzept. Auch das ist heute deutlich geworden. Herr Rinderspacher hat von einer komplexen Welt gesprochen. Ich möchte Ihnen eine kurze Kostprobe davon geben, wie Sie sich diese komplexe Welt sehr einfach gestalten. Sie sagen bei jeder Gelegenheit, dass wir die großen Energieversorger zerschlagen müssen. Eine Woche später gehen Sie aber zu Eon, weinen dort Krokodilstränen und sagen, wie schlimm das alles ist. Dann gehen Sie zur Großindustrie und sagen: Wir müssen aufpassen, dass Deutschland nicht deindustrialisiert wird. Eine Woche später gehen Sie zum Mittelstand oder bringen hier im Bayerischen Landtag Anträge ein und sagen: Wir müssen darauf achten, dass keine Schieflage wegen der Bevorzugung der Industrie entsteht.