Jetzt noch zum Thema von Frau Stamm junior. Wissen Sie, es ist sehr faszinierend. Ich glaube, wenn wir eine Umfrage in der Bevölkerung machen würden, wen die bayerischen Bürgerinnen und Bürger als wirkliche Dagegen-Partei ansehen, dann würde die CSU in dieser Umfrage das schlechteste Ergebnis generell bekommen. Sie sind doch die Einzigen, die hier im Parlament und bei jeder Infrastrukturmaßnahme, die es national gibt, dagegen sind. In Berlin haben Sie deswegen keine Regierung bilden können. In Stuttgart gibt es deswegen Probleme mit dem Koalitionspartner. Und hier in München gibt eine rot-grüne Stadtregierung vor, sie wäre die beste Regierung nach 2013 mit noch einem anderen Partner, kann sich aber bei der ganz zentralen Infrastrukturmaßnahme der nächsten Jahrzehnte nicht einigen und macht quasi wechselseitige Ratsbegehren. Da kann ich nur sagen: Wenn jemand dagegen ist, dann sind es die GRÜNEN in Bayern, meine Damen und Herren, und das sehr nachhaltig.
Nun zu der Frage, wie man Angst vor der Zukunft schürt oder abbaut. Das haben Sie, Frau Stamm, angesprochen. Das ist schon wichtig. Sie haben gesagt, es gebe in Europa verschiedene Verpflichtungen und die Menschen seien besorgt, wie es weitergeht.
Ich möchte Ihnen sagen, worüber ich mir Sorgen mache, nämlich wie es hätte weitergehen können. Wir haben in den letzten Tagen über Fiskalpakte diskutiert. Wir, die bürgerliche Regierung, hatten immer die klare Auffassung: Staatsschuldenkrise in Europa findet so statt, dass die anderen die Schulden abbauen müssen. Wir wollen nicht das Konzept, Schulden zu teilen. Aber noch am letzten Donnerstag - meine Damen und Herren, das muss in der Öffentlichkeit einmal diskutiert werden - hat der Finanzausschuss des Bundesrates auf Antrag der A-Länder, also der von Grün-Rot oder Grün mit anderen Farbkonstellationen regierte Länder, folgenden Antrag gestellt, ganz massiv zu sagen: Die Schuldenkrise in Europa sei nur damit zu lösen, dass wir Eurobonds einführen. Hier im Bayerischen Landtag ständig zu sagen, wir sollen etwas gegen die Schulden machen, aber gleichzeitig in Europa zu versprechen, die Schulden anderer zu übernehmen, ist nicht redlich. Wir lehnen ein solches Vorgehen ab.
Zum Länderfinanzausgleich: Sie haben völlig recht. Der letzte Länderfinanzausgleich wurde am Ende nach einer Klage gemeinschaftlich entschieden. Es ist tatsächlich schon ein Erfolg, weil die Schätzungen so sind, dass wir bis zu 300 oder 400 Millionen Euro weniger zahlen müssen, als wir nach dem alten zahlen müssten. Wissen Sie, worin der Hauptunterschied liegt? Die Disparität der ökonomischen Entwicklung macht die Zahlen so knallhart.
Es ist so: Der Freistaat Bayern ist aufgrund seiner starken Wirtschaftspolitik mit allen Partnern hier im Land - dazu gehört nicht nur die Staatsregierung aufgrund kluger Innovationen in Unternehmen, aufgrund der jungen Menschen, die sich selbstständig machen, und aufgrund der vielen fleißigen helfenden Hände in unserem Land wirtschaftlich so stark. Sie wollen aber wohl nicht sagen, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen und Berlin weniger fleißig wären. Die Grundveranlagung zum Fleiß und zum wirtschaftlichen Erfolg ist überall gleich. Also muss der Erfolg auch etwas mit der Politik zu tun haben. Wir werden zwar immer erfolgreicher, aber alles, was wir mit unserem Erfolg erzielen, geht von uns weg und an die, die sich gar nicht darum bemühen, aus ihrer Situation herauszukommen, so zum Beispiel das Bundesland
Berlin. Die einzige Aussage, die von dort kommt, lautet aber: Nervt uns einmal nicht, wir wollen euer Geld haben, was sonst passiert, ist uns aber wurscht. Das ist kein Weg, den man als bayerischer Minister ernsthaft vertreten kann. Es tut mir leid.
Für die Gespräche haben wir eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Wir wollen über mehr Anreize und mehr Eigenverantwortung reden. Wir wollen eine Belastungsgrenze für die Zahlerländer einführen. Wir wollen über den anteiligen Bezug der Gemeindesteuerkraft neu diskutieren. Wir werden nämlich doppelt bestraft, weil es aufgrund sogenannter Bundesergänzungszuweisungen über den Länderfinanzausgleich hinaus eine zusätzliche Finanzierung strukturschwacher Länder gibt. Wir haben eine Fülle von Vorschlägen gemacht, und über diese Vorschläge wollen wir diskutieren. Wenn diese Vorschläge nach dem Motto "Das stört uns jetzt, das nervt uns jetzt, was wollt ihr überhaupt?" abgelehnt werden, bleibt uns gar nichts anderes übrig. 2019 läuft der Vertrag aus. Dann wird neu darüber verhandelt. Es wird dann zwar einen Länderfinanzausgleich geben, aber nie wieder in dieser Höhe. Sollte die Schuldenbremse greifen - wir hoffen es zumindest -, wird sie zu veränderten Konsolidierungen und Einnahmesituationen führen, sodass wir 2020 unabhängig vom Länderfinanzausgleich deutliche Rückgänge haben werden. Wir wollen uns aber nicht damit abfinden, darauf zu warten. Deshalb liegt eine Reduzierung des Finanzausgleichs im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung Bayerns. Sie können darüber jederzeit in Bayern eine Volksabstimmung machen und fragen, was die Bürgerinnen und Bürger in Bayern wollen. Wollen sie weiter diese Form der Solidarität, oder wollen sie mehr finanzielle Gerechtigkeit? Wir setzen auf finanzielle Gerechtigkeit in Deutschland.
(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Wir haben Sie aufgefordert, etwas zu tun!)
Ich bedanke mich für viele Beiträge. Eines wollte ich aber noch sagen; denn es ist wichtig. Es ist wirklich eine grundsätzlich konzeptionelle Frage. Sie haben gesagt, wir würden zu wenig Schulden abbauen, wir würden den Schuldenabbau nicht ernst nehmen. Aus den Wortbeiträgen der Opposition habe ich nur Vorschläge gehört, wie man mehr, mehr und noch mehr ausgeben kann. Mehr Stellen da, mehr Stellen dort, höhere Förderungen hier und höhere Förderungen da. Ein oder zwei Vorschläge gab es, wo man etwas streichen könnte. Wir müssen uns in diesem Land überlegen, wohin der richtige Weg führt. Ich habe volles Verständnis dafür, dass man sagt -
(Harald Güller (SPD): Kommen Sie wieder zur Sache, Herr Minister! Mangelnder Sachverstand wird nicht durch Arroganz kompensiert!)
Eines können Sie nicht: Sie können nicht sagen, Sie wollten konsolidieren; denn mit Ihrer Form der Konsolidierung nehmen Sie nicht etwa die Ausgabenpolitik ins Visier, sondern Ihre Konsolidierungsstrategie läuft alleine auf die Einnahmenseite hinaus. Das ist für die Menschen der Unterschied in Deutschland und in Bayern. Wir nehmen die Ausgaben ins Visier. Sie beschließen auf Ihren Parteitagen ein ums andere Mal Steuererhöhungen. Darüber muss diskutiert werden. Wollen wir in Deutschland am Ende Steuererhöhungen in Höhe von 30 Milliarden haben? Wenn wir das wollen, ist die linke Seite die richtige. Wenn wir aber wollen, dass das Geld vernünftig eingesetzt wird, dann ist die rechte Seite die entscheidende. Darüber sollten wir in Deutschland abstimmen.
(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP - Harald Güller (SPD): Ihre finanzpolitische Kompetenz haben Sie bei der Landesbank hinreichend bewiesen!)
Um das Wort für eine persönliche Erklärung nach § 112 der Geschäftsordnung hat Herr Kollege Halbleib gebeten.
Herr Finanzminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt mir viel auf der Zunge, was ich nach diesem wirklich eigenartigen Abschlussbeitrag des Ministers sagen könnte. Nach der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags steht mir dies aber nicht zu. Es steht mir aber zu, mich vor dem Hohen Haus und vor der Öffentlichkeit gegen den Vorwurf des Staatsministers, ich hätte falsche Tatsachen in den Raum gestellt, zu verwahren. Dagegen verwahre ich mich in aller Deutlichkeit.
Herr Finanzminister, Sie haben die Aussage, eine Zuführung zum Versorgungsausgleich sei unterblieben, als falsch bezeichnet. Dem ist nicht so. ich kann Ihnen den aus Ihrem eigenen Hause stammenden Finanz
plan vorhalten. Ich sage anschließend auch, was für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 gilt. In Ihrem eigenen Finanzplan tragen Sie auf Seite 82 vor - Zitat: Die Zuführungen des staatlichen Anteils aus der Absenkung des Versorgungsniveaus an die Versorgungsrücklage bleiben wie 2011 und 2012 vorläufig weiterhin ausgesetzt.
Das steht schwarz auf weiß in Ihrem eigenen Finanzplan, im Bericht aus Ihrem Hause auf Seite 82. Sie sagen, ich hätte hier wissentlich oder unwissentlich eine falsche Aussage in den Raum gestellt. Sie sind es, der falsche Aussagen in den Raum stellt und sie hier im Landtag auch noch wiederholt.
(Beifall bei der SPD - Alexander König (CSU): Sie sollten einmal das Protokoll nachlesen! Lesen Sie, was im Protokoll steht!)
Die Zuführung zur Versorgungsrücklage soll um den staatlichen Anteil aus der Absenkung des Versorgungsniveaus gekürzt werden.
(Karl Freller (CSU): Das ist ein Wortbeitrag! Ernst Weidenbusch (CSU): Zur Sache bitte! - Harald Güller (SPD): Jetzt ist sogar der Kollege Weidenbusch aufgewacht!)
- Ich bin dabei, eine persönliche Erklärung abzugeben. Dass Sie das irritiert, wundert mich sehr. Das ist mein gutes Recht, und das bitte ich auch zu respektieren.
Aus dem Finanzministerium kam am 25. Januar auf eine Anfrage der Kollegen Schuster und Güll die gleiche Antwort. Ich kann Ihnen die Beträge nennen, die nicht der Versorgungsrücklage zugeführt wurden. Das Finanzministerium hat uns mitgeteilt, dass 2011 62 Millionen nicht zugeführt worden seien und 2012 77 Millionen nicht zugeführt werden. Insofern fällt das, was der Finanzminister mir gegenüber gesagt hat, in sich zusammen. Ich verwahre mich in aller Deutlichkeit dagegen.
Selbstverständlich ist es möglich, im Rahmen einer persönlichen Erklärung etwas richtig zu stellen, wenn man wegen einer aus seiner Sicht falschen Darstellung oder falschen Aussage angegriffen wurde.
(Alexander König (CSU): Die Betonung liegt auf "aus seiner Sicht"! - Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Sie wollen das nur nicht hören!)
Sie dürfen sich jederzeit - das regelt auch § 112 der Geschäftsordnung - Ihrerseits zu Wort melden. - Das ist nicht der Fall. Niemandem ist danach.
Dann darf ich feststellen, dass gemäß § 148 der Geschäftsordnung die Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen als federführendem Ausschuss überwiesen werden.
Wir unterbrechen die Sitzung für eine Pause bis 14.30 Uhr. Dann geht es mit dem Tagesordnungspunkt 3, Dringlichkeitsanträge, weiter.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Renate Dodell, Erwin Huber u. a. und Fraktion (CSU), Dr. Andreas Fischer, Dr. Otto Bertermann, Tobias Thalhammer u. a. und Fraktion (FDP) Gelder von Bund und Land für den U-BahnAusbau in München (Drs. 16/11135)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Münchner S- und U-Bahn (Drs. 16/11149)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Als Erster hat sich Herr Staatsminister Zeil zu Wort gemeldet. Bitte schön.