Protokoll der Sitzung vom 14.02.2012

Auch der heutige Ministerpräsident hat im Bundestag zugestimmt. Sein Berater sagt nach entsprechenden Zeitungsberichten, Ministerpräsident Stoiber habe die Abmachung auf dem Altar seiner Kanzlerkandidatur geopfert. Das würde heißen, dass die CSU aus parteipolitischen Motiven damals schlecht für Bayern verhandelt hat. Wenn das zuträfe, wäre es ein weiterer Grund, Sie abzuwählen. Aber egal, ob Sie schlecht oder gut verhandelt haben: Es ist Ihr ureigenster CSU-Länderfinanzausgleich, den Sie im Parlament kritisieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben heute auch Gelegenheit, an dieser Stelle zu sagen, dass die SPD-Landtagsfraktion zusammen mit anderen Oppositionsfraktionen in diesem Haus permanent gefordert hat, endlich ein Konzept für eine Reform des Länderfinanzausgleichs vorzulegen und konkret zu sagen, was Sie am Länderfinanzausgleich ändern wollen. Bisher wurde im Bayerischen Landtag, obwohl wir das seit drei Jahren fordern, keine einzige Zeile darüber vorgelegt, wie Sie sich eine Neukonstruktion des Länderfinanzausgleichs vorstellen. Auch das spricht Bände. Sie haben kein Konzept und gleichen das dadurch aus, dass Sie permanent in der Öffentlichkeit polemisieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben gesagt, dass es in diesem Länderfinanzausgleich Probleme bei der Anreizwirkung gibt, und zwar sowohl für Geber- als auch für Nehmerländer. Die SPD-Landtagsfraktion hat das bereits vor drei Jahren aufs Tapet gebracht und Sie aufgefordert, genau diese Problematik in einem Änderungskonzept aufzugreifen. Es gab ein Schweigen im Walde mit Ausnahme von öffentlichen Erklärungen in Talkshows, auf Pressekonferenzen oder bei sonstigen Gelegenheiten. Nur dort, wo das Thema hingehört, nämlich im Bayerischen Landtag, wurde es nicht diskutiert, und vor allem nicht in der gehörigen Art und Weise, nämlich indem man konkret sagt, was geändert werden soll. Also Fehlanzeige seitens der CSU.

(Beifall bei der SPD)

Man muss deutlich machen: Sie täuschen die Bevölkerung über den Charakter des Länderfinanzausgleichs, den Sie selbst verhandelt haben. Sie sollten ihn gut kennen. Es wird rein einnahmebezogen ausgeglichen. Das bedeutet, dass es völlig egal ist, ob ein Nehmerland eine hohe, eine niedrige oder gar keine Verschuldung aufweist oder ob es Rücklagen hat. Es ist auch völlig egal, welche Ausgabenstruktur ein Nehmerland hat, da das für den Länderfinanzausgleich rechnerisch keine Rolle spielt. Man kann das kritisieren, aber das ist die Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs, die Sie ausgehandelt haben. Das ist die nackte Wahrheit über den Ländefinanzausgleich und Sie wollen davon nichts mehr wissen. Das ist eine eigenartige Form, mit den Ergebnissen Ihrer Politik umzugehen.

Deshalb sind auch die Bemerkungen völlig daneben, die der absolute Finanzspezialist der CSU, Herr Dobrindt, zum Besten gibt, wonach Bayern den Haushalt von NRW bezahle. Das ist völliger Unfug und Sie wissen das, behaupten es aber trotzdem. Ich darf Sie daran erinnern, dass Nordrhein-Westfalen zum ersten Mal unter Schwarz-Gelb Mittel aus dem Länderfinanzausgleich bezogen hat, und zwar unter Ministerpräsident Rüttgers. Schwarz-Gelb hat zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen Geld aus dem Länderfinanzausgleich geholt, also nicht Rot-Grün oder die SPD. Auch das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der SPD)

Nordrhein-Westfalen erhält nur die Hälfte der Mittel, die das schwarz-gelb regierte Bundesland Niedersachsen erhält. Ich habe noch nie von Herrn Dobrindt eine Äußerung zu Niedersachsen gehört. Dieses Land erhält das Doppelte von dem, was NordrheinWestfalen erhält. Aber diese Tatsache passt nicht in Ihr politisches Konzept und deswegen lügen Sie die

Leute an und betreiben billige Demagogie. Sie müssen einmal die Dinge zur Kenntnis nehmen, wie sie beschlossen worden sind und wie sie tatsächlich ausgeführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass Nordrhein-Westfalen über elf Milliarden in den Länderfinanzausgleich einbezahlt hat, und zwar in einer Zeit, als es Bayern wirklich schlecht ging. Dies hat dazu beigetragen, dass sich Bayern entwickeln konnte. Besonders fragwürdig ist es, wenn man die Anstrengungen Berlins kritisiert, Sozialtransferkosten im höheren Lebensalter zu vermeiden, indem man insbesondere bei sozial schwachen Familien und bei Kindern mit Migrationshintergrund in Kinderbetreuung investiert, eine ökonomisch sinnvolle Maßnahme. Durch diese Ausgaben wird eine vernünftige Politik gemacht, die soziale Gerechtigkeit sicherstellt und Transferkosten vermeidet. Ihre Argumente zeigen, wes Geistes Kind Sie sind. Gerade wenn Sie so etwas kritisieren, dann zeigt das, dass Sie von sozialer Gerechtigkeit keine Ahnung haben.

(Beifall bei der SPD)

Man muss auch daran erinnern: Wir sind in Bayern am 3. Oktober 2012 Gastgeber der Feier zur Wiedervereinigung. Es ist auch notwendig aufzuzeigen, was die Zahlungen im Länderfinanzausgleich damit zu tun haben, dass in Deutschland im 21. Jahr nach der Wiedervereinigung unterschiedliche wirtschaftliche Kräfteverhältnisse zwischen Ost und West bestehen, einmal ganz abgesehen von den Problemen der Stadtstaaten. Klar ist: Wenn Sie von Grenzen der Solidarität sprechen, dann müssen Sie aufpassen, dass draußen nicht die Botschaft ankommt, die Solidarität mit den neuen Bundesländern und der inneren Einheit habe Grenzen. Darauf müssen Sie achten. Ich glaube, man sollte nicht nur am Tag der Deutschen Einheit entsprechende Reden zur inneren Einheit halten, sondern die Problematik auch bei der Debatte über den Länderfinanzausgleich im Hinterkopf behalten. Damit kein falscher Eindruck von Bayern ausgehen kann: Wir stehen zur inneren Einheit und zu ausgleichenden Mechanismen in Bezug auf die neuen Bundesländer.

(Beifall bei der SPD)

Man muss auch genau hinsehen, um zu sehen, was Sie kritisieren. Wenn man zum Beispiel annehmen würde, wie der Länderfinanzausgleich als Finanzausgleichssystem innerhalb Bayerns funktionieren würde, ist zu fragen: Welche Diskussion würde darüber angestoßen? Sie müssen aufpassen, damit nicht in eine schwierige Situation zu geraten. Der Unter

schied bei der Wirtschaftskraft, beim Bruttoinlandsprodukt - BIP - zum Bundesdurchschnitt beträgt für Berlin 90 % und für Bayern 116 %. Das ist die auseinanderklaffende Schere. Wenn Sie den Unterschied zwischen Oberfranken und dem Durchschnitt Bayerns beim BIP betrachten, dann sind Sie nicht bei 90 %, sondern bei 79 %. Sie liegen also deutlich darunter und bei Oberbayern deutlich darüber, nämlich bei 122 %. Wenn Sie sehen, dass die Schere in Bayern stärker auseinandergeht als im Bundesgebiet, wofür Sie die Verantwortung haben, dann zeigt das, wie fehlgeleitet das Handeln nach außen ist. Es zeigen also drei Finger nach Bayern zurück, weil Sie es innerhalb Bayerns auch nicht schaffen, wirtschaftliche Gleichwertigkeit zwischen den Regierungsbezirken herzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Position seitens der SPD ist klar: Jedes Ausgleichssystem - das sagen wir seit 2008, seit der wieder aufflammenden Diskussion - muss immer wieder überprüft werden. Wir haben gefordert, ein Korrekturkonzept vorzulegen. Sie haben ein solches bis heute nicht vorgelegt. Wir sind auch der Meinung, dass überprüft werden muss, ob der Anreiz für die Generierung zusätzlicher Steuereinnahmen bei Geber- und Nehmerländern nicht gesteigert werden muss. Wir haben das auch immer zum Ausdruck gebracht. Sie haben in den letzten drei Jahren ein solches Konzept verweigert. Wir können uns auch vorstellen, vor dem Jahr 2018 zu einer Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zu kommen. Wir können uns nach sorgfältiger Prüfung auch vorstellen, die Rechte des Freistaats Bayern als Ultima Ratio gerichtlich klären zu lassen. Wir sind dafür, mit den anderen Bundesländern solidarische und partnerschaftliche Verhandlungen zu führen. Wir werden eine Föderalismuskommission III brauchen. Nur eines werden wir nicht machen: Eine SPD-geführte Bayerische Staatsregierung würde den Länderfinanzausgleich nicht als Instrument der Wahlkampfführung einsetzen und so durchsichtige Wahlkampfmanöver vorbereiten. Sie würde nicht gegen das eigene Regierungshandeln einen Verbalradikalismus statt konkreter Lösungsansätze betreiben und die Verhandlungspartner nicht beschimpfen. Das werden Sie von uns nicht erleben.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden die bayerischen Interessen geradlinig vertreten, ohne jemals zu vergessen, dass der Erfolg unseres Gemeinwesens auf sozialem Ausgleich beruht, von dem auch Bayern früher stark profitiert hat. Die SPD wird, anders als die CSU, geradlinig für einen sozialen und finanziellen Ausgleich innerhalb Bayerns und innerhalb der Bundesrepublik eintreten, ohne je

mals zu vergessen, dass Solidarität und Selbsthilfe zwei Seiten ein und derselben Medaille sind und dass ein vernünftiger Ausgleich zwischen Geben und Nehmen erfolgen muss.

(Anhaltender Beifall bei der SPD - Harald Güller (SPD): Bravo!)

Vielen Dank. Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER erteile ich Herrn Kollegen Pointner das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Aktuelle Stunde zum Länderfinanzausgleich - so aktuell ist das Thema gar nicht. Wir haben es hier schon im Jahr 2010 behandelt. Damals hat es geheißen, es gebe ein Gutachten, dass das Ganze rechtswidrig ist, und es ist gesagt worden: Wir wollen so bald wie möglich den Klageweg beschreiten. Bisher ist nichts passiert. Heute steht es wieder auf der Tagesordnung; auch letzte Woche haben wir darüber diskutiert. So aktuell ist das Thema, wie gesagt, nicht, es ist bloß nichts gemacht worden. Man hat es eben zur rechten Zeit wieder einmal ausgepackt und möchte nun loslegen.

Wir brauchen gar nicht so viel darüber zu reden. Die Fakten sind klar: Bayern zahlte im Jahr 2011 mit 3,66 Milliarden Euro das meiste in diesen Finanzausgleich. Ich gebe Ihnen, Herr von Lerchenfeld, fast recht, wenn Sie sagen, dass es hirnrissig ist, so etwas zu machen. Ich muss mich nur fragen: Waren alle hirnrissig, die das damals vereinbart haben?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wie kann man denn so ein hirnrissiges System mit den anderen Ländern in den Gremien vereinbaren? Im Bundestag hat man es in zwei Gesetze gegossen, in das Maßstäbegesetz und in das Finanzausgleichsgesetz. Da müssen also alle hirnrissig gewesen sein. Die Leute, die das gemacht haben, sind bekannt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wer so etwas beschließt, den müsste man zur Rechenschaft ziehen, und auch dessen politische Nachfolger.

Vielleicht war aber damals der Hintergrund, dass Bayern nach diesem Beschluss zwar kräftig gezahlt hat, aber zwei andere Länder noch mehr gezahlt haben. Das waren Baden-Württemberg und Hessen. Das ging vielleicht nach dem Motto: Wenn die das leisten, erwischt es uns vielleicht nicht so stark, was leider für Bayern dann nicht eingetroffen ist; denn im Lauf der Jahre bis 2005 hat sich das aufgrund der guten Steu

ereinnahmen für Bayern geändert, sodass Bayern jetzt die Hälfte des Finanzausgleichs zu tragen hat.

Zu den Zahlen, die immer genannt werden, muss ich eines klarstellen: Bayern ist zwar momentan der größte Nettozahler. Keine Frage. Aber wenn man die Zeit seit 1950, seitdem es den Finanzausgleich gibt, betrachtet, hat Baden-Württemberg mit Abstand das meiste geleistet. Inflationsbereinigt berechnet waren es seit 1950 70 Milliarden Euro. Baden-Württemberg hat immer eingezahlt. Für Hessen waren es inflationsbereinigt seit 1950 fast 60 Milliarden Euro. Bayern kommt - ich muss immer dazusagen: inflationsbereinigt - auf 30 Milliarden, Nordrhein-Westfalen ebenfalls. - Das sind die Fakten, das sind die Zahlen. Aus Baden-Württemberg habe ich allerdings früher keine Forderungen auf Änderung gehört. Das sind halt Leute, die mit diesen Dingen vernünftig umgehen.

Es ist klar, dass ein Problem besteht, abgesehen davon, dass diese Vereinbarungen und gesetzlichen Regelungen für den Laien auch undurchsichtig sind. Wenn man sich einmal die Mühe macht, das auszurechnen, muss man, wenn man in das Gesetz hineinschaut, schon große mathematische Kenntnisse haben, um das überhaupt nachvollziehen zu können. Vielleicht ist es deswegen so kompliziert gemacht, damit die Leute, die es damals beschlossen haben, nichts bemerken.

Meine Damen und Herren, jetzt geht es um die Frage: Welche Lösungen gibt es? Es ist schon angesprochen worden: Klage sollte man einreichen, wenn man Chancen sieht. Offenbar will man zunächst verhandeln. Man hat die Baden-Württemberger und die Hessen vermutlich auf seiner Seite; aber was soll denn kommen? Wo sind die Lösungsansätze? Heute ist in der Zeitung das neue Modell genannt worden, nach dem man den Länderfinanzausgleich abschafft und eine Art Verteilungsstelle beim Bund einrichtet. Das soll noch geprüft werden. Wir haben dies vor einiger Zeit auch hier schon einmal behandelt. Die Idee ist damals von den GRÜNEN gekommen. Wir alle haben das abgelehnt, weil wir gesagt haben: Dann könnten wir gar nicht mehr mitreden. Und so wird es sein; denn das Geld wird nicht von irgendwo herkommen, sondern bei den Steuern, die auf die Länder verteilt werden, abgezwickt werden. Es ist logisch, dass dann der jeweilige Anteil an der Einkommensteuer und an der Umsatzsteuer geändert werden muss. Dieses Modell kann man natürlich anschauen, aber ob es damit besser wird als jetzt, ist eine andere Frage.

Das zweite Problem, das wir beim Finanzausgleich sehen, besteht darin, dass er einnahmebezogen ist, was irgendwie auch logisch ist. Es wird immer wieder gesagt, man müsse das auch ausgabenbezogen an

schauen. Davor kann ich eigentlich nur warnen. Einmal spricht Artikel 109 des Grundgesetzes dagegen, weil jedes Land für seinen Haushalt verantwortlich ist und weil dies ein Verfassungsrecht der Länder ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der Ab- geordneten Claudia Stamm (GRÜNE))

Wir würden uns damit selber einschränken, und andere würden dabei mitreden, was wir bekommen sollen. Das ist sehr problematisch. Das Zweite - das ist letztes Mal schon diskutiert worden - ist der Abbau der Einwohnerveredelung. Herr Finanzminister, ich hatte es schon einmal angesprochen. Darüber kann man reden. Berlin wird mit 135 Punkten berechnet, Hamburg und Bremen genauso. Aber im bayerischen Finanzausgleich haben wir das noch stärker. München und Nürnberg erhalten über 150 Punkte und andere Städte auch mehr. Das müsste man in Bayern angleichen. Einen Ansatz sehe ich in einer größeren Spreizung, sodass den Ländern, die über 100 Punkte liegen, mehr bleibt und dass die Länder, die etwas bekommen, nicht, wie es bisher geregelt ist, bis zu 99,5 %, sondern etwas weniger erhalten, um Anreize zu schaffen, dass diese Länder mehr sparen. Unabhängig davon haben wir ja die Schuldenbremse im Grundgesetz. Es wird also ohnehin so kommen, dass diese Länder sparen müssen.

Eine größere Spreizung ist meines Erachtens ein möglicher Ansatz, um dieses Problem anzugehen. Die Rechnung kann man leicht aufmachen. Aber ich bin im Zweifel, ob wir das vor 2019 schaffen werden. Denn die anderen müssten mitmachen. Es müssten eventuell Grundgesetzänderungen erfolgen. Dazu braucht man immer eine qualifizierte Mehrheit.

Ich gehe davon aus, dass dieses Thema heute nicht abgeschlossen werden wird und dass wir immer wieder einmal darüber diskutieren werden. Wenn die Konzepte vorliegen, müssen wir uns anschauen, ob sie auch umsetzbar sind. Dann werden wir uns wieder darüber unterhalten, damit wir dann zu einer vernünftigen Regelung kommen und nicht zu einer hirnrissigen wie damals vor zehn Jahren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der Ab- geordneten Natascha Kohnen (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Kollege Hallitzky das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einen Dank abstatten an die damaligen Gläubiger Deutschlands, übrigens unter anderem auch Griechenland, die uns alle durch ihre Bereit

schaft zur fünfzigprozentigen Entschuldung unseres Landes nach dem Zweiten Weltkrieg erst in die Lage versetzten, eine moderne und wirtschaftlich erfolgreiche Nation zu werden. Dank für Marshall statt Morgenthau, für die Solidarität, die wir nicht verdient hatten und die wir geschenkt bekommen haben. Übrigens, Herr Söder, falls es Sie interessieren sollte: Herr Morgenthau war damals US-Finanzminister.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Als Mitglied des Bayerischen Landtags will ich zweitens den starken Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg dafür danken, dass sie über vier Jahrzehnte hinweg mit ihren Einnahmen aus ihrer alten Schwerindustrie und ihrem starken Mittelstand Bayern erst die Möglichkeit gegeben haben, die damals jüngsten Industrien aufzubauen, von denen wir heute noch zehren. Ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist an der Zeit, dass sich Bayern auch einmal öffentlich dankbar zeigt für die gelebte Solidarität unserem Land gegenüber.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Solidarität ist eine der Grundfesten unserer Gesellschaft. Deshalb schreibt uns auch das Grundgesetz die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als elementare Grundlage für unser föderales System vor. Konkretisiert wird das in Artikel 107 des Grundgesetzes, demzufolge die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen ist. Mit anderen Worten: Was für Bad Berneck gilt, gilt auch für die schwächeren Bundesländer. So steht es in der Verfassung, und, Herr Söder, die gilt auch für Sie.

Und was macht die Staatsregierung? Sie schürt lieber peinliche Neiddebatten wie immer pünktlich vor Wahlen. München, übrigens seit Langem zum Nutzen von Bayerns Metropole rot-grün regiert, ist hui, und Armaber-sexy-Berlin, wo nicht die GRÜNEN, aber Ihre Schwestern und Brüder in der Regierung sind, ist pfui. So einfach ist die Welt. Vielleicht nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass Berlin als Hauptstadt Deutschlands aufgrund dieser Funktion einen strukturell höheren Finanzbedarf hat als alle anderen Bundesländer. Vielleicht nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass wir uns einmal über die Frage unterhalten sollten, ob der Bund deswegen nicht noch stärker an der Finanzierung der Hauptstadt Deutschlands beteiligt werden sollte, anstatt sich auf populistische Sprüche zu beschränken, die zur Lösung der strukturellen Finanzprobleme Berlins nichts beitragen.