Wir brauchen Ernährungs- und Verbraucherbildung in jeder Schulart. Das alte Modell, wonach die Schüler der Hauptschule kochen lernen sollen und die Schüler des Gymnasiums später eine Köchin haben werden, greift nicht mehr.
Wenn wir unsere Ernährungsbildung nicht an dem Wunsch nach mündigen Verbrauchern ausrichten, werden wir keine Konsumenten haben, die unsere guten Produkte kaufen. Wenn die Menschen lernen, nur auf den Preis zu schauen, werden wir die Feinkost, die wir in Bayern erzeugen, nicht absetzen können.
Herr Minister, Sie haben selbst gesagt, dass es bereits ein Regionalsiegel gab. Das ist schön. Sie sind mit jeder Kuh in Bayern auf Du. Sie schaffen es aber nicht, Herr Brunner, die Milch in einer Tüte so zu kennzeichnen, dass ich als Verbraucherin weiß, wo diese Milch herkommt.
Was für ein anderes Regionalsiegel wollen Sie? Welches Regionalsiegel soll noch kommen? Sorgen Sie erst einmal dafür, dass auf den Tüten steht, wo die Milch erzeugt wurde, und nicht nur, wo sie abgefüllt wurde.
Ich möchte zum Ende kommen. Natürlich hätte ich noch etwas über die Kurzumtriebsplantagen sagen können, die Ihr Haus lobpreist. In den Ämtern werden die Kurzumtriebsplantagen jedoch ignoriert, wo es nur geht. Sie kommen nicht zum Zug. Sie können die Biomasse nicht erweitern. Bayern ist das einzige Land in Deutschland, in dem eine Aufforstungsgenehmigung für Kurzumtriebsplantagen nötig ist. Eine solche Bürokratie gibt es nur bei uns. Das gibt es in keinem anderen Bundesland. Herr Minister, greifen Sie hier ein, wenn Sie es mit der Energiewende ernst meinen.
Mein Fazit zum Schluss: Akute Landwirtschaftspolitik lebt in erster Linie von einer klaren Vision. Diese Vision vermisse ich. Die Landwirtschaftspolitik lebt außerdem von der Verlässlichkeit; denn sie betrifft häufig Zeiträume, die länger als zehn Jahre andauern. Als SPD-Landtagsfraktion unterstützen wir Sie bei vielen Vorhaben. Wir unterstützen Sie, wenn es darum geht, die eigentümergeführte bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten. Wir unterstützen Sie, wenn es darum geht, den Voll- und Nebenerwerb gleichwertig zu sehen. Wir unterstützen Sie, wenn Sie in Europa für das Arbeitszeitmodell einstehen. Wir unterstützen Sie, wenn Sie sich über die praktische Umsetzung des Screenings Gedanken machen. Wir unterstützen Sie, wenn Sie die Holz- und Forstwirtschaft als wichtiges Standbein in Bayern bezeichnen. Wir unterstützen Sie auch, wenn Sie sich gegen Stilllegungen in der Forst und Holzwirtschaft wenden. Bei diesen Themen haben Sie uns an Ihrer Seite.
Wir unterstützen Sie aber nicht, wenn die Staatsforsten im Vorfeld immer wieder das Gefühl haben müssen, dass sich die Nachhaltigkeit lediglich auf den Gewinn beziehen soll. Wir treten für eine Nachhaltigkeit der Gemeinwohlfunktionen im sozialen Bereich und in der Ökologie ein.
Wir unterstützen Sie beim Bergwaldprogramm bzw. bei der Bergwaldoffensive. Wir haben dazu bereits viele Anträge in einer Zeit gestellt, in der Sie noch geschwankt haben, ob dies überhaupt fortgeführt werden kann. Wir unterstützen Sie auch, wenn Sie für eine gesunde Ernährung durch eine Ernährungsbildung und Verbraucherbildung eintreten. Herr Brunner, wir unterstützen Sie aber nicht, wenn Sie immer wieder neue Projekte starten und schöne Fotos und Faltblätter machen, wenn danach nichts kommt.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Menschen gewinnen, Chancen nutzen, bäuerlich bleiben". Das ist die Überschrift über der Agrarpolitik der Staatsregierung und über der Regierungserklärung von Herrn Minister Brunner. Herr Minister Brunner hat die Themen überzeugend dargestellt, seien sie alt oder neu. Liebe Frau Noichl, alt zu sein muss nicht schlecht sein. Altbewährtes neu zu überlegen, ist niemals verkehrt.
Herr Minister Brunner macht es mir als Ausschussvorsitzendem leicht, diese Politik der Staatsregierung zu unterstützen. Regional, ökologisch, konventionell, gentechnikfrei, Ernährung, Bildung und Eiweißstrategie: Zu allen diesen Punkten hat die Staatsregierung durchdachte Konzepte. Minister Brunner ermöglicht Entwicklungen.
Er lässt mit seiner Politik Ideen zu. Alle Wege sind in Bayern gleichberechtigt. Deshalb befindet sich die bayerische Agrarpolitik auf einem guten Weg.
Die Agrarpolitik des Freistaats Bayern ist eine moderne, ermöglichende und unterstützende Agrarpolitik. Sie ist außerdem die wichtigste Form der Gesellschaftspolitik, wie das der Minister dargestellt hat. Wir brauchen den Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen. Liebe Frau Noichl, wo die SPD regiert, ist die Agrarpolitik nur ein lästiges Anhängsel. Das wissen wir seit langer Zeit.
In Bayern spielt die SPD in der Agrarpolitik Wunschkonzert. Wo sie regiert, spielt sie dagegen das Lied vom Tod für die bäuerliche Landwirtschaft.
Ich bin ganz entspannt; denn die bayerischen Bauern wissen sehr genau, auf wen sie sich verlassen können. Die agrarpolitischen Kenntnisse des SPD-Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl - falls er einmal dort hinfindet, wo die Bauern leben - beschränken sich darauf, Schweine hochzuhalten.
Meine Damen und Herren, zur Aussage, mit Herrn Ude würde die von Ihnen angedachte Förderung der Schweineställe kommen, kann ich nur eines sagen: Auf dem Bild war zu erkennen, dass das Schweinchen Todesangst hatte.
Deshalb fühlen sich auch die bayerischen Bauern von der SPD bedroht. Ich verstehe Herrn Aiwanger nicht, wie er diese moderne Form der Tierquälerei zulassen konnte. Das muss er aber selber wissen.
In der Agrarpolitik gilt für die SPD: Kein Schwein ruft mich an. Das ist bekannt. Frau Noichl, unabhängig davon, welche Haare Sie in der Suppe finden wollen, um die bayerische Agrarpolitik madig zu machen: Das Bemühen wird bei den Bauern nicht verfangen.
Die Agrarpolitik ist heute komplexer als früher. Wir haben heute ganz andere Mechanismen. Von der Opposition oder von politischen Verbänden höre ich immer wieder, es sei ganz einfach, Agrarpolitik nach folgendem Motto zu betreiben: Wenn die Preise fallen, wird die Politik das schon richten, ihr müsst nur etwas tun. Wenn sich dieses "etwas" dann nur darauf bezieht, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt wird, sage ich: Agrarpolitik im Jahr 2012 verlangt etwas mehr Kreativität, als im Ausschuss Anträge zu stellen, die nur eine Menge Ausgaben verursachen würden, ohne dass jemand sagen kann, wer es denn zahlen soll. Die Zeit, in der das gereicht hat, ist längst vorbei, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Früher war es einmal so. Die Älteren wissen es noch, wie Minister Ertl damals in Brüssel darüber verhandelt hat, was der Weizen und was die Milch kosten. Nach durchkämpfter Nacht hat er im Fernsehen den Bauern gesagt, dass die Milch 85 Pfennige kostet. Wenn es noch so wäre, wäre es eine schöne Zeit für einen Landwirtschaftsminister; sie ist aber längst vorbei. Wir haben dann versucht, agrarpolitisch einzugreifen und die Mengen zu beschränken, weil wir Überschüsse hatten. Wir haben die Milchquotierung eingeführt. Keine Partei hat so lange wie die CSU dafür gekämpft, dass diese Mengenbeschränkungen erhalten bleiben können. Auch das ist die Wahrheit. Allerdings ist auch das heute zu meinem großen Bedauern nicht mehr Realität.
Damals wurde uns vorgeworfen, wir würden die Märkte behindern und Entwicklungen verhindern. Jahrelang haben uns europäische und deutsche Wirtschaftsliberalisten belächelt und kritisiert. Einer der größten Wirtschaftsliberalisten in der westlichen Hemisphäre, Herr Henkel, ist nun der beste Freund von Herrn Aiwanger und den FREIEN WÄHLERN. Diese Herren erzählen uns, bei den FREIEN WÄHLERN wären die Bauern gut aufgehoben.
Selbst Herr Aiwanger ist sich nicht zu schade, dort Bauernverrat zu betreiben, wo er glaubt, dass er von den Bauern nicht gehört wird. Am 1. September 2011 schreibt die "Abendzeitung", auf seinem Traktor wolle er sich nicht fotografieren lassen, bei seinen Rindviechern im Stall auch nicht. Hubert Aiwanger sagt: Ich bin nicht der Bauerndepp. Prost Mahlzeit, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lasse mich gerne auf dem Schlepper und auch mit den Tieren fotografieren. Ich bin deswegen kein Bauerndepp, sondern ich bin stolz darauf, dass ich Landwirt bin.
Weil die Mechanismen heute anders sind als früher, haben wir das Dilemma der freien Märkte. Sie alle wissen so gut wie ich, dass sich die Preise in diesen Zeiten auf und ab bewegen. Sie wissen auch, dass wir in Bayern 1,8-mal so viel Milch produzieren, wie wir verbrauchen. Wir müssen nicht etwa deswegen Produkte exportieren, weil wir wollen, dass die Welt mit unseren Produkten überschwemmt wird, die bei uns angeblich so wenig nachhaltig produziert werden. Wir müssen vielmehr deswegen den Export von Produkten ermöglichen, weil bei uns 1,8-mal so viel produziert wird, wie wir verbrauchen können. Deswegen bin ich für Vermarktungsstrategien sehr dankbar, Herr Minister; denn unsere Milch muss irgendwo auf der Welt verbraucht werden. Wer soll denn den Bauern sagen, dass sie in Zukunft deswegen nicht mehr Bauern sein dürfen, weil wir nur mehr halb so viel Milch produzieren? Das sage ich all denjenigen, die dauernd erzählen, der Export von Agrarprodukten sei per se schon etwas ganz furchtbar Schlimmes.
Dass die Allgemeinwohlleistungen seitens der Europäischen Union vergütet werden müssen, ist bei den Menschen mittlerweile angekommen. Es ist gut zu begründen, dass der Staat und die Europäische Union die Bauern unterstützen, weil wir bayerische Landwirte auf den freien Märkten in der Welt nur sehr schwer konkurrieren könnten. Um den Wert unserer Landschaft zu erhalten und eine regionale Nahrungsmittelversorgung zu gewährleisten, müssen wir die Bauern unterstützen. In der Europäischen Union lassen wir im Moment den Bauern 3,5 Cent für einen Quadratmeter zukommen. Ich finde, dass dies auch zu Recht geschieht. Wir sollten nicht immer fragen, was der Bauer die Gesellschaft kostet. Wir sollten stattdessen einmal fragen, was es kosten würde, wenn wir keine Bauern mehr hätten. Das ist nämlich die entscheidende Frage.
Deswegen brauchen wir nicht den freien Welthandel, dem vielleicht Herr Henkel nachläuft, sondern eine gerechte Entlohnung der Landwirtschaft für gesellschaftliche Leistungen. Dazu gehören die Ernährungssicherung, die Landschaftsgestaltung, der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Wertschöpfung im ländlichen Raum. Wie oft bemühen wir uns um die Ansiedlung von Betrieben im ländlichen Raum? Diejenigen Betriebe, die wir haben, nämlich die Bauernhöfe, sollten wir massiv unterstützen. Gott sei Dank macht das auch die bayerische Agrarpolitik.
Schließlich leisten wir auch einen Beitrag zur Energiewende. Dabei haben wir einen sehr guten Weg gefunden. Darauf komme ich später noch kurz zu sprechen.
Wir haben in der Agrarpolitik nicht mehr die Möglichkeit, Preise festzulegen oder Mengen zu beschränken. Wir können die Landwirtschaft aber auf anderen Wegen unterstützen. Wir können sie nicht nur monetär, sondern auch ideell unterstützen. Wir müssen der Bevölkerung sagen, dass wir in der Region Ställe brauchen, wenn wir Fleisch und andere Produkte aus der Region essen und genießen wollen. Wenn der Stall im Dorf stört, weil er Gerüche verbreitet, muss er eben raus. Dann müssen wir für die Bauern baurechtliche Möglichkeiten schaffen, damit sie dort siedeln können, wo es notwendig ist. "Regional" muss deswegen auch bedeuten, dass die Bauern beim Dorf bleiben; denn die Landwirtschaft gehört in den ländlichen Raum. Ohne die Landwirtschaft wird der ländliche Raum niemals funktionieren.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass das Geld im Rahmen der monetären Unterstützung immer noch mehr sein könnte, weiß ich auch. Brunner, Füracker, Seehofer und wie wir alle heißen, haben sehr viele Ideen, was wir noch alles tun können.
(Maria Noichl (SPD): Die Reihenfolge ist bemerkenswert! Brunner, Füracker, Seehofer! - Ministerpräsident Horst Seehofer: So sind halt unsere Abgeordneten!)
Frau Noichl, das ist genau Ihr Problem. Offensichtlich ist für Sie die bayerische Agrarpolitik lächerlich. Nur wenn Sie reden, ist es wichtig. Ich sage Ihnen, dass wir alle miteinander sehr viele Ideen dazu hätten, was wir mit noch so viel Geld agrarpolitisch tun können. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir allerdings auch die Verantwortung für das Gesamte, und deswegen muss der eine oder andere Antrag abgelehnt werden. Bei dem, was Sie für sich als große Ideengeberin der bayerischen Agrarpolitik reklamiert haben, kann ich Ihnen nur ganz dringend zur Bescheidenheit raten. Überheben Sie sich nicht, das meiste davon ist nicht wahr.