Ich meine, dass die CSU-Fraktion da durchaus weiter ist als der Ministerpräsident. Das will ich ganz offen sagen. Allein die Energiekommission – sie war nicht nur von Erfolg gekrönt – hat deutlich gezeigt, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen in der CSU-Fraktion durchaus ernste Gedanken darüber machen, wie man die Herausforderungen vor Ort dezentral und regional meistern kann. Aber das, was Ihr Ministerpräsident in den letzten Tagen abgeliefert hat – man kann auch die letzten 24 Stunden nehmen –, ist doch genau das Gegenteil von dem, was Sie die letzten zwei Jahre hier in diesem Hohen Haus vertreten haben.
Es ist völlig unstrittig, und das haben die Energiekommission und die vielen Debatten im Ausschuss immer wieder gezeigt; auch wir GRÜNE sind völlig davon überzeugt: Die Energiewende kann zum Erfolg kommen. Wir wissen aber auch: Es gibt noch viele Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Aber wenn ein Land vor solchen Herausforderungen steht, dann brauchen wir als Allererstes einen Wettkampf der Ideen, nicht einen Ministerpräsidenten, der einfach nur ideenlos die Politik dessen macht, der am lautesten schreit. Das wird so nicht funktionieren. Auf diese Weise werden Sie der Energiewende in kürzester Zeit den Garaus machen, den Stecker ziehen. So kommen Sie nicht weiter.
Immer wieder finde ich erstaunlich – ich weiß nicht, woran das liegt; vielleicht denken Sie ja noch an ein etwas älteres Bayern von vor zehn Jahren zurück und haben die Entwicklung der letzten Jahre nicht mitbekommen, weil Sie zu oft in Berlin waren –, dass wir bei den erneuerbaren Energien nicht mehr auf Platz eins sind. Bei der Stromproduktion sind wir wahrscheinlich auf Platz fünf zurückgefallen. Wir sind in Ihrer Amtszeit zurückgefallen. Sie haben immer davon gesprochen: Im Bereich der erneuerbaren Energien, im Primärenergiebereich sind wir auf Platz eins. – Nein, wir sind bereits im Jahr 2011 auf Platz fünf gewesen. Wir fallen von einer guten Ausgangslage zurück, weil die Politik der letzten Jahre die Weichen nicht richtig gestellt hat. Ihnen ist zu verdanken, dass wir zurückgefallen sind. Wir sind schon lange nicht mehr auf Platz eins.
Ein anderes Thema. Meine sehr geehrten Damen und Herren, man weiß eigentlich gar nicht mehr, wo man anfangen soll. Der ehemalige Wirtschaftsminister Erwin Huber müsste den Kopf geschüttelt haben, als der Ministerpräsident hier zum Thema Stromtrassen gesprochen hat. Er hat nämlich so getan, als ob sie nach Lust und Laune von irgendjemandem geplant und umgesetzt würden. Denken wir einmal ein bisschen zurück: Wir haben den Strommarkt im Jahr 1998 liberalisiert. Wir alle wissen, dass die Planungen für Stromtrassen nach dem Bedarf gemacht werden. Die Stromleitungen fallen nicht vom Himmel, sondern dafür gibt es einen Bedarfsplan. Darin wird genau das ermittelt, was Sie gesagt haben: Wie viele Kraftwerke sind in welcher Region verfügbar? Wie viel Strom wird in welcher Region benötigt? Welche Kraftwerke werden bald abgeschaltet, und welche kommen neu dazu? Das alles wird in Szenarienrahmen festgelegt. Daraus ergibt sich dann der Ausbaubedarf für die
Stromtrassen. Das Interessante an der ganzen Sache ist: Es mag am Stammtisch gut ankommen zu sagen: Ich habe davon gar nichts gewusst. Die sollen erst einmal antanzen und mir das erklären. Dann reden wir darüber. – Das können Sie am Stammtisch gerne machen.
Man braucht sich nur einmal bestimmte Webseiten anzuschauen, dann findet man ein Schreiben des bayerischen Wirtschaftsministeriums, damals aus dem Hause Zeil, am 17. Mai 2013 eingegangen bei der Bundesnetzagentur. Darin heißt es wörtlich: Die Bayerische Staatskanzlei hat die Bitte um Stellungnahme zum Szenariorahmen zum Netzausbau und zum Entwicklungsplan 2014 an das zuständige Ministerium weitergereicht. – Sie wurden doch angefragt. In Ihrem Haus war der Brief, war die Anfrage dazu, wie Sie sich daran beteiligen möchten. Aber Sie haben dies weitergereicht und sagen jetzt nach dem Motto: Man hat mich nicht gefragt. Man muss von vorne anfangen. – Das kann es nicht sein!
Sie haben sehr oft davon gesprochen, dass irgendetwas neu wird, dass sich irgendetwas ändert und dass man alles über den Haufen werfen muss. Ich habe mir gerade bei den anderen zwei Vorrednern Gedanken darüber gemacht, was das denn gewesen sein könnte: Die Bundeskanzlerin ist die Gleiche. Der Ministerpräsident ist leider auch der Gleiche; da hat sich auch nichts geändert. Auch im Bundesrat haben sich seit dem Sommer die Mehrheiten nicht groß verschoben. Was ist denn eigentlich anders als im Sommer 2013? Was ist die Begründung dafür, über den Bedarf für Stromtrassen noch einmal neu zu diskutieren? Was ist anders geworden?
Das Einzige, das anders sein könnte, ist, dass die Windkraft in Bayern wegen der 10-H-Regelung nicht so massiv ausgebaut wird und dass keine Speichertechnik kommt, weil man sich gegen Pumpspeicherkraftwerke wehrt; auch das kann sein. Das alles würde aber, wenn man den Atomausstieg weiter vorantreiben möchte, eher mehr und nicht weniger Trassen bedeuten.
Das Einzige, das sich in Ihrer Politik in der letzten Woche geändert hat, ist, dass der Ausbau in Bayern zurückgeht. Die Antwort darauf wird dann lauten: mehr Trassen, sicherlich nicht weniger. Da müssen wir dringend gegensteuern.
Nun zu Ihrer Forderung von gestern. Ich musste die Agenturmeldung gleich zweimal lesen. Da habe ich mich schon gefragt: Was ist jetzt eigentlich los? Ich glaube, das war an Inkompetenz nicht mehr zu überbieten. Aktuell sind wir in einem Bereich, in dem der Netzbetreiber gesetzlich verpflichtet ist, eine Trasse zu planen – also noch nicht umzusetzen. Es ist klar, dass später anhand des Bedarfs entschieden wird, was umgesetzt wird. Der Netzbetreiber macht den ersten Schritt, indem er die Bürger über mögliche Korridore für eine Trasse informiert. Aber da fordern Sie bereits ein Moratorium. Die Energiekommission – das ist gerade einmal ein halbes Jahr her – hat im Zwischenbericht – –
Ich unterstütze gerne das, was Sie ohne meine Anwesenheit völlig richtig entschieden haben. Das kommt auch vor. Das haben Sie völlig richtig gemacht. – Dabei geht es um den Netzentwicklungsplan, also um genau das, wovon der Ministerpräsident angeblich noch nie etwas gehört hat und worin er nie eingebunden war. Da schreibt die Energiekommission - sie war wahrscheinlich trotz meiner Abwesenheit bei dieser Sitzung relativ gut informiert -: "Die Energiekommission begrüßt das Verfahren auf Bundesebene als mustergültig."
Das ist völlig richtig. Dem stimme ich zu. Aber sagen Sie das einmal Ihrem Ministerpräsidenten. Da war die Energiekommission schon deutlich weiter, obwohl die Opposition nicht mehr anwesend war.
Ich bin überzeugt: Wenn ein Land es wirklich schaffen kann, in den nächsten Jahren 100 % erneuerbare Energien im Stromsektor zu haben, dann ist es Bayern. Dafür müssten aber die Weichen richtig gestellt werden. Ich weiß von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, von Energiegenossenschaften von Mittenwald bis Aschaffenburg, dass sie diese Herausforderung angehen wollen.
Wir hatten eine Hochschultour zum Thema Energiewende. Auch all diejenigen, die in der Forschung arbeiten, wissen: Wir stehen vor einer Herausforderung. Diese Herausforderung ist eine Chance. Wir meistern die Energiewende. Das Einzige, das noch fehlt, sind Verlässlichkeit und Planbarkeit dieser Staatsregierung.
Ich bitte darum: Wir müssen beim Ministerpräsidenten – da meine ich auch die Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion, weil wir sie dazu brauchen – deutlich auf das Tempo drücken. Wenn er von Gas spricht, wenn er sagt, er stehe auf dem Gaspedal und dies sei ihm zu schnell, dann denkt er doch nur an die Gaskraft, daran, dass er große Kraftwerke bauen möchte. Er denkt aber nicht an die dezentrale Versorgungsstruktur aus erneuerbaren Energien. Das möchten Ihre Wähler mit Sicherheit so. Das möchten die Bürgermeister. Daran müssen wir arbeiten. Es ist höchste Zeit.
Ich habe mit der Frage angefangen, warum der Ministerpräsident dort hinten sitzt. Vielleicht ist der Wechsel an der Spitze der Staatsregierung durchaus näher, als wir heute noch zu denken wagen.
Danke schön. – Für die CSU-Fraktion hat jetzt der Kollege Blume das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte ist ähnlich bemerkenswert wie die Energiedebatte, die wir in der vergangenen Woche hatten.
Als Einstieg muss ich etwas sagen, angelehnt an den Kollegen Rinderspacher, was mich dann doch motiviert hat, und zwar: Das demonstrative Getöse der Opposition heute kann nicht darüber hinwegtäuschen, meine Damen und Herren, dass Sie nach wie vor kein Konzept haben.
(Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Lebhafte Zurufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Ich verstehe Ihre Fassungslosigkeit darüber, dass Sie soweit neben der Spur sind. Der Wahrheit müssen Sie aber ins Gesicht schauen.
Ich darf zunächst bemerken – der Herr Ministerpräsident hat dies vorhin eingangs bereits gesagt -: Die Energiewende in Bayern ist eine Erfolgsgeschichte, meine Damen und Herren. Weltweit hat kein vergleichbares Land mehr Photovoltaik. Wir liegen bei der Wasserkraft vorne – das vergessen Sie gerne.
Wir haben einen extrem dynamischen Zubau bei der Windenergie, und wir sind stark, was das Biogas angeht. Meine Damen und Herren, Bayern ist da, wo der Bund bis zum Jahre 2020 sein möchte.
Ich weiß nicht, welche Statistik Kollege Hartmann frisiert und für den Vortrag passend gemacht hat. Die Zahlen sind nun einmal so. Ich frage Sie umgekehrt, liebe Vertreter der Opposition: Wo sind Sie denn dort, wo Sie Verantwortung tragen, zum Beispiel in NRW? Was ist Ihre Antwort? – Wenn ich mich richtig erinnere: Kohle. Das scheint Ihr Zukunftskonzept zu sein.
(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Und die Kohle wollen Sie jetzt über die Trassen importieren?)
Meine Damen und Herren, was war doch gleich wieder Ihr Konzept in Baden-Württemberg? Ich glaube, dort regiert Grün-Rot. – Fehlanzeige! Ich mache das auch gerne fest.
Herr Kollege, einen Augenblick, bitte. Herr Kollege Aiwanger, ich kann nur wiederholt zum Ausdruck bringen: Zwischenrufe ja, aber bitte nicht permanent. Zuhören ist auch eine Kunst!
– Das hilft bei ihm aber eh nichts. Das Bessere ist der Feind des Guten, das ist klar. Ich bitte Sie aber schon, den Maßstab im Auge zu behalten, mit dem Sie Bayern messen. Ich möchte Ihnen zurufen: Schauen Sie sich an, wie der Windenergieausbau in anderen Ländern vonstatten gegangen ist, beispielsweise in Baden-Württemberg. Baden-Württemberg liegt auf der Südschiene, die oft bemüht wird. Zubau der Windenergie im ersten Halbjahr 2013: Bayern 27 Anlagen, Baden-Württemberg null.
Im Gesamtjahr 2013 in Bayern: 98 Anlagen, in BadenWürttemberg: 11. Ein Zehntel dessen, was in Bayern realisiert wurde, ist im vergangenen Jahr in Baden
Württemberg entstanden. Jetzt frage ich Sie: Woran liegt das? Es wird wahrscheinlich doch damit zu tun haben, dass sich bei uns in diesem Lande alle und insbesondere die Staatsregierung darum bemühen, den Zubau so zu organisieren, wie er im Energiekonzept angelegt war.
Meine Damen und Herren, wir würgen die Energiewende nicht ab, sondern entwickeln sie verantwortungsvoll weiter. Ihnen von der Opposition muss ich zurufen: Dort, wo Sie Verantwortung tragen, hat die Energiewende noch nicht einmal angefangen.