Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

Zumindest beim Punkt zwei der Kriterien scheint der Finanzminister als oberster Dienstherr aus den Fehlern der CSU-Regierung unter der Ära Stoiber gelernt zu haben.

(Widerspruch des Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU))

Im Zweifelsfall kann gegen den Widerstand der Verwaltung kein erfolgreicher Staat gemacht werden. Hinsichtlich der Kriterien eins und zwei und auch des Kriteriums drei in Teilen erscheint es berechtigt, einzelne Standortentscheidungen kritisch zu hinterfragen. Ich möchte als Beispiel die Verlagerung des gesamten Gesundheitsministeriums nach Nürnberg nennen. Für die Bewerkstelligung der Behördenverlagerung wurden mir nichts, dir nichts Dutzende Stellen geschaffen. Wir, die GRÜNEN, haben nichts gegen die Schaffung zusätzlicher Stellen bei entsprechendem Bedarf. Hier seien nur der Bildungsbereich und die Polizei zu nennen. Jedoch können nicht einfach für die Verlagerung von Behörden zusätzliche Stellen geschaffen werden, wenn im gleichen Atemzug in anderen Behörden und Verwaltungsbereichen, wie im Forstbereich, die Axt an die Stellen angelegt wird. Hier werden Stellen eingespart und gestrichen. Das ist schon äußerst fragwürdig. Was hat die Behördenverlagerung für die Stadt Nürnberg gebracht? – Die Stadt Nürnberg hat zweifellos mit dem Strukturwandel zu kämpfen und hat entsprechende Strukturhilfe verdient. Diese ist dringend notwendig. Herr Söder hat sich groß dafür feiern lassen, durch sein Home Office, das Heimatministerium, noch zusätzliche Stellen nach

Nürnberg zu bringen. Mit dem Verlagerungskonzept mussten dann Stellen vom Finanzamt Nürnberg nach Unterfranken abgegeben werden. Es wurden Stellen vom Staatlichen Bauamt nach Schweinfurt verlagert. Das Ergebnis war, dass die Behördenverlagerung für seine Heimatstadt Nürnberg bei den Stellen in der Summe ein Minusgeschäft gewesen wäre. Dies wieder auszugleichen, war vielleicht der Grund dafür, zusätzlich das Gesundheitsministerium zu verlagern. So macht das keinen Sinn. Das ist eine Sache, die kritisch hinterfragt werden muss, auch an anderen Standorten.

Die Fragen, die die FREIEN WÄHLER in ihrem Berichtsantrag formuliert haben, sind aus unserer Sicht durchaus berechtigt. Ich appelliere an Sie: Wenn angeblich alles so super, super läuft, wenn die Behördenverlagerung einwandfrei läuft, dann können Sie doch problemlos zum Antrag stehen und haben nichts zu verbergen. Ich verstehe nicht, wieso Sie einen solchen Berichtsantrag ablehnen. Es ist guter Brauch im Hohen Hause, dass die Mehrheitsfraktion in der Regel die Berichtsanträge der Opposition durchgehen lässt und diesen zustimmt. Ich habe kein Verständnis für Ihre Blockadehaltung. Ich weiß nicht, was Sie hier zu verheimlichen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat der Herr Staatssekretär Füracker um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag ist wahrscheinlich deswegen abgelehnt worden, weil er völlig unnötig ist. Der Bericht im Haushaltsausschuss erfolgt gerne und jederzeit. Dies wurde bereits zugesagt. Bereits am 19.10.2016 hat der Minister Söder im Haushaltsausschuss freiwillig zugesagt, dass er gerne wieder über die Behördenverlagerung berichten wird. Das ist überhaupt kein Problem. Ein paar Informationen kann ich Ihnen bereits heute geben, falls Sie das interessiert. Der Minister kommt jederzeit gerne in den Haushaltsausschuss.

(Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER): Wann?)

Viele Redner haben bereits richtig erkannt, dass es sich bei der Behördenverlagerung um eine große strukturpolitische Maßnahme handelt. 2015 haben wir tatsächlich mit der größten Regionalisierung von Behörden und staatlichen Einrichtungen in den letzten Jahrzehnten begonnen. Es gibt über 3.000 betroffene Bedienstete und Studenten. Sie kennen das ja. Zuvor gab es bereits die Verlagerung des zweiten Dienstsitzes des Heimatministeriums nach Nürnberg. Jetzt

kommt die Verlagerung des Gesundheitsministeriums on top, neben den bereits erwähnten 2.225. Außerdem gibt es die Neugründung des Landesamts für ITSicherheit, LSI, in Nürnberg. Das ist auch noch einmal eine starke Maßnahme. Herr Ganserer ist zwar der Meinung, damit könne man Nürnberg auch nicht retten. Aber wir sind anderer Auffassung. Das tut Nürnberg und dem nordbayerischen Raum sehr gut in der Sache, in Bezug auf das Selbstbewusstsein der Region und in Bezug auf die Menschen, die dort Dienst tun können. Als jemand, der sich im Heimatministerium gut auskennt, kann ich Ihnen sagen, dass jede Woche viele Menschen dankbar für die Anlaufstellen auf dieser Ebene in Nordbayern sind. Die Kommunalpolitiker sind jedes Mal froh, dass sie für die unzähligen Besprechungen, die in unserem Hause stattfinden, nicht bis nach München fahren müssen. Für viele Bedienstete ist es eine Möglichkeit, einen hoch qualifizierten, behördlichen Arbeitsplatz zu finden.

(Beifall bei der CSU)

Sie können das schlechtreden. Das können Sie machen. Wir tun das nicht. Dieser Prozess geht auch völlig geordnet vonstatten. Der Prozess wird klug strukturiert und geht nicht im Hauruckverfahren. Niemand hat jemals behauptet, dass das Ganze innerhalb eines Jahres umgesetzt wird. Von Anfang an gab es die klare Ankündigung, dass die Behördenverlagerungen einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren einnehmen würden. Dies hat einen ganz besonderen Grund. Diesen haben Sie heute bereits lobend hervorgehoben. Wir gehen mit unseren Bediensteten eben ordentlich um. Wir haben den Bediensteten zugesagt, dass niemand gegen seinen Willen umziehen muss. Daher ist zunächst die Stelle am Zielort erforderlich, um dort besetzen zu können. Das dauert halt ein paar Jahre länger. Wenn Ihnen das zu lange dauert, dann müssen Sie sagen, dass wir mit Zwangsversetzungen arbeiten sollen. Aber das will wohl auch niemand. Deswegen ist unser Personalrahmenkonzept sozialverträglich und kann bis zu zehn Jahre dauern. Es muss aber nicht so lange dauern. Ich kann Ihnen hier gleich noch sagen, dass wir bereits auf einem sehr schnellen Kurs sind.

Im Übrigen geht diese Strategie total auf. Wir haben bereits jetzt schon unglaublich viele Versetzungswünsche, mehr als 300 in die Zielregionen. Und das jetzt schon! Auch für die Neueinstellungen in den Zielregionen gibt es ein unglaublich großes Interesse. Es gibt fast 2.000 Menschen, die das gut finden, weil sie in ihrer Heimat bleiben können. Sie können einen qualifizierten, behördlichen Arbeitsplatz anstreben, und das auch in der Nordoberpfalz, im Bayerischen Wald, in Unterfranken, in Westmittelfranken und selbst in Oberbayern. Dort verlagern wir ja auch Behörden in

die ländlichen Bereiche, die sich demografisch gesehen schwerer tun.

Meine Damen und Herren, deswegen ist das eine etwas komplexere Angelegenheit. Es ist einfach, sich hierher zu stellen und zu fragen: Seid ihr da überhaupt auf dem richtigen Weg? Funktioniert das überhaupt? – Machen Sie sich keine Sorgen. Es funktioniert wunderbar. Wenn der Minister berichtet, werden Sie alle Details mit ihm besprechen können. Heute sei nur so viel gesagt: Die Spanne der Themen ist natürlich sehr groß, und die Themen sind höchst unterschiedlich. Es gibt zum Beispiel sofort umsetzbare Projekte. Klar ist, ein Förderbüro der BayernLabo kann sofort nach Grafenau verlagert werden. Das ist 2016 geschehen. Der Neubau einer Justizvollzugsanstalt in Marktredwitz dauert ein bisschen länger, als sich hierher zu stellen und zu fragen, was sie genau kostet, wann sie fertig ist und wann die Türe aufgeht. Die Tatsache, dass wir überall einen ersten und maßgeblichen Schritt machen, beweist, dass wir uns bei der Unterbringung überall vor Ort engagieren. Für jedes Projekt wird bereits jetzt Flächenmanagement betrieben. Die IMBY hat diese aufwendigen Abstimmungsprozesse schon längst begonnen. Hören Sie zu: Für rund 60 % aller Verlagerungsprojekte steht bereits die langfristige Unterbringung fest. Über 90 % der Verlagerungsprojekte sind bereits entschieden, teilweise durch temporäre Unterbringungen. Diese Verlagerungsprozesse finden in allen Regierungsbezirken statt.

Ich gebe Ihnen noch ein paar konkretere Informationen, die Sie wissen wollten. Im ersten Quartal 2017 haben bereits sechs Behörden den Dienstbetrieb aufgenommen. Dazu zählen die Landesbaudirektion Bayern in Ebern, die Aufstockung des Finanzamtes in Lohr am Main, die Dienststelle der Autobahndirektion in Deggendorf, die Bearbeitungsstelle des Finanzamtes in Höchstädt, das Bayerische Naturflächenmanagement, Gesteinssammlung des Landesamts für Umwelt in Hof und das Grüne Zentrum in Münchberg. Noch in diesem Jahr werden diese weiteren fünf Behörden folgen: BayernLab Bad Neustadt an der Saale, Zentrum Bayern Familie und Soziales in Kemnath, die Außenstelle des StMBW – Prüfungsamt – in Gunzenhausen und die Geodatenbank Bayern des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in Waldsassen. Bis Ende 2018 werden rund 75 % der Verlagerungsprojekte mit über 1.000 Beschäftigten und Studierenden und damit rund ein Drittel des gesamten Verlagerungsvolumens vor Ort sein.

Wir sind voll auf Kurs. Wir brauchen uns – da haben Sie völlig recht – nicht zu verstecken. Wir berichten gerne. Die Kommunen vor Ort und die Menschen vor Ort betrachten diese Behördenverlagerung nicht nur

als gute Idee, sondern auch als in höchstem Maße gelungen. Wir sind auf dem besten Wege. Deswegen ist es richtig, dass wir diesen Weg zielstrebig fortsetzen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag entgegen dem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Kolleginnen und Kollegen, ich darf das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER "Selbstbestimmtes Leben im Alter I – Stärkere Förderung von generationenübergreifenden Wohnformen" auf Drucksache 17/14222 bekannt geben. Mit Ja haben 55 gestimmt, mit Nein haben 73 gestimmt. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Ich komme zurück zum Tagesordnungspunkt 3. Hier sind die Listennummern 9 und 12 noch offen, die auf Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeinsam beraten werden sollen. Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Simone Strohmayr, Ruth Müller u. a. und Fraktion (SPD) Zum Internationalen Frauentag: Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt umsetzen (Drs. 17/15809)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Verena Osgyan u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bericht über den Stand des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder (Drs. 17/15838)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und darf als Erster Frau Kollegin Dr. Strohmayr das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Trotz der etwas späteren Stunde möchte ich Sie um Aufmerksamkeit bitten.

Es geht noch mal um ein wichtiges Thema. Es geht nämlich um das Thema "Gewalt gegen Frauen". Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin seit fast 14 Jahren Mitglied des Bayerischen Landtags. Ich kann Ihnen sagen, dass die Hilfsangebote für von Gewalt bedrohte oder betroffene Frauen, zum Beispiel Frauenhäuser, Notrufe oder die Beratungskapazitäten in den Beratungsstellen, nach wie vor unterfinanziert und völlig unzureichend sind. Seit Jahren beantragt meine Fraktion in nahezu unzähligen Anträgen und Haushaltsanträgen immer wieder, dass hier im reichen Bayern endlich mehr für von Gewalt betroffene Frauen getan wird, mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, mehr Beratung zur Verfügung gestellt wird und mehr Frauenhausplätze entstehen. Aber leider passiert gar nichts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kenne kaum einen Bereich, in dem so geknausert wird wie hier,

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER und der GRÜNEN)

obwohl mehr als eine Million Frauen in Bayern betroffen sind. Es ist wirklich eine Schande! Vor einigen Wochen hat der Finanzminister einen riesigen Überschuss verkündet. Die Steuereinnahmen sprudeln hier in Bayern. Ich meine, das ist wirklich ein guter Zeitpunkt, endlich dort Geld zur Verfügung zu stellen, wo die Not am größten ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Not ist in diesem Bereich wirklich riesig. Ich bin mit meiner Kollegin mehrmals durch ganz Bayern gefahren. Wir haben uns viele Frauenhäuser angesehen. Ich kann Ihnen sagen: Es fehlt an ganz vielem. Ich sage es immer wieder. Gerade mal 25.000 Euro werden einem Frauenhaus in Bayern durchschnittlich zur Verfügung gestellt. Das sind in der Regel weniger als 10 % der benötigten Mittel. Mit diesen 25.000 Euro kann vor Ort nicht viel gemacht werden. Wie soll da Personal rekrutiert und angemessen bezahlt werden? Wie sollen davon Zimmer ordentlich hergestellt werden, zum Beispiel Matratzen erneuert werden? Für Investitionskosten stehen in der Regel überhaupt keine Mittel zur Verfügung. Wie sollen da Erzieherinnen angestellt werden für die vielen betroffenen Kinder, die in den Frauenhäusern leben? Wie soll da Tag und Nacht Bereitschaftsdienst zur Verfügung gestellt werden?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde besonders verwerflich – es gab beim letzten Haushalt einen geringfügigen Nachschlag von 20 % für die Frauenhäuser –, dass die Notrufe wieder nicht berücksichtigt wurden. Die Notrufe sind ganz besonders wichtig für

von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen. Dort wird ihnen nämlich ambulante Hilfestellung gegeben. Es ist unerträglich, sich vorzustellen, dass die Frauen mancherorts monatelang auf einen Termin warten. Also ist im Bereich der Notrufe ganz dringend ein Nachschlag erforderlich. Diese Notrufe funktionieren vielerorts nur deswegen, weil ganz viele Frauen sie ehrenamtlich unterstützen. Viele Frauen sind dort seit 20 oder 30 Jahren ehrenamtlich engagiert. Sie sind dort Tag und Nacht im Bereitschaftsdienst. Ich finde es wirklich unwürdig, einen Bereich, der notwendig ist, finanziell so schlecht auszustatten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER und der GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Studie liegt jetzt seit einem Jahr vor. Es liegen also alle Daten auf dem Tisch. Es gibt seit einem Jahr eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema auseinandersetzt und bereits mehrmals getagt hat. Die Verbände haben vor Kurzem erneut einen Brandbrief geschrieben, in dem sie insbesondere auf die personellen Engpässe hingewiesen haben. Im Sozialausschuss haben insbesondere die Fachmeldungen deutlich gemacht, wie notwendig eine schnelle Entscheidung in diesem Bereich wäre. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage mich, auf was wir noch warten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER und der GRÜNEN)

Es ist möglich, jetzt die notwendigen Verbesserungen einzuleiten. Ich möchte Sie bitten, das heute zu tun. Wir sind bereit, unseren Antrag stufenweise umzusetzen, jetzt Sofortmaßnahmen zu treffen und später in einem weiteren Schritt den Ausbau der Plätze vorzunehmen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Wortmeldung für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Kollegin Osgyan, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bedrückende Notstand bei den Hilfen für gewaltbetroffene Frauen ist wahrlich seit Langem bekannt. Frau Strohmayr kennt ihn seit 13 Jahren. Ich bin erst seit 2013 im Landtag, empfinde das aber ebenfalls schon als unrühmlichen Dauerbrenner. Einer der ersten Anträge, den ich gestellt habe, bezog sich auf dieses Thema. Mittlerweile, fast vier Jahre später, hat sich nahezu nichts verändert.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Deshalb können wir es Ihnen heute nicht ersparen, zu dieser späten Stunde über die Hilfen für gewaltbetroffene Frauen zu sprechen; denn es vergeht immer mehr Zeit, und das Ganze gerät wieder in Vergessenheit. Das können wir nicht zulassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen muss ich die Zahlen wiederholen, die Sie alle aus der Bedarfsermittlungsstudie zum Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen kennen. Allein 2014 mussten in Bayern etwa 4.500 Frauen, die einen Platz im Frauenhaus gesucht haben, abgewiesen werden. Das muss man sich vorstellen; denn abgewiesen zu werden, bedeutet auch, dass die Mehrzahl der betroffenen Frauen nicht anderweitig untergebracht werden konnte. Im Zweifelsfall mussten sie in eine Wohnung zurück, in der sie und ihre Kinder bereits der Gewalt ausgesetzt waren. Oder sie werden sprichwörtlich auf die Straße geschickt. Das müssen wir uns vergegenwärtigen, wenn wir darüber sprechen, dass wir diesen Frauen aktuell nicht helfen können.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Unmöglich!)

Die registrierten Fälle häuslicher Gewalt haben seit 2005 fast um die Hälfte zugenommen. Die Studie spricht davon, dass in Bayern jährlich rund 55.000 Frauen Opfer sexualisierter Gewalt werden. Das ist eine gewaltige Anzahl. Nur ein Bruchteil davon sucht überhaupt Hilfe. Selbst denen kann häufig nicht geholfen werden. Frau Strohmayr hat es gerade schon erwähnt. Die Frauennotrufe und die Frauenberatungsstellen sind nämlich absolut unterfinanziert. Das fällt nur deswegen nicht so auf, weil sie die Frauen nicht abweisen. Sie müssen stattdessen einfach monatelang warten oder bekommen nicht sofort eine gute psychologische Begleitung bereitgestellt. Die Frauen, die in diesen Stellen helfen und ehrenamtlich tätig sind, arbeiten am Rande der Selbstausbeutung. Sie können zwar meist noch eine Notintervention bereitstellen, aber die präventive Beratung und all das, was man sonst noch tun könnte, fallen hinten runter, weil die Finanzierung und der Personalschlüssel nicht stimmen.

Was ist passiert, seit die Studie zur Bedarfsermittlung 2016 veröffentlicht wurde, nachdem wir sie immer und immer wieder gefordert haben? – Nahezu nichts ist passiert. Wir hören nun, dass 2018 die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe vorliegen sollen, in denen dann steht, was wir weiter tun könnten und dass ein Konzept erstellt werden muss. Man muss sich das vorstellen: 2018 werden wieder fast fünf Jahre vergangen sein. Die Zahlen liegen längst vor, und die Arbeitsgruppe wird vielleicht irgendwann etwas vorlegen. Wenn wir im Freistaat auf allen Poli