Protokoll der Sitzung vom 13.02.2014

Fantasie blüht und dass Fantasievorstellungen in der Bevölkerung die Runde machen.

Jeder Bürgermeister – Landräte weniger, bei ihnen geschieht dies gelegentlich aber auch – wird mehrmals im Jahr von Schülergruppen besucht. Das gehört zur Heimat- und Sachkunde. Alle Schülergruppen – ich habe es nie anders erlebt – haben als eine der vorbereiteten, mit dem Lehrer ausgearbeiteten Fragen die Frage gestellt: Wie viel verdient der Bürgermeister? Ich meine, man muss sich nicht verstecken. Was er verdient, steht sowieso im Gesetz. Ich sage aus meiner eigenen Erfahrung: Was ich daneben als Kreisrat, als Verwaltungsrat am Klinikum, als Vorsitzender eines Zweckverbandes, als Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH bekommen habe, wurde in den verschiedenen Gremien immer öffentlich festgesetzt und war immer wieder einmal Gegenstand öffentlicher Berichterstattung. Ich sage: Warum auch nicht? – So viel Geld ist dabei übrigens gar nicht rübergekommen. Die Öffentlichkeit hat dies stillschweigend zur Kenntnis genommen, und damit war Ruhe. Allein die Ruhe, die eintritt, wenn Klarheit herrscht, ist schon wichtig.

Größtmögliche Transparenz wird zunehmend mehr zum politischen Geschäft gehören; man kommt nicht mehr darum herum. Das muss man in diesem Job aushalten; das müssen ein Landtagsabgeordneter, ein Bundestagsabgeordneter, ein Minister, aber auch Landräte und Bürgermeister aushalten.

Von der CSU wurde zu Recht angemerkt: Besser wäre es gewesen, wenn wir schon vorher die kommunalen Spitzenverbände gefragt hätten. Das sollen wir nachholen. Wir müssen die von dort eingehenden Argumente im Gesetzgebungsverfahren auch unbedingt berücksichtigen. Das wäre notwendig.

(Thomas Kreuzer (CSU): Aber Sie stimmen schon einmal vorher zu, oder?)

Das konkrete Gesetz sehen wir uns an, lieber Kollege Kreuzer. Von Ihrer Seite erwarte ich mir – weil ich neu bin, erlaube ich mir, dies zu sagen – nicht immer ein ödes Nein, nur weil die falsche, nämlich die linke Seite Ja gesagt hat. Das bringt uns eigentlich nicht weiter.

(Beifall bei der SPD)

Sie sollten nach dem Sinn der Sache fragen. Der Sinn der Sache ist die Transparenz, die der Politik guttut. Ihr Ja könnte auch eine Buße für ein schwarzes Schaf sein, das uns jetzt wieder diese Debatte eingebracht hat. Herr Kreidl ist überhaupt der Ausgangspunkt der heutigen Debatte.

Geben Sie also, liebe Kollegen von der CSU, der Ministerialbürokratie wieder einmal die Chance, eine gut durchdachte Gesetzesänderung zu machen. Das ist nämlich deren und unsere Aufgabe. Bleiben Sie nicht immer bei Ihrem sturen Nein.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist reiner Wahlkampf, was Sie hier machen!)

Sie werden es beim nächsten Skandal ja doch wieder über den Haufen werfen müssen. Sie haben es beim Abgeordnetengesetz genauso machen müssen, getrieben von außen. Bevor wir getrieben werden, sollten wir selbst die Initiative ergreifen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Streibl. Bitte schön, Herr Streibl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Heute, bei diesem Antrag geht es nicht darum, dass irgendeine Fraktion Buße für irgendetwas tun soll, sondern es geht um das, was das Ziel jeglicher Politik sein soll. Das Ziel jeglicher Politik sollte das Gemeinwohl sein. Das Gemeinwohl ist das, worum wir ringen und worum auf allen politischen Ebenen gerungen wird, sei es auf der kommunalen Ebene, sei es auf der Kreisebene, sei es im Bezirk, sei es im Land, sei es im Bund oder in Europa. Alles, was den Anschein erweckt, als ob das Gemeinwohl für uns nicht mehr im Zentrum stünde, ist politikschädlich, ist für uns und für jeden Politiker schädlich. Davor müssen wir uns schützen, und dagegen müssen wir uns wehren.

Wenn der Bürger den Eindruck gewinnt, dass wir nicht mehr für das Gemeinwohl tätig wären, verliert er das Vertrauen in die Politik. Dann ist es auch völlig egal, ob es ein Bürgermeister, ein Landrat, ein Abgeordneter, ein Minister oder ein Bundespräsident ist, der dieses Vertrauen verliert. Für die Bürger ist es immer der gleiche Schaden; er geht davon aus, dass man sich nicht mehr für seine Belange einsetzt. Dieser Vertrauensverlust schlägt auf alle durch, die – auf welcher Ebene auch immer – politisch tätig sind. Darüber müssen wir uns klar sein. Von daher sitzen wir letztlich alle in einem Boot.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Unser Ziel muss es sein, das Vertrauen wiederzuerlangen. Der Weg dorthin ist mehr Offenheit, mehr Transparenz. Wir, die Mitglieder dieses Hauses, haben uns Transparenzregeln gegeben; ich hoffe, jeder hat gewusst, worüber er abgestimmt hat. Wir

sehen aber, wie schwer es ist, diese Offenheit wirklich zu leben.

Der Antrag der GRÜNEN geht in die richtige Richtung. Aber es ist nicht Aufgabe der Staatsregierung, hierzu ein Gesetz zu erarbeiten. Ein solches Gesetz sollte aus der Mitte dieses Hauses kommen und von einer großen Mehrheit getragen sein. Einbezogen werden sollten auch diejenigen, die es letztlich betrifft, die das Gesetz leben müssen. Das bedeutet konkret: Auch die kommunalen Spitzenverbände sind einzubeziehen. Ein Gesetz, das gegen den Willen derjenigen beschlossen wird, die es betrifft, wird auf Widerstand stoßen; es ist letztlich ein leeres Gesetz. Wir müssen um das nötige Verständnis werben und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Landrätinnen und Landräte mitnehmen, damit sie erkennen, dass es auch in ihrem Interesse liegt, sich vor schwarzen Schafen schützen zu können.

Wir sollten eher versuchen, eine gemeinsame Initiative mit dem Ziel eines sinnvollen Gesetzes auf den Weg zu bringen. Ein solches Gesetz dient nicht nur allen, die in der Politik tätig sind, sondern letztlich auch dem Gemeinwohl und dem Bürgersinn, dem wir doch alle verpflichtet sind.

Von daher werden wir den Vorschlag ablehnen. Dieses Thema ist uns zu wichtig, als dass wir es mit einem Dringlichkeitsantrag am Donnerstagnachmittag schnell beschließen sollten. Es bedarf hierzu wirklich fundamentaler Arbeit; denn das Thema geht uns alle an, nicht nur einen Landrat im Voralpenland.

Vielen Dank, Herr Kollege Streibl. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/672 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der GRÜNEN und der SPD sowie eine Stimme aus der CSU. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das ist eine Minderheit, Frau Präsidentin! – Gegenruf von der CSU: Die FREIEN WÄHLER sind auch dagegen!)

Das sind die Fraktion der CSU und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Zwei Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich gebe jetzt die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt.

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Güll, Kohnen und andere und Fraktion der

SPD betreffend "Ankündigungen in Taten umsetzen – mit neuen Planstellen jungen Lehrerinnen und Lehrern sofort eine Anstellungsperspektive eröffnen", Drucksache 17/670: Mit Ja haben 68 gestimmt, mit Nein haben 87 gestimmt, Stimmenthaltungen: keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Nachgezogener Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Bause, Hartmann, Gehring und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend "Stellenerhalt zugunsten von Nachwuchslehrkräften!", Drucksache 17/686: Mit Ja haben 68 gestimmt, mit Nein haben 86 gestimmt, Stimmenthaltungen: keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Erwin Huber u. a. und Fraktion (CSU) Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (Drs. 17/673)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Alexander Muthmann u.a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) LEP: Komplette Neufassung statt Teilfortschreibung (Drs. 17/689)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Annette Karl, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Weiterentwicklung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) auf solide Grundlage stellen (Drs. 17/690)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Martin Stümpfig u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ein neues Landesentwicklungsprogramm für Bayern! (Drs. 17/691)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Kirchner. Bitte schön, Herr Kirchner.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Staatsregierung hat das neue Landesentwicklungsprogramm am 1. September 2013 in Kraft

gesetzt. Das neue Bayerische Landesplanungsgesetz war bereits über ein Jahr zuvor, am 1. Juli 2012, in Kraft getreten. Wir haben hiermit für Bayern ein gutes Ergebnis erreicht. Zum einen wurde die Landes- und Regionalplanung umfassend reformiert und an die neuen Entwicklungen angepasst. Zum anderen können wir damit die künftigen Herausforderungen gut annehmen. So weit, so gut.

Allerdings ist ein wichtiges Vorhaben der Reform bislang nicht erfüllt worden. In der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm wurde bestimmt, dass im Jahr 2014 eine Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms für die Festlegung der Mittelund Oberzentren einzuleiten sei. Dies wurde am 20. Juni 2013 im Zusammenhang mit der Zustimmung des Landtags zum Landesentwicklungsprogramm so beschlossen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zuerst generell eine Anmerkung zu den Zentralen Orten: Die Zentralen Orte in Bayern haben eine wichtige Funktion. Das Zentrale-Orte-System dient der flächendeckenden Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, zum Beispiel Gesundheit und Bildung. Damit sollen die Bürgerinnen und Bürger in allen Landesteilen alle erforderlichen Einrichtungen in zumutbarer Entfernung, das heißt vor Ort vorfinden. Hierzu ist auch Folgendes festzustellen: Schon bei der letzten Fortschreibung des LEP hatte der Landtag eine neue Festlegung der Zentralen Orte für erforderlich gehalten. Im Jahr 2012 wurde mit dem neuen Bayerischen Landesplanungsgesetz eine Bereinigung von früher sieben auf drei Einstufungen – Grundzentren, Mittelzentren, Oberzentren – vorgenommen.

Die Grundzentren werden von den Regionalen Planungsverbänden festgelegt. Aber jetzt kommen wir zu dem Punkt: Die Mittel- und Oberzentren wurden vorläufig aus dem letzten LEP übernommen. Das war jedoch mit dem klaren Auftrag verbunden, im Jahr 2014 die überfällige umfassende Neubewertung bezüglich der verschiedenen Einstufungen vorzunehmen. Nachdem die Anträge auf Aufstufung zurückgestellt worden sind, gibt es mittlerweile 8 Anträge zu Oberzentren und 50 Anträge zu Mittelzentren.

Der Landtag hat bereits in der vergangenen Legislaturperiode den dringlichen Wunsch nach einem Gutachten als Fachbasis der LEP-Fortschreibung geäußert. Dieser Wunsch ist mittlerweile parteiübergreifend wiederholt worden – das möchte ich doch ins Bewusstsein rufen –, zuletzt in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 23. Januar 2014.

Wegen der Aktualität des Landesentwicklungsprogramms sollte die Teilfortschreibung unverzüglich in Angriff genommen werden. Das Gutachten muss dringend erstellt werden. Wir brauchen zeitnah eine Grundlage für die Neufestlegung der Zentralen Orte. Das Gutachten soll auf die zentralörtlichen, sozioökonomischen und kulturellen Verflechtungen der verschiedenen Zentren eingehen. Uns ist durchaus bewusst, dass Vergabe und Erstellung ein komplexer Prozess ist, der Zeit benötigt. Dennoch muss es möglich sein, dass noch in diesem Jahr der Fortschreibungsentwurf des Landesentwicklungsplans vorgelegt wird und das Anhörungsverfahren beginnt.

Noch ein Hinweis an die Kolleginnen und Kollegen der Opposition – es gibt noch drei nachgezogene Dringlichkeitsanträge –: Die Anträge der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER werden wir heute ablehnen. Eine komplette Neufassung ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zielführend. Darüber hinaus war sich das Parlament in der letzten Legislaturperiode darin einig, dass das Ganze keinen Sinn macht. Sehr geehrte Damen und Herren aus den Fraktionen der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER, vor Kurzem waren Sie im Wirtschaftsausschuss noch dafür, jetzt sind Sie dagegen. Sehr geehrte Damen und Herren der SPD-Fraktion, wir haben Ihnen angeboten, Ihren Antrag zu unterstützen, vorausgesetzt Sie führen eine Modifizierung mit der Streichung des zweiten Absatzes durch. Leider haben Sie abgelehnt. Deswegen können wir Sie an dieser Stelle nicht unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Muthmann. Herr Muthmann, bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der CSU, es ist wahrlich nichts Neues, die Staatsregierung aufzufordern, das Zentrale-Orte-System zu überarbeiten. Diesen Auftrag hat die Staatsregierung seit dem Jahr 2007. In dieser Zeit hat der Landtag in der damals noch bekannten Zusammensetzung die Staatsregierung aufgefordert, endlich das ZentraleOrte-System zu überarbeiten. Schon damals schien dieses überarbeitungsbedürftig. Seit dem Jahr 2007 ist nichts geschehen. Dass sich die CSU-Landtagsfraktion dazu veranlasst sieht, die Staatsregierung über einen Dringlichkeitsantrag zu einer solchen Überarbeitung aufzufordern, macht deutlich, welche Bereitschaft seitens der Staatsregierung und im Kreise der CSU-Fraktion an den Tag gelegt wird – offenbar keine. Allerdings geht dieser Antrag nach unserer Überzeugung nicht weit genug. Gerade haben wir von Herrn Kirchner gehört, dass die CSU-Fraktion offen

bar den Rest des Landesentwicklungsprogramms, so wie es Ende letzten Jahres verabschiedet wurde, als ausreichend erachtet, um die landesplanerischen Aufgaben in Bayern für die nächsten Jahre begleiten und steuern zu können. Das ist nach unserer festen Überzeugung nicht der Fall. Ich darf auf die Debatte von heute Vormittag verweisen. Angesichts der höchst unterschiedlichen Entwicklungen in Bayern wurden vielfache Befürchtungen geäußert.