Protokoll der Sitzung vom 13.02.2014

In dem Zusammenhang darf ich noch einmal an unsere Anregung erinnern, dass der Staat beim Thema Breitband endlich selbst Verantwortung übernehmen sollte, und zwar nicht nur durch die Förderung von Kommunen, sondern durch eine Entscheidung, den Freistaat in seiner gesamten Fläche mit Glasfaserhauptsträngen als Hauptverkehrsachsen zu versorgen und seine staatlichen Gebäude und die Gebäude, in denen öffentliche Aufgaben erfüllt werden, daran anzubinden. Dann hätten wir die Substanz und die nötigen Grundlagen und bräuchten keine Förderprogramme abzuwarten. Wir könnten den Kommunen dann die Feinverteilung überlassen. Auch beim Thema Breitband verliert der ländliche Raum im Wettlauf der Regionen weiterhin an Boden. Sehr geehrter Herr Staatsminister, Eile ist dringend angesagt.

Zum Thema ÖPNV – öffentlicher Personennahverkehr. Dort tut sich auch zu wenig. Dies gilt auch für die Erstattungsquoten bei der Schülerbeförderung. Wir hatten einmal von 80 % geträumt – früher gab es die auch – und tatsächlich einmal 60 % erwartet. Wenn man auf die Ergebnisse sieht, muss man feststellen, dass bei den Kommunen, die diese Aufgabe erfüllen, immer weniger ankommt. Auch das trifft wieder besonders die Schwachen, die Starken sehr viel weniger. Die Schere geht weiter auseinander.

Wenn es um ein starkes Bayern geht, um starke Kommunen, kann eine solche Rede eigentlich nicht ohne das Thema Landesplanung und Landesentwicklungsprogramm vernünftig absolviert werden. Leider haben Sie zu diesem Thema überhaupt nichts gesagt. Nein, es ist sogar so, dass sich die CSU-Fraktion am heutigen Tage veranlasst sieht – wir werden am Nachmittag darüber sprechen –, die Staatsregierung mit einem Dringlichkeitsantrag überhaupt in Gang zu setzen, was die Oberzentren und die Mittelzentren angeht. Das ist auch ein Signal dafür, dass es beim Thema Landesentwicklung selbst der CSU-Fraktion zu langsam geht. Das ist an dieser Stelle doch ein Offenbarungseid.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und des Ab- geordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Bis zum Herbst letzten Jahres haben Sie sich immer noch auf die FDP hinausreden können. Dies gehört nun auch der Vergangenheit an. Sehr geehrter Herr Kollege Kreuzer, ich bin dankbar dafür, dass die CSU

Fraktion der Staatsregierung jetzt etwas den Marsch bläst und ihr Beine macht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zumindest haben Sie angekündigt, sehr geehrter Herr Staatsminister, dass eine kommunale Gebietsreform nicht angedacht ist und stattdessen auf kommunale Zusammenarbeit gesetzt wird. Das ist auch die richtige Antwort. Wir hätten aber doch Konkreteres erwartet, als dass nur allgemein gesagt wird: Das wollen wir weiterhin verstärken. Man muss die Anreize erhöhen, man muss die Förderung erhöhen, um auf diese Art und Weise auch die Kommunen zu mehr Zusammenarbeit zu bewegen.

Das Thema Dorferneuerung ist angesprochen worden. Es ist auch gelobt worden, wie viel Geld darin steckt. Vergessen Sie aber nicht: Es fehlt an Personal. Die Dorferneuerungsmaßnahmen, die in der Tat in der Region sehr hilfreich sind, können nur mit Hilfe des Personals bewältigt werden, das zur Verfügung steht. Da fehlt es eben auch in den Direktionen für Ländliche Entwicklung. Da wäre auch mehr zu tun. Auch dazu hätten die Kommunen mehr als das erwartet, was Sie heute dazu gesagt haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wissen in die ländlichen Regionen zu bringen, ist ein guter Ansatz, den wir auch sehr begrüßen. Technologie-Campi in den Regionen, Ausgründungen von Hochschulen und Fachhochschulen in die Regionen sind ein Instrument, das wir unterstützen. Insbesondere geht es um eine Verlagerung in wirtschaftsschwächere Räume. Die Kommunen haben aber kein Geld, das zu tun, was ihnen an dieser Stelle aufgetragen ist, nämlich die Hardware zur Verfügung zu stellen und die Gebäude zu finanzieren. In den Ballungsräumen, in den wirtschaftsstarken Räumen müssen dies nicht die Kommunen tun, sondern dort ist es selbstverständlich Aufgabe des Staates, die Finanzierungslasten zu tragen, während sich der Staat in den wirtschaftsschwachen Regionen zur Erfüllung dieser seiner Entwicklungsaufgabe, auch im Bereich der Wissenschaft, die Gebäude von den Kommunen finanzieren und hinstellen lässt. Auch das ist ein Signal der Schwäche und auch ein Signal fehlender Bereitschaft, für die Schwachen besonders viel zu tun.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, ich will schon noch einmal deutlich machen, dass vage Versprechungen einfach zu wenig sind. Wir wollen in den weiteren Debatten sehr konkret wissen, was Sie vor allem auch für die Schwachen zu tun gedenken, um die verfassungsrechtliche Verpflichtung, gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit in ganz Bayern herzustellen, auch tatsächlich in die Tat umzusetzen.

Das, was wir heute dazu gehört haben, ist uns noch zu wenig gewesen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kollege Ganserer. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hätte ich mir von der Regierungserklärung erwartet, dass Sie ein vollständiges Bild von Bayern abliefern. Ja, Bayern ist wirtschaftlich stark. Wo aber Licht ist, da ist auch Schatten. Auch die dunklen Seiten soll man ansprechen. An diesen sollten wir arbeiten, damit wir vorwärtskommen, man sollte sich nicht nur im eigenen Erfolg sonnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu nennen sind zum Beispiel die starken Umweltbelastungen, die gerade und insbesondere auch auf den Verkehr zurückgehen, der in Ihrem Sektor und in Ihrem Verantwortungsbereich liegt. Laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt fühlen sich rund zwei Drittel der Bevölkerung vom Lärm stark belastet. Unbestritten ist, dass die Lärmbelastung zu gravierenden gesundheitlichen Folgen führt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Menschen an bestehenden Straßen oder an Neubaustrecken wohnen. Daher verstehe ich nicht, warum es bis heute noch keinen gesetzlichen Anspruch auf Lärmsanierung an bestehenden Straßen gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erst letztes Jahr hat die EU-Kommission gegenüber Deutschland unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass in zahlreichen deutschen Städten, darunter auch Augsburg, Nürnberg und München, die derzeitigen Bemühungen zur Luftreinhaltung nicht ausreichen, um die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid einzuhalten. Auch dabei bräuchten die Kommunen dringend stärkere Unterstützung, um Maßnahmen umzusetzen.

Rund 37 % der in Bayern verursachten CO2-Emissionen gehen auf den Verkehr zurück. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, brauchen wir neben der Energiewende auch ganz dringend eine Verkehrswende.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um diese Verkehrswende einzuleiten, müssten wir den Verkehr von der Straße auf die Schiene verla

gern. Dies geht aber nur, wenn bei den Investitionen der Schwerpunkt endlich von der Straße auf den öffentlichen Verkehr verlagert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Schweiger hat Ihnen, Herr Staatsminister, ja schon geraten, Sie sollten verstärkt Gespräche draußen im Lande führen. Ich könnte Ihnen auch einen Gesprächspartner nennen. Gehen Sie doch einmal zu Herrn Leupold, Chef des Bayernhafens Nürnberg. Er ist wirklich bemüht, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, hat aber zunehmend Probleme, weil die Kapazitäten auf den Schienenstrecken außerhalb des Hafens nicht ausreichen, um zusätzliche Züge auf die Gleise zu bekommen. Er wartet sehnsüchtig darauf, dass die Strecken Hof – Regensburg und Nürnberg – Marktredwitz bis hin an die tschechische Grenze endlich elektrifiziert werden, damit Verkehr auf die Schiene verlagert werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht angesprochen wurden die stark verlotterten Straßeninfrastrukturen. Bei Bund, Land und Kommunen fehlen jährlich rund 7 Milliarden Euro, allein um die Bestandserhaltung zu garantieren. Die von Ihnen im Koalitionsvertrag in Berlin festgeschriebenen 1,25 Milliarden Euro jährlich sind wahrlich nur ein Sandkorn in den großen Schlaglöchern unserer Straßen. Statt über die Pkw-Maut nur für ausländische Bürger zu spekulieren, die, abgesehen von der Frage, ob sie überhaupt mit EU-Recht vereinbar ist, einen wahnsinnigen Verwaltungsaufwand verursachen würde, würde ich Ihnen empfehlen, das umzusetzen, worüber Sie sich mit Ihren 15 Landesverkehrsministerkollegen in den anderen Bundesländern einig sind: dass endlich diejenigen zur Kasse gebeten werden, die unsere Straßen wirklich abnutzen und für Schäden verantwortlich sind. Weiten Sie endlich die LkwMaut auf alle Bundesstraßen aus und senken Sie die Tonnage auf deutlich unter 12 Tonnen.

Herr Kollege Mistol hat es schon angesprochen: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und auch die Entflechtungsmittel laufen im Jahr 2019 aus. Kümmern Sie sich bitte darum, dass möglichst umgehend eine entsprechende Nachfolgevereinbarung mit dem Bund getroffen wird, damit die Kommunen auch beim Ausbau des ÖPNV Planungssicherheit haben. Kümmern Sie sich darum, dass nicht nur die Ballungsräume profitieren, sondern dass auch die vom demografischen Wandel betroffenen, struktur- und finanzschwachen Kommunen etwas davon haben.

In vielen Kommunen geht es schon lange nicht mehr um den Ausbau, sondern sie haben schon mit der gegenwärtigen Finanzausstattung massive Probleme,

die bestehende Infrastruktur zu erhalten. Deswegen fordere ich Sie auf: Setzen Sie sich dafür ein, dass das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und die Entflechtungsmittel nach 2019 nicht nur fortgeschrieben, sondern auch für Investitionen in den Bestandserhalt geöffnet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Staatsminister, eines haben Sie Ihren Vorgängern voraus: Sie erkennen zumindest, dass unsere grünen verkehrspolitischen Initiativen wirklich gut sind. Sie sind sogar bereit, diese in Regierungshandeln umzusetzen. Erst am Montag haben Sie verkündet, die Stadt-Umland-Bahn von Nürnberg nach Erlangen stärker mit staatlichen Fördergeldern zu bezuschussen und darüber nachzudenken, den Fördertatbestand dahin gehend zu erweitern, dass Straßenbahnen auch ohne eigenen Gleiskörper gefördert werden. Ja, wunderbar!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, genau das forderten wir GRÜNEN vor einem Jahr in einem Antrag. Dieser wurde aber mit den Stimmen der CSU und der damals im Landtag noch vertretenen FDP leider Gottes abgelehnt. Aber schauen wir einmal, ob die Mitglieder Ihrer Fraktion hinter Ihren Initiativen und Forderungen stehen und unserem Antrag in der nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses in der kommenden Woche zustimmen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Punkt ist noch nicht angesprochen worden: das starke Stadt-Land-Gefälle. Wenn Sie an dem Prestigeprojekt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München festhalten, versenken Sie bei geschätzten Investitionskosten von mindestens 2,5 Milliarden Euro im Prinzip einen zweiten Transrapid in der Erde. Das Geld, das durch dieses Projekt über Jahre gebunden wird, fehlt dann anderswo im Land, um eine Vielzahl von kleineren, wesentlich günstigeren, aber genauso dringend notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Schon bisher haben die Planungskosten für die zweite S-Bahn-Stammstrecke weit über 70 Millionen Euro verschlungen. Auf der anderen Seite erklären Sie den Kommunen, in denen die Kommunalpolitiker parteiübergreifend der Meinung sind, dass Bahnstrecken dringend reaktiviert werden müssten, dass sie die Infrastrukturausbaumaßnahmen allein stemmen sollen. Das passt einfach nicht mit dem Grundsatz von gleichwertigen Lebensverhältnissen in allen Landesteilen zusammen. Zusammenfassend kann ich nur noch feststellen: Insbesondere die bayerische Verkehrspolitik ist stark verbesserungswürdig.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen, damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt, da es eine zusammenfassende Stellungnahme des Herrn Staatsministers nicht gibt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der CSU-Fraktion "Über 60 verletzte bayerische Polizeibeamte in Hamburg - Keine Toleranz von Gewalt gegen Polizeibeamte"

Für die heutige Sitzung ist die CSU-Fraktion vorschlagsberechtigt. Ich darf für die CSU-Fraktion Herrn Kollegen Dr. Florian Herrmann das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz vor Weihnachten haben gewalttätige Randalierer aus der linksextremistischen Szene bei einer Demonstration im Hamburger Schanzenviertel 169 Polizistinnen und Polizisten verletzt, 19 von ihnen schwer. Allein 65 verletzte Beamte sind Angehörige der beiden Einsatzhundertschaften, die aus Bayern nach Hamburg geschickt worden waren.

Mit "Verletzungen" sind in diesem Fall nicht verbale Verletzungen, etwa Beleidigungen, gemeint, sondern solche, die durch Angriffe mit Steinen, Flaschen, Pyrotechnik und sonstigen Wurfgeschossen, zum Beispiel Verkehrsschildern, hervorgerufen wurden. Wir haben deshalb das Innenministerium gebeten, im Steinernen Saal zu Demonstrationszwecken die aus Hamburg mitgebrachten Pflastersteine und die großen Pflasterplatten, aber auch beschädigte Protektoren und einen beschädigten Helm zu präsentieren. Jeder, der nachher in die Mittagspause geht, kann sich das anschauen und überlegen, wie es wäre, wenn er selbst von einem solchen Stein getroffen würde.

Wir haben diesen Skandal zum Anlass genommen, nicht nur einen Berichtsantrag für den Innenausschuss zu stellen, um von der Staatsregierung einen Bericht über den Einsatz im Detail zu erhalten, sondern das Thema auch zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde zu machen, weil wir eine öffentliche Debatte über steigende Gewaltbereitschaft und Gewalt gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten führen wollen.

(Beifall bei der CSU)

Um es gleich vorweg klarzustellen: Wir bedauern es nicht nur, wenn Polizeibeamte im Rahmen ihrer Dienstausübung verletzt werden, sondern wir verurteilen es auf das Schärfste, wenn Polizeibeamte gezielt angegriffen und vorsätzlich zum Freiwild von Chaoten werden, die unter dem Deckmantel der Demonstrationsfreiheit Jagd auf Polizistinnen und Polizisten machen und diesen planvoll Verletzungen zufügen.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Bern- hard Pohl (FREIE WÄHLER))

Dies hat mit dem Demonstrationsrecht, wie es im Grundgesetz niedergelegt ist und wie wir es uns vorstellen, nichts, aber auch gar nichts zu tun. Unsere Botschaft ist: Wir schützen diejenigen, die uns Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr, beschützen. Wir stehen hinter unserer Polizei, hinter den über 30.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, und zwar ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Bern- hard Pohl (FREIE WÄHLER))

Die Vorfälle vom Dezember 2013 sind gravierend. Es geht mir nicht darum, die Einsatztaktik der Hamburger Polizei zu kritisieren oder mit dem Finger nach Hamburg zu zeigen. Wir können froh sein, dass die richtige Strategie der bayerischen Polizei nach dem Motto "Deeskalation durch Stärke" in den vergangenen Jahren erheblich dazu beigetragen hat, dass wir in Bayern keine Berliner oder Hamburger Verhältnisse haben. Das muss aber nicht auf alle Zeiten festgeschrieben sein. Es geht mir vielmehr darum, dieses Phänomen klar zu benennen – das heißt, deutlich auszusprechen, was hier vor sich gegangen ist –, politisch aufzugreifen und gesellschaftlich zu ächten.