Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Helga Schmitt Bussinger u. a. und Fraktion (SPD) Deutsches Museum Nürnberg (Drs. 17/17810)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Alexander Muthmann u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Transparenz herstellen: Sachstand zum Aufbau und Betrieb der Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg (Drs. 17/17831)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Finanzierung des Deutschen Museums Nürnberg nicht am Landtag vorbei (Drs. 17/17832)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Gudrun BrendelFischer, Oliver Jörg u. a. und Fraktion (CSU) Deutsches Museum Nürnberg (Drs. 17/17833)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und bitte als ersten Redner den Kollegen Dr. Kränzlein zum Rednerpult.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die SPD begrüßt die Errichtung einer Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg. Wir verlangen aber ein geordnetes Verfahren, an dem das Parlament mitwirkt und in dem es ernst genommen wird und das eine rechtzeitige umfassende Einbindung, volle Informationen und das Finden tragfähiger Entscheidungsgrundlagen ermöglicht.
Das ist im vorliegenden Fall eben nicht geschehen. Stattdessen haben wir eine Söder’sche Politik nach Gutsherrenart erlebt, die schon aus früheren Verfahren bekannt ist. Als Beispiel nenne ich nur AEG. Projekte, die wir für sehr wichtig halten und hinter denen wir stehen – Obersalzberg, Gärtnerplatztheater oder die Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg seien als Beispiele genannt –, laufen immer wieder aus dem Ruder, weil sie auf der Exekutivebene versemmelt werden.
Ganz knapp zu den Fakten, damit jeder weiß, worüber wir hier überhaupt reden: Im August 2014 gab es die vernünftige Nordbayern-Initiative. Ein Projekt darin war das Deutsche Museum in Nürnberg. Genannt wurden 8 Millionen Euro, die für die Finanzierung notwendig seien. Danach gab es einige Anfragen zum Plenum und Anfragen der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD, so zum Beispiel im Oktober 2014, im Juli 2015 und im Januar 2016. Immer wieder war die Antwort – das zog sich noch bis in den Juni 2016 hinein, also ziemlich lang –, man habe noch keine ordentliche Projektplanung, man habe noch keine Grundlagen, man könne zu den Kosten nichts sagen. Eine tragische Geschichte, wenn man bedenkt, dass man ein Projekt auf den Weg bringt, der Projektträger selber, das Deutsche Museum, aber bis heute noch nicht in der Lage war, ein endgültiges Konzept vorzulegen. Das ist deswegen problematisch, weil mit dem Startschuss ein Projekt auf den Weg gebracht wurde, das nur schwer wieder zu bremsen ist, obwohl die Grundlagen einfach falsch waren.
Innerhalb relativ kurzer Zeit haben wir gehört, dass man von einer Ausstellungsfläche von 4.000 Quadratmetern, einer Museumseröffnung im Jahr 2019 und
Kosten in Höhe von 11 Millionen Euro ausgehe. Das war eine Aussage Söders bei einer Pressekonferenz am 10. Juni 2016, nachzulesen in einer "dpa"-Nachricht. Es gab dann eine Steigerung der Ausstellungsfläche auf 5.500 Quadratmeter. Die Aufbauphase sollte auf einmal 27,6 Millionen Euro kosten, und im Haushalt 2017/2018 wurden dann 64 Millionen eingestellt. Genannt wurde auch eine Miete von 1,8 Millionen. Alles das, was hier gemacht wurde, nämlich bewusst billig einzusteigen, dann die Kosten sukzessive zu steigern und damit Verteuerungen herbeizuführen, ist uns aus vielen Hochbauprojekten der Vergangenheit bekannt. Diese bittere Erfahrung mussten wir im Finanzausschuss leider immer wieder machen.
Hinter dem Projekt stehen inzwischen viele Fragezeichen, denn nun beträgt die Miete 2,8 Millionen Euro im Jahr. Die Personalkosten sind in dem Betrag wohl nicht enthalten. Erst am 5. Juli 2017 haben wir Antworten bekommen, die aber noch viele Fragen und Ungereimtheiten im Raum stehen lassen. Was ist mit dem Mietvertrag? Was steht denn wirklich in diesem Vertrag? Sind wir jetzt schon gebunden, oder können wir aus dem Vertrag noch raus, wenn das Parlament bei der Beratung zum Beispiel zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Mietvertrag schlecht ist? Wir haben keine Ahnung davon, wie die Vereinbarung zwischen Deutschem Museum und Freistaat Bayern lautet. Wir haben keine Ahnung davon, was der Projektträger wirklich vorhat und ob das Deutsche Museum wirklich hinter dem Projekt steht.
Ich lese Ihnen einmal ein Zitat vor, das ich spannend finde. Minister Herrmann hat schon vor einigen Jahren versucht, eine Außenstelle des Deutschen Museums bei der Maxhütte unterzubringen. Er hat diesen Vorschlag strukturpolitisch begründet. Darauf hat das Deutsche Museum sehr kühl geantwortet:
Das Deutsche Museum zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass wir viele Disziplinen an einem Ort vereinen … Es sei deshalb nicht das Ziel, Spezialmuseen in der Umgebung zu eröffnen. Zudem habe man angesichts der Sanierungspläne genug zu tun.
Die haben Herrn Herrmann damals also schön abblitzen lassen. Herr Söder ist jetzt in Vorlage gegangen. Das Deutsche Museum folgt ihm zwar brav, aber es legt nicht vor, was es will.
Den gleichen Unfug haben wir übrigens beim Konzertsaal in München erlebt. Auch da hat man zuerst einen Standpunkt für absolut erklärt. Dann hatten wir eine schlechte Verhandlungsgrundlage. Dann wurden sündteure Abschlüsse gemacht. In München wurde ein aberwitziger Erbpachtvertrag geschlossen. In
Nürnberg macht man einen aberwitzigen Mietvertrag; man muss sich das genau anschauen. Darum beantragen wir, mit diesem Projekt in den Ausschuss zu gehen. Obwohl das Finanzministerium zum Konzertsaal in München noch vor einigen Monaten gesagt hat, dass der Freistaat Bayern Anmietungen eigentlich nicht nahetreten wolle oder sogar ablehne, weil der Staat damit keine hinreichende Kontrolle über das Projekt habe, wird jetzt ein Mietvertrag abgeschlossen. Der Mietvertrag bindet uns doch nicht nur 25 Jahre lang. Sie können mit einem Museum doch nicht nach 25 Jahren ausziehen und woanders hingehen. Sie haben einen einzigen Vertragspartner, mit dem Sie über den Mietvertrag verhandeln können. Der kann dann verlangen, was er will. Wenn Sie es hochrechnen, hat er mit diesem Mietvertrag schon jetzt eine Rendite von 14 %. Das müssen Sie irgendwo sonst suchen. Das bekommen Sie nur, wenn der Freistaat Bayern mit Geld um sich wirft, wie es hier der Fall ist.
Es gibt jede Menge weiterer Probleme, über die wir sprechen müssen. Wir haben keine vernünftige Abwägung mit anderen Standorten, uns wurden auch keine Alternativstandorte in Nürnberg benannt. Das wurde nur pauschal beantwortet, ohne dass man nachvollziehen kann, was wirklich dahintersteckt.
Darüber hinaus haben wir neben der abenteuerlichen Kostenentwicklung nach wie vor keine ordentlichen Grundlagenermittlungen. Wir wissen gar nicht genau, wohin die Reise geht. Wir wissen zum Beispiel, dass die Stadt München jährlich Betriebskostenzuschüsse für das Deutsche Museum zahlt und einen Erbpachtvertrag zu Null für das Deutsche Museum hat. Das macht der Freistaat Bayern bei einem Erbpachtvertrag sonst nirgendwo.
Das ist eine deutliche Subventionierung der Stadt München für das Deutsche Museum. Das wirft die Frage auf, wie sich zum Beispiel die Stadt Nürnberg an diesem Museum beteiligt. All diese Fragen sind offen. Alles, Herr Söder, wird nur gemacht, weil Sie wieder mit einem Schnellschuss vorangehen und zeigen wollten, wie tüchtig Sie sind, und das möglichst noch vor den Wahlen.
(Staatsminister Dr. Markus Söder: Das stinkt Ihnen, oder? – Markus Rinderspacher (SPD): Sie sollten es verteuern, Herr Söder!)
wenn wir sie im Finanzausschuss absegnen, kompensieren müssen, indem wir andere wichtige Vorhaben zurückstellen.
Lassen Sie mich, weil die Zeit hier ziemlich knapp ist, noch etwas sagen. Das muss einfach mal gesagt werden, weil der Widerstand – das wissen Sie genau – auch aus Ihrer Fraktion intern kommt. Ihre Fraktion findet das auch nicht gut. Da zitiere ich jetzt mit außerordentlicher Freude den Herrn Goppel, der gesagt hat: Wer sich das ausgedacht hat, der spinnt. – Das haben Sie sich ausgedacht.
Ich muss sagen: Wo Herr Goppel recht hat, da hat er einfach recht. Legen Sie also erst alle Unterlagen auf den Tisch, und gehen Sie damit in den Finanzausschuss. Dann schauen wir uns mal an, was man da noch retten kann und ob man überhaupt noch etwas retten kann. Dieses Chaos-Tandem Söder/Spaenle, dem jede haushaltspolitische Vernunft abhandengekommen ist, ist eigentlich nicht geeignet, solche Maßnahmen ohne parlamentarische Kontrolle durchzuführen.
Der CSU-Antrag hierzu ist geradezu peinlich; darin wird eine uneingeschränkte Umsetzung dieses Projekts verlangt. Sie wissen doch noch gar nicht, was dieses Projekt überhaupt ausmacht, und trotzdem wollen Sie es uneingeschränkt absegnen. Dann bitten Sie untertänigst, dass Ihnen die Regierung vielleicht mal sagt, was da los ist. Hey, wo sind wir denn? Wir sind das Parlament! Die Staatsregierung hat gefälligst zu berichten, und zwar rechtzeitig, frühzeitig, umfassend und richtig. Das haben Sie nicht gemacht. Darum stehen wir heute hier.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit welchem Sorgfaltsmaßstab werden in dieser Staatsregierung eigentlich Großprojekte geplant? Wie wird mit dem Geld umgegangen, das Menschen und Unternehmen mit guter Arbeit verdienen und als Steuern bezahlen? – Ich sage Ihnen: Da tun sich Abgründe auf. Obersalzberg, Gärtnerplatztheater und jetzt Deutsches Museum in Nürnberg: Geld spielt da keine Rolle. Nein, Geld spielt keine Rolle. Schon beim Gärt
nerplatztheater sind einfachste Fragen noch immer unbeantwortet. Ich will nur daran erinnern: Am Gärtnerplatztheater haben vielleicht 20 Ingenieurbüros und mindestens 70 ausführende Firmen gearbeitet. Da war die Frage, wer eigentlich der Gesamtverantwortliche ist, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Wer ist der Projektsteuerer, der das alles letztlich steuert und insgesamt verantwortet? Wer ist der Koordinator? Allein schon diese banale Frage konnte da nicht beantwortet werden. Offenbar gibt es keinen Gesamtverantwortlichen. Das ist nach Maßstäben der Privatwirtschaft schlicht unvorstellbar. Aber in der Privatwirtschaft spielt Geld auch eine Rolle; denn wenn die Kosten aus dem Ruder laufen, fehlt das Geld zum Schluss dem Unternehmer beim Gewinn. Er hat dann schlicht weniger Geld in der Tasche. Wenn das aber beim Staat passiert, dann sitzen anlässlich der Eröffnung die Minister und Abteilungsleiter in der ersten Reihe und lassen sich feiern oder feiern sich selbst.
Jetzt das Deutsche Museum in Nürnberg: Wie verantwortungslos und konzeptlos da vorgegangen wird, macht schon ein Blick in das Protokoll des Wissenschaftsausschusses der Sitzung vom 12.07.2017 deutlich. Ich trage Ihnen daraus ein paar Passagen vor. Da wurde gesagt, die Aushebung der Baugrube erfolge spätestens Anfang August 2017. Das Museumskonzept werde Ende 2017 fertig und dann vorgestellt.
Adidas soll sich beteiligen. Was sagt adidas dazu? – Adidas verlangt vor der Entscheidung ein Konzept. Ja sowas!
Bevor adidas Geld ausgeben will, will die Firma wissen, wofür! Das sollte zu denken geben. Ein Architekturbüro macht eine Machbarkeitsstudie. Das Ergebnis: 4.000 Quadratmeter, drei Meter hohe Räume. Dann habe der Architekt höhere Räume und 5.500 Quadratmeter vorgeschlagen. Sie erinnern sich, liebe Kollegen: Es gibt kein Konzept.
Aber klar ist: 4.000 Quadratmeter reichen nicht. Es müssen 5.500 Quadratmeter sein. Dann wird im Wissenschaftsausschuss – besonders erfreulich – berichtet, man sei im Zeitplan,