Protokoll der Sitzung vom 20.07.2017

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Das wird vom Grundgesetz auch geschützt. So steht es seit 1949 im Grundgesetz, und das schützen wir: Alle Deutschen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Das macht unseren Rechtsstaat aus. Das unterscheidet uns in der Tat von vielen anderen Ländern in der Welt, in denen dieses friedliche Demonstrationsrecht leider nicht gewährleistet wird.

(Horst Arnold (SPD): Ungarn zum Beispiel!)

Das ist ein Kernelement unserer freiheitlichen Demokratie. Aber wenn jemand Waffen mit sich führt, und seien es Pflastersteine, dann ist das nach unserem Dafürhalten ein erster Hinweis darauf, dass das niemand ist, der ganz normal zum Beispiel für den Klimaschutz demonstrieren will; denn derjenige, der das tun will, trägt doch keine Pflastersteine im Jutesack mit sich.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Deshalb ist es gut, wie bei uns üblich, Leute schon im Vorfeld, manchmal sogar schon 200 Kilometer vor dem eigentlichen Zielort, zu überprüfen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Warum hat das die Bundespolizei dann nicht getan?)

Auch mit dem Prinzip der Deeskalation durch Stärke können wir in Bayern, Herr Kollege Arnold, keine hundertprozentige Sicherheit garantieren. Wenn wir uns aber die Entwicklung der Situation bei der Sicherheitskonferenz in München in den letzten 10, 15 Jahren ansehen, die alljährlich im Februar stattfindet, dann stellen wir fest: Es ist besser geworden, nicht schlechter. Die Gewalt ist weniger geworden. Wir begleiten jeden Demonstrationszug von Anfang an mit einer hinreichenden Zahl von Polizeikräften. Durch dieses Vorgehen gelingt es – Frau Kollegin Schulze, ich denke, auch Sie werden das anerkennen und respektieren –, dass die alljährliche Demonstration bei der Sicherheitskonferenz stattfinden kann. Es wird aber nicht zugelassen, dass Gewalt ausgeübt wird. Es ist gut, wenn man von vornherein mit genügend Polizei

beamten präsent ist. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als vor zwei Jahren, noch vor dem G-7-Gipfel, auch von einigen Kollegen hier im Haus kritisiert wurde, es würde eine Übermacht der Polizei geben, es würden viel zu viele Polizeibeamte eingesetzt, die Leute würden in Angst und Schrecken versetzt. Nein, ganz im Gegenteil: Die ausreichende Präsenz von Polizeikräften hat damals dafür gesorgt, dass diejenigen, die friedlich unterwegs waren, problemlos demonstrieren konnten. Diejenigen aber, die etwas anders vorhatten, wussten von vornherein, dass sie keine Chance auf Gewalteskalation haben.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Es gehört zum Wesen einer Demonstration, dass Bürger für ihre Meinung auf die Straße gehen und anderen Leute sagen, was ihre Meinung ist. Mit diesem Gedanken ist unvereinbar, dass man sich dabei vermummt. Damit würde man doch sein Angesicht, seine Überzeugung nicht mehr zeigen. Deshalb ist es seit jeher in ganz Deutschland, in jedem Bundesland – das betone ich –, verboten, sich bei einer Demonstration zu vermummen. Das hat seinen guten Grund; denn es hat damit zu tun, wie man seine Überzeugung in der Öffentlichkeit darbringt. Vermummung hat damit nichts zu tun. Ich bin froh, dass der Bayerische Landtag vor zwei Jahren mit einer Gesetzesänderung klargestellt hat, dass eine Vermummung strafbar ist. In Hamburg ist sie auch strafbar. Die Einsatzkräfte haben versucht, das durchzusetzen. Ich kann deshalb überhaupt nicht verstehen, warum mein niedersächsischer Kollege Pistorius von der SPD in der vergangenen Woche den Vorschlag unterbreitet hat, man könne eine Deeskalation dadurch erreichen, dass man das Vermummungsverbot wieder von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabstuft. Nach diesen Ereignissen in Hamburg gibt es doch keinen Grund, das herabzustufen. Es ist doch mehr denn je notwendig, klarzumachen, dass Vermummung bei einer friedlichen Demonstration nichts zu suchen hat.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Deeskalation erreicht man durch konsequentes, kluges und auch bedachtes Auftreten der Polizei. Deeskalation erreicht man nicht durch Anpassung, Nachgiebigkeit oder Wegschauen. Das funktioniert nicht. Deshalb rede ich nicht über Details des polizeilichen Einsatzkonzepts. Aber die Diskussion über politische Verantwortung, die mit dem Thema Rote Flora verbunden ist, müssen sich diejenigen, die dafür die politische Verantwortung tragen, schon gefallen lassen.

(Zuruf der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Ich finde es interessant und im Ergebnis auch gut, wenn bestimmte Kräfte in der Diskussion der letzten zehn Tage, verstärkt auch aus den Reihen der SPD, teilweise sogar von den GRÜNEN, als kriminell bezeichnet werden. Ich musste aber auch Aussagen zur Kenntnis nehmen wie die: Linke Gewalt gibt es gar nicht, oder: Sie sei ein Widerspruch in sich. Dazu muss ich gar nichts sagen. Nahezu jeder Bürger in unserem Land hat dazu automatisch eine Meinung, die ihn nur den Kopf schütteln und fragen lässt: Was soll denn das?

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Darauf will ich gar nicht näher eingehen. Es ist aber gut, wenn wir uns in der Frage einig sind, dass das Kriminelle sind. Hier wird es spannend, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. In Bayern tragen Sie nicht die Verantwortung, und ich sage das jetzt im Hinblick auf die Situation in Hamburg oder Berlin: Was sind denn das für Leute, die da dauernd in der Roten Flora zugange sind? Wie werden die bezeichnet? Sind das die netten, freundlichen Linken?

(Unruhe bei der SPD)

Ist das noch akzeptabel? Oder ist es nicht eigentlich so, dass die kriminelle Szene dort schon längst begonnen hat? – Hier zeigt die politische Verantwortung ihre Wirkung. Seit Jahren ist in jedem Verfassungsschutzbericht nachzulesen: Das ist die Keimzelle von Autonomen, von Chaoten und dergleichen. Aber der Hamburger Senat stellt denen seit Jahren dieses Haus kostenlos zur Verfügung. Man hat gemeint, mit Appeasement könne man die Situation beruhigen. Das Gegenteil ist der Fall.

(Anhaltender Beifall bei der CSU – Unruhe bei der SPD)

In Berlin entwickelt sich die gleiche Situation: eine Hausbesetzerszene.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Man meint, man könne auf Dauer Frieden in der Stadt schaffen, wenn man sie in Ruhe lässt. Man glaubt, wenn man die Hausbesetzerszene in Ruhe lässt, dann würde schon Ruhe einkehren. Nein, meine Damen und Herren, das ist ein Trugschluss. Ich kann deshalb nur sagen: Es war gut und richtig, dass mein Amtsvorgänger im Innenministerium Günther Beckstein schon vor 20 Jahren die Devise ausgegeben hat: In Bayern bleibt kein Haus länger als 24 Stunden besetzt. Das hat die Polizei durchgesetzt, und dabei bleibt es auch bis heute.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Abschließend will ich sagen: Ja, ich habe großen Respekt vor dem Einsatz, den unsere bayerischen Polizeibeamten gezeigt haben. Ich danke aber auch den Polizeibeamten der Bundespolizei und aller anderen Länder. Ich danke ihnen für alles, was sie im Rahmen des dort Möglichen geleistet haben. Ich danke unserer Polizei aber nicht nur für diesen Einsatz in Hamburg, sondern für alles, was sie das ganze Jahr, vom 1. Januar bis zum 31. Dezember, in unserem Land leistet. Das ist die wesentliche Grundlage dafür, dass wir in Bayern sicherer leben können. – Vielen herzlichen Dank an unsere bayerische Polizei!

(Lang anhaltender Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Frau Kollegin Stamm hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Claudia Stamm.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, ich glaube, wir sind uns alle in diesem Hause darin einig, dass Gewalt zu verurteilen ist, egal, aus welcher Ecke sie kommt und wie sie bezeichnet wird. Ich wundere mich jedoch darüber, dass dies im Antrag der CSU-Fraktion nicht differenzierter dargestellt wird. Vielleicht fehlen auch Informationen.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Die rechtsextreme Hooligan-Gruppe HoGeSa hat dazu aufgerufen, nach Hamburg zu fahren und dort Gewalt auszuüben. Laut Medienberichten hat es sogar vorher in Hannover Festnahmen gegeben. Sie konnten dann gar nicht fahren.

(Widerspruch bei der CSU)

Ein Teil der Gruppe konnte nicht fahren. Der andere Teil gehörte jedoch zu denjenigen, die die Stadt verwüstet haben. Diese Informationen stammen von einer Zeitung, die bestimmt nicht linksextrem ist, nämlich aus der "MOPO".

Die Besitzer der Läden, die am schlimmsten zerstört wurden, haben mehrheitlich – nachzulesen in verschiedenen Internetforen – gesagt, dass die Gewalt nicht nur von Linksextremen aus dem Schwarzen Block verübt worden ist, sondern vor allem von Partyvolk. Dort sind halbnackte und besoffene Menschen durchgegangen. Das Partyvolk hat verwüstet. Wenn Sie solche Anträge stellen, mit denen Sie Gewalt verurteilen, wünsche ich mir, dass dies nicht nur einseitig erfolgt, sondern in alle Richtungen geht.

Danke schön, Frau Kollegin. – Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Liebe Frau Kollegin Stamm, Ihnen steht es selbstverständlich frei, Erklärungen zur Verurteilung von Partyvolk zu veröffentlichen. Das steht aber sicherlich nicht im Mittelpunkt unserer heutigen Debatte.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Grundsätzlich kann ich Ihnen sagen: Die Staatsregierung und die Mehrheitsfraktion in diesem Landtag zeichnen sich dadurch aus, dass sie seit jeher jede Form von Extremismus nachdrücklich verurteilen. Frau Kollegin Stamm, die Fraktion, der Sie früher angehört haben, hat in der Vergangenheit wiederholt dagegen gestimmt, wenn im Rahmen von Anträgen gefordert worden ist, nicht nur den Rechtsextremismus, sondern auch den Linksextremismus zu verurteilen.

(Beifall bei der CSU)

Die Mehrheitsfraktion und diese Staatsregierung haben sich immer dafür eingesetzt, jede Form von Extremismus energisch zu bekämpfen. Dazu stehen wir auch weiterhin.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über die Anträge abstimmen, zu denen keine namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Dies ist der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/17828. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. – Gegenstimmen! – Keine. Enthaltungen? – Das ist die SPD-Fraktion.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Damit ist dieser Antrag angenommen.

Jetzt komme ich zum Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/17829. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? –

Keine. Wie hat der Abgeordnete Felbinger (fraktions- los) abgestimmt? – Zustimmung. Das muss ich nach der Geschäftsordnung festhalten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zum Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 17/17830. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER sowie der Abgeordnete Felbinger (fraktionslos). Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU auf Drucksache 17/17809. Dafür sind fünf Minuten vorgesehen. Die Abstimmung ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 10.07 bis 10.12 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Wir zählen außerhalb des Saales aus. Ich darf Sie jetzt bitten, wieder Platz zu nehmen. Wir wollen mit der Tagesordnung weiterfahren. Bitte nehmen Sie wieder Platz.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)