Protokoll der Sitzung vom 25.10.2017

Die Bürgerenergie ist gut und sollte gefördert werden, weil damit die Akzeptanz der Energiewende in der Gesellschaft vorangebracht wird. Wir verfolgen das Ziel, die Bürgerenergiegesellschaften bei den Ausschreibungen ins Boot zu bringen. Herr Glauber, Sie haben die Zahlen zu der letzten Ausschreibung im August genannt. Bei 84 % der Anbieter waren Bürgerenergiegesellschaften beteiligt. Bei den Angeboten, die den Zuschlag bekamen, waren sogar zu 95 % Bürgerenergiegesellschaften beteiligt. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass viele Projekte auf einen einzelnen Projektierer zu bündeln sind. Hier wurden Ausnahmeregelungen zum Regelfall gemacht. Deshalb muss hier gegengesteuert werden.

Wichtig ist, dass der Gesetzgeber in Berlin seiner Aufgabe nachkommt und sein ursprüngliches Anliegen verfolgt, lokal verankerte Bürgerenergiegesellschaften zu schützen, damit der Ausnahmefall auch ein Ausnahmefall bleibt. Ich glaube, die Ministerin wird in Berlin sehr emsig dafür eintreten, dass dieser Missstand wieder korrigiert wird.

Ich halte die Modalitäten für die Bürgerenergiegesellschaften für zumutbar. Auf der einen Seite haben diese Gesellschaften mit der BlmSchG-Genehmigung Vorteile. Das haben Sie gar nicht gesagt. Die Ausschreibungen zeigen jetzt schon, dass wir dadurch, dass an dieser Stelle Wettbewerb stattfindet, innerhalb von drei Monaten um 25 % niedrigere Stromkosten haben. Ich denke, dass das ganz gut ist.

Die Festvergütung, die Sie hier ins Spiel bringen, Herr Stümpfig, ist eine Rolle rückwärts; denn Sie verursachen damit hohe Stromkosten – und die Oma, die mit ihrer kleinen Rente die Stromrechnung bezahlen muss, ist da wieder mit im Boot. Genau das wollen wir nicht.

Kommen wir auf das Bayern-Kontingent zu sprechen. Sie haben da 500 Megawatt pro Jahr gefordert. Aber diese Forderung ist eigentlich nicht begründbar. Natürlich ist eine Steuerung etwas Gutes, und Sie haben richtig erkannt, dass die sogenannte Südschiene, bestehend aus den südlichen Bundesländern, unter anderem Bayern, eine Rolle bei der Netzbe- oder -entlastung spielen könnte. Aber der Mechanismus ist falsch, weil er nicht generiert werden kann bzw. weil Sie dabei keine Steuerungsmöglichkeiten haben. Viel besser ist es, mit dem Einspeisemanagement zu agieren, beispielsweise erneuerbare Energien in Bereichen von Netzengpässen schlechter zu stellen oder andere Mechanismen zu erfinden, die hier besser geeignet sind.

Ausschreibungsrunden, wie sie im Dringlichkeitsantrag genannt sind, sind generell richtig. Aber so, wie Sie sie gefordert haben, ist es leider wieder falsch. Es wäre nämlich ein Stück weit besser, bei kurzfristigen Sonderausschreibungen Projekte mit ins Spiel zu bringen, die bereits genehmigt sind, um so den Realisierungszeitraum zu begrenzen. Das ist vielleicht der richtigere, schnellere und bessere Weg, um belastbare Planungsgrößen zu bekommen. Da ist der Bundesgesetzgeber verantwortlich. Sie können sicher sein, dass der Freistaat Bayern bereits aktiv ist.

Kommen wir zu 10 H, Ihrem Lieblingsthema, das hier im Haus oft missbraucht wird. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Schallplatte hängt. Herr Glauber, auf der einen Seite legen Sie hier ein großes Plädoyer gegen 10 H ab, aber draußen vor Ort sagen Ihre Kollegen von den FREIEN WÄHLERN – vielleicht nicht mehr in der Fraktion, aber noch in der Partei –: Da können aber keine Windräder gebaut werden; da muss die 10-H-Regelung gelten! – Die FREIEN WÄHLER sollten sich schon einmal überlegen, was sie nun wollen, um hier glaubhaft mitdiskutieren zu können.

Hören Sie mit dem Märchen auf, die 10-H-Regelung sei schuld am Rückgang des Ausbaus der Windenergie in Bayern. Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen, dass die Menschen in Bayern von der Politik gefordert haben, den Ausbau der Windenergie nur im Einklang mit dem Schutz der Natur und der Landschaft und im Konsens mit den Menschen vor Ort zu realisieren.

(Widerspruch bei der SPD und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN)

Doch, das hat der Wähler bei der Wahl 2013 so entschieden. Vielleicht sollten Sie sich die Wahlprogramme in Erinnerung rufen. Die 10-H-Regelung ist daraus konsequenterweise entstanden. Ich darf Ihnen darüber hinaus in Erinnerung rufen – Frau Kohnen hat es auch gesagt –, dass die 10-H-Regelung auch vor dem Verfassungsgerichtshof standgehalten hat. Somit ist sie gerichtlich bestätigt.

Die 10-H-Regelung ist keine Verhinderungsregelung, sondern stärkt die kommunale Bauleitplanung. Im Rahmen des Bauleitverfahrens können Interessen vor Ort beteiligt werden. Damit steigt natürlich auch die Akzeptanz solcher Projekte vor Ort und damit der Energiewende insgesamt. Konzentrieren wir uns mal auf die Fakten, Herr Stümpfig. Ich habe es Ihnen im Ausschuss schon mehrmals gesagt und möchte Sie hier nochmals fragen: Könnte es sein, dass der Binnenstandort Bayern für die Windkraft nicht die idealen Voraussetzungen bietet?

(Erwin Huber (CSU): Sehr richtig!)

Könnte es sein, dass die windhöffigen Standorte in der Vergangenheit bevorzugt ausgebaut und erschlossen worden sind und damit im Programm für die Energieversorgung in Bayern schon präsent sind? Könnte es sein, dass durch die verschiedenen Einspeisevergütungen und Novellierungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Sätze zustande gekommen sind, die für den Windkraftstandort Bayern keine lukrativen Möglichkeiten mehr zulassen? Sind Ihnen Regionalpläne bekannt, die Vorranggebiete für Windkraftanlagen außerhalb der 10-H-Regelung ausweisen, die zu jeder Zeit erschlossen werden könnten, aber vermutlich wegen fehlender Lukrativität nicht zum Tragen kommen? Haben Sie sich diese Tatsachen schon einmal bewusst gemacht?

Sagen Sie das den Leuten draußen, seien Sie so ehrlich. Auf Ihrer Internetseite sind Foren, in denen sich Leute für die Windenergie aussprechen können; dort sind Aussagen zu finden – ich habe den Verdacht, dass Sie hier abgeschrieben haben – wie: Das EEG spielt eine Rolle, Investitionskosten pro Anlage sind im Süden viel höher; man muss höhere Anlagen bauen; längere Flügel kosten Geld; die Anschlusskosten sind wegen der Topografie, der Wege, der Netzanbindung höher; die kleinteilige Landschaft in Bayern macht eben Mega-Windparks, wie es sie anderweitig gibt, nicht möglich. – Vielmehr entstehen hier kleine Anlagen, kleine Parks.

Wer rechnen kann, stellt fest, dass die Voraussetzungen, umgerechnet auf die einzelne Anlage, ganz andere sind als woanders. Wenn Sie anfangen würden, ehrlich zu diskutieren, wären Sie viel glaubwürdiger. Deswegen muss ich Ihnen sagen: Der vorliegende Dringlichkeitsantrag zeigt ein Stück weit, dass Sie nur versuchen, die Zeit mit diesen Themen zu belegen, ohne irgendwelche Lösungen aufzuzeigen.

(Beifall bei der CSU)

Zu den FREIEN WÄHLERN habe ich schon gesagt, dass sie die 10-H-Regelung draußen ganz anders verkaufen, als sie hier argumentieren.

Liebe Frau Kohnen, mein Vorsitzender Erwin Huber hat mir verboten, mich mit Ihnen zu streiten; Sie machen das bilateral aus. Aber ich stelle fest, dass wir uns hier im Hohen Haus mit Energiefragen sehr intensiv beschäftigt haben. Wir haben einen Energiedialog geführt, der für andere Landesregierungen und Diskussionen Blaupause ist. Er wird auch permanent ergänzt und fortgeführt. Hier im Hohen Haus haben wir uns auch sehr oft mit dem Thema Kohle und anderen Energiefragen befasst. Im zuständigen Wirtschaftsausschuss, dessen stellvertretender Vorsitzender Sie sind, Herr Stümpfig, und an dem Sie, Frau Kohnen,

auch des Öfteren teilnehmen, reden wir ganz, ganz oft über Energie.

(Natascha Kohnen (SPD): Schauen Sie sich doch mal die Tagesordnung an!)

Morgen haben wir fünf Punkte zum Thema Energie auf der Tagesordnung, zu denen ich Berichterstatter bin.

(Natascha Kohnen (SPD): Ja, das sind Anträge von uns!)

Ja. Wir reden also über das Thema – aber Sie sagen, wir reden nicht darüber. Das muss ich zurückweisen; das passt nicht. – Deswegen lehnen wir alle drei Dringlichkeitsanträge ab.

(Volkmar Halbleib (SPD): Geben Sie doch der Frau Aigner die Chance zu berichten!)

Herr Kollege Kirchner, bleiben Sie bitte am Rednerpult; der Kollege Glauber hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Kollege Kirchner, Sie sagen, 10 H sei keine Verhinderung der Planungen. Sagen Sie doch dem Hohen Haus, wie viele neue Anlagen in 2016 und 2017 hinzugekommen sind, damit alle Kolleginnen und Kollegen wissen, dass die 10-H-Regelung doch eine Verhinderungsplanung ist, nachdem null neue Windräder dazugekommen sind. Wir kommen von über 200 Anlagen. Sie haben Ihr Ziel doch erreicht.

Sie sprechen davon, dass wir, die FREIEN WÄHLER, aber auch andere im Hohen Haus keine Verantwortung übernehmen. Demgegenüber sage ich Ihnen, Herr Kirchner: Sie stellen Landräte, wir stellen Landräte. Wir haben in Landkreisen die Verantwortung übernommen und Energieleitpläne und Regionalpläne aufgestellt. In diesen Regionalplänen wurden Vorrangflächen definiert. Aber Sie haben von jetzt auf gleich einfach die vielen Planungen, die in Bayern existiert haben, obsolet gemacht. Damit haben Sie die viele Arbeit, die in den Regionen, in den einzelnen Gremien, in den vom Volk gewählten Kommunalparlamenten geleistet wurde, vom Tisch gewischt. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber der kommunalen Ebene.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Kirchner, Sie haben das Wort.

Herr Glauber, privat verstehen wir uns eigentlich recht gut. Ohne dass es jetzt zu persönlich wird, muss ich Ihnen sagen: Das ist jetzt wieder so eine typische FREIE-WÄHLER-Aussage; denn nicht die FREIEN WÄHLER machen die Regionalplanung, sondern die Regionalen Planungsverbände.

(Berthold Rüth (CSU): Ja, genauso ist es!)

Ich komme aus Franken und stelle fest, dass bei uns 70 % der Windräder in Bayern stehen. Wir kommen also insofern unseren Verpflichtungen nach.

Ich komme zudem aus einem Landkreis, der das beste Beispiel dafür liefert, dass die 10-H-Regelung Planungen nicht verhindert. Bei mir im Landkreis hat ein Bürgermeister die Werkzeuge benutzt, die die 10H-Regelung bietet, um Windräder in einer Bauleitplanung möglich zu machen. Das Windrad ist genehmigt und in der Entstehung. Das zeigt, dass Sie hier gerade wieder Märchen erzählt haben. Allein mit der 10-HRegelung, die Sie "Verhinderungsplanung" nennen, ist man jetzt schon 24- oder 25-mal den Weg der Bauleitplanung gegangen. Umgekehrt lässt man Projekte außen vor, die nach der Regionalplanung sofort möglich wären, weil sie vielleicht von der Windhöffigkeit, der Wirtschaftlichkeit her nicht realisierbar sind. Insofern bleibe ich bei meiner Aussage, dass Sie im Zusammenhang mit der 10-H-Regelung einfach nur versuchen, zu polarisieren, Märchen zu erzählen und die Leute zu übergehen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Frau Kollegin Kohnen hat ums Wort gebeten. Bitte schön.

Ich glaube, dass wir hier gar nicht so ein Hickhack machen müssen. Wir können uns stattdessen doch einmal die Daten von Windkraftanlagen herausholen und prüfen, welche Windkraftanlagen wann genehmigt wurden. Aus diesen Daten werden Sie tatsächlich ersehen – wir erfragen sie von Ihren Ministerien –, dass der Ausbau der Windkraft extrem abgenommen hat und fast zum Erliegen gekommen ist. Das wäre eine schöne Möglichkeit, Frau Aigner, wenn wir uns mal, meinetwegen auch im Wirtschaftsausschuss, zusammensetzen und Sie tatsächlich einfach mal die verschiedenen Bausteine der Energiewende zusammen darstellen. Dann könnten wir solche Punkte in Ruhe anhand der Datengrundlagen betrachten. Nur darauf zielt unser Berichtsantrag. Wir wünschen uns eine Datengrundlage, damit wir einfach mal gemeinsam darüber sprechen können. Die Diskussion

über die Energiewende jetzt wieder zu einem Hickhack zu machen, bringt nichts.

(Erwin Huber (CSU): Wer macht das denn?)

Was heißt "wer macht’s?"? Wenn wir selber keine Grundlagen kriegen, sondern sie immer erfragen müssen, müssen wir das eben gemeinsam erarbeiten. Das wäre anhand eines Berichts der Ministerin einfach gut zu machen.

Den Energiedialog besuchen wir energiepolitischen Sprecher alle; wir bekommen das alles mit. Aber wenn wir eine echte, gute politische Konzeption herstellen wollen, hinter der dann auch im Landtagswahlkampf vielleicht jeder stehen kann, bekommen wir das Infrastrukturprojekt echt hin. Ansonsten schaffen wir es unter Umständen nicht. Insofern meine Bitte noch einmal an Frau Aigner, ob wir uns denn im Wirtschaftsausschuss – es muss ja nicht hier sein; denn hier gibt es immer ein bisschen Schaukämpfe – einfach hinsetzen und das in Ruhe besprechen können.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Kohnen, ich gehe davon aus, Sie haben jetzt den Kollegen Kirchner angesprochen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Es ist bei ihm angekommen!)

Deswegen gebe ich jetzt dem Kollegen Kirchner das Wort.

(Volkmar Halbleib (SPD): Über die Regierungsbank direkt an den Redner! – Zuruf der Abgeordneten Natascha Kohnen (SPD))

Das haben wir noch nicht so ganz in der Geschäftsordnung. Sie müssten dazu einen Vorschlag machen. Aber jetzt hat der Kollege Kirchner das Wort.

Um den Spaß mitzumachen: Das bedeutet, dass Sie den Antrag zurückziehen,

(Natascha Kohnen (SPD): Nein!)

um das bilateral zu klären, oder?

Ich möchte das schon noch differenzieren, Frau Kohnen. Ich gebe Ihnen vollkommen recht. Die Energiewende ist wichtig, und wir müssen versuchen, gemeinsam einen Konsens für Dinge zu finden, die von der Bevölkerung ein Stück weit mitgetragen und akzeptiert werden können.

Aber ich wehre mich gegen den Versuch, falsche Wahrnehmungen über die 10-H-Regelung zu erzeugen und falsche Fakten in den Raum zu stellen. Dagegen wehre ich mich, und dagegen habe ich mich heute auch gewehrt. Zu den Zahlen will ich Ihnen sagen, dass nicht 10 H das Problem ist, sondern dass sich die Energieeinspeisevergütung verändert hat, mit der eine Novellierung des EEG einhergeht, und dass der Windstandort Bayern natürlich nicht die gleichen Voraussetzungen wie andere Gebiete hat. Das müssen Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Wenn uns das gelingt, haben wir viele Möglichkeiten, alles andere vernünftig zu besprechen.