Wir machen heute einen Vorschlag, wie das Wachstum in Bayern entwickelt, human und sensibel gestaltet und dafür gesorgt wird, dass es keine Bürger zweier Klassen gibt, einerseits den Großstadtbürger mit mehr Chancen und andererseits den Bürger aus dem ländlichen Raum ohne Chancen. Ich finde, jeder in Bayern hat die gleichen Chancen, jeder in Bayern soll die gleichen Möglichkeiten haben. Ich will, dass Stadt und Land mehr Hand in Hand gehen.
Herr Staatsminister, bleiben Sie bitte noch. – Wir haben zwei weitere Zwischenbemerkungen. Die erste Zwischenbemerkung kommt vom Kollegen Woerlein. Bitte schön.
Herr Minister Söder, ich kann Sie beruhigen: Ihre Rede war leidenschaftlich. Das zeigt auch der lang anhaltende Applaus Ihrer Fraktion. Man sollte sich aber bei all der Leidenschaft nicht dazu hinreißen lassen, die Wissenschaft hintanzustellen. Was Sie zu den Expertenanhörungen, die wir hier hatten, gesagt haben, macht mir Sorge. Sie können diese Expertenmeinungen nicht einfach wegwischen. Die Experten – ich muss Sie damit noch einmal konfrontieren – haben zum Ersten eindeutig festgestellt, dass die Pläne am Riedberger Horn eine ökologische Katastrophe sind, und zum Zweiten wurde klar prognostiziert, dass dann, wenn Sie die Vorhaben am Riedberger Horn ermöglichen, zahlreiche Folgeanträge kommen werden. Wenn der Alpenplan in die Tonne getreten wird, tragen Sie die Verantwortung dafür, dass ein falscher Weg im Umweltschutz eingeschlagen wird. Ich bedauere das sehr. Ich habe Ihren Weg als Umweltminister mit Inte
resse verfolgt und hatte das Gefühl, dass Sie sich massiv einsetzen. Sie haben damals viele Versprechen gegeben, die ich jetzt im Einzelnen gar nicht aufzählen will, die leider nicht gehalten werden. Das ist ein historischer Schritt in eine völlig falsche Richtung im Umweltschutz. Das muss hier in aller Deutlichkeit für das Protokoll noch einmal festgehalten werden.
Herr Kollege, einmal abgesehen davon, dass ich als Umweltminister vieles gemacht habe, was bis heute Bestand hat – denken Sie an die grüne Gentechnik und anderes –, sage ich Ihnen eines: Wissenschaftlicher Rat ist immer gut. Wären wir dem wissenschaftlichen Rat zum Beispiel beim kommunalen Finanzausgleich eins zu eins gefolgt, hätten wir bei vielen Gemeinden massiv kürzen müssen. Wir müssten dann viele Veränderungen im Land vornehmen. Ich finde wissenschaftlichen Rat gut. Wenn wir nicht in der Lage wären, das politisch zu überdenken und zu entscheiden, dann bräuchten wir hier nicht mehr zusammenzusitzen. Wissenschaftlicher Rat ist das eine, aber die Entscheidung müssen wir hier treffen. Wir sind in der Verantwortung.
Ich sage es noch einmal: Die "einzige baufachliche Entscheidung" – das ist angesprochen worden – kommt, mit all den Rechtsfragen. Der Alpenplan wird so strukturiert, wie es vorgeschlagen ist. Das ist so. Wir reden seit fast zwei Jahren über dieses LEP. Sie glauben doch nicht, dass sich das in den nächsten eineinhalb, zwei oder fünf Jahren noch viel ändert.
Ich sage Ihnen noch eines: Ich bedauere es sehr, dass durch die Art und Weise der Diskussion nicht von Ihnen persönlich, aber von vielen anderen am Ende eine Region so diskreditiert wird wie die Ge
Leute, ihr fragt mich, und ich antworte brav. Herr von Brunn, Sie haben vorhin zugegeben, dass Sie nicht vor Ort waren. Wenn Sie ständig so schlecht über ein Gebiet reden, dann schaden Sie diesem Gebiet natürlich in der Zukunft.
Zur Frage, ob das eine ökologische Katastrophe ist: Ich war dort und habe mir das angesehen. Der Plan geht durch das Gebiet für das Birkhuhn. Ich bin mir nicht sicher, ob es eine an der Grenze der Zonen B und C orientierte Wanderungsbewegung der Birkhühner innerhalb des Wäldchens gibt. Ich weiß aber: Wir vergrößern Flächen, wir vergrößern Schutzzonen. Es ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass die Schutzzone vergrößert wird. Das kann doch keine ökologische Katastrophe sein. Das ist doch eher ein ökologisches Plus. Das darf man auch einmal sagen und wahrnehmen.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Söder, zu zwei Dingen: Sie haben vorhin die Situation in den Großstädten geschildert: Verödung der Innenstädte, die Einkaufszentren auf dem Land, die Situation für die Menschen. Sehen Sie nicht auch, dass durch das, was Sie im LEP erneut machen, was Sie schon bei der letzten Veränderung mit den Verkaufsflächen gemacht haben, die Situation aus den Städten auf das Land transportiert wird? Das Problem haben wir auf dem Land heute schon: Verödung der Dorfkerne, Einkaufszentren am Ortsrand. Durch das, was Sie im Landesentwicklungsprogramm jetzt vorschlagen, wird das nochmals verstärkt. Das kann doch nicht Ihr Modell sein, dass man die Probleme der Städte auf das Land transportiert.
mäße Entwicklung heißt, auf den wichtigen Rohstoff Boden – das ist das Wichtigste für das Land – Rücksicht zu nehmen und entsprechende Modelle zu entwickeln, nicht so, wie Sie es tun.
Das Zweite, zum Riedberger Horn: Die beiden Gemeinden haben einen Antrag auf Zielabweichung nach dem Landesentwicklungsplan gestellt. Das ist ihr gutes Recht. Das ist eine kommunale Angelegenheit. Die Staatsregierung konnte diesem Antrag nicht entsprechen, weil ganz klar war, es gab keine Einstimmigkeit, die Stellungnahme des Umweltministeriums war klar ablehnend und auch die des Landwirtschaftsministeriums. Jetzt hätten Sie das tun müssen, was jeder Bürgermeister tut, wenn er einen Bauantrag ablehnt, dass er nämlich dem Bauherrn sagt: Der Antrag ist okay, aber er wird abgelehnt, das geht nicht, und damit musst du leben, überlege dir einen alternativen Plan. – Genau das haben Sie nicht getan.
Sie haben gesagt: Jetzt drehen wir das anders, wir schneiden etwas heraus, und dann schauen wir, wie es geht. – Jetzt soll der Landrat entscheiden. Hat sich die Fachlichkeit auf der Landesebene verändert? Werden die Stellungnahmen des Umweltministeriums, des Landesamtes für Umwelt, der Naturschutzbehörden und der Naturschutzverbände anders sein als bisher? Was soll der Landrat also anders entscheiden?
Wollen Sie sagen, die Entscheidung auf kommunaler Ebene ist nicht sachbezogen, sondern interessenbezogen? Ich glaube, diesen Vorwurf dürfen wir uns im Interesse der kommunalen Selbstverwaltung nicht machen lassen.
wesen. Das war die Ausgangslage. Dann kam die Frage aus der Mitte des Landtages, aber auch von der Staatsregierung, ob es andere Optionen gibt. Daraus hat sich die gesamte Idee der Weiterentwicklung ergeben. Letztlich gibt es doch zwischen den Verfahren aufgrund der bestehenden Rechtslage und den Verfahren aufgrund der geänderten Rechtslage einen Unterschied. Wenn sich die Rechtsgrundlage ändert, ändert sich auch die Verfahrensstruktur. Zu dem, wogegen Sie kämpfen oder klagen werden, kommen wir ohnehin.
In einem möchte ich Ihnen widersprechen. Was Sie zu den Großstädten sagen, stimmt nicht. In den Großstädten gibt es keine Verödung der Innenstädte; das ist völlig unwahr. Ich lebe in einer Großstadt. Wir haben in den Großstädten die Entwicklung, dass der Innenstadtbereich mit Glitzerläden usw. boomt. Manches sieht auch ähnlich aus; das ist keine Frage. Da ist alles super. In den Vorstädten wohnen viele Leute; auch das ist gut. Die Wohngebiete sind gut strukturiert, und alles ist wunderbar. Probleme gibt es manchmal in der Mitte, durch die übrigens viele, die darüber reden, ab und zu auch durchfahren. Dort haben wir die Herausforderungen von Armut und Migration, gerade in meiner Heimatstadt Nürnberg und woanders auch. Da liegt die Herausforderung. Es gibt keine Verödung der Innenstädte, sondern in den Großstädten haben wir die Superstruktur, und im Vorstadtbereich ist alles okay, aber in der Mitte, wo es soziale Herausforderungen gibt, wird es schwierig. Deswegen müssen sich die Großstädte eine eigene Siedlungspolitik überlegen. Das ist nicht unsere, sondern deren Aufgabe. Das ist richtig.
Zum Land. Seien wir ganz ehrlich: Ein Stück weit können wir das Kaufverhalten der Menschen nicht komplett ändern.
Ich glaube, das ist schwierig. Heute will niemand in 30 Geschäfte rennen und 30 Tüten tragen, sondern gerade junge Familien – so hat sich die Zeit geändert – sind manchmal froh, wenn sie alles an einer Stelle bekommen und vielleicht sogar ein bisschen Kinderbetreuung möglich ist. Viele Gemeinden versuchen, Herr Gehring, sich diesem veränderten Kaufverhalten anzupassen. Ich bin kein Fetischist von Supermärkten usw.; aber glauben Sie, dass dann, wenn es heute in einer Gemeinde keinen Supermarkt gibt – darum ist die eine Änderung im LEP noch wichtig, Erwin Huber –, ein kleiner Tante-Emma-Laden, ein kleiner Metzger und möglicherweise ein kleiner Schuhmachermeister aufmachen? Es gibt eine Realität, und die Realität heißt: Wir ziehen Grenzen ein und haben Sicherungen; aber wir müssen ein bisschen Luft lassen, damit
sich der ländliche Raum entwickeln kann und auch ein Stück weit die Möglichkeit besteht, das Kaufverhalten, wie es heute realistisch ist, ein bisschen anzunehmen. Meine Damen und Herren, wir leben in der Gegenwart, und ich bin der Auffassung, wir müssen auch für junge Menschen, die gern im ländlichen Raum leben, ein Angebot schaffen, das mit dem der Großstadt vergleichbar ist. Das ist das Entscheidende.
Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, hat sich der Kollege von Brunn zu einer persönlichen Erklärung zur Aussprache gemeldet. In der persönlichen Erklärung darf der Redner Angriffe zurückweisen oder Ausführungen korrigieren, aber nicht mehr zur Sache sprechen. – Bitte schön, Herr von Brunn.
Herr Finanzminister Söder, Sie haben gerade die unwahre Behauptung aufgestellt, ich hätte zugegeben, nicht am Riedberger Horn gewesen zu sein. Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser Behauptung kommen. Selbstverständlich war ich am Riedberger Horn. Ich habe das Riedberger Horn einschließlich aller geplanten Pisten begangen. Daraus, dass ich die Frage von Herrn Holetschek nicht beantwortet habe, zu schlussfolgern, dass ich nicht dort gewesen bin, sagt viel über Ihren Umgang mit der Wahrheit aus.
Danke schön, Herr Kollege von Brunn. – Kolleginnen und Kollegen, die Aussprache ist geschlossen. Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, noch kurz zu ihrem Ablauf, weil wir jetzt viele Abstimmungen hintereinander durchzuführen haben. Ich lasse zuerst in einfacher Form über den Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER auf der Drucksache 17/16764 abstimmen. Danach folgen die vier namentlichen Abstimmungen. Nach diesen Einzelabstimmungen wird über die verbleibenden Anträge eine Gesamtabstimmung durchgeführt, bei der die Voten des federführenden Ausschusses entsprechend der aufgelegten Liste zugrunde gelegt werden. Anschließend wird die Sitzung bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen Abstimmung unterbrochen, und danach erfolgt die Abstimmung über die Änderung des Landesentwicklungsprogramms selbst. Ich darf Sie bitten, nach den einzelnen namentlichen Abstimmungen jeweils immer wieder Ihre Plätze einzunehmen, damit wir zügig durch die Abstimmungen kommen.