Protokoll der Sitzung vom 14.11.2017

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Da gibt es die verschiedensten Probleme: Gelbrost im Getreide, Phytophthora in Kartoffel und Mykotoxine. In warmen und feuchten Jahren tritt beispielsweise in vermehrtem Umfang das Wachstum von Pilzen wie Fusarium auf. Die produzierten Mykotoxine, Pilzgifte, sind Gifte, die für die Menschen wirklich gefährlich sind. Eine solche Ware wäre, wenn man nicht rechtzeitig behandelt, nicht verkehrsfähig. Sie müsste entsorgt werden. Da frage ich mich, ob das ethisch vertretbar ist.

Unsere Landwirte haben eine hervorragende Ausbildung; sie darf man nicht an den Pranger stellen. Die Landwirte haben Vorgaben einzuhalten und Vorschriften zu beachten. Alle nehmen täglich eine verantwortungsvolle Abwägung vor.

Auch wir wollen über den Bestand der Insekten in Deutschland mehr wissen. Dazu haben wir einen entsprechenden Antrag eingebracht. Darin werden von uns verschiedene Fragen gestellt. Eins ist aber schon klar, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es bedarf einer seriösen Untersuchung und valider Daten. Es gibt derzeit in Deutschland keine Erfassung von Insektenbeständen, die eine Aussage über die zeitliche Entwicklung erlauben würde. Die Hobbyforscher in Krefeld, die über diese Jahre hinweg an zwei Standorten Insektenfallen aufgestellt und die Biomasse gewogen haben, sind daher nicht besonders glaubwürdig.

(Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Ich sage es ganz klar: Wenn es eindeutige Indizien dafür geben würde, dass Insektenarten in Deutsch

land in breitem Umfang aussterben, müsste man dem selbstverständlich nachgehen. Aber das müsste mit wissenschaftlich fundierten, nachvollziehbaren Methoden geschehen.

(Horst Arnold (SPD): Wissen Sie eigentlich, was Sie da so erzählen?)

Ihre durchsichtigen Autoscheibendeutungen, liebe Kollegin Sengl, können wir nicht durchgehen lassen. Die Autokonzerne untersuchen täglich, wie man die Autos noch stromlinienförmiger bauen kann. Sie aber zählen die Fliegen an der Windschutzscheibe. Das ist wissenschaftlich in keiner Weise nachzuvollziehen.

(Horst Arnold (SPD): Sie machen aus Elefanten Mücken!)

Jeder Landwirt hat ein echtes Interesse an einer artenreichen Kulturlandschaft, und er wird dafür auch in vertretbarem Umfang Maßnahmen ergreifen.

Wir müssen in Deutschland beispielsweise dringend unser bisheriges System von Ausgleichsflächen überdenken. Die tausendste Streuobstwiese bringt uns nicht sehr weit. Wir müssen wirkungsvollere, zielgerichtete Maßnahmen zusammen mit der aktiven Landwirtschaft entwickeln. Wir sind mit unserer Kompensationsverordnung, mit unserem KULAP und mit unserem Vertragsnaturschutzprogramm vorausgegangen. Auf diesen unseren Erfolgen werden wir uns trotzdem nicht ausruhen.

(Zurufe von der SPD)

Wenn es um die Artenvielfalt geht, müssen wir das Augenmerk auch auf die Arten richten, die in der Lage sind, Bodenbrüter und andere Arten massiv zu dezimieren. Ich nenne Fischotter, Wölfe, Füchse, Marderhunde, Waschbären und Minks.

(Zurufe von der SPD)

Das sind Fakten, lieber Kollege, und bei den Erstgenannten muss man ganz einfach auch einmal die Entnahme – ich sage: den Abschuss – zulassen. Dann ist es auch für Bodenbrüter wieder einfacher, Lebensraum zurückzugewinnen und sich zu vermehren.

(Beifall bei der CSU)

Von den vielen Hauskatzen, die auch Raubtiere sind und vor allem Vögel räubern, will ich an dieser Stelle gar nicht sprechen.

Die Agrarpolitik der GRÜNEN, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist völlig durchsichtig. Sie, meine Damen und Herren, pflegen Ihr eigenes Klientel, ohne Rücksicht auf unsere Bäuerinnen und Bauern zu nehmen,

ohne deren praktische Arbeit zu kennen und ohne auf die Gefühlslage der Betroffenen Rücksicht zu nehmen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Sie, liebe Kollegin Sengl, verunglimpfen alle Bauern,

(Gisela Sengl (GRÜNE): Das streite ich ab!)

zumindest 92 % der bayerischen Bauern als Zerstörer von Natur und Umwelt.

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

Sie haben einen Film gedreht, in dem Sie behaupten, Pflanzenschutzmittel seien ganz selbstverständlich in spürbaren Mengen in Kartoffelpüree, in Nahrungsmitteln und in Flüssen und Bächen zu finden. Sie sollten sich schämen, so mit den Bauern umzugehen und so auf politischen Stimmenfang zu gehen!

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo!)

Wir sind stolz auf unseren bayerischen Weg. Wir haben über 100.000 landwirtschaftliche Betriebe in Bayern; die meisten bei uns sind kleine Betriebe. Über 100.000 Bauernfamilien produzieren gesunde Nahrungsmittel und engagieren sich im ländlichen Raum. Fast alle arbeiten mit höchstem Verantwortungsbewusstsein, und sollte es Ausnahmen geben, dann fallen sie in der Öffentlichkeit sofort auf.

(Zurufe von der SPD)

Mir kommt es darauf an, dass wir auch in Zukunft junge Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter finden, die den elterlichen Betrieb übernehmen, unser Land bewirtschaften und die das landwirtschaftliche Wissen aufnehmen und an die nächste Generation weitergeben.

Die Veränderungen, die wir in den verschiedenen Bereichen wollen, können wir nur mit den Bauern erzielen und nicht gegen sie, und das kann nur mit Maßnahmen geschehen, die in der Praxis umsetzbar sind, und nicht durch schäbige Filmchen. Das will ich an dieser Stelle deutlich sagen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo!)

Nur anonym geführte landwirtschaftliche Unternehmen, wie Sie sie der Agrarindustrie zurechnen und die nicht unser Leitbild sind, sind wirklich resistent gegen Ihre unsachlichen Anwürfe. Sie machen eine verantwortungslose Politik gegen die Bauern und damit gegen die Zukunft unseres Landes.

(Horst Arnold (SPD): Nein, Sie!)

Das ist nicht unser Weg. Wir wollen zusammen mit den Bauern Veränderungen erreichen, unser Land gestalten und gesunde Nahrungsmittel durch eine lebendige Kulturlandschaft erzielen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Kollege Arnold von der SPD das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine beiden Vorredner sind eigentlich so etwas wie Jamaikaner oder Schwampler. In diesem Zusammenhang bleibt mir nur die Hoffnung, dass die beiden Züge, die da aufeinander zurasen, rechtzeitig gestoppt werden; denn sonst würden beide unter dieser Kollision leiden hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Fähigkeit, die Diskussion zielführend voranzutreiben.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Schöffel, gesundbeten nützt nichts. Auch mit einem Auto, das nicht stromlinienförmig ist, wie beispielsweise ein VW Käfer, treffen Sie heute weniger Insekten. Ob es nun 80 % Rückgang der Masse der Fluginsekten sind oder 70 %, ist nicht entscheidend. Klar ist, dass ein Artenrückgang verzeichnet werden kann, und klar ist auch, dass das mit eine Folge der Art und Weise ist, wie Landwirtschaft praktiziert wird. Wir müssen auch feststellen, dass 92 % der Bäuerinnen und Bauern in Bayern Pflanzenschutzmittel einsetzen. 60 % dieser Landwirte tun dies im Nebenerwerb.

Sie, meine Damen und Herren, legen heute eine Strategie vor, mit der Sie fordern, bis zum Jahre 2030 eine 50-prozentige Reduzierung zu erzielen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, konventionell und bio sind für die Struktur im ländlichen Raum und auch für die Kulturlandschaft wichtige Elemente. Es sind sozusagen die Korsettstangen unseres Landes; diese gilt es zusammenzuführen und zusammenzudenken und nicht auseinanderzudividieren.

Frau Sengl, ich habe manchmal den Eindruck, Sie besitzen die Neigung, die beiden Richtungen auseinanderzudividieren. Damit könnten wir allerdings nicht gemeinsam zielführende, sinnvolle Lösungen erarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Biokartoffeln nicht aus Ägypten – da sind wir uns einig. Aber dann müssen die Biokartoffeln in Bayern hochgezogen werden. Allerdings gibt es in Bayern

auch den Kartoffelkäfer. Und da rede ich zunächst einmal von den Ackergiften. Sie sprechen von Ackergiften immer dann, wenn es chemisch ist. Nun sind aber auch im Biolandbau Pflanzenschutzmittel zugelassen. Ich spreche zum Beispiel Spinosad an. Das ist im Grunde ein natürliches Mittel, aber sehen Sie sich doch einmal an, was das mit den Bodenbakterien sowie mit der Fermentation macht. Das Mittel wird als bienengefährlich bezeichnet; es ist gefährlich für Fliegen, Käfer und Schmetterlinge. Es ist im Grunde damit auch ein Gift, und ich glaube, letztendlich ist es den Insekten und vielleicht auch uns egal, warum diese Arten zurückgehen. Auch in diesem Bereich werden Dinge vorangetrieben, die notwendigerweise geschehen müssen, um Ernte, Lebenserwerb und Strukturen zu sichern. Wir können es uns nicht erlauben, einen hundertprozentigen Ernteausfall damit zu goutieren, dass man sagt, wenigstens schwirren dann entsprechend Bienen draußen herum. Natürlich ist das wichtig, aber wir müssen aus meiner Sicht etwas sachlicher bleiben.

Dann haben wir das Pflanzengift Neem. Es wird aus dem Niembaum gewonnen. Das ist auch ein pflanzliches Insektizid und bienengefährlich. Von daher wissen wir doch, dass in diesem Bereich notwendigerweise Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Polarisierung mit der Frage "Gift oder nicht Gift?" führt genau in die Sackgasse hinein. Das wollen wir nicht, sondern wir wollen darüber sprechen. Denken wir an den Raps. Da gibt es den Bioraps. Er wird in offiziellen Veröffentlichungen als die Königspflanze im Biolandbau bezeichnet, weil sein Anbau nur dort überhaupt Aussicht auf Erfolg hat, wo wenig Schädlingsbefall ist. Was ist mit dem Schädlingsbefall? Wie bekämpfe ich diesen? Hoffe ich darauf, dass der Schädling vorüberzieht? So kann man doch in einer modernen Landwirtschaft nicht arbeiten, insbesondere dann, wenn sie zum Broterwerb dient.

Meine Damen und Herren, die Dosis macht das Gift. Den Insekten ist es egal, woran sie zugrunde gehen. Wir haben einen Nationalen Aktionsplan 2013 ins Leben gerufen. Da waren auch die Agrarminister von den GRÜNEN dabei. Dieser Nationale Aktionsplan sagt in diesem Zusammenhang, dass bis 2030 die Risiken um 30 % zu reduzieren sind, was den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für den Naturhaushalt anbetrifft, und insbesondere – damit haben wir uns schon das letzte Mal auseinandergesetzt – der Biolandbau um 20 % zu erhöhen ist. Das ist ein wichtiger Punkt.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen ihn umsetzen. Daher ist keine neue Politik angesagt, sondern wir müssen erst einmal anfangen,

die alte umzusetzen. Dann stimmt es allerdings. Da war der Kollege Schmidt unser CSU-Agrarminister, der jetzt auch noch Verkehrsminister ist. Da kommen also die Fliegen automatisch auf das Auto drauf, wenn es noch welche gibt.

(Heiterkeit bei der SPD)