Protokoll der Sitzung vom 29.11.2017

gensätzlichen Voten von Ministerien zu enthalten hat. Das Bundesministerium für Umwelt hat seine Ablehnung im Vorfeld klar und deutlich bekundet. Aber der Bundeslandwirtschaftsminister hat dennoch zugestimmt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen der CSUFraktion, wer einerseits großspurig und mit missionarischem Eifer eine Leitkultur predigt, die auch in der Einforderung unbedingter Rechtstreue liege, und andererseits vorsätzlich, aus Eigennutz und nicht aufgrund der Gesamtverantwortung, kalkuliert und dieses Recht irreversibel bricht, der soll entweder still sein und zukünftig den Sündenfall bereuen oder sich als Kardinal des Rechtsbruchs und der Unglaubwürdigkeit in der christlich-abendländischen Kultur feiern lassen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das war nicht nur eine Individualentscheidung von Herrn Schmidt. Herr Schmidt ist stellvertretender Vorsitzender der CSU. Der Noch-Parteivorsitzende der CSU und der Noch-Ministerpräsident der CSU waren in dieses Votum involviert. Damit geht dieses verhängnisvolle Bubenstück auch auf Ihre Kappe. Somit können Sie sich der Verantwortung nicht entziehen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Risiken für Herrn Schmidt persönlich waren gering. Ein Übergangsminister ist nur unter ganz schweren Bedingungen abrufbar. Jedoch ist die Zielrichtung klar: Weniger die Landwirtschaft braucht Sicherheit als vielmehr internationale Konzerne. Herr Schmidt machte sich mit diesem Votum zur Übergangsmarionette von Monsanto und von rein gewinnorientierten Kreisen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Bravo!)

Der Schaden ist groß. Frankreich, als unser Verbündeter in vielen Dingen von Ihnen zelebriert, und Italien sind vor den Kopf gestoßen. Für die Kommission, die eigentlich hätte entscheiden müssen und vermutlich anders entschieden hätte, musste er dann auch noch die Kohlen aus dem Feuer holen.

Tatsächlich konnten sich die Bürgerinnen und Bürger bisher nicht nur auf die Geschäftsordnung der Bundesregierung, sondern auch auf diese Norm verlassen. Diese wurde nun ausgehebelt und sogar niedergemetzelt, und das wird offenbar vom Herrn Ministerpräsidenten unterstützt. Dieser Tatbestand bekümmert uns alle. Politikverdrossenheit, ein Verlust der Glaubwürdigkeit, Defizite in der Verlässlichkeit und Zweifel an der Demokratie sind die Folgen. Das

alles ist nur geschehen, damit Herr Schmidt vorübergehend sein Positiönchen sichern konnte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen ist es notwendig, national alles zu unternehmen, um den Einsatz von Glyphosat wie in Frankreich effizient zu verbieten. Daher unterstützen wir die Anträge der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER. Allerdings enthält der Antrag der FREIEN WÄHLER schon wieder zeitliche Einschränkungen, aber das sind wir ja gewohnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der CSUFraktion ist ein lauer Zephyrwind im Ozean der Unverbindlichkeit. Was Sie hier schreiben, ist nicht akzeptabel. Daraus ist überhaupt nichts ableitbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, halten Sie sich in diesem Bereich doch einfach an Ihre Umweltministerin Scharf. Diese hat am 06.11.2017 im "Münchner Merkur" auf die Frage, ob Glyphosat abgeschafft werden muss oder kann, Folgendes geantwortet: "Ich finde, man müsste darauf verzichten; denn es gibt Alternativen". Wenn jemand recht hat, schauen wir nicht auf die Couleur, sondern auf den Inhalt. Halten Sie sich also an Ihre Umweltministerin, dann leisten Sie möglicherweise meiner Aufforderung Folge und stimmen unserem Antrag und dem Antrag der Mitbewerber zu. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Arnold. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Sengl. Bitte schön, Frau Sengl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ist vorgestern fast die Kaffeetasse aus der Hand gefallen, als ich gehört habe, dass Deutschland zur Verlängerung der Glyphosat-Zulassung Ja sagt. Ich bin immer noch fassungslos, dass sich ein CSU-Minister hinstellt und ganz locker für weitere fünf Jahre die Vergiftung unserer Felder erlaubt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Ganze wurde ohne irgendeinen Ausstiegsplan entschieden. Wir hätten es aber schon neulich im Landtag bei der Debatte über Pestizide ahnen müssen. Da hieß es ganz klar: Bayerns Bauern brauchen Pestizide. Alles andere ist eine rückwärtsgewandte Landwirtschaftspolitik.

Aber das Gegenteil ist der Fall. Die CSU betreibt eine rückwärtsgewandte Politik. Forschung und Wissenschaft warnen uns schon lange davor: Der Einsatz von Totalherbiziden, wie es Glyphosat nun einmal ist,

verursacht massives Artensterben. Glyphosat ist wahrscheinlich auch noch krebserregend. Kein vernünftiger Mensch bestreitet, dass der extrem hohe Einsatz von Pestiziden der Grund für unsere massiven Umweltprobleme und das massive Artensterben ist. Immer mehr Vögel kommen auf die Rote Liste. Pestizide finden sich im Grund- und Trinkwasser. Wer diesen Tatsachen ins Auge blickt, der weiß, dass wir nicht mehr so weitermachen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Landwirtschaft ist auch ohne Ackergifte möglich. Das beweist der Ökolandbau schon seit vielen Jahren. Wir brauchen kein Glyphosat auf unseren Feldern und Wiesen, auch für den konventionellen Anbau gibt es sehr viele Alternativen.

(Zuruf von der CSU-Fraktion: Welche?)

Mit der Entscheidung von CSU-Minister Schmidt wird nicht nur die Umwelt vergiftet, sondern auch das politische Klima. Kann man sich auf politische Partner noch verlassen? Kann man die Aussagen konservativer Parteien, wonach es mit den GRÜNEN Schnittmengen gebe, noch ernst nehmen? – Mit dieser Entscheidung ist viel Porzellan zerschlagen worden. Das Ausmaß ist überhaupt noch nicht klar. Am Montag wäre die Chance gewesen, ein Zeichen zu setzen. Gemeinsam mit Frankreich und den anderen Ländern hätten wir einen Glyphosat-Ausstieg auf den Weg bringen können. Das wäre für uns als Politikerinnen und Politiker, als Volksvertreter, eine Chance gewesen, die Glaubwürdigkeit unseres Berufs zu stärken. Genau das Gegenteil ist jedoch passiert. Die Interessen von Konzernen werden über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gestellt. Das ist ein Skandal!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Menschen wollen das Gift weder in der Umwelt, noch in den Lebensmitteln, noch im Wasser und auch nicht im Körper. Bei der Europäischen Bürgerinitiative haben 1,3 Millionen Menschen unterschrieben. Es gibt zum Thema X Petitionen. Landauf und landab werden zahlreiche Diskussionen geführt. Das alles spricht doch eine deutliche Sprache. Liebe CSU, damit habt ihr euch keinen Gefallen getan. Vor langer Zeit hattet ihr einmal einen schönen Wahlspruch: "Näher am Menschen".

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU – Zuruf von den GRÜNEN: Das ist eine Dro- hung! – Zuruf von der SPD: Näher bei Monsan- to!)

Inzwischen seid ihr von diesem Wahlspruch ganz, ganz weit entfernt. Eine derart weitreichende Ent

scheidung setzt die Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger aufs Spiel.

(Manfred Ländner (CSU): Jetzt hör doch auf damit!)

Eure Kommentare könnt ihr euch sparen. Redet doch einmal mit den Menschen da draußen, anstatt bloß hier drin zu hocken. Meint doch nicht immer, dass ihr alles besser wüsstet. Hochmut kommt vor dem Fall.

(Manfred Ländner (CSU): Hör doch auf!)

Es gibt nur eine Konsequenz: Wir müssen das nationale Verbot von Glyphosat auf den Weg bringen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Manfred Ländner (CSU): Das ist doch ein Schwachsinn!)

Danke schön, Frau Kollegin Sengl. – Der nächste Redner ist der Kollege Kraus.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Kollegen sind ja nicht mehr anwesend. Die Reihen haben sich mittlerweile etwas gelichtet. Der bekannteste und berühmteste Wirkstoff aller Pflanzenschutzmittel, Glyphosat, ist heute wieder einmal Thema im Bayerischen Landtag. Dieses Mal ist uns das Thema von der Bundes- und Europapolitik fast vorgegeben worden. Deshalb ist es gut, dass wir dieses Thema aufgreifen.

Ich möchte kurz auf die Geschichte des Wirkstoffs eingehen. Anfang der 1970er-Jahre ist der Wirkstoff entwickelt und im Jahre 1974 unter dem Namen Roundup – jeder kennt ihn – patentiert worden. Jeder, der in dieser Branche tätig ist, kann sich daran erinnern, dass das damals sehr teuer war. Damals ist der Wirkstoff sehr übersichtlich eingesetzt worden. Im Jahr 2000 ist das Patent ausgelaufen. Seitdem wird der Wirkstoff weltweit relativ günstig hergestellt und damit auch günstig angewendet und verbraucht. Im Jahr 2002 ist die Zulassung auf 15 Jahre bis zum 15. Dezember 2017 verlängert worden. Deshalb reden wir jetzt darüber.

Die Politik muss jetzt entscheiden, wie es mit diesem Mittel weitergeht. Eigentlich sollte die Politik im Sinne des Volkes entscheiden. Aufgrund der Erfahrungen der vier Jahre, die ich bereits im Landtag bin, möchte ich stark bezweifeln, dass das geschieht. Vielleicht ist dem einen oder anderen Sisyphos ein Begriff. Das ist der Mann aus der griechischen Mythologie, der immer wieder einen Stein den Berg hinaufrollt. So kommen

mir die Beratungen zu diesem Thema auch vor. Es handelt sich um ein Dauerthema, das uns immer wieder beschäftigt. Die Dringlichkeitsanträge der SPD, der GRÜNEN, der FREIEN WÄHLER und der CSU zeigen, wie wichtig es ist. Mittlerweile äußern sich bereits Generalsekretäre per Pressemitteilung, Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin dazu. Das zeigt, dass das Thema an Wichtigkeit gar nicht zu überbieten ist. Dies gilt vor allem für die Bundesministerien, die von Anfang an gefordert waren.

Die Entscheidung von Noch-Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt – das ist schon erwähnt worden – hat uns zu der Diskussion über dieses Thema bewegt. Deshalb reden wir jetzt darüber. Übrigens habe ich gelesen – das hat Herr Kollege Arnold bereits gesagt –, dass selbst unsere bayerische Umweltministerin – leider nicht da – mit einer Enthaltung gerechnet hat. Das wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Das war jedoch nicht der Fall. Deshalb führen wir heute diese Diskussion.

Jetzt komme ich zu den Dringlichkeitsanträgen, zunächst zum Dringlichkeitsantrag der SPD. Der Antrag enthält drei Absätze. Dem ersten und zweiten Absatz stimmen wir zu – ganz klar. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden. Die Formulierung im dritten Absatz "schnellstmöglichst" ist weder Fisch noch Fleisch und lässt viel offen. Aber damit können wir leben. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD zu.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt komme ich zum Antrag der GRÜNEN. Der Antrag enthält nur einen Satz, dem man eigentlich nichts entgegensetzen kann. Der Satz in dem Antrag ist einfach gut. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allerdings könnte man über einige Punkte in der Begründung diskutieren. Frau Kollegin Sengl hat schon einige Sätze dazu gesagt. In der Begründung heißt es, Glyphosat sei der alleinige Verursacher für den Rückgang aller Pflanzen und Tiere in der Ackerlandschaft. Pestizide würden Insekten und andere Nahrung für Vögel töten.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Ist so!)

Jetzt stelle ich meine Frage: Hat es vor dem Einsatz von Pestiziden und Roundup vor 1970 schon einen Rückgang von Pflanzen und Tieren in der Ackerlandschaft gegeben? Wer war dann daran schuld? Haben wir noch andere Schuldige? – Sie erwecken den Eindruck, als wäre nur die Landwirtschaft daran schuld.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Das ist Fakt! Es gibt weniger Insekten!)

Sicherlich ist die Landwirtschaft zu einem Teil schuld. Ich möchte jedoch zurückweisen, dass die Landwirtschaft alleine daran schuld ist.

Wir haben den Antrag der CSU auf Drucksache 17/16744 – der Plenarbeschluss steht Drucksache 17/17889 – im Umweltausschuss behandelt. Der Antrag besteht aus drei Punkten. Zu diesen drei Punkten besteht absoluter Konsens. Mit dem Antrag wird ein Verbot der Abgabe von Glyphosat an Privatpersonen gefordert. Das ist in unser aller Interesse. Ein ausgebildeter Landwirt muss einen Sachkundenachweis erbringen und eine Prüfung machen, damit er das Pflanzenschutzmittel überhaupt kaufen kann. Das weiß jeder, der von dieser Thematik ein bisschen Ahnung hat. Im Online-Handel, beispielsweise bei eBay, kann sich jeder Glyphosat bestellen. Morgen wird es dann mit der Post geliefert. Das gehört ganz schnell unterbunden. Dieser Antrag ist im Juli gestellt worden. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen. Was ist seitdem passiert?

Auch bei der zweiten Forderung des CSU-Antrags auf Drucksache 17/17889 sind wir uns einig. Die Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind – beispielsweise Schulgelände, Kinderspielplätze und Hausgemeinschaftsflächen –, muss stärker reglementiert werden. Das ist wirklich mehr als überfällig. Mit dem dritten Spiegelstrich wird ein Verbot der Vorerntebehandlung auf landwirtschaftlichen Flächen, der Sikkation, gefordert. Das braucht es nicht mehr. Da hat man wirklich andere Möglichkeiten.