Letztlich nenne ich den bodenständigen Staat. Was heißt das? – Wir alle hier sind kosmopolitisch. Wir sprechen mehrere Sprachen. Wenn wir die Dialekte hinzunehmen – die Färbung eines jeden ist erkennbar –, dann sind wir hier im Hohen Hause wirklich multilingual veranlagt. Bodenständig heißt aber, meine Damen und Herren, dass wir wissen, woher wir kommen und wo wir bleiben wollen, dass wir Heimat erhalten; denn Weltoffenheit und Wertgebundenheit gehören zusammen. Dabei ist es wichtig, die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Gleichzeitig muss aber die Lebensqualität Schritt halten. Dabei fällt auf, dass wir zwei Entwicklungsgeschwindigkeiten in den Ballungsräumen und den ländlichen Räumen haben. Darüber haben wir schon öfter gesprochen. In den Ballungsräumen kommt es darauf an, die Lebensqualität zu erhalten. Aber eines sage ich Ihnen schon: Wir, der Freistaat Bayern, müssen uns auch ganz besonders um die ländlichen Regionen kümmern. Auch hier hat
die Bundestagswahl eines gezeigt: Werden die ländlichen Regionen vernachlässigt, wird die Infrastruktur nicht mehr angenommen, wird den Menschen in den ländlichen Regionen keine Heimat geboten, dann führt das zu Abwanderung, zu Verelendungs- und Verödungsprozessen. Am Ende aber führt es auch dazu, dass andere politische Parteien, die keiner hier im Hause will, daraus politisches Kapital schlagen. Deshalb heißt Heimatpolitik, bodenständige Politik zu machen, damit junge Leute in ihrer Region bleiben können. Das heißt auch, den Regionen Selbstwertbewusstsein zu geben.
Meine Damen und Herren, Natur und Umweltschutz sind uns wichtig, aber der ländliche Raum ist kein Museum. Der ländliche Raum muss auch Zukunftsraum für unser Land bleiben.
Deshalb investieren wir in die Kommunen. Wir haben ein Rekord-FAG mit 9,5 Milliarden Euro, ein Plus von 600 Millionen Euro dazu. Das sind fast 7 % mehr. Wo gibt es das? – Nicht einmal bei den besten Tarifverhandlungen trauen sich die Tarifpartner, zu Beginn 7 % mehr zu fordern. Die Schlüsselzuweisungen sind sogar um über 9 % gestiegen. Schlüsselzuweisungen geben den Gemeinden eigene Kraft, Eigenständigkeit und eigene Möglichkeiten.
Entschuldung gilt nicht nur für den Staat. Wir haben immer gesagt, wir wollen nicht auf Kosten der Kommunen entschulden, sondern mit den Kommunen. Fast 80 % der Stabilisierungshilfe-Empfänger haben einen Entschuldungsprozess vorangebracht. Wir investieren im Rahmen des FAG in den Straßenbau und zusätzlich in die Staatsstraßen. Sicherlich kann man immer noch mehr machen, im Übrigen aber nur dann, wenn wir die finden, die bauen können. Im Moment haben wir nämlich nicht das Problem, dass Mittel fehlten, sondern uns fehlen diejenigen, die den Bau ausführen. Allein bei den Staatsstraßen haben wir jetzt aber mit den Geldern, die wir drauflegen, bei den Planungen einen neuen Rekordstand erreicht. Es kann immer noch mehr werden, aber es bleibt auch festzuhalten: In anderen Ländern kann man die Löcher nur zählen, bei uns kann man sie tatsächlich zumachen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden.
Auch der ÖPNV wird gestärkt. Das ist übrigens eine der großen Herausforderungen. Die Planungsidee muss nämlich künftig weitergehen und darf nicht an den Stadtgrenzen enden. Auch der interkommunale ÖPNV wird in Zukunft eine spannende Aufgabe werden. Hier ist nicht nur an zwei oder drei Kilometer zu denken, sondern an einen größeren Umfang. Deshalb sollten wir bei den Verkehrsplänen für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre denken. Wenn man sich nämlich Bauphasen und Bausteigerungen ansieht, dann müssen wir einen längeren Plan für unser Land entwickeln. Hier investieren wir viel, zumal wenn man auch die Luftreinhaltung dazunimmt, nämlich fast 130 Millionen Euro insgesamt, wenn wir die Verpflichtungsermächtigungen dazunehmen, um diese Dinge einschließlich der Elektromobilität voranzubringen.
Last not least komme ich noch zu Flächenverbrauch, Bodenrecycling und Bodenmanagement, einem Thema, das uns hier wieder beschäftigen wird. Meine Damen und Herren, eines will ich vorwegschicken: Bayern wächst. Beim LEP haben wir es mehrfach diskutiert: Ein Land, das wächst, kann nicht plötzlich weniger Fläche verbrauchen; denn sonst wird es furchtbar eng. Deshalb müssen wir versuchen, eine Balance zu schaffen. Wir versuchen deshalb, darüber nachzudenken, wie wir den Flächenverbrauch reduzieren können. Wir können den Bürgermeistern, den Gemeinderäten und den Bürgern vor Ort aber nicht die Chance nehmen, ihre eigene Entwicklung zu planen. Das geht mir persönlich zu weit. Die kommunale Selbstverwaltung ist wichtig. Man kann nicht für transparente Demokratie in Bürgerentscheiden sein und gleichzeitig am Ende aus München vorgeben wollen, wie viele Quadratmeter eine Gemeinde letztlich verplanen kann. Das passt für mich nicht zusammen.
Deswegen bin ich sehr dafür, Flächen zu schonen. Das ist eine gute Idee. Aber das Verbieten allein ist zu einfach. Darum sind sogar Naturschutzverbände skeptisch, ob dieses Modell alleine stark genug ist. Aber darum geht es heute nicht. Heute geht es um Folgendes: Setzen wir in unserer Haushaltspolitik einen Akzent zur Verbesserung? – Ja, das tun wir. Wir bauen Stück für Stück auf Städtebauförderung und Dorferneuerung. Unser Ziel ist es, innerstädtisch und innerdörflich etwas zu verändern. Es geht um Quartiersmanagement und darum, Flächen so zu recyceln, dass sie attraktiv sind und die innerstädtische und innerdörfliche Lebensqualität erhalten. Gerade bei der Dorferneuerung liegt eine große und gemeinschaftliche Aufgabe vor uns. Ein Dorf soll nämlich nicht nur schöner werden, sondern wir müssen darauf achten, dass die Dörfer erhalten bleiben. Die Kirche muss im Dorf bleiben. Die Heimatwirtschaft muss bleiben. All
dies gehört zusammen. Bayern lebt nicht nur von den Glitzertürmen der Ballungsräume, sondern auch von der Lebensqualität und dem Lebensgefühl unserer Dörfer. Die Dörfer müssen erhalten bleiben. Da investieren wir.
Heute geht es nur um den Nachtragshaushalt, um nichts anderes. Aber Bayern ist gut gerüstet. Wir setzen diesen Prozess fort. Wir befinden uns auf einem unglaublich hohen Niveau, aber es kann noch besser werden. Als Finanzminister kennt man die Nervenstränge und Blutadern des Staates. Als Heimatminister hat man alle Regionen im Blick, auch wenn manch einer in nationalen Medien dies ins Lächerliche oder Provinzielle zieht.
Ich bin der festen Überzeugung: Die eigentliche Kraft Bayerns kam immer daher, dass sich dieses Land nicht nur über einige wenige Punkte definiert. Die Kraft Bayerns kam immer daher, dass das gesamte Land in seiner gesamten Wirksamkeit dargestellt wird. Bayerische Lebensart und Lebenskultur werden sehr stark vom ländlichen Raum definiert. Darum ist es wichtig, dass wir in Strukturen, Institutionen und Innovationen investieren. Meine Damen und Herren, vor allem aber müssen wir uns immer an einem Kompass orientieren, daran, wie es den Menschen in Bayern geht. Das ist das Entscheidende. Das wird mit dem heutigen Nachtragshaushalt sehr, sehr gut umgesetzt.
Unsere Ziele enthalten auch viele neue Ideen. Diese Ideen werden wir Stück für Stück gemeinsam weiterentwickeln, ergänzend zu dem, was in Berlin bereits existiert oder noch entstehen wird. Wir wünschen, dass das Geld, das wir ausgeben, nicht nur in Steine fließt, sondern auch für die Menschen spürbar ist. Diejenigen, die etwas leisten und stark sind, sollen etwas davon spüren, aber auch diejenigen, die nicht so schnell mitkommen. Wir wollen auch diesen Menschen helfen, in den Zug zur Reise in die Zukunft einzusteigen. Leistungssicherheit und Hilfe gehören zusammen. Bayern ist wie ein großer Baum mit unglaublich starken Wurzeln. Aber im Vergleich zu manch anderen Schattengewächsen in Deutschland wachsen wir nach oben. Unsere Aufgabe ist es, dies weiterzuentwickeln.
Ich bedanke mich schon im Voraus beim Haushaltsausschuss für die guten Diskussionen. Es werden sicherlich wieder anspruchsvolle Debatten werden. Ich sage aber auch: Alle sind von dem Prinzip getragen, dieses Land zu stärken und den Menschen zu dienen. Dieser Nachtragshaushalt ist eine gute Basis dafür.
Herzlichen Dank, Herr Staatsminister. – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich im Hohen Haus eine Delegation hochrangiger Beamter des Finanzministeriums unserer südafrikanischen Partnerprovinz Westkap begrüßen. Sie sind einer Einladung des Herrn Finanzministers gefolgt. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, gute Erkenntnisse und später eine gute Heimreise. Alles Gute!
Außerdem darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass im Ältestenrat für diese Debatte eine Gesamtredezeit von 96 Minuten vereinbart worden ist. – Nun hat der erste Redner von der Opposition das Wort. Das ist der Herr Kollege Güller von der SPD. Bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Herr Minister, Kolleginnen und Kollegen! Na ja, es ist schon interessant, was mittlerweile alles als Philosophie und großer philosophischer Gedankenstreich angesehen wird. Aber lassen Sie mich zum Haushalt kommen. Man sollte meinen, dass man in Zeiten wie diesen doch eigentlich Finanzminister sein möchte. Die Steuereinnahmen sprudeln. Die Konjunktur brummt. Die Zinsen sind niedrig. Wichtige Investitionen in die Zukunft können endlich angegangen werden, bei gleichzeitiger Tilgung der Schulden. So stellt sich die Theorie dar. Ich betone bereits jetzt, dass es für die SPD bei den Debatten zum Nachtragshaushalt drei Punkte gibt, die es in einer Leitlinie zusammenzubringen gilt.
Zweitens: Abbau der Schulden. Drittens: Die von Ihnen, Herr Finanzminister, geplünderte Rücklage wieder auffüllen. Herr Finanzminister, das verschweigen Sie gerne: Die Rücklage des Freistaates hat im Jahr 2015 noch 6,1 Milliarden Euro betragen. Nach Plan beträgt diese im Jahr 2018 noch 2,3 Milliarden Euro. Die Rücklage ist also um mehr als die Hälfte geschrumpft. Die Rücklage ist um 3,8 Milliarden Euro geplündert worden. Wenn Sie die Rücklage nun ein bisschen auffüllen, dann lassen Sie sich von Ihrer CSU-Fraktion feiern. Die CSU-Fraktion schaut halt nicht so genau hin und glaubt auch noch, dass das etwas Positives sei.
Nein, Sie machen lediglich die Plünderung der letzten Jahre rückgängig. Das ist ja auch richtig so. Jedoch war es falsch, die Rücklagen überhaupt zu plündern, Herr Finanzminister.
Das sind die Leitlinien der SPD für diesen Haushalt. Wenn ich mir anschaue, was Sie heute vorgestellt haben und was uns auf dem Papier vorliegt, dann muss ich für unsere Fraktion feststellen: Sie haben vieles, was für die Zukunftsfähigkeit Bayerns notwendig ist, nicht angepackt. Ich werde Ihnen noch eine Reihe von Beispielen liefern. Und das, was Sie angepackt haben, haben Sie halbherzig angepackt.
Stichworte? Sie wollen Stichworte hören? – Kein Problem. Sie bekommen die Stichworte schon noch. Hören Sie zu. Schauen Sie die Fakten nach, und dann denken Sie nach.
Kollege, schweigen Sie dann betreten, weil die SPD recht hat. Betretenes Schweigen ist angesagt, und nicht Dazwischenrufen. Ich nenne das Stichwort Wohnungsbau. Wie gut müssen denn die Zeiten noch sein, damit Sie endlich genügend für den Wohnungsbau tun?
Ich nenne das Stichwort Bildung. Wie gut müssen denn die Zeiten sein, damit Sie genügend für die Digitalisierung, die Personalausstattung und den Erhalt unserer Schulgebäude tun?
Ich nenne das Stichwort Infrastruktur. Wie gut müssen denn die Zeiten sein, damit unsere Bürgerinnen und Bürger nicht weiter über holprige Straßen und marode Brücken fahren müssen? Der Oberste Rechnungshof hat einen Investitionsstau von weit über 720 Millionen Euro festgestellt. Sie reden heute davon, dass Sie die Planungsmittel um 12 Millionen Euro erhöht haben, wenn ich das richtig zusammengerechnet habe. Das ist ja richtig niedlich. 12 Millionen gegenüber einem Investitionsstau von 720 Millionen Euro allein bei den Staatsstraßen. Hierin sind nicht einmal die Zahlen für den Brückenbau enthalten, die der Kollege Rinderspacher angefragt hat. Kolleginnen und Kollegen, das ist doch wirklich zu kurz gesprungen.
Lassen Sie mich einige Beispiele nennen: Aus dem Bereich Bildung wäre die Digitalisierung der Schulen zu nennen. Auch fehlen dort Konzepte zur Umsetzung des Umgangs mit den neuen Medien. Der Kollege Güll hat sich erst kürzlich in allen sieben Regierungsbezirken danach erkundigt, was aus Sicht der Lehrkräfte und der Schülerschaft notwendig wäre. Finden wir dazu etwas im Haushalt? – Nein. Verbesserung der Ganztagsbetreuung an den Schulen – finden wir hierzu ausreichende Mittel im Haushalt? – Nein.
Gebäudeunterhalt und das Fitmachen der Gebäude für modernen Unterricht – finden wir dafür ausreichende Mittel im Haushalt, Kolleginnen und Kollegen? – Nein. Wir finden im Bereich des Personals einen halbherzigen Ansatz. Aber man muss ja bei Ihnen schon mit so etwas zufrieden sein. Also sind wir einmal zufrieden, dass Sie nun nach Jahren unserer Anträge und unseres Mahnens wieder ein paar Stellen schaffen. Aber beseitigen Sie dadurch das Dilemma zum Beispiel der Lehrerinnen und Lehrer, die immer nur einen Jahresvertrag bekommen, die nach dem Schuljahr in die Unsicherheit der Arbeitslosigkeit entlassen werden, die nicht wissen, wo sie hinsollen, und die ihre Wohnungen gegebenenfalls kündigen müssen, und der Schulen, die nicht wissen, welche Lehrer ihnen im nächsten Schuljahr zugeteilt sind? – Nein, das beseitigen Sie nicht, Herr Finanzminister, und das ist ein Versäumnis.
Nehmen wir den Sozialbereich, der Ihnen verbal immer so hochrangig und wichtig ist. Nehmen wir Familienfreundlichkeit. Nehmen wir die Qualität der Kindertagesstätten, die zeitliche Ausgestaltung. Haben wir hierzu genügend Mittel in diesem Nachtragshaushalt, obwohl die Möglichkeiten da wären? – Nein, haben wir nicht. Wir haben im Sozialhaushalt an ein paar Stellen ein paar Ansätze, die Sie endlich von uns übernommen haben. Wie haben Sie beim Doppelhaushalt 2017/2018 noch gegen den Antrag der SPD gewettert, 2,5 Millionen Euro pro Jahr für Prävention und Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und Kinder, für Frauenhäuser und für Beratung in den Haushalt einzustellen! Die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss mussten – ich sage mal, vielleicht tatsächlich gegen ihren eigenen, inneren Willen – das vollziehen und unseren Antrag ablehnen. Und was finden wir jetzt? – Einen halbherzigen Ansatz von einer Million Euro zusätzlich. Da muss ich sagen: Man muss ja bei Ihnen mit ein bisschen etwas zufrieden
sein; aber ein richtiger Aufschlag im Bereich Sozialpolitik sieht anders aus, Kolleginnen und Kollegen.
Oder schauen wir uns das Thema Zentrum Bayern Familie und Soziales an. Verbal ist das ganz wichtig. Es ist zuständig für Kinderbetreuungsgeld, Landeserziehungsgeld, Feststellung von Schwerbehinderung, Ausstellung von Ausweisen und Integration von schwerbehinderten Menschen in das Arbeitsleben. Dafür haben Sie das ZBFS geschaffen, und jetzt stellen Sie fest, dass die personelle Ausstattung vorne und hinten nicht reicht. Vorne und hinten! Und was machen Sie? – Gestern die Anträge der Opposition, auch der SPD, hier im Hause ablehnen – brauchen wir alles nicht –, heute sich groß feiern lassen, dass Sie sage und schreibe 27,5 Stellen zusätzlich reintun, wobei an dieser Stelle mindestens das Doppelte notwendig wäre. Das nenne ich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats Bayern alleine im Regen stehen zu lassen, Kolleginnen und Kollegen.