Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes und des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes (Drs. 17/18702) - Zweite Lesung
Änderungsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 17/19266)
Änderungsantrag der Abgeordneten Petra Guttenberger, Josef Zellmeier, Jürgen W. Heike u. a. (CSU) (Drs. 17/20742)
Änderungsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Inge Aures, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) hier: Geplante Anhebung der Einkommensgrenzen der Einkommensorientierten Förderung (EOF) (Drs. 17/20851)
Ich eröffne die Aussprache und möchte darauf hinweisen, dass die Redezeit 24 Minuten beträgt. Erster Redner ist Herr Kollege Rotter.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetzentwurf, der bereits im federführenden Ausschuss beraten worden ist, zu dem die anderen Fraktionen aber bereits in der Ersten Lesung Zustimmung signalisiert haben, wird eine überfällige Anpassung der Einkommensgrenzen für die soziale Wohnraumförderung vorgenommen. Für einen nicht unerheblichen Teil der Wohnungsnachfrager bietet der Gesetzentwurf die Chance, eine sozial geförderte Wohnung bzw. beim Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheims eine Förderung zu bekommen.
Entsprechend dem ursprünglichen Ziel hat das Hohe Haus vor gut zehn Jahren ein Bayerisches Wohnraumförderungsgesetz beschlossen, wonach 60 % der Haushalte in den Genuss dieser Förderung kommen sollten. Durch die erfreuliche Einkommensentwicklung der vergangenen zehn Jahre waren bei Wei
tem nicht mehr 60 %, sondern nur noch weniger als 50 % der Haushalte förderwürdig. Aus diesem Grunde hat die CSU schon vor eineinhalb Jahren in einem Antrag eine Anpassung der Einkommensgrenzen gefordert, was mit diesem jetzt in Zweiter Lesung zu beratenden und abzustimmenden Gesetzentwurf geschehen ist.
Bislang konnte ein Einpersonenhaushalt mit einem Einkommen von netto 19.000 Euro eine Wohnraumförderung bekommen. Diese Einkommensgrenze wird künftig auf 22.600 Euro erhöht. Bei einem Zweipersonenhaushalt erhöht sich die Einkommensgrenze von 29.000 Euro auf immerhin 34.500 Euro. Bei einem Vierpersonenhaushalt – das werden Familien sein, die wir natürlich ganz besonders fördern wollen – steigt die Einkommensgrenze künftig auf netto 51.500 Euro. Das entspricht einem Bruttofamilieneinkommen von 75.000 Euro.
Mit diesem Gesetzentwurf werden wir sicherstellen, dass mehr Haushalte die Chance haben, in eine geförderte Wohnung einzuziehen oder Eigentum zu erwerben. Ich bin davon überzeugt, dass dies durchaus angezeigt ist und dass eine Erhöhung in der Größenordnung von 15 bis 20 % angemessen ist. Ein Anstieg auf ein Bruttoeinkommen in Höhe von knapp 75.000 Euro ist recht happig. Ich habe es erwähnt. Damit erreichen wir einen erheblichen Anteil der Haushalte in Bayern. So können wir sicherstellen, dass die sozialen Bewohnerstrukturen leichter erreicht werden. Das ist natürlich auch im Sinne der Verbände der Wohnungswirtschaft, die diesen Gesetzentwurf unisono begrüßt haben.
Ich sehe auch die Möglichkeit als richtig und sinnvoll an, dass die Einkommensgrenzen künftig durch eine Verordnung schneller angepasst und die unterschiedlichen Fördermöglichkeiten stärker vereinheitlicht werden können. Ich bin davon überzeugt, dass dadurch bei positiven Einkommensentwicklungen schneller reagiert werden kann. Das hat sich im vergangenen Jahr gezeigt, zeigt sich auch heuer und wird sich im nächsten Jahr wohl fortsetzen.
Ganz besonders bedeutend ist auch, dass die neuen Einkommensgrenzen nunmehr durch die Verordnungsermächtigung für bereits in der Vergangenheit geförderte und noch gebundene Wohnräume gelten, nachdem die Einkommensgrenzenanhebung infolge des geänderten Gesetzes nur für künftige Förderbeziehungen gilt. Diesen Aspekt sehe ich als besonders wichtig an.
Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, dass wir allein durch die Änderung des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes und des Bayerischen Wohnungs
bindungsgesetzes auf dem Gebiet des Wohnungsbaus noch nicht alle Probleme gelöst haben. Ich nutze aber gerne die Gelegenheit, daran zu erinnern, dass der Wohnungspakt Bayern ein sehr erfolgreiches Instrument ist, um Wohnungen bauen zu können. Wir haben hierfür die Mittel für 2018 in dem vor wenigen Wochen beschlossenen Nachtragshaushalt auf knapp 700 Millionen Euro erhöht. Das ist der absolute Höchststand der Wohnraumförderung seit dem Zweiten Weltkrieg und vermutlich auch davor.
Unverständlich ist mir die in den Ausschüssen und in der Ersten Lesung immer wieder geäußerte Kritik an der Säule zwei des Wohnungspakts Bayern. Die Kommunen nehmen diese Angebote erfreulicherweise sehr stark an, da es sich in der Tat um eine Superförderung handelt; denn 30 % Zuschuss und 60 % zinsgünstiges Darlehen bedeuten, dass im Wesentlichen nur 10 % eigenes Geld erforderlich ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich die Mieter selbst auszusuchen und den Nachfragern eine entsprechend niedrige Miete zu garantieren. Ich freue mich sehr, dass das Angebot dieser Superförderung mittlerweile in meiner Region, aber, wie ich auch weiß, in Bayern nahezu flächendeckend sehr gut nachgefragt wird. Daher müssen wir uns beim nächsten Doppelhaushalt überlegen, diese Mittel unter Umständen weiter aufzustocken.
Erfreulich ist aus meiner Sicht auch, dass, nachdem immer wieder kritisiert worden ist, dass die Landkreise diese Förderung nicht in Anspruch nehmen können, zumindest eine Öffnung für Personalwohnungen, die seitens der Landkreise gebaut werden, durchaus möglich erscheint. Nach einer aktuellen Information des Ministeriums sind EU-Beihilferichtlinien wohl nicht tangiert.
Schließlich möchte ich daran erinnern, dass die Säulen eins, zwei und drei gegenseitig deckungsfähig sind, sodass das, was in den vergangenen zwei Jahren bei der Säule zwei noch nicht abgerufen worden ist, weil sich die Kommunen erst mal mit dem Programm vertraut machen mussten, nicht verloren gegangen oder gar dem Finanzminister wieder zugeflossen ist. Das konnte dann in der regulären sozialen Wohnraumförderung entsprechend genutzt werden.
Die Bedeutung, die die Staatsregierung diesem Thema einräumt, sieht man daran, dass es nun ein weiteres Ministerium für den Wohnungsbau und den Verkehr gibt. Ich freue mich natürlich, dass heute sowohl die Ministerin als auch der Staatssekretär anwesend sind. Ich darf beiden herzlich gratulieren und freue mich auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen den Wohnungsbau massiv ankurbeln. Wir wollen dafür deutlich mehr Geld des Landes zur Verfügung stellen. Das ist durch den Nachtragshaushalt nachzuweisen. Erfreulicherweise stellt auch der Bund seit zwei Jahren erheblich mehr Geld als in der Vergangenheit zur Verfügung. Ich gehe davon aus, dass die Förderung des Bundes in der Zeit des neuen Bundesinnen- und auch -bauministers mindestens auf dem bisherigen Niveau bleiben wird.
Natürlich müssen wir auch weiterhin auf die Standards achten. Das Geld, das wir zusätzlich zur Verfügung stellen, lässt sich nämlich nicht unbedingt an einer höheren Anzahl von Wohnungen ablesen, ganz einfach deshalb, weil die Baukosten gestiegen sind. Es gilt, darauf ein besonderes Augenmerk zu richten. Ich nenne das Energieeinsparungsgesetz, die Schallschutzrichtlinie, die Feuerschutzrichtlinie, Stellplätze usw. Wir müssen im Zusammenwirken mit den anderen Ländern und insbesondere mit dem Bund versuchen, dass dies alles in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bleibt.
Wir müssen außerdem auf die schwierige Gratwanderung zwischen mehr Wohnungen und Investoren in Wohnungen einerseits und dem Mieterschutz im Zusammenhang mit Mieterhöhungen andererseits achten. Das ist immer eine Gratwanderung, weil wir beim Wohnungsbau dringend auf private Investoren angewiesen sind. Der Staat allein wird es nicht richten können.
Frau Präsidentin, das wurde nicht angezeigt. Ich bedanke mich für den Hinweis. – Wir müssen dafür sorgen, dass eine kleine Rendite übrig bleibt. Der Staat kann das, was notwendig ist, nicht alleine richten, nämlich Wohnungen bauen, Wohnungen bauen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass Herr Kollege Rotter zum Schluss zumindest noch ein paar eigentliche Herausforderungen des Wohnungsbaus in Bayern angesprochen hat. Die SPD-Fraktion wird dem Gesetzentwurf in der heutigen Zweiten Lesung zustimmen, weil die Änderungen überfällig sind und die SPD schon lange gefordert hat, dass die Einkom
mensgrenzen erhöht werden und künftig dynamisch angepasst werden sollen. Diese notwendigen Anpassungen müssen erfolgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, geschätzter Herr Kollege Rotter, dennoch haben wir in der SPD-Fraktion intensiv darüber diskutiert, ob wir diesem Gesetzentwurf politisch zustimmen können, oder ob wir uns heute, wie in den Ausschüssen, dazu enthalten. Warum? – Dafür gibt es drei Gründe: Sie haben in diesen Gesetzentwurf wichtige Fortschritte nicht eingebaut. Wir hätten uns mehr Schutz für den Mieter einer geförderten Wohnung gewünscht. In München gibt es das sogenannte München Modell. Wir hätten uns gewünscht, dass dieses Modell auch beim Freistaat greift. Nach diesem Modell können die Mieten in den ersten fünf Jahren gar nicht erhöht werden. Später können die Mieten nur nach dem Verbraucherpreisindex erhöht werden, maximal um 2 %. Wir hätten uns gewünscht, dass die Miete nach oben gedeckelt wird, sodass sie deutlich unterhalb der ortsüblichen Miete bleibt. Darauf sind die Staatsregierung und die CSU aber leider überhaupt nicht eingegangen. Das bedeutet, wir haben im Freistaat Bayern keine Bremse gegen Mieterhöhungen eingebaut. Die Zuschüsse werden nicht angepasst, sodass der Mieter die Mieterhöhung alleine tragen muss.
Wir haben uns gewundert, dass die Staatsregierung und die Kollegen im Ausschuss die Frist für die Absenkung des Freibetrags von zehn auf sieben Jahre verkürzt haben. Dafür sind keine triftigen Gründe erkennbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch eine weitere zentrale Herausforderung muss uns Sorgen bereiten: Bei einer vorzeitigen freiwilligen Rückzahlung des Darlehens liegt die Belegungsbindung bei nur zehn Jahren. Für sozial gebundene Wohnungen besteht somit das erhebliche Risiko, dass sie alsbald wieder aus der Bindung fallen. Dieser Problematik müssen wir ins Auge sehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wir können nicht verstehen, dass Sie unseren Antrag, mit dem auch Studenten der Zugang zu gefördertem Wohnraum ermöglicht werden soll, abgelehnt haben. Sie haben auch ergänzenden Zuschüssen, die wir für dringend notwendig halten, um das Programm umzusetzen, nicht zugestimmt. Sie haben die Argumente für eine bessere Wohnraumförderung in Bayern vom Tisch gewischt. Das bedauern wir. Gleichwohl ist anzuerkennen, dass eine Anpassung der Einkommensgrenzen notwendig ist.
Nun zum entscheidenden Punkt, weswegen wir uns überlegt haben, ob wir diesem Gesetzentwurf zustimmen können: Die Anpassung der Gesetze zur Wohnraumförderung und zur Wohnungsbindung, die wir
heute beschließen, könnte den Eindruck erwecken, dass damit die richtigen Weichen für den sozialen Wohnungsbau gestellt würden. Nichts wäre falscher als das. Die dramatischen Fehler der CSU und der Staatsregierung in den letzten 15 Jahren lassen sich leider durch die Anhebung der Einkommensgrenzen nicht korrigieren. Damit wird keine einzige Wohnung neu geschaffen. Wir haben zwar Regelungen, wie wir vernünftig mit diesem Thema umgehen, aber die Grundlage, nämlich sozial geförderter Wohnraum, steht nicht zur Verfügung.
Herr Rotter, ich schätze Sie sonst sehr, aber was Sie hier betrieben haben, ist Schönrednerei. Sie haben gesagt, wir seien gut unterwegs. Ich sage Ihnen einmal, wie die Wahrheit tatsächlich ausschaut: Wir haben in der Mitte der Neunzigerjahre mit 350 Millionen Euro Landesmitteln pro Jahr über einen langen Zeitraum sozialen Wohnraum geschaffen. Wir sind jetzt ganz unten bei 87 Millionen gelandet. Der Unterschied zwischen diesen beiden Werten zeigt Ihr Versäumnis in den letzten 15 Jahren auf. Es ist skandalös, dass Sie das noch rechtfertigen. Sie haben im letzten Jahr 87 Millionen Euro statt 350 Millionen Euro an Landesmitteln im Haushalt gehabt. Das bezeichnen Sie als "gute Grundlage". Das kann nicht sein. Bayern muss endlich wieder zu der Höhe der Landesmittel zurückkehren, die wir in den Neunzigerjahren hatten; denn die Inflation und die Baukostensteigerungen kommen ohnehin noch dazu. Wir bräuchten Landesmittel in Höhe von 350 Millionen Euro pro Jahr. Sie haben sich dem verweigert. Deswegen müssen wir hier deutlich nachbessern. Ihr Redebeitrag hilft leider nicht, dass wir hier weiterkommen. Wir werden permanent thematisieren, dass Sie bei diesem Thema geschlafen haben und weiterhin nicht bereit sind, das Notwendige für den Freistaat und die Sozialwohnungen zu tun.
Der Absturz der Landesmittel war und ist, das muss ich an diesem Tag betonen, ein dramatischer wohnungspolitischer Fehler. Sie sind nach wie vor nicht bereit, diesen Fehler zu korrigieren. Hinzu kommt der Verkauf von 33.000 GBW-Wohnungen. Das war ein weiterer wohnungspolitischer Fehler. Auch die jahrelange Weigerung, durch eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft die Wohnungsnot im Freistaat zu lindern, war ein dramatischer wohnungspolitischer Fehler.
Das waren drei wohnungspolitische Fehler bei zentralen Fragen des sozialen Wohnungsbaus und der Schaffung bezahlbarer Wohnungen in Bayern. Mit die
sem Gesetz können Sie diese Fehler nicht korrigieren. Ich fordere Sie angesichts des schweren politischen Erbes von Finanzminister Markus Söder auf, endlich eine Kurskorrektur vorzunehmen und das zu tun, was für die Menschen in Bayern notwendig ist. Die Menschen brauchen mehr sozial geförderten Wohnraum und bezahlbare Wohnungen.
Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Rotter.
Geschätzter Herr Kollege Halbleib, ich glaube, Sie sind nach wie vor Mitglied im Haushaltsausschuss.
Sie sind aber sehr versiert und kennen mit Sicherheit die genauen Zahlen. Ich räume ein – das habe ich hier wiederholt getan –, dass im Dezember 2016 im Doppelhaushalt 2017/2018 die Landesmittel um den Betrag abgesenkt worden sind, den der Bund draufgegeben hat. Das waren 87 Millionen Euro. Das räume ich ein. Ich kann Ihnen aber nicht durchgehen lassen, dass immer wieder behauptet wird, der Freistaat würde jetzt nur 300 Millionen Euro Landesmittel für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Das ist schlichtweg nicht richtig. Sie nennen immer nur die reine Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die im Jahr 2018 305 Millionen Euro ausmacht. Hinzu kommen 150 Millionen Euro für das kommunale Wohnbauförderprogramm und 32,5 Millionen Euro für die Landesmittel-Wohnraumförderung für Studenten. Gemeinsam mit der Bundesförderung von knapp 200 Millionen Euro werden wir die Höchstsumme von knapp 685 Millionen Euro erreichen. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen und künftig nicht mehr mit falschen Zahlen zu operieren.
Lieber Herr Kollege Rotter, Sie haben doch das Entscheidende gerade selbst vorgetragen: Entscheidend ist, dass sich der Bund unheimlich angestrengt hat. Das hat er im Übrigen vor allem durch unseren Antrieb in Berlin gemacht. Ich nenne hier Florian Pronold als Staatssekretär im Bundesbauministerium. Das haben wir durchgesetzt. Die Mittel sind dann nach Bayern gekommen, aber was machen die Bayerische Staatsregierung und die CSUMehrheitsfraktion im Gegenzug? – Sie senken die bayerischen Mittel ab. Das ist doch ein Skandal. Der Bund strengt sich an, mehr Geld dafür auszugeben, und im Gegenzug lehnt die CSU-Mehrheit nicht nur
eine Erhöhung der Mittel ab, sondern sie kürzt die Mittel auch noch. Das ist doch der entscheidende Skandal, und den haben Sie zu verantworten, Herr Kollege Rotter.