Protokoll der Sitzung vom 10.04.2018

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Ein Konzept kann man bei Ihnen schon lange nicht mehr erkennen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ihr lasst die Leute erst rein, und dann wollt ihr sie rausschmeißen!)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Frau Kollegin Kamm hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin Kamm.

Lieber Herr Kollege, angesichts Ihrer Ausführungen muss ich mich schon fragen, wie Sie diese Verfahren vernünftig strukturieren wollen. Wir haben seit Jahren das Problem, dass unsere Zentralen Ausländerbehörden nicht sachgerecht arbeiten können. Sie werden auch nicht sachgerecht ausgestattet. Es ist nach wie vor so, dass ein Drittel der Stellen nicht besetzt ist, und Sie fordern allen Ernstes ein neues Amt mit 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das finde ich geradezu absurd; ganz abgesehen davon, dass ich Ihren Lösungsansatz überhaupt nicht als sachgerecht ansehe. Wir brauchen rechtsstaatliche Asylverfahren. Darüber lese ich in Ihrem Antrag kein einziges Wort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Herr Kollege Straub, Sie haben das Wort.

Frau Kamm, ich muss mich schon ein wenig wundern. Das letzte Mal haben Sie bemängelt, dass es Zentrale Ausländerbehörden gibt. Jetzt bemängeln Sie, dass die Stellen noch nicht besetzt seien. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben 70 % der Stellen besetzt.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Die Zentralen Ausländerbehörden arbeiten immer besser. Auch das war die absolut richtige Entscheidung.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Es war die absolut richtige Entscheidung, die Verfahren zu bündeln und die Entscheidungen zentral zu treffen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Sie müssen doch wissen, was Sie wollen. Sollen wir die Stellen alle besetzen?

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Das letzte Mal forderten Sie die Abschaffung der Zentralen Ausländerbehörden, und jetzt fordern Sie die komplette Besetzung. Manchmal frage ich mich bei Ihnen schon, Frau Kamm.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Gottstein von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Gottstein.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte drei Vorbemerkungen machen. Zunächst zu meinem Vorredner. Herr Straub, mir sind oft Schüler begegnet, die zu mir gesagt haben: Aber morgen fange ich mit den Hausaufgaben an. – Genau so ist das jetzt bei Ihnen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Morgen wollen Sie all das erreichen, was wir seit Jahren erreichen wollen. Ihnen fällt aber immer wieder eine neue Methode des Hausaufgabenmachens ein. Das ist so, als wenn ein Schüler sagen würde: Morgen fange ich einmal mit Mathe als Erstes nicht an. – Das sind Umschichtungen, aber passieren tut nichts.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zweite Vorbemerkung: Sie sagen – und das haben wir heute in der Aktuellen Stunde schon einmal gehört – wir hätten eine hervorragende Kriminalstatistik. In Bayern zu leben, heiße sicher zu leben. – Das sehen wir auch so. Ich denke, alle hier haben auf ihre Weise dazu beigetragen.

Sie loben den Innenminister, Sie loben die Staatsregierung. Dann brauche ich das nicht mehr zu tun. Die neigen dazu, sich selber dauernd zu loben. Sie loben aber auch die Polizistinnen und Polizisten, und diesem Dank möchte ich mich natürlich anschließen. Ich möchte in den Dank aber die Feststellung einschließen: Dass wir so sicher leben können, dass wir ein so sicheres Bundesland sind, geht inzwischen ganz klar auf die Tatsache zurück, dass wir die Polizisten teilweise ausnutzen, dass wir ihre Bereitschaft, sich für unser Land einzusetzen, letztendlich fast schon in un

moralisch hohen Ausmaß in Anspruch nehmen. Diese Millionen Überstunden!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Bereitschaft, die diese Berufsgruppe zeigt, sich für uns, die Bürgerinnen und Bürger, das Land, einzusetzen, ist schon fast nicht mehr normal. Da kann man nur danke sagen! Das kann aber kein Dauerzustand sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ihr Antrag "Optimale Sicherheit für Bayerns Bürgerinnen und Bürger!" klingt gut. Kein Mensch wird sagen: Da machen wir nicht mit. Man muss dann aber natürlich den Inhalt lesen. Dort heißt es ganz klar – und deshalb werden wir den Antrag ablehnen –: "Aufbau einer Bayerischen Grenzpolizei".

Wir verstehen nach wie vor nicht, dass man eine Bundesaufgabe freiwillig übernehmen will. Wenn Sie sich hinstellen und sagen würden: Wir fordern ab morgen von unserem tollen Bundesinnenminister 500 zusätzliche Bundespolizisten an den bayerischen Grenzen – dann wären wir sofort dabei –,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

und wir fordern die 150 neuen Dienstfahrzeuge vom Bund – da wären wir auch sofort dabei – und alles das, was die Grenzpolizei machen soll, in einem Doppelpassspiel zwischen unserem Ministerpräsidenten und dem Innenminister. Aber Sie wollen doch momentan Leute aus der Provinz, aus der Fläche abziehen.

Ich habe gestern eine Anfrage gestellt und bin auf die Antwort gespannt. Ich will ganz konkret wissen: Wo ziehen Sie diese 500 Leute, von denen wir jetzt reden, ab?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wie bezahlen Sie den ganzen Wasserkopf? Ich möchte wissen: Wie wird ein Herr Mannichl eingruppiert, und wie viele Stellen der Qualifikationsebenen 3 und 4 brauchen wir auf einmal? Die Schleierfahnder werden jedenfalls um keinen einzigen Beamten mehr, sondern sie werden aus einer gut funktionierenden Struktur abgezogen und in eine aufzubauende Struktur integriert, die wir aber nicht brauchen; denn – wie Sie dauernd sagen – sicher ist es hier jetzt schon.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege, so geht es weiter. Sie sind aus dem Landkreis Pfaffenhofen. Sie sind von dort, wo Manching liegt. Auch ich bin öfter in Manching. Von Manching hat man gesagt, das sei jetzt ein Transitzent

rum, in dem alles schnell geht. Jetzt braucht man ein Anker-Zentrum. – Ich kann mich gut erinnern: Wir hatten mal eine Kollegin, die die Gelenkklasse erklärt hat, während sie ihr Gelenk anschaute. Das war die Frau Will von der FDP, wenn Sie es noch wissen, die erläutert hat, die 5. Klasse werde zur Gelenkklasse. – Jetzt haben wir ein Anker-Zentrum. Das ist toll, wie Sie mit Metaphern umgehen, aber das heißt doch auch wieder nur, dass Sie eine neue Struktur aufbauen wollen. Jetzt muss man erst einmal drei Wissenschaftler beschäftigen, die überlegen, wie so ein Anker-Zentrum ausschauen soll, anstatt dass Sie dafür sorgen, dass Manching funktioniert.

In Manching betrug die durchschnittliche Verweildauer 96 Tage. An Weihnachten waren es schon 121 Tage. Jetzt sind wir bei 140 Tagen. Inzwischen haben wir in Manching auch Leute mit Abschiebestatus, die bereits drei oder vier Jahre in der Bundesrepublik sind. Dass das Ausreiseerfordernis nicht erfüllt wird, liegt aber doch nicht daran, dass wir zu wenig Grenzpolizei, zu wenig Schleierfahnder haben, sondern daran, dass wir letztendlich an bestimmten Schwierigkeiten unseres Rechtsstaates scheitern. Dieser Zustand wird durch nichts, was Sie vorschlagen, geändert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich möchte noch Zeit für den nächsten Dringlichkeitsantrag lassen. – Ich denke, man kann wieder das Gleiche sagen: Sie wollen noch mal aufbauen.

Das tut schon weh. Wenn man jetzt fast 10 Jahre hier im Bayerischen Landtag ist und Ihren zweiten Spiegelstrich "auch Strafjustiz und Justizvollzug, bei denen durch vorgenannte Maßnahmen mehr Arbeit anfallen wird, entsprechend zu stärken" liest, fragt man sich: Wo waren Sie denn bei unseren Anträgen? Mein Vorsitzender Aiwanger forderte 50 Verwaltungsrichter mehr, und dann 70 mehr, und mehr Verwaltungsbeamte! – Nein, nein. Jetzt wird ein bisschen nachgeschoben. Das ist doch schon überfällig. Eigentlich schade ums Papier, muss man sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Wir haben nicht das Gegenteil davon verlangt, sondern wir stellen einen ganz pragmatischen Antrag, in dem wir sagen: Bitte machen Sie die Schleierfahndung wirklich so, dass das Personal noch besser arbeiten kann, ohne dauernd Überstunden vor sich herzuschieben. Schauen Sie, dass Manching funktioniert! Setzen Sie ausreichend Richter ein! In meiner Kommune warten wir seit einem halben Jahr auf einen Bescheid, weil die Richter nicht mehr zu Rande kommen, weil es dauernd heißt: Asyl, Asyl! Wir sind beschäftigt.

Das sind doch die Schwachstellen, an denen Sie ganz schnell etwas ändern können. Da brauchen Sie dieses Konstrukt nicht. Es tut mir leid: Es ist schon so, dass Sie der Bevölkerung suggerieren, dass Sie immer etwas tun. Sie hätten aber schon lange etwas tun können!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bravo!)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat der Kollege Arnold von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Soziale Sicherheit und Sicherheit sind ein Gebot des Sozialstaates, und in Bayern sind wir traditionell ein Sozialstaat. Deswegen ist es ein wichtiger Belang, diese Sicherheit in Bayern zu optimieren. – So viel zur Überschrift.

Man muss aber fragen: Ist diese Sicherheit gefährdet, wann, wodurch und durch wen? – Sie suggerieren mit dem Antrag auf der einen Seite, dass Bayerns Grenzen tatsächlich unsicher sind und dass in diesem Zusammenhang Handlungsbedarf besteht. Auf der anderen Seite sagen Sie: Na ja, wir sind sowieso schon das sicherste Bundesland. So geraten Sie in eine argumentative Schieflage.

Man kann sich auf eine Rallye begeben und immer mehr Gas geben, aber man muss die Kurven kriegen. Aus unserer Sicht kriegen Sie die Kurven nicht; denn die optimale Sicherheit für Bayerns Bürgerinnen und Bürger wird nicht nur an den Grenzen sichergestellt, sondern auch in den Polizeiinspektionen vor Ort und in ganz Bayern. Wir sind ein Flächenland.

Wir kommen da zu ganz anderen Ergebnissen als Sie. Hören wir die offizielle Anfrage unseres Fraktionsvorsitzenden Rinderspacher: 2015 waren in Bayern 2.472 Stellen nicht besetzt, 2016 waren 2.545 Stellen nicht besetzt, und jetzt, im "KanterJahr", im Superjahr, sind es gerade einmal 2.161 – Jahr um Jahr fehlen mehr Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in der Fläche! Jetzt kommen Sie daher und sagen, mit 1.000 Grenzpolizeibeamten würde das Sicherheitsgefühl der bayerischen Bevölkerung insoweit gestärkt. Das ist immer noch nur die Hälfte dessen, was derzeit in den Inspektionen nicht besetzt ist. Dort sind immer noch jene Kolleginnen und Kollegen, die auch von Frau Gottstein angesprochen worden sind, die überproportional viel arbeiten und Überstunden machen. Diese Kolleginnen und Kollegen hätten sich in diesem Zusammenhang ebenfalls unmittelbare