Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Bei diesem Punkt begeben Sie sich auf eine ganz schmale Gratwanderung. Ich glaube, entweder verstehen Sie und Ihre Vorredner Ihrer Partei es nicht oder Sie wollen es nicht verstehen, dass es im großen Teil dieser Debatte nicht darum geht, ob man dafür oder dagegen ist, das Kreuz aufzuhängen. Ich glaube, mein Kollege Streibl hat sehr wohl gesagt, dass das für uns keine Frage ist, dass das eine Bedeutung hat, dass das gerechtfertigt ist. Es geht um die Art, wie man – beschämend – eine Show daraus macht und es theologisch völlig falsch begründet.

Ich bitte Sie, mit großem Ernst zu lesen, was Ihnen heute die katholische und die evangelische Jugend geschrieben haben: dass Sie eine Show veranstalten, die vielleicht ein Werbeberater erfunden hat. Das wäre vielleicht noch eine Entschuldigung. Inzwischen sehe ich es aber so, dass Sie uns als echte Christen missbrauchen. Wahrscheinlich sind wir hier in vielerlei Hinsicht gläubig. Wir müssen hier über Kirchenasyl diskutieren. Wir haben Sie teilweise unterstützt und begehen im Zusammenhang mit Asyl sehr wohl Handlungen, die mit unserem Christentum kaum noch zu vereinbaren sind, weil wir zwischen dem Christlichen und der Rationalität des Staatswesens letztendlich abwägen müssen. Jetzt aber auf einmal so zu tun, ist so etwas von scheinheilig; das ist beschämend. Ich schäme mich für Christen, die ihren Glauben für so etwas hergeben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Liebe Frau Kollegin, ich bemühe mich jetzt nachdrücklich, in diese Debatte keinen falschen Ton zu bringen, weil es mir persönlich sehr, sehr wichtig ist, dass, wie ich meine, viele in diesem Raum gerade dieser christliche Glaube nach wie vor verbindet. Deshalb ist es mir auch wichtig, heute nicht mehr Gräben als notwendig aufzureißen.

Ich darf im Anschluss an das, was Markus Blume schon gesagt hat, darauf hinweisen, dass es die Fraktion der GRÜNEN war, die es für nötig befunden hat, diese Debatte heute im Landtag zu führen.

(Diana Stachowitz (SPD): Warum? – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben diese Debatte nicht inszeniert. Ich bemühe mich, in, wie ich glaube, gemeinsamer christlicher Grundüberzeugung jedenfalls bei der Frage, welchen

Mitmenschen ich Scheinheiligkeit vorwerfe, immer sehr, sehr vorsichtig zu sein. Im Leben sind immer und überall auch viele Pharisäer unterwegs. Jeder, der anderen Scheinheiligkeit vorwirft, sollte darüber erst einmal selber in Ruhe nachdenken.

(Beifall bei der CSU)

Als Innenminister habe ich versucht, Ihnen mit ruhigen Worten, aber auch mit einer klaren verfassungsrechtlichen Begründung darzulegen, weshalb es einerseits angesichts der aktuellen politischen Entwicklung auch in unserem Land politisch klug und richtig ist, andererseits aber auch völlig unbestritten vertretbar und okay ist, genau so zu entscheiden, wie die Bayerische Staatsregierung in ihrer Ministerratssitzung am Dienstag eindeutig, einstimmig, einmütig entschieden hat, und dass ich meine, dass es, um die christliche Prägung unseres Landes zu bewahren, genau richtig ist, weiter so vorzugehen. Deshalb, meine ich, sollten wir uns jetzt wieder darauf konzentrieren.

Ich interpretiere Sie so, dass Sie das inhaltlich für richtig halten. Sie sprechen von Show und Scheinheiligkeit. Wenn ich Sie aber richtig verstehe und auch den Kollegen Streibl richtig verstanden habe, haben Sie an dem Ergebnis der Entscheidung des Ministerrats nichts auszusetzen. Darauf sollten wir uns jetzt konzentrieren und dies gemeinsam weiter voranbringen.

Lassen Sie mich vielleicht noch eine Bemerkung dazu machen, die mich persönlich in den letzten zwei Jahren schon besonders oft umgetrieben hat und mich auch oft zum Nachdenken gebracht hat. Was können wir tun, um den Zusammenhalt in unserem Land weiter voranzubringen? – Ich erinnere mich an den Beginn der Pegida-Demonstrationen vor allen Dingen in Ostdeutschland, wo plötzlich Tausende von Leuten Sprüchen hinterherliefen. Da ging es vordergründig gegen die Islamisierung unseres Landes. Dann waren Menschen unterwegs, die man im Laufe der Monate und der letzten zwei Jahre erlebt hat und die sich dann selbst mit einer zum Teil brutalen Wortwahl mit unglaublichem Rassismus geäußert haben. Man hat gespürt, dass einerseits dieses Thema Islamisierung unseres Landes viele Menschen emotional umtreibt, auf der anderen Seite aber auch völlig klar ist, dass man mit einer solch negativen Grundeinstellung, wie sie dort bei solchen Pegida-Demonstrationen von vielen Menschen geäußert worden ist, keine Zukunft gewinnen kann. Im Kern steckt eben auch dahinter: Nur indem man gegen etwas ist, kann man auch keine Zukunft gewinnen. Gerade deswegen sage ich noch einmal: Es ist notwendig, dass wir klar sagen, wozu wir

uns bekennen, nicht, gegen was wir in erster Linie sind, sondern wozu wir uns bekennen.

(Beifall bei der CSU)

Darum ist es wichtig, dass wir unsere Werte und unsere Grundausrichtung wieder in den Vordergrund stellen.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Zwischenbemerkung von Kollegin Claudia Stamm.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, anknüpfend an die Kollegin Gottstein, die anführte, dass das, was in der Staatskanzlei verabschiedet wurde, theologisch falsch ausgelegt ist, wollte ich aus der Pressemitteilung zitieren. Das Kreuz ist – ab jetzt ist das Zitat wörtlich – "Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns". Ich lasse etwas aus. "Das Kreuz ist das grundlegende Symbol der kulturellen Identität" usw. Sie haben in Ihrer Rede zu Recht darauf abgehoben, dass das Kreuz ein religiöses und kein kulturelles Symbol ist.

(Ministerpräsident Dr. Markus Söder: Beides!)

Frau Kollegin Stamm, man merkt, dass bei einer Reihe von Wortmeldungen fast krampfhaft versucht wird,

(Beifall bei der CSU)

ständig einen Gegensatz zu konstruieren, der nicht vorhanden ist.

(Beifall bei der CSU)

Auch in dem Antrag wird darauf Bezug genommen. Auch in der Bayerischen Verfassung steht, dass Bayern ein Kulturstaat ist. Man kann doch die Kultur Bayerns gar nicht richtig verstehen, begreifen und auch für die Zukunft definieren, ohne nicht auch den Anteil der christlich-jüdischen Prägung unseres Landes an dieser Kultur zu berücksichtigen. Ich kann doch keinen Gegensatz zwischen bayerischer Kultur und Christentum konstruieren. Dies ist doch völlig abwegig. Natürlich gehört das zusammen. Natürlich ist das Christentum nicht allumfassende Kultur, aber ein wesentlicher Teil.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Bevor wir aber zur namentlichen Abstimmung kommen, hat Kollegin Schul

ze um eine persönliche Erklärung gemäß § 112 der Geschäftsordnung gebeten, und zwar zur Aussprache. Fünf Minuten!

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Blume, Sie unterstellen uns GRÜNEN und damit auch mir, wir würden nichts gegen Antisemitismus tun. Das ist schäbig, das ist falsch, und das weise ich vehement zurück.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich war auf dem Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching. Vielleicht wissen Sie nicht, wer Christoph Probst ist. Ich sage es Ihnen gerne. Es ist ein Widerstandskämpfer in der "Weißen Rose".

(Joachim Unterländer (CSU): Gequake!)

Was haben Sie gerade gesagt? Das ist Gequake? Habe ich das gerade richtig gehört?

(Joachim Unterländer (CSU): Das ist unterstes Niveau!)

Keine Dialoge bitte. Sie können eine persönliche Erklärung abgeben, um Angriffe abzuwehren.

Ein Grund dafür, dass ich Politik mache, ist unter anderem, dass ich unsere Demokratie schützen möchte und es nicht aushalten kann, dass Jüdinnen und Juden in unserer Gesellschaft sich nicht mehr sicher fühlen. Ich halte es für nicht nachvollziehbar, dass wir alleine 2017 in Bayern 109 antisemitische Straftaten hatten. Das sind 109 antisemitische Straftaten zu viel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin seit 2013 im Bayerischen Landtag und in meiner Fraktion Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus. In dieser Funktion habe ich für unsere grüne Fraktion unzählige Anträge zur Bekämpfung des Antisemitismus, des Rechtsextremismus, des Rassismus und der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit gestellt. Ich habe mehr Prävention, mehr Demokratieprojekte, die Erhöhung des Ermittlungs- und Fahndungsdrucks, den Ausbau der Erinnerungskultur und Demokratiebildung innerhalb und außerhalb der Schule gefordert. Sie haben unseren Anträgen nicht zugestimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, ich darf Sie daran erinnern, keine eigenen Ausführungen zu machen, sondern sich gegen die Angriffe zu

wehren. Das ist der Grund dieser persönlichen Bemerkung.

Ich zähle gerade auf, was ich im Kampf gegen Antisemitismus getan habe. Ich habe zum Beispiel einen Antrag gestellt, dass wir im Bayerischen Landtag Kuwait Airways verurteilen, weil die sich weigern, israelische Staatsangehörige ab deutschen Flughäfen zu befördern. Am 12. Dezember 2017 habe ich im Bayerischen Landtag einen Antrag mit dem Titel "Antisemitismus in Bayern entschieden entgegentreten" eingebracht. In diesem Antrag haben wir GRÜNE aufgeführt, was wir alles machen möchten, damit der Antisemitismus in unserem Land geringer wird. In der Beratung im Ausschuss haben Sie, die CSU-Fraktion, diesem Antrag nicht zugestimmt.

Und ganz zum Schluss: In dieser Legislaturperiode habe ich schon zweimal an alle Fraktionen, auch an die CSU-Fraktion, einen Brief geschrieben, in dem ich darum gebeten habe, dass wir eine Arbeitsgruppe zur Stärkung des jüdischen Lebens in Bayern einrichten. Wir wären bereit gewesen, mit Ihnen darüber zu reden, wie wir jüdisches Leben in Bayern stärken und den Antisemitismus bekämpfen können. Sie haben da nicht mitgemacht. Deswegen stelle ich hier und heute fest: Herr Blume, Sie haben in Ihrer Rede hier im Plenum eine Falschaussage gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Damit treten wir jetzt in die Abstimmung ein. Ich eröffne die namentliche Abstimmung über den aufgerufenen Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/21876 "Bayern: vielfältig und weltoffen! Kein Missbrauch religiöser Symbole durch die Partei CSU und Staatsregierung!" Sie haben fünf Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 15.42 bis 15.47 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Die Abstimmung ist geschlossen. Wir zählen außerhalb des Sitzungssaales aus. – Nehmen Sie bitter wieder Platz, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich dem Plenum noch zwei Ergebnisse von Neuwahlen von Ausschussvorsitzenden bekannt: Der Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport hat in seiner gestrigen Sitzung Herrn Kollegen Manfred Ländner zum neuen Vorsitzenden gewählt. Herr Kollege Dr. Harald Schwartz wurde eben

falls gestern zum neuen Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden gewählt. Wir wünschen Ihnen alles Gute zu Ihrer Wahl und Erfolg bei Ihren schwierigen Aufgaben.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas Ruhe, die Sitzung geht sonst nicht weiter. Wenn Sie sich unterhalten wollen, gehen Sie bitte hinaus.