Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Die CSU schreibt Freiheit besonders klein und dafür den preußischen Duckmäuserstaat besonders groß.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Tobias Reiß (CSU): So ein Schmarrn!)

Auch das ist einer der Gründe, warum so viele Menschen dieses Gesetz ablehnen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie paktieren mit Kommunisten! Sagen Sie einmal etwas dazu!)

Die Menschen wenden sich gegen dieses Gesetz, weil sich in unserem Verfassungsstaat nicht diejenigen zu rechtfertigen haben, die Bürgerrechte und Freiheitsrechte verteidigen, sondern diejenigen, die diese einschränken wollen. Um diesen Grundsatz schert sich die CSU schon lange nicht mehr. Das wird bei diesem Gesetz ganz besonders sichtbar.

Ja, es mag objektive Gründe geben, Freiheiten zu beschränken. Aber diese Gründe müssen ganz konkret und für alle nachvollziehbar vorgebracht werden. Die Menschen wenden sich gegen dieses Gesetz, weil Sie nicht die konkrete Notwendigkeit der einzelnen

Regelungen und ihre Verhältnismäßigkeit darlegen. Sie kehren die Kritik unter den Teppich, dass dieses Gesetz gegen das Trennungsgebot gerichtet ist. Sie führen Eingriffsschwellen ein, die noch nicht einmal Sie selbst den Menschen erklären können.

(Thomas Kreuzer (CSU): Herr Kollege, sprechen Sie einmal zum Inhalt des Antrags!)

Ich spreche sehr wohl zum Inhalt des Antrags.

(Tobias Reiß (CSU): Das ist Ihr Pakt mit Linksextremen!)

Die Kritik, die wir vorbringen, deckt sich im Gegensatz zu dem, was Herr Kreuzer fälschlicherweise behauptet, vollständig mit der Kritik der Sachverständigen bei der Anhörung in diesem Hause. Ihre Angst vor der Debatte über die tatsächliche Kritik der Opposition und der vielen Menschen in Bayern, die inzwischen gegen diesen Gesetzentwurf auf die Straße gehen, haben Sie eindrucksvoll in einer der letzten Plenarsitzungen und auch heute wieder unter Beweis gestellt. Mit keinem Wort sind Sie auf die Kritik eingegangen, die Ihnen vorgehalten wurde. Mit keinem Wort sind Sie auf die inhaltliche Grundlage der Proteste und den Demonstrationsaufruf für den 10. Mai eingegangen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sprechen Sie einmal zu unserem Antrag!)

Stattdessen haben Sie in den Tiefen der sozialen Netzwerke zwei zugegebenermaßen blödsinnige Zitate herausgesucht und dann den Feind dazu erfunden. Herr Kreuzer, genau das haben Sie heute wieder getan.

Kolleginnen und Kollegen, in einem Punkt hat der Antrag durchaus recht: Es gibt eine Desinformationskampagne über das Polizeiaufgabengesetz. Diese Desinformationskampagne geht von der CSU und der Staatsregierung aus.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der Ab- geordneten Claudia Stamm (fraktionslos))

Sie können den Menschen die Notwendigkeit nicht erklären und versuchen, die Debatte auf andere Felder abzulenken. Das ist der Hintergrund dieses Antrags, nichts anderes. Angesichts der Demonstrationen in Bayern, die friedlich und nach Recht und Gesetz ablaufen, steht Ihnen der Angstschweiß im Genick.

Was Ihren Antrag noch viel absurder macht, ist der Umstand, dass er von einer CSU kommt, die seit Monaten kein Halten mehr kennt, wenn es darum geht, Haltungen, Forderungen, Wortwahl und Kampagnen zu kopieren, die man vor zwei Jahren noch in Pegida

Filterblasen vermutet hätte. Das alles geschieht in der Hoffnung, irgendwo noch ein paar Wählerstimmen zusammenzukratzen. Dafür werden dann schon einmal Geist und Werte der Verfassung über Bord geworfen. Bei der Bundestagswahl sollten Sie eigentlich gelernt haben, dass das ausschließlich ein Mandatsbeschaffungsprogramm für Rechtspopulisten ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Was diesen Antrag außerdem noch viel absurder macht, ist der Umstand, dass er von einer CSU kommt, die ihre Europapolitik vor allem darauf ausrichtet, den radikalen Gegnern eines solidarisch, sozial, rechtsstaatlich und demokratisch verfassten Europas den Rücken freizuhalten. Ja, Herr Kreuzer: Sage mir, mit wem du umgehst. Die CSU bezeichnet Viktor Orbán, der die plurale Verfassung Ungarns mit allen Mitteln untergräbt, als ihren guten Freund und Partner und demonstriert bei jeder Gelegenheit inhaltlichen Schulterschluss. Damit komme ich zu den Vorwürfen, die Herr Blume angesprochen hat: Viktor Orbán hat in den letzten Monaten sein Land mit einer antisemitischen Kampagne überzogen, die sich gewaschen hat. Er nennt die CSU unwidersprochen seinen einzigartigen Waffenbruder.

Was diesen Antrag schließlich noch absurd macht, ist der Umstand, dass er von einer CSU kommt, die nichts, aber auch gar nichts dabei findet, dass ihr ehemaliger Integrationsbeauftragter, als er noch im Amt war, wohl wissend, was er tut, den Dialog mit den Grauen Wölfen suchte. Die CSU demonstriert seit Monaten die unbedingte Bereitschaft, zum eigenen Vorteil den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufs Spiel zu setzen. Sie legt solche Anträge vor und glaubt, damit andere demokratische Parteien und die Menschen in ganz Bayern, die gegen dieses Polizeiaufgabengesetz demonstrieren, delegitimieren und diffamieren zu können. Heute demonstrieren Sie vor allem eines, nämlich Ihre eigene Bigotterie und Verlogenheit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. Wir fordern Sie auf, Ihr Polizeiaufgabengesetz so schnell wie möglich zurückzuziehen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Ritter, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Herr Fraktionsvorsitzender Kreuzer hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Kreuzer, Sie haben das Wort.

Lieber Herr Kollege Ritter, man erlebt ja einiges. Ich möchte Ihnen jetzt doch einmal den Text des Antrags vorlesen.

Ich kenne den Text. Sie müssen ihn nicht vorlesen.

Der Landtag stellt mit Befremden fest, dass sich demokratisch legitimierte Parteien wie SPD, Grüne und FDP mit Linksextremisten und anderen verfassungsfeindlichen Organisationen in einem Bündnis gegen das PAG-Neuordnungsgesetz zusammengeschlossen haben.

Der Landtag fordert alle demokratischen Kräfte in diesem Bündnis auf, verfassungsfeindliche Organisationen auszuschließen oder andernfalls das umstrittene Bündnis zu verlassen.

Das ist das Ziel des Antrags, Herr Kollege Ritter. Sie haben zu diesem Antrag kein einziges Wort gesagt.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben heute über die PAG-Novelle gesprochen. Über dieses Thema werden wir noch in den Ausschüssen, in der Endberatung und im Plenum diskutieren. Nehmen Sie bitte Stellung: Halten Sie es für richtig, sich mit Antidemokraten zu verbünden, die im Verfassungsschutzbericht erwähnt sind? Halten Sie es für richtig, mit diesen Leuten auf die Straße zu gehen und Veranstaltungen auszurichten? Ist dies der neue Stil der Partei SPD? Ich werde das auch die GRÜNEN fragen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo!)

Danke schön. – Herr Kollege Ritter, Sie haben das Wort.

Herr Kreuzer, solange Sie nicht das Bündnis mit Viktor Orbán und den Kräften verlassen,

(Beifall bei der SPD – Thomas Kreuzer (CSU): Was für ein Bündnis? Was reden Sie da?)

die sich gegen ein demokratisch verfasstes Europa stellen, haben Sie nicht die Möglichkeit – –

(Widerspruch bei der CSU – Tobias Reiß (CSU): Sie haben kein einziges Argument gegen unseren Antrag vorgebracht!)

Die Argumente gegen Ihren Antrag haben Sie durch Ihr eigenes Handeln in den letzten Monaten selbst vorgebracht. Dazu brauche ich nichts mehr zu sagen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der Ab- geordneten Claudia Stamm (fraktionslos))

Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die CSU-Fraktion zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt erteile ich Frau Kollegin Gottstein für die Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Dringlichkeitsantrag hat zwei Seiten. Auf der einen Seite geht es um die Meinungsfreiheit und eine demokratische Auseinandersetzung mit Themen und Entwicklungen. Dazu gehören natürlich auch Zusammenschluss und Kundgebung im Rahmen einer gemeinsamen Position in Form eines Bündnisses. Ich denke, wir müssen an dieser Stelle klar feststellen: Demonstrationen und der sich darin ausdrückende Protest gehören eindeutig zu einer Demokratie, und letztendlich muss eine Staatsregierung damit umgehen können.

In Bayern gibt es in diesem Zusammenhang immer wieder zahlreiche Bündnisse. Wir FREIEN WÄHLER waren im Übrigen auch schon in einem Bündnis. Die Abschaffung der Studiengebühren haben wir nicht allein geschafft – es war ein großes Bündnis, das uns hier unterstützt hat –, die Straßenausbaubeitragssatzung haben wir alleine geschafft.

Meinungen gibt es in Bayern natürlich viele, und es kann den demokratischen Parteien kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie das PAG, das neue Polizeiaufgabengesetz, bewerten und sich unterschiedlich positionieren.

(Tobias Reiß (CSU): Das macht auch keiner!)

Das ist absolut ihr Recht, und letztendlich ist diese Auseinandersetzung wichtig.

Grundsätzlich kann man auch nicht zum Vorwurf machen, dass sich eine demokratisch legitimierte Partei einer Vereinigung anschließt, die verfassungsrechtlich vielleicht etwas fragwürdig ist. Deswegen ist die eine Seite der Medaille, die im Antrag zum Ausdruck kommt: "Der Landtag stellt mit Befremden …" – – Als Deutschlehrerin freue ich mich über solche Wörter, die heute eher selten verwendet werden. "Befremden" ist ein schönes Wort, wobei fremd auch schon wieder so eine Sache ist. Fremd: Wir fremdeln doch viel.

(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Also, der Landtag wird vor allem aufgerufen, mit Befremden festzustellen, dass sich demokratisch legitimierte Parteien zu einem Bündnis mit Linksextremisten und anderen verfassungsfeindlichen Organisationen zusammengeschlossen haben. Ist es aber letztendlich unsere Aufgabe festzustellen, was andere Parteien machen? Sie sagen es.

Ich meine, Sie haben natürlich jetzt gerade – ich denke, zu Recht – die Retourkutsche bekommen, dass Sie in Europa – –

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie reden um das Thema herum, Frau Gottstein!)