Wir nehmen die Sorgen der Bevölkerung ernst. Wir werden, so wie es auch der Ministerpräsident angekündigt hat, diese Kommission einrichten. Das liegt in der Ordnungshoheit der Staatsregierung. Diese Kommission soll ja gerade nach Inkrafttreten, Herr Kollege Halbleib, das gelebte Gesetz mit Datenschützern, mit Verfassungsrechtlern und mit Polizeipraktikern auch evaluieren und so einen Akt der Transparenz der Arbeit der Polizei ausüben, in die jedenfalls wir, die CSU-Fraktion, großes Vertrauen haben.
Die Informationsoffensive – das wurde gerade kritisiert – erfolgt aus den Reihen der Polizei heraus. Das kann ja gerade erst nach Beschließen des Gesetzes passieren; denn vorher wäre das tatsächlich Politik. Wenn wir ein Polizeiaufgabengesetz beschlossen haben,
ist es natürlich auch das Recht der Polizei, selbst über ihren Werkzeugkasten zu informieren und sich in den Prozess einzubringen. Dazu werden sicher auch die Polizeigewerkschaften zur Verfügung stehen.
Frau Kollegin Kohnen, Sie haben heute bereits die GdP zitiert. Der stellvertretende Vorsitzende der GdP in Bayern hat sich in der "Augsburger Allgemeinen" wie folgt geäußert: "Nicht der Staat bedroht die Bürgerrechte, sondern Straftäter, Extremisten und Terroristen." Deshalb beschließen wir heute dieses Gesetz in Dritter Lesung und lehnen eine Verschiebung ab.
Vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Geschäftsordnungsantrag abstimmen. Wer dem Antrag der SPD-Fraktion, die Dritte Lesung des Gesetzentwurfs erst in einer der
nächsten Plenarsitzungen durchzuführen, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie die fraktionslosen Kollegen Claudia Stamm, Alexander Muthmann und Günther Felbinger. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Geschäftsordnungsantrag abgelehnt.
Nachdem gegen die sofortige Durchführung der Dritten Lesung Widerspruch erhoben wurde, kann diese erst nach Drucklegung und Verteilung des Beschlusses der Zweiten Lesung in etwa einer halben Stunde erfolgen. Wenn Sie damit einverstanden sind, würde ich jetzt gerne in der Tagesordnung fortfahren.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) für ein Bayerisches Seniorenmitgestaltungsgesetz (Drs. 17/21805) - Erste Lesung
Ich darf Herrn Dr. Fahn von der Fraktion der FREIEN WÄHLER zur Begründung und Aussprache das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Eine Gesellschaft ist nur dann stark, wenn junge und ältere Menschen gleichwertig gefördert und unterstützt werden; denn nur Jung und Alt können gemeinsam die Probleme der Zukunft lösen.
Im Hinblick auf die vorausberechnete Zunahme des Anteils der Senioren in der bayerischen Gesellschaft ist unser Anliegen eine wichtige Zukunftsaufgabe. Laut dem Sozialbericht wird in Bayern die Wachstumsrate der älteren Generation bis zum Jahr 2060 mit 57,7 % deutlich höher als deutschlandweit sein. Das heißt, der Anteil älterer Menschen nimmt immer mehr zu. Wir müssen daher für eine ausreichende soziale und politische Integration der älteren Bevölkerung sorgen.
(Zahlreiche Abgeordnete verlassen den Plenar- saal – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wird die Sitzung jetzt aufgelöst, oder wie schaut das aus?)
Durch unseren Gesetzentwurf wollen wir die Senioren in den Kommunen bestmöglich mitnehmen. Wir haben bereits im Januar im Plenum über einen entsprechenden Gesetzentwurf der SPD diskutiert. Die
ser Antrag war wichtig und ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ein kleines Problem dabei war auch, dass es in vielerlei Hinsicht, etwa mit einem neuen Landesbeauftragten, Doppelstrukturen und damit Interessenkonflikte gab. Es ging auch darum, inwieweit auf diesem Gebiet Kommunen verstärkt belastet werden.
Wichtig ist auch: Bisher gab es nach Feststellung des Sozialministeriums eine zentrale Interessenvertretung für die älteren Bürger, nämlich die Landesseniorenvertretung Bayern – LSVB –, in der zurzeit 191 kommunale Seniorenvertretungen Mitglied sind, davon 25 von den Landkreisen. Aber es gibt, wie Sie alle wissen, 2.056 Kommunen, also vergleichsweise zu wenige Seniorenvertretungen. Angesichts der Zahl der Landkreise wollen wir noch eine Schippe drauflegen. Wir haben mit der LSVB bereits über einen das Thema betreffenden Gesetzentwurf gesprochen.
Sie werden sich fragen, warum jetzt die FREIEN WÄHLER einen neuen Gesetzentwurf vorlegen. Wir sehen das Ziel, unsere Senioren politisch bestmöglich zu integrieren, bei Weitem noch nicht erreicht. Wir haben uns deshalb mit der LSVB zusammengesetzt und intensiv überlegt, wie wir die Sache gemeinsam verbessern können. Resultat des Gesprächs der FREIEN WÄHLER mit der LSVB ist unser vorliegender Gesetzentwurf.
Warum heißt unser Gesetzentwurf "Seniorenmitgestaltungsgesetz"? – Die Devise heißt "Mitgestaltung", weil wir ältere Leute ermutigen möchten, sich am politischen Prozess stärker zu beteiligen; "Mitgestaltung" auch deshalb, weil wir den Stimmen der Senioren ein stärkeres Gewicht geben wollen, weil wir hier den gesetzlichen Rahmen verbessern wollen, weil wir die Erfahrungen und Expertisen der Senioren nutzbar machen wollen und es sehr viele Problembereiche gibt, die ältere Leute betreffen. Beispiele hierfür sind Altersarmut, unbezahlbarer Wohnraum, mangelnde Barrierefreiheit, unzureichende wohnortnahe ärztliche Versorgung und Pflegenotstand. Alle diese Punkte sind wichtig. Durch ein entsprechendes Seniorenmitgestaltungsgesetz wollen wir die Interessen der Senioren noch deutlicher hörbar machen. Es ist an der Zeit, unseren Senioren vermehrt Bedeutung beizumessen. Deshalb wäre es sinnvoll, dieses Begehren in die Bayerische Verfassung mit aufzunehmen.
Wir wollen aber nicht in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen. Das ist der Unterschied zwischen unserem Entwurf und den Vorstellungen der Landesseniorenvertretung. Das heißt, wir wollen den Kommunen lediglich empfehlen, eine Vertretung einzurichten. Wir verstehen, dass hier die LSVB ein Muss fordert. Aber wir müssen auch unsere Kommu
nen, Bürgermeister und Gemeinderäte verstehen, die Eigenständigkeit fordern und das Ganze selbst entscheiden wollen.
Ziel ist es aber natürlich, den Senioren eine politische Vertretung zu verschaffen. Diese kommunalen Seniorenvertretungen werden Mitglieder der Bayerischen Landesseniorenvertretung, und deren Mitglieder wählen wiederum den zu bildenden Bayerischen Landesseniorenrat. Der zu gründende Landesseniorenrat soll folgende Aufgaben haben: Unterstützung der Arbeit der kommunalen Seniorenvertretungen sowie Vertretung der akkreditierten, das heißt der gebündelten und gewichteten Interessen der Senioren vor Ort und, das ist wichtig, gegenüber der Staatsregierung. Dadurch werden die Sorgen und Nöte der älteren Bevölkerung Bayerns kanalisiert und an die höchste Stelle, an das Sozialministerium und natürlich den Landtag, herangetragen. Hierbei ist der Landesseniorenrat bei wichtigen seniorenrelevanten Themen von der Staatsregierung zu unterstützen. Doch der Landesseniorenrat soll nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben. Das heißt, er soll jedes Jahr im Sozialministerium und im Landtag, etwa im Sozialausschuss, über seine Arbeit berichten. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Ich freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen. Unser Gesetzentwurf zielt darauf ab, dass wir uns für die Interessen der Senioren gemeinsam einsetzen. Wir müssen darauf achten, dass diese Gruppe nicht ausgegrenzt, sondern stärker mitgenommen wird.
Unser Gesetzentwurf wird auch von der Landesseniorenvertretung unterstützt; dies wurde in der Presse konkret mitgeteilt. Das ist wichtig, wenn man etwas erreichen will. Man hat hier die betreffenden Verbände gefragt. Wenn die sich mit der Sache beschäftigenden Verbände damit einverstanden sind, kann dieser Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER nicht falsch liegen.
Ich darf zum Schluss an den Vorsitzenden des Seniorenbeirats, Franz Wölfl, erinnern, der sagt, die ältere Generation lasse sich nicht mehr mit Sonntagsreden abspeisen, in denen klar darauf hingewiesen werde, dass die Erfahrungen und die Kompetenzen älterer Menschen für unsere Gesellschaft von unschätzbarem Wert seien. Dies wird in Reden immer wieder dargelegt. Es geht aber nicht um Sonntagsreden, sondern um politische Glaubwürdigkeit, also darum, dass den Worten Taten folgen. Unterstützen Sie deshalb den Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER, den die LSVB befürwortet.
Vielen Dank. – Für die CSU-Fraktion hat jetzt der Kollege Dr. Goppel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Das ist nun der dritte Gesetzentwurf, den wir nacheinander von Einzelgruppierungen vorgelegt bekommen. Der erste Gesetzentwurf kam von der LSVB und zeichnete sich dadurch aus, dass Freiwilligkeit mit Verpflichtung vermischt wurde, und zwar in einer Weise, über die man in einer Demokratie nicht befinden kann. Die eine Hälfte hat jemanden als Entscheider gesandt, und die andere Hälfte der Kommunen hat niemanden. Wir wählen dann von denen, die eine Hälfte freiwillig hat, einen eigenen Landesvorstand. Dieser hat dann feste Bestimmungsrechte über das, was die älteren Menschen in unserem Land insgesamt brauchen. Das war uns zu wenig.
Die FREIEN WÄHLER schlagen jetzt etwas ganz Ähnliches vor. Es gibt kaum einen Unterschied zum Urvorschlag. Dass es dem Herrn Ministerialdirigenten Wölfl recht wäre, wenn er ein Gremium hätte, das ihn so handeln lässt, wie er möchte, verstehe ich, aber dagegen habe ich etwas. Ich will Ihnen das ausdrücklich sagen. Wenn wir bayernweit etwas miteinander machen, dann nicht deshalb, weil ein Ministerialdirigent in seiner Amtszeit nicht in der Lage war, dies entsprechend zu regeln. Er versucht es nun über einen Verband und möchte Dinge auf freiwilliger Basis regeln, die er anschließend verbindlich für alle so umsetzen kann, wie er möchte; und das bei einer Mehrheit der älteren Bevölkerung von 57 %.
Diese Prozentzahl haben Sie vorhin angegeben. Ich habe diese Zahl noch nicht überprüft. Das Thema braucht dringend und zuerst eine andere als eine parlamentarische Beratung. Die LSVB trifft sich, wenn ich mich recht erinnere, in drei bis vier Wochen. Wir haben ausdrücklich angekündigt, dass wir bei dieser Gelegenheit, womöglich über Parteigrenzen hinweg, mit allen Beteiligten sprechen wollen. Das Alten-Vertretungsrecht kann jedenfalls nicht mit einer Mischung aus demokratischen Gremien und daneben freiwillig antretenden Räten geregelt werden. Das ist dafür gut, dass dann nicht die Frage aufgeworfen wird, ob das Konzept der Konnexität unterworfen wird, deshalb uns eine Menge Geld kostet. Dann ist nicht sichergestellt, wie die Aufteilung der Verantwortlichkeiten insgesamt erfolgt. Sie müssen wissen: Wir machen keine großzügigen Schnellregelungen mit.
Ich darf darauf hinweisen, was Sie beim vorhergehenden Tagungsordnungspunkt als unbedingt erforderlich angesehen haben, nämlich sehr viel mehr Beratungen vor einer Verabschiedung. Sie wollen die Beratungen umgehen und umgekehrt antreten. Sie wollen uns mit
Ihrem Gesetzentwurf zwingen, im Hohen Haus gemeinsam eine Regelung zu treffen, die überhaupt nicht diskutiert ist und unwidersprochen hinnimmt, dass zwei Drittel der Gemeinden nicht zeitgemäß vorbereitet sind. Die einen sind selbst noch gar nicht beteiligt. Die anderen sind auf freiwilliger Basis beteiligt. Wir wissen nicht, wie es hintennach aussehen wird. Ich bitte um Nachsicht, dass die CSU da heute nichts verabschieden wird.
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Rauscher das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Frau Ministerin! In der Gesetzeslesung diesen Januar zu dem von uns eingebrachten Seniorenmitwirkungsgesetz habe ich bereits ausgeführt: Es handelt sich um ein Gesetz für eine starke, selbstständige und aktive ältere Generation. Das brauchen wir in Bayern.
Wir brauchen ein Gesetz, mit dem sichergestellt ist, dass die Stimme der Seniorinnen und Senioren auf allen politischen Ebenen wirklich gehört wird. Dafür braucht es gesetzlich verankerte und vor allem verlässliche Rahmenbedingungen, die Senioren das Recht auf Mitwirkung eröffnen. Das ist in jeder bayerischen Kommune durch ein Bayerisches Seniorenmitwirkungsgesetz zu verankern. Kolleginnen und Kollegen, die Situation liegt nicht am fehlenden Engagement der Senioren. Deshalb haben wir, die SPDLandtagsfraktion, bereits ein Bayerisches Seniorenmitwirkungsgesetz gefordert. Herr Goppel, dies haben wir übrigens unabhängig von Herrn Wölfl getan.
Wir haben ein Gesetz gefordert, das einen verlässlichen Rahmen setzen sollte. Dieses Gesetz haben Sie alle, die CSU, die FREIEN WÄHLER und die GRÜNEN, in der Ersten Lesung und in der Debatte im Sozialausschuss abgelehnt. Liebe FREIE WÄHLER, dass Sie jetzt mit einem eigenen Gesetzentwurf um die Ecke kommen, ist schon interessant. Und vor allem – –
Dürfen Sie. Aber ich darf bemerken, dass das durchaus interessant ist. Interessant ist vor allem, dass Sie sich nicht wirklich die Mühe gemacht haben, einen eigenen Gesetzentwurf zu schreiben. Herr Kol
lege, die wortgleiche Übernahme der Artikel 6 bis 8 des Gesetzentwurfs der Landesseniorenvertretung Bayern könnte ja fast noch Sinn haben, hätten Sie nicht bei einem grundlegenden Artikel des Gesetzes einen zentralen Wortlaut geändert. Damit haben Sie dem Artikel den wesentlichen Sinn entzogen. Sie stärken in Ihrem Gesetz die kommunale Ebene nicht nachhaltig. Das ist ein Problem. Ihr Gesetzentwurf sieht vor, Seniorenräte auf kommunaler Ebene lediglich zu empfehlen. Das widerspricht jeglicher Logik der gesetzlichen Verankerung einer wirksamen bayerischen Vertretung von Senioren und Seniorinnen. Das Ziel ist, bayernweit verlässliche Rahmenbedingungen zu erreichen, sodass die Belange der Senioren und Seniorinnen nicht mehr dem Ermessen der Kommunen ausgesetzt sind. Lediglich einer Empfehlung Folge zu leisten, bringt doch keine Sicherheit für die ältere Generation mit sich.
Liebe FREIE WÄHLER, diese Widersprüchlichkeit Ihrerseits hat sich schon in den Debatten im Plenum und im Ausschuss zu unserem Gesetzentwurf gezeigt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Sie das Ganze nun in einen eigenen Gesetzentwurf gießen. Ich glaube – –
Herr Fahn, für mich nicht. Sie haben da etwas Grundlegendes nicht wirklich verstanden. Aber Ihr widersprüchliches Verhalten kennen wir bereits.
Hören Sie zu, und lassen Sie es Revue passieren! In der Aussprache im Plenum hieß es noch, dass Sie einem Gesetzentwurf positiv gegenüberstehen, weil die LSVB gute Arbeit mache.
In der Debatte im Sozialausschuss haben Sie eine Kehrtwende gemacht. Sie haben sich der CSU angeschlossen, nun doch erst einmal gemeinsam mit der LSVB und fraktionsübergreifend die Ausarbeitung eines seniorenpolitischen Gesamtkonzepts voranzutreiben und freiwilliges Engagement zu stärken.