Protokoll der Sitzung vom 15.05.2018

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das war die Überlegungsphase!)

Das war die Überlegungsphase. Dafür habt ihr aber ein bisschen lang gebraucht. Die CSU findet – dieser Meinung haben Sie sich angeschlossen – leider einiges am Seniorenmitwirkungsgesetz grundsätzlich umständlich und unnötig. Die GRÜNEN unterstützen Sie leider ebenfalls. Beide Fraktionen haben an unserem

Gesetzentwurf bemängelt, dass die kommunale Selbstverwaltung eingeschränkt wird. Dieser grünen Sorge kommen Sie jetzt in Ihrem Gesetzentwurf freundlicherweise nach. Leider dient dies nicht der Stärkung der vielen Seniorinnen und Senioren auf kommunaler Ebene.

(Beifall bei der SPD)

Ich fasse zusammen: Herr Fahn, in der Debatte im Ausschuss wurde deutlich, dass die FREIEN WÄHLER einen etwas breiter aufgestellten Bayerischen Seniorenrat insbesondere aufgrund des Bestehens der LSVB ablehnen.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Ja!)

Von verpflichtenden kommunalen Seniorenräten hielten Sie sowieso nichts. Damit haben Sie unser Gesetz, welches die LSVB übrigens öffentlich unterstützt hat, abgelehnt.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Korrekt!)

Sie haben sich nicht enthalten, sondern haben den Gesetzentwurf abgelehnt.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Korrekt!)

Dass Sie nun doch wieder eine Kehrtwende hinlegen und einen der LSVB vermeintlich nahen Gesetzentwurf einreichen, in welchem leider eine nicht irrelevante Passage gestrichen wurde, ist so traurig, dass man darüber schon fast lachen könnte. Unsere Senioren verdienen eine Unterstützung, die tatsächlich mehr Mitwirkung und Beteiligung der Generation über 60 bewirkt, nicht nur auf Landesebene, sondern vor allem auch auf kommunaler Ebene. Es wäre so einfach gewesen, die vielen Menschen in unserem Land, die ein hohes Alter haben und sich aktiv und nachhaltig für ihre Generation einbringen möchten, mit einem klaren Signal zu unterstützen. Herr Kollege Fahn und die anderen Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER: schade um die verpasste Chance. Schade, dass Sie in Ihrem Gesetz Wesentliches weggelassen haben.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt hat der Kollege Dr. Runge für die GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wie der Gesetzentwurf der SPD, den wir vor gut drei Monaten in diesem Hause

behandelt haben, verfolgt auch dieser Gesetzentwurf ein an und für sich berechtigtes Anliegen und ein vernünftiges Ziel. Es geht um die Partizipation von Menschen älteren Semesters am politischen Geschehen. Es geht um das Mitwirken im Vorfeld von Entscheidungen, vor allem von Entscheidungen, die seniorenspezifische Belange betreffen. Im Gesetzentwurf der SPD heißt es "Mitwirkung", und bei den FREIEN WÄHLERN heißt es "Mitgestaltung".

Die Frage, die wir bei der Beurteilung dieses Gesetzentwurfes wie auch bei Ihrem Gesetzentwurf, Frau Rauscher, stellen, lautet: Wo gibt es welche Defizite? Wo gibt es Handlungsbedarf, und sind die Regelungen und die vorgeschlagenen Institute zielführend? Ich denke schon, dass man über die Landesseniorenvertretungen und den Landesseniorenrat reden kann.

Aber ich gehe noch auf zwei andere Punkte ein. Zum einen wollen Sie zwei Änderungen in der Bayerischen Verfassung. Ich greife jetzt nur Artikel 83 Absatz 1 heraus. Dort wollen Sie eine Ergänzung. Es geht um den Katalog des Wirkungskreises der Gemeinden. Sie wollen in den Text "In den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden … fallen...", dann folgt ein ganzer Katalog, einfügen: "Belange der älteren Menschen". In meinen Augen ist das problematisch, weil wir dort ansonsten ganz konkrete Dinge finden wie zum Beispiel die Versorgung mit Wasser oder die örtliche Kulturpflege. Und dann bringen Sie als Formulierung "Belange der älteren Menschen" hinein. Da frage ich: alle Belange oder welche Belange? Ich sehe da die eine oder andere Schwierigkeit auf uns zukommen.

Im Übrigen möchte ich jetzt noch einmal auf Ihre Umformulierung des SPD-Entwurfes eingehen. Im SPDEntwurf heißt die Formulierung, es "sollen" Seniorenbeiräte eingerichtet werden; bei Ihnen heißt es: "Es wird den Kommunen empfohlen".

Dann, Herr Fahn, sind Sie aber schon nicht mehr bei einer Empfehlung, sondern Sie sagen ganz konkret, was dann zu passieren hat. Das ist also nichts anderes als im Gesetzentwurf der SPD, dass auch Sie damit in die Frage hineinregieren, wie eine Kommune die Erfüllung ihrer Aufgaben organisiert. Das ist der Punkt, an dem wir uns gestoßen haben.

Ich komme noch einmal zur grundsätzlichen Frage: Gibt es aktuell nicht genug Partizipationsmöglichkeiten für ältere Menschen und Beteiligungsmöglichkeiten am politischen Geschehen, vor allem im kommunalen Bereich?

Ich habe das letzte Mal schon aufgezählt – ich sitze seit etwa 40 Jahren im Gemeinderat –, was es alles gibt. Da gibt es einen Ansprechpartner in der Verwaltung. Es gibt selbstverständlich einen Seniorenrefe

renten und einen Seniorenbeirat. Es gibt die Seniorenbürgerversammlung, und der Gemeinderat ist selber ein Seniorenrat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe mir nun das Vergnügen gemacht, ganz viele dieser Gremien anzuschauen: Bezirkstage, Kreistage, Gemeinderäte. Überall dominiert die Alterskohorte der 60- bis 80-Jährigen. Bei uns sind 11 von 24 Mitgliedern zwischen 60 und 80 Jahre alt. Wenn wir die Saison in zwei Jahren beendet haben, sind wir immer noch bei den 11, aber nur deswegen, weil drei in die letzte Kohorte aufsteigen, nämlich in die der 80- bis 100-Jährigen. Und dann rücken drei nach zu den 60- bis 80-Jährigen. Das heißt, wir haben 14 von 24 Gemeinderäten, die zwischen 60 und 100 Jahre alt sind.

Das ist kein Einzelfall. Ich habe mehrere Kreistage und Bezirkstage sowie Gemeinderäte und Stadträte angesehen. Dass hier die Möglichkeiten der Partizipation aktuell zu gering seien, kann ich überhaupt nicht erkennen.

Übermorgen diskutieren wir im Verfassungsausschuss abschließend den Gesetzentwurf der SPD. Von daher haben Sie uns als Fraktion der GRÜNEN noch nicht hinreichend überzeugt, dass sowohl der SPD-Gesetzentwurf als auch der Entwurf der FREIEN WÄHLER notwendig wären.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf jetzt noch die Ergebnisse von zwei namentlichen Abstimmungen bekannt geben, zunächst das Ergebnis zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Waldmann, Rauscher und anderer und Fraktion (SPD) auf Drucksache 17/22067 betreffend "Behandlung und Hilfe statt Zwang und Stigmatisierung – Für ein Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, das seinen Namen auch verdient!". Mit Ja haben 67 gestimmt, mit Nein haben 84 gestimmt, Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich darf jetzt noch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, von Brunn, Adelt und anderer und Fraktion (SPD) auf Drucksache 17/22071 betreffend

"Umweltgift PFOA und PFOS: Säuglinge und Kinder vor gesundheitlichen Gefahren schützen – Transparenz herstellen!" bekannt geben. Mit Ja haben 57 gestimmt, mit Nein haben 78 gestimmt, es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Nun darf ich noch bekannt geben, dass die CSUFraktion mitgeteilt hat, dass anstelle von Staatssekretärin Carolina Trautner unser neuer Kollege, Herr Markus Fröschl, als neues Mitglied in den Ausschuss für Eingaben und Beschwerden nachrückt. Ich wünsche ihm für diese Arbeit ein gutes Gelingen.

(Beifall bei der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, ich komme jetzt zurück zum vorgezogenen Tagesordnungspunkt 6. Ich darf bekannt geben, dass die SPD-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER für die Schlussabstimmung namentliche Abstimmung beantragt haben.

(Unruhe und Zurufe)

Wir kommen also nun zu der von der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten Dritten Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung auf Drucksache 17/20425. Ich rufe auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) (Drs. 17/20425) - Dritte Lesung

Ich eröffne die von der SPD-Fraktion beantragte allgemeine Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach unserer Geschäftsordnung 24 Minuten. Als erstem Redner darf ich für die CSU-Fraktion Herrn Kollegen Ländner das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Dritten Lesung eines Gesetzes hat man es nicht leicht, den Überblick über das zu behalten, was alles gesprochen und interpretiert wurde. Es wurden sicherlich wichtige Fragen aufgeworfen, nicht zuletzt kam die Aufforderung, wir sollten die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Da frage ich mich: Sorgen der Menschen vor was?

Ich stelle in Betrachtung der letzten Wochen fest, dass wir nicht nur das Neuordnungsgesetz zum PAG haben, sondern auch ein zweites Gesetz, das in der

Öffentlichkeit diskutiert wird. Ich meine das sogenannte "NoPAG".

In der Öffentlichkeit wird ein Gesetz diskutiert und bekämpft, das nicht die Vorlage der Bayerischen Staatsregierung ist. Und angeblich stehen in diesem Gesetz Dinge wie: Menschen könnten grundlos festgenommen und drei Monate eingesperrt werden. Oder es heißt da, Menschen könnten überwacht werden. Bei einfachen Menschen kann die Wohnung gestürmt werden. Und noch viele solcher Dinge mehr stehen in diesem NoPAG.

Diese Dinge stehen aber nicht in dem PAG, das wir vorhin in Zweiter Lesung behandelt haben und jetzt in Dritter Lesung behandeln.

(Zuruf von der SPD: Sagen Sie uns lieber, was drinsteht!)

Was mich etwas wundert, ist die Tatsache, dass der Entwurf vor vielen Wochen eingebracht wurde, jetzt aber vermutet wird, es sei die neue Richtung Söder. Und nun sagt der Ministerpräsident: Das kann nicht meine Richtung sein, es wurde vor meinem Amtsantritt eingebracht. Die Opposition schließt daraus: Der Ministerpräsident steht nicht dahinter. In welcher Welt leben wir eigentlich?

(Beifall bei der CSU)

Und dann hören wir von Rednern der Opposition zum Inhalt dieses Gesetzes nur wenige Worte. Wir hören, dass unsere Polizei überlastet ist. Oje! Wir hören, dass wir Demonstranten diffamieren. Nein, liebe Freunde!

(Florian von Brunn (SPD): Wir sind nicht Ihre Freunde!)

Nein, wir wehren uns nicht gegen den Protest, sondern wir wehren uns gegen die haltlose Propaganda, die hinter diesem Protest steht.