Protokoll der Sitzung vom 15.05.2018

Die 70.000 Wohnungen, die wir jedes Jahr bräuchten, haben Sie in der Vergangenheit nie erreicht. Waren es 2016 rund 54.000 Wohnungen, sind es 2017 immerhin 61.000 Wohnungen. Das Tal der Tränen ist damit jedoch in Bayern noch lange nicht durchschritten. Wir bräuchten in Bayern endlich eine verlässliche Förderpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle unterstreiche ich noch einmal die Forderungen, die der Verband der Wohnungswirtschaft

kürzlich erhoben hat. Die Fördermittelkontinuität brauchen wir langfristig, nicht über einen oder zwei Haushalte hinweg. Von Verlässlichkeit ist hier keine Spur. Stattdessen hat sich die staatliche Wohnraumförderung im Freistaat auf die Devise beschränkt: einen Schritt nach vorn, zwei Schritte zurück. Leider sehe ich keine Anzeichen dafür, dass sich dies in der Substanz ändert.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesmittel im Jahr 2017 auf ein Allzeittief von 87 Millionen Euro gefallen sind. Das war ein fatales Signal für den Wohnungsbau. Das wird Ihnen in den nächsten zwei Jahren noch auf die Füße fallen; denn es werden weniger bezahlbare Wohnungen fertiggestellt, als wenn man es anders gemacht hätte.

Kolleginnen und Kollegen, erfreulich ist, dass Sie das Kommunale Wohnraumförderungsprogramm garantiert bis 2025 fortführen wollen. Dennoch fehlt mir ein klares Bekenntnis zum Wohnungspakt insgesamt, vor allem zur dritten Säule, der klassischen Wohnraumförderung. Gerade die kommunalen, die genossenschaftlichen und die kirchlichen Wohnungsunternehmen brauchen endlich Planungssicherheit. Der Verband der Wohnungswirtschaft hat noch einmal darauf hingewiesen, wie wichtig das ist. Laut dem Bayerischen Rundfunk haben Sie darauf geantwortet: Ich bin ziemlich sicher, dass bei der Notwendigkeit von Wohnungsbau hier die Mittel mit Sicherheit zur Verfügung gestellt werden. – Sie haben gesagt, Sie seien sich ziemlich sicher.

(Staatsministerin Ilse Aigner: Gesetzgeber!)

Sie haben aber nicht gesagt, dass das so kommen wird. Frau Ministerin, Sie haben hier die Mehrheit. Die CSU könnte sich dazu bekennen, die Fördermittel auch weiterhin auf einem hohen Niveau fortführen zu wollen. Darauf habe ich schon in mehreren Reden hingewiesen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Eberhard Rotter (CSU): Das machen wir auch!)

Kolleginnen und Kollegen, viel wichtiger als bezahlbare Wohnungen ist Ihnen leider die Eigenheimförderung. Aus unserer Sicht ist das der falsche Ansatz. Diese Maßnahme hilft gerade dort nicht, wo bezahlbarer Wohnraum am häufigsten fehlt, nämlich in und um die größeren Städte. Dort sind die Immobilienpreise so hoch, dass die staatlichen Zuschüsse – Sie sprechen von 40.000 Euro – für die meisten Menschen nicht ausreichen werden, um Wohneigentum zu erwerben. Das gilt gerade für diejenigen, die Sie angesprochen haben, für den Streifenpolizisten, für die Krankenschwester und für die Verkäuferin. Diese

Leute werden sich mit diesem Zuschuss kein Wohneigentum leisten können.

Stattdessen wirkt eine derartige staatliche Förderpolitik als zusätzlicher Preistreiber im Hinblick auf die Grundstücks- und Baupreise und im Hinblick auf die Kreditzinsen für die Baufinanzierung. Freuen können sich nur die, die sich ohnehin eine Immobilie leisten können, weil sie genug Geld haben. Von sozialer Gerechtigkeit ist hier keine Spur.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das können Sie auch mit der Gründung der neuen staatlichen Wohnungsbaugesellschaft nicht wettmachen. Gemessen an dem Ausverkauf der 32.000 GBW-Wohnungen ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir begrüßen die Gründung dieser staatlichen Wohnungsbaugesellschaft. Angesichts begrenzter staatlicher Liegenschaften und eines hohen bürokratischen Aufwands sind die Wirkungsmöglichkeiten jedoch eingeschränkt. Wir GRÜNE wollen keine Konkurrenz zu den genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen entstehen lassen. Darauf werden wir ein besonderes Augenmerk legen.

Hier geht es auch um Grundstücke, die diese Unternehmen erwerben könnten. Schließlich suchen diese Unternehmen händeringend nach Grundstücken. Sie stehen in den Startlöchern. Sie hätten auch das Geld und das Personal, das Sie mit der neuen staatlichen Gesellschaft erst einmal aufbauen müssen. In dem einen oder anderen Fall wäre es günstig, nicht darauf zu warten, bis man selber handlungsfähig ist, sondern die Grundstücke diesen Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

Ein anderes Thema: Bei den staatlichen Wohnungen wollen Sie für fünf Jahre auf Mietpreiserhöhungen verzichten. Das ist ein richtiger Schritt. Leider sind es nur sehr wenige Wohnungen, die der Staat besitzt, gerade einmal 0,5 % des Wohnungsbestandes. Die Mieter dieser Wohnungen kommen in den Genuss dieser Regelung, die anderen leider nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, in Ihrem Dringlichkeitsantrag wird auch ein weiterer Aspekt außer Acht gelassen: Bauland ist heute vielerorts ein teures und knappes Gut. Schieben Sie endlich Spekulationen mit Grund und Boden einen Riegel vor! Setzen Sie sich auf Bundesebene für eine verfassungskonforme und gerechte Reform der Grundsteuer ein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin Aigner, ich habe gern gehört, was Sie zu den Themen Innenentwicklung, Entsiegelung und Stärkung der Ortskerne gesagt haben. In den letzten Jahren haben wir immer wieder einmal gehört, dass dies für die CSU und die Staatsregierung sehr wichtig sei. Hier müssen Sie Ihren Worten auch Taten folgen lassen.

Zum Abschluss: Wir vermissen in Ihrem Dringlichkeitsantrag den Fokus auf die Förderung von leistbarem Mietwohnraum, weswegen wir uns schlussendlich enthalten werden. Das Gleiche gilt für den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CSU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Rotter. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt habe ich mir doch gedacht, nach dem, was das Kabinett heute Vormittag beschlossen hat, müsste es eigentlich von dieser Seite fast nur Lob geben. Es gibt aber nahezu ausschließlich Kritik. Ernsthaft gesagt: Ich habe es nicht anders erwartet. Ich kenne Sie ja. Wenn die Ministerin auf dem Schliersee wandeln würde, würden Sie auch nur sagen: Die hat nicht einmal schwimmen gelernt. Das ist es, was mir zu diesem Punkt einfällt.

(Beifall bei der CSU)

Erkennen Sie doch an, was jetzt zusätzlich kommt. Sie sagen, das hätte man schon vor Jahren anschieben können. Da würde ich Ihnen gar nicht einmal widersprechen. Dass der Wohnungsbau aber jetzt total im Fokus ist, muss sogar Herr Glauber anerkennen.

(Alexander König (CSU): Die Opposition lebt in der Vergangenheit!)

Ich habe es in der letzten Debatte gesagt. Das ist durch das neue Ministerium, die Ministerin und den Staatssekretär deutlich geworden. Sie haben die Berliner Regierungserklärung unseres früheren Ministerpräsidenten und jetzigen Bundesinnenministers kritisiert. Er hat zu diesem Thema nicht viel geredet. Der Bund bringt aber die entsprechenden Maßnahmen bereits auf den Weg. In der vor wenigen Tagen stattgefundenen Klausur ist das auch beschlossen worden. Handeln ist immer wichtiger als Reden. Genau deswegen handeln wir in Bayern. Seitens der Staatsregierung sind heute Vormittag die entsprechenden Beschlüsse gefasst worden.

Wenn es darum geht, dass der Landtag die Mittel zur Verfügung stellt, dann wird das an uns nicht scheitern.

Sie werden wahrscheinlich dagegen sein mit der Begründung, dass Sie gern noch mehr tun würden. Diese Haltung hilft aber nicht weiter. Aus der Opposition heraus immer nur "Mehr! Mehr! Mehr!" zu fordern, ist keine seriöse Politik.

Sie haben vorhin behauptet, wir hätten bisher für den sozialen Wohnungsbau nichts übriggehabt. Das ist absolut falsch! Ich kann die Entwicklung ein paar Jahre länger überblicken als Sie, Herr Kollege Glauber. Natürlich gab es gewaltige Rückgänge, nachdem wir in den Neunzigerjahren angesichts der hohen Zahl an Übersiedlern sehr viel für diesen Bereich getan hatten. Dann war es auf einmal kein Thema mehr, jedenfalls kein großes Problem.

Die niedrigste Wohnraumförderung in Bayern gab es übrigens nicht unter Finanzminister Söder, sondern unter Finanzminister Faltlhauser. Das waren aber immer noch deutlich mehr Mittel, als alle anderen Bundesländer dafür ausgegeben haben. Das muss hier einmal gesagt werden, wenn Sie schon die Vergangenheit bemühen.

(Beifall bei der CSU – Dr. Paul Wengert (SPD): Nennen Sie doch einmal belastbare Zahlen! Sie behaupten irgendetwas, was Sie nicht nachweisen können!)

Kollege Wengert ist wieder gut im Schreien, aber nicht gut im Argumentieren. Auch das sind wir von ihm gewohnt.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie die Ortskerne beleben wollen, dann sind wir bei Ihnen. Die Abschreibungsmöglichkeiten werden sicherlich dazu beitragen.

Sofern die Grunderwerbsteuer abgeschafft werden soll, ist das eine Bundesangelegenheit. Der Bund hat vor wenigen Tagen entsprechende Beschlüsse zur Grunderwerbsteuer gefasst.

Daher kann ich weiß Gott sagen: Wir betreiben nicht Ankündigungspolitik, sondern wir setzen das, was in der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten angekündigt worden ist, um.

Herr Kollege Mistol, Sie haben bemängelt, dass das Wort "sozial" fehle. Sie kommen aus dem Ballungsraum Regensburg. Ich komme aus dem ländlichen Bereich, Kollege Glauber übrigens auch. Es ist durchaus sozial, wenn wir es Familien ermöglichen, in unserer Region ein Eigenheim zu erwerben. Das sollen auch Normalverdiener schaffen können.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie insoweit den Fokus nur auf den Ballungsraum richten, ist das aus meiner Sicht deutlich zu wenig. Uns geht es sowohl um die Förderung des Mietwohnungsbaus, insbesondere des sozialen Mietwohnungsbaus mit erschwinglichen Mieten, als auch um die Förderung des Erwerbs von Wohneigentum. Denn jeder, der sich – auch dank unserer großzügigen Unterstützung – eine Eigentumswohnung oder gar ein Eigenheim leisten kann, macht eine Mietwohnung frei, in die Menschen einziehen können, die schon lange darauf warten. Auch das sollten Sie in dem Zusammenhang bedenken.

(Beifall bei der CSU)

Wenn behauptet wird, es habe an langfristiger Fördermittelkontinuität gefehlt, dann entgegne ich, dass wir in den vergangenen Jahren, was die Fördermittel anbelangt, fast immer nach oben gegangen sind. Sie haben die eine Ausnahme angesprochen. Sie behaupten immer wieder, die Höhe der Landesmittel habe nur 87 Millionen Euro betragen. Dabei unterschlagen Sie sowohl die 150 Millionen Euro aus dem Kommunalen Wohnraumförderungsprogramm als auch die Labo-Mittel. Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie recht haben, wenn Sie darauf verweisen, dass die 87 Millionen Euro damals abgesenkt worden sind. Allerdings habe ich von diesem Pult aus in der Debatte zum Haushalt gesagt: Das muss im Nachtragshaushalt korrigiert werden. Es ist nicht nur korrigiert, sondern sogar überkompensiert worden. Wir haben vor, in einem weiteren Nachtrag weitere 200 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. So viel gab es noch nie!

Ich stehe hier und sage: Wir werden genau diesem Thema auch in den kommenden Jahren die entsprechende Bedeutung beimessen. Aus diesem Grund – die Ministerin hat darauf hingewiesen – wird der "Wohnungspakt Bayern" bis 2025 fortgesetzt. Das ist schon ein sehr langer Zeitraum.

Ich behaupte weiß Gott nicht, dass ich Weissager sei. Aber so, wie sich das Thema Wohnen auch in den kommenden Jahren entwickeln wird, werden – trotz aller Verbesserungen der Abschreibungsmöglichkeiten und trotz des Baus von mehr Wohnungen – auch im Jahr 2025 noch nicht alle Probleme gelöst sein. Daher wird das Thema weiterhin auf der Tagesordnung stehen. Wir, die CSU-Fraktion, stehen natürlich dahinter. Das ist überhaupt keine Frage.

(Beifall bei der CSU)

Das Kommunale Wohnraumförderungsprogramm ist fortzusetzen. Ein wichtiger Aspekt ist, zumindest aus unserer Sicht, die bayerische Eigenheimzulage, die immerhin 10.000 Euro beträgt.

Es geht darum, dass wir für die Bauverwaltung zusätzliche Stellen schaffen, weil immer wieder beklagt wird, dass die Erteilung der Baugenehmigungen so lange dauert. Daher ist es mir wichtig, dass von den 250 zusätzlichen Stellen nicht alle in München oder bei den Staatlichen Bauämtern hängen bleiben. Die Stellen sollen auch bei den Landratsämtern ankommen. Die Landräte beklagen ja, dass zu wenige Stellen da seien. Mit den zusätzlichen Stellen können wir die Bauverwaltungen so ausbauen, dass die Genehmigungen mit Sicherheit schneller erfolgen können.

Jetzt muss ich noch ein paar Takte zu dem Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER sagen. Darin werden Dinge gefordert, die zum Teil den Bund betreffen. Der Bund ist aber bereits dabei, zahlreiche Forderungen umzusetzen. Wenn zum Beispiel Verbesserungen der Abschreibungsmöglichkeiten gefordert werden, dann kann ich darauf verweisen, dass seitens des Bundes entsprechende Verbesserungen vorgesehen sind. Die Koalitionsvereinbarung enthält zahlreiche Punkte, die wir in unseren Bayernplan zur Bundestagswahl aufgenommen hatten. So soll bis Ende des Jahres 2021 eine befristete Sonderabschreibung eingeführt werden, die zusätzlich zur linearen Abschreibung über vier Jahre 5 % betragen soll.

Das Baukindergeld des Bundes, das wir gefordert hatten – wir haben schon öfter darüber debattiert –, wird über einen Zeitraum von zehn Jahren in Höhe von 1.200 Euro pro Jahr und Kind gezahlt. Wir stocken es um ein Landesbaukindergeld von 300 Euro auf und erreichen damit für Bayern eine Förderung von insgesamt 15.000 Euro pro Kind. Sie von den FREIEN WÄHLERN verlangen 20.000 Euro; das sei Ihnen als Opposition zugestanden. Wir meinen, dass die 15.000 Euro durchaus ein wichtiger und wuchtiger Aufschlag sind.

Zur Grunderwerbsteuer hat der Bund – ebenfalls entsprechend dem Koalitionsvertrag – beschlossen, dass ein Freibetrag beim erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien ohne Rückwirkung beim Länderfinanzausgleich geprüft werden soll. Es ist wichtig, dass die Länder, da ihnen die Mittel entgehen, nicht fordern, dass ihnen das alles erstattet wird. Daran sind in den vergangenen Jahren manche Vorhaben gescheitert, die schon damals richtig und sinnvoll gewesen wären.

Die FREIEN WÄHLER fordern in ihrem Antrag eine steuerliche Entlastung von Landwirten, die zur Gewinnung von Wohnbauland Grundstücke zur Verfügung stellen. Genau das will der Bund mittlerweile ebenso umsetzen; im Koalitionsvertrag ist eine entsprechende Festlegung enthalten. Dem wird allerdings noch eine verfassungsrechtliche Prüfung vorangehen müssen.