Protokoll der Sitzung vom 15.05.2018

Die FREIEN WÄHLER fordern in ihrem Antrag eine steuerliche Entlastung von Landwirten, die zur Gewinnung von Wohnbauland Grundstücke zur Verfügung stellen. Genau das will der Bund mittlerweile ebenso umsetzen; im Koalitionsvertrag ist eine entsprechende Festlegung enthalten. Dem wird allerdings noch eine verfassungsrechtliche Prüfung vorangehen müssen.

Soweit Sie im Rahmen des Programms zum sozialen Wohnungsbau den Zuschuss von 300 Euro pro Quadratmeter auf 750 Euro pro Quadratmeter erhöhen wollen, weise ich darauf hin, dass sich bereits bei einem Zuschuss von 300 Euro eine durchaus angemessene Rendite ergibt. Dieser Zuschuss ist übrigens neu. Er ist erst vor zwei, drei Jahren eingeführt worden; zuvor gab es nur eine Darlehensförderung. Nachdem es vonseiten der Wohnungsunternehmen hieß, dass ihnen das nicht ausreiche, haben sie den Zuschuss von 300 Euro pro Quadratmeter bekommen. Und siehe da: Es gehen nahezu ohne Ende Anträge ein. Deswegen werden wir in dem zweiten Nachtrag noch für dieses Jahr 200 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellen. Diese vielen Anträge würden nicht eingehen, wenn die Wohnungsunternehmen diesen Zuschuss als nicht auskömmlich betrachten würden. Eine Erhöhung auf 750 Euro pro Quadratmeter würde übrigens auch Probleme mit der EU verursachen. Es ist beihilferechtlich schon eine große Herausforderung gewesen, die 300 Euro durchzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen natürlich weiterhin – das ist zwar schon gesagt worden, aber ich wiederhole es gern – auf die Standards achten. Ich erinnere an das Energieeinsparungsgesetz. Dabei muss auf Wirtschaftlichkeit geachtet werden. Das ist ganz entscheidend. Wir können nicht in Haushalten und Nachtragshaushalten immer mehr Geld beschließen, wenn im Endeffekt weniger Wohnungen gebaut werden können, weil das Bauen durch staatliche Vorgaben zu teuer wird. Auch in diesen Bereich muss endlich wirtschaftliche Vernunft einkehren. Dabei geht es auch um die Schallschutzrichtlinie, die Feuerschutzrichtlinie und die vorgeschrieben Zahl an Stellplätzen. All das hat das Bauen zu sehr verteuert; wir haben es wiederholt beklagt.

Auch insoweit wünsche ich unserer neuen Ministerin viel Erfolg bei den Verhandlungen in der Bauministerkonferenz. In den vergangenen Jahren war es nämlich manchmal so, dass 1 zu 15 abgestimmt worden ist, und zwar auch über solche Punkte, über die wir uns im Landtag fraktionsübergreifend im Wesentlichen einig waren. Die GRÜNEN hatten damit ihre Probleme; das kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Wir müssen aber etwas dafür tun, dass wir die Baukosten endlich in den Griff bekommen.

Was wäre noch zu sagen? Trotz massiver Ausweitung der staatlichen Fördermittel brauchen wir weiterhin – und verstärkt – auch den privaten Mietwohnungsbau, der, ob mit oder ohne staatliche Förderung, in preisgünstige Mietwohnungen investieren muss. Ich hoffe

schon, dass die verbesserte Abschreibungsregelung einen wirksamen Anschub bietet, sodass der Wohnungsbau auch für den Privaten wieder rentierlich wird.

Insgesamt sind wir bei diesem Thema alle gefordert. Mit Ausnahme der FREIEN WÄHLER regieren die Oppositionsfraktionen über den Bundesrat mit. Wenn Sie bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ländern in diese Richtung entsprechend argumentieren, bin ich mir sicher, dass wir die großen Herausforderungen, die auch in den kommenden Jahren bestehen bleiben, auch gemeinsam meistern können.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, verbleiben Sie bitte am Rednerpult. Frau Kollegin Kamm hat um eine Gelegenheit für eine Zwischenbemerkung gebeten.

Sie war auch einmal wohnungsbaupolitische Sprecherin.

Bitte schön, Frau Kollegin.

Das ist ein Novum. Sie haben heute erstmalig eingeräumt, dass Ihnen wesentlich mehr Anträge vorliegen, als mit den vorhandenen Fördermitteln tatsächlich bedient werden können. Wir haben jahrelang immer wieder Anträge gestellt, die Mittel in den entsprechenden staatlichen Fördertöpfen zu erhöhen. Immerzu wurde von Ihnen behauptet, dass keine ausreichende Nachfrage vorhanden wäre. Ich finde es schön, dass in diesem Hause diese Einsicht nun allmählich sogar ausgesprochen werden kann. Ich hoffe, dass nun etwas passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Kamm, ich freue mich darüber, dass so viele Anträge eingehen. In der Vergangenheit war das nicht immer der Fall. Wir haben die Konditionen verbessert. Das habe ich gerade dem Kollegen Glauber erläutert; das wäre eigentlich auch für Sie gedacht gewesen, und Sie hätten es sich anhören können. Wir haben die Konditionen so verbessert, dass wir jetzt erfreulicherweise so viele Anträge vorliegen haben, dass das dafür zur Verfügung stehende Geld bei Weitem nicht ausreicht. Deswegen wollen wir als CSU-Fraktion gemeinsam mit der Bauministerin 200 Millionen Euro zusätzlich. Ich gehe davon aus, dass dieses Hohe Haus diese zusätzlichen 200 Millionen Euro auch beschließen wird, sodass wir wirklich alle Anträge bedienen kön

nen. Natürlich müssen wir dies dann in den kommenden Jahren auch fortsetzen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Halbleib das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß jetzt nicht, wen man bei dieser Debatte mehr bedauern soll: Die CSUFraktion, die nicht einmal in der Lage ist, ihren Dringlichkeitsantrag vorab zu begründen, wie das parlamentarische Gepflogenheit ist, oder die Staatsministerin, die von Herrn Ministerpräsident Söder in ein Arbeitsfeld geschickt wird, in dem sie nur schlecht aussehen kann

(Zuruf von der CSU: Sie sieht sehr gut aus!)

politisch aussehen kann –; denn Sie schleppen doch eine Menge historischen Ballast mit. Dieser Ballast ist doch eine Bankrotterklärung der Wohnungsbaupolitik in diesem Freistaat. Sie müssen das vertreten. Natürlich versuchen Sie, das Beste daraus zu machen und sagen: Lassen Sie uns nach vorne schauen, nicht zurück. – Nein, Frau Ministerin Aigner, Sie müssen sich mit der Realität der Wohnungspolitik im Freistaat Bayern, die die CSU über Jahrzehnte zu verantworten hat, auseinandersetzen.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Herr Kollege Rotter, es macht doch keinen Sinn, an diesem Rednerpult jede Lage der Haushaltsausstattung für den sozialen Wohnungsbau im Freistaat Bayern, ob sie hoch oder niedrig ist, immer mit der gleichen Melodie "alles ist in bester Ordnung; wir haben alles gemacht" zu untermalen. Nichts ist in Ordnung! Sie haben in den letzten Jahren vieles, vieles versäumt. Deswegen haben wir ganz speziell in Bayern eine dramatische Situation.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Aigner, im Übrigen haben wir Mittel für die Ziele, die Sie jetzt vorgestellt haben – alles in Ordnung –, bei der letzten Haushaltsberatung beantragt. Es war Ihre CSU-Fraktion, es war die Staatsregierung, die diese Anträge kaltschnäuzig abgelehnt hat, um sich jetzt hier hinzustellen und das Gleiche, das damals von Ihrer CSU-Fraktion abgelehnt wurde, als besondere Großtat feiern zu lassen. Das kann doch nicht Ihr Maßstab für eine vernünftige Wohnungsbaupolitik sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten doch vergeblich auf ein ernsthaftes wohnungspolitisches Signal gewartet, auf ein ernsthaftes Bemühen, die Probleme auf dem Wohnungsmarkt anzugehen und eine echte wohnungsbaupolitische Initiative zu ergreifen. Leider muss man feststellen: Ihnen hat nicht nur die Fähigkeit dazu gefehlt, sondern Ihnen fehlten in den letzten Jahren einfach der politische Wille und die politische Prioritätensetzung. Das ist doch die Wahrheit. Ihre Wohnungsbaupolitik in den letzten Jahren war doch nicht nur aus Oppositionssicht, sondern auch aus ganz objektiver Sicht ein Desaster, sonst müssten Sie doch nicht kurz vor der Landtagswahl in Windeseile alles revidieren, was Sie in diesem Landtag bisher immer erzählt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist doch ein Zeichen dafür, dass Ihre Wohnungspolitik bisher nicht gestimmt hat. Das ist doch die Wahrheit.

Die wohnungspolitischen Fehler muss man auch ansprechen, weil sie fortwirken, weil sie nicht vorbei sind, auch nicht mit einer freundlichen Ministererklärung. 1993 haben wir noch 14.000 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau gefördert. Jetzt sind wir bei gerade einmal 4.000. Zwischendurch waren wir auf 2.000 unten. Hätten wir den großen Peak in den Neunzigerjahren fortgesetzt, hätten wir 200.000 sozialgebundene Wohnungen mehr. Das wollten Sie nicht. Sie haben dieses tiefe Tal zu verantworten, und aus dieser Verantwortung können wir Sie auch nicht entlassen.

Deswegen ist das, was Sie heute zur Verlängerung der Bindungen, die ausgelaufen sind, und auch zu einem möglichen Rückkauf beschlossen haben, zwar alles sinnvoll; wenn aber in den vergangenen Jahren so viele Wohnungen aus der Bindung gefallen sind, dass nur noch wenige Wohnungen verbleiben, auf die diese positive Maßnahme zutreffen kann, dann ist dies auch eine Beschreibung eines wohnungspolitischen Versagens. Das muss man an dieser Stelle auch deutlich sagen.

Noch einmal zu den Wohnungsbaumitteln. Kollege Rotter ist ein besonderer Künstler darin, Pirouetten zu drehen, wenn es darum geht, 87 Millionen Euro zu verteidigen, 200 Millionen Euro mehr zu verteidigen und vielleicht sogar nur 1 Million noch als angemessen darzustellen.

(Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Das ist doch grundfalsch. Wir brauchen in der Wohnungspolitik eine langfristige Perspektive über Jahre

und Jahrzehnte, eine verlässliche Politik. Das haben Sie nicht geleistet. Wir sind in der Lage, den Bund zu veranlassen, 200 Millionen Euro mehr für den sozialen Wohnungsbau nach Bayern zu geben, weil die Not so groß ist; zum gleichen Zeitpunkt kürzen Sie aber im eigenen Haushalt die Landesmittel in fast entsprechendem Umfang. Daran merkt man, dass die wohnungspolitische Verantwortung einfach nicht vorhanden war. Dies wirkt leider bis heute fort.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen muss man das, was Sie heute verkünden, was das Kabinett beschlossen hat und was auch die CSU in ihrem Antrag aufgreift, genau betrachten.

(Alexander König (CSU): Jetzt kommt der Beifall!)

Wenn 500.000 Wohnungen bis 2025 das Ziel sind, dann muss man genau hinsehen. Das sind nämlich gerade einmal 62.500 Wohnungen im Jahr. Wir sind im Jahr 2016 nach den ganzen wohnungspolitischen Anstrengungen der CSU im Augenblick bei 53.900 Wohnungen.

(Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Sie sind auf diesem tiefen Stand. Sie haben keine Erklärung dafür, wie Sie jetzt auf einen höheren Stand kommen wollen. Dieses Ziel, das Sie jetzt verkünden, liegt noch unter dem, was der bisherige Bauminister, Staatsminister Herrmann, immer als Linie verkündet hat, nämlich 70.000 Wohnungen. Sie unterschreiten die Grenze, die Sie sich immer vorgegeben haben, und wollen das auch noch als großen Erfolg feiern. – Tut mir leid, dafür stehen weder die Opposition noch die Öffentlichkeit noch die Mieterinnen und Mieter zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Ziele für den staatlichen Wohnungsbau sind doch viel zu niedrig. Ihr Ziel mit der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft heißt doch umgesetzt nur, dass wir pro Jahr und Gemeinde in Bayern – Stadt, Markt, Gemeinde –, also pro Kommune pro Jahr, eine halbe Wohnung staatlich bauen. Eine halbe Wohnung pro Kommune – das ist Ihr "ehrgeiziges" Ziel. Mit diesem Anspruch müssen Sie scheitern, weil dies einfach nicht ausreicht, um die Herausforderungen zu bewältigen.

(Beifall bei der SPD)

Dann muss ich noch etwas zur bayerischen Bauverwaltung sagen. Wir haben uns die Finger wund geschrieben und in den Ausschüssen den Mund fusselig

geredet, dass die bayerische Bauverwaltung nicht weiter die Zahl ihrer Mitarbeiter kürzen darf. Sie haben das Gegenteil gemacht. Sie haben die Zahl der Mitarbeiter nach unten gefahren und wollen jetzt von der Öffentlichkeit gefeiert werden, dass das Desaster gemildert wird, indem jetzt wieder ein paar Mitarbeiter eingestellt werden. Das kann doch keine verlässliche Baupolitik sein. Sie haben einen Schaufensterantrag gestellt, den wir aus tiefster Überzeugung ablehnen, weil er, selbst wenn man ihn wörtlich nimmt, nicht weit genug reicht. Das ist Show-Politik statt inhaltlich stringenter Politik. Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit sehen anders aus. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Die Anträge werden dazu wieder getrennt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/22066 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSUFraktion. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der SPD und der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Damit ist diesem Dringlichkeitsantrag zugestimmt.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/22081 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Frau Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ruth Waldmann, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) Behandlung und Hilfe statt Zwang und Stigmatisierung - Für ein Bayerisches PsychischKranken-Hilfe-Gesetz, das seinen Namen auch verdient! (Drs. 17/22067)