Protokoll der Sitzung vom 26.06.2018

Ich bitte um etwas Ruhe.

damit sich diese Situation nicht wiederholt. Das ist die Debatte; das ist die Frage, das ist das Kernanliegen, um das Sie sich kümmern sollten.

(Natascha Kohnen (SPD): Das ist würdelos! Das ist Schmierentheater!)

Ihr würdeloses Verhalten zeigt sich auch in den Umfrageergebnissen.

(Zuruf von der SPD: Pfui!)

Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Reiß. Die Kollegin Claudia Stamm hat ebenfalls eine Zwischenbemerkung.

Sehr geehrter Kollege Reiß, Sie haben gerade davon geredet, dass die Oppositionskollegen sich auf formale Punkte beschränkten. Ich würde gerne noch einmal aus Ihrem Antrag zitieren: "Der Landtag unterstützt den angekündigten Masterplan Migration des Bundesministers des Innern..." Das ist der erste Satz in Ihrem Antrag. Sie wollen mir jetzt erzählen, dass es formal ist, wenn wir fragen, was in diesem Masterplan drinsteht? Ich als Parlamentarierin habe ein anderes Verständnis davon – ich weiß nicht, welches Sie haben.

(Zuruf: Gar keins!)

Es ist höchst populistisch und unprofessionell, dem Landtag etwas vorzulegen, was wir und auch die Öffentlichkeit nicht kennen.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der CSU: Das haben wir nicht ge- macht!)

Aber genau an dieser Formulierung hängt es. Wir unterstützen den angekündigten Masterplan. Wir wissen doch, was in den Grundzügen dieses Masterplans enthalten ist. Ich habe es schon mehrfach ausgeführt.

(Zurufe von der SPD)

Es geht auch um die grundsätzliche Frage, wo wir in der Migrationspolitik stehen und wie wir uns einlassen, um unsere Gesellschaft zusammenzuhalten. Dazu soll diese Debatte dienen. Daher werden wir sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene weiterhin intensiv diskutieren, wie wir die europäischen Regelungen weiterentwickeln und wie wir uns im Freistaat Bayern um die Themen der Integration kümmern.

Dazu stehen wir und dazu steht der Landtag in den Debatten zur Verfügung. Das wird uns in Zukunft im Zusammenhang mit den einzelnen Fragen des Masterplans beschäftigen. Darüber werden wir in den nächsten Wochen sicher noch intensiv diskutieren.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Aiwanger.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind als Abgeordnete gewählt, um die Probleme dieses Landes zu lösen. Dafür werden wir ordentlich bezahlt. Betrachten Sie uns einmal aus der Sicht des Zuschauers, der Besucher oben auf der Tribüne oder der Leute vor dem Fernseher und fragen Sie sich, was die Leute wohl zu dieser Debatte sagen und ob sie am Ende dieser Debatte der Überzeugung sind: Jawohl, diesen Menschen kann man vertrauen; sie lösen unsere Probleme.

(Zurufe von der CSU)

Lassen Sie diese Frage mal auf sich wirken, und dann hinterfragen Sie Ihre Rolle in Bezug darauf, was Sie als staatstragende Partei, die hier mit absoluter Mehrheit regiert und viel Macht hat, hier und heute abgezogen haben.

(Lachen bei der CSU)

Sie legen uns einen Masterplan zur Abstimmung vor, den es in meinen Augen gar nicht gibt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich glaube, dass ein Herr Seehofer diese 63 Punkte noch gar nicht zu Papier gebracht hat. Das unterstelle ich jetzt einfach und werfe Ihnen vor: Es gibt keinen Masterplan. Sie als CSU sind jedoch Master of Desaster. So kann man das nennen.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN)

Sie zünden hier lauter Blendgranaten. Zunächst haben Sie von einem Bayernplan gesprochen, den Sie irgendwo zu Papier gebracht haben. Dann kommt als nächste Steigerung der Masterplan, den aber keiner kennt. Schließlich gibt es noch den von Ihrem Entwicklungsminister Müller skizzierten Marshallplan. Also Bayernplan, Masterplan, Marshallplan – eine gesteigerte Fülle von Plänen, die angeblich irgendwo existieren, die aber überhaupt nicht greifen. Der Bür

ger draußen sieht lediglich, dass Sie die Lage nicht im Griff haben.

Sie alle kennen sicher noch die Sendung "Verstehen Sie Spaß?" In einer Episode wurde Passanten ein Nähplan gezeigt, und sie wurden gefragt: Wo ist denn hier dieser oder jener Stadtteil? Den Passanten wurde gesagt, dass es sich um eine Landkarte handelt. – Nein, es war ein Schnittmuster zum Schneidern eines Rocks und keine Landkarte.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN)

So etwas legen Sie uns heute vor und wollen uns damit vorgaukeln, dass Sie damit die Probleme im Asylbereich lösen. Wir stellen fest, dass in dieser Koalition in Berlin und auch in Bayern niemand so viel wie Sie an Verwirrung gestiftet hat. Wenn Sie sich jetzt dafür auf die Schulter klopfen, dass es in den letzten Jahren in Bayern noch am besten gelaufen sei, so ist das nicht zuvörderst das Verdienst der Staatsregierung, sondern das Verdienst der vielen Ehrenamtlichen und der gut organisierten Helferstrukturen wie Rotes Kreuz, Feuerwehr und allen, die in die Bresche gesprungen sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Diese Organisationen sind in Bayern Gott sei Dank besser organisiert als in vielen anderen Bundesländern. Sie haben die Wucht abgefangen, sonst wären Sie in Bayern genauso gnadenlos untergegangen.

Wir halten fest: Sie tragen in Berlin einen Großteil an Verantwortung. Der Entwicklungshilfeminister, den ich an einer ganz entscheidenden Schlüsselstelle sehe, hätte in den letzten Jahren etwas tun können – wenigstens jetzt könnte er etwas tun –, zum Beispiel Probleme in der Entwicklungszusammenarbeit lösen. Sie haben mit Manfred Weber, dem Chef der größten Fraktion dort, eine ganz entscheidende Figur auf europäischer Ebene. Er redet von europäischen Lösungen, die er aber nicht bietet und die er auch nicht liefert. Sie haben auf allen Ebenen die wichtigsten Leute sitzen, wobei man sich fragen muss, wie Sie es mit Ihren wenigen Prozenten überhaupt schaffen, diese Positionen zu besetzen. Sie aber lösen keine Probleme, sondern Sie schaffen ständig neue.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir FREIE WÄHLER haben in Bayern bereits 2015 den Antrag auf den Tisch gelegt: Bitte mehr Asylrichter einstellen. – Die sind bis heute nicht eingestellt. Sie haben heute angekündigt, mehr Abschiebehaftplätze und Anker-Zentren zu schaffen. Sie werden alles erst tun – und das nach vielen, vielen Jahren Al

leinregierung. Sie kündigen ohne Ende an, liefern aber nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

"Anker-Zentren" ist ein weiteres großes Wort; in der Praxis will das aber keiner. Nicht einmal Herr Kreuzer wollte in Kempten so ein berühmt-berüchtigtes Ankerzentrum. Nichts leichter als das: Erstaufnahmeeinrichtungen werden dann einfach als Anker-Zentren umdeklariert, und es heißt dann: Jetzt hat man eines.

Sie müssen aber schlichtweg Ihre Behördenstruktur so aufstellen – von der Justiz über die Polizei, eventuell auch bei der Zuarbeit zum BAMF und dergleichen – und an der Grenze eine Schleierfahndung durchführen, die wir seit Jahren einfordern, damit Sie in Bayern tun können, was Sie tun müssten. Sie tun das aber nicht, und zünden stattdessen jetzt in Berlin eine Granate nach der nächsten – natürlich aus Sorge vor einem Landtagswahlergebnis. Dabei habe ich Ihnen auch schon 2015 unterstellt – davon bin ich überzeugt –, dass Sie die Probleme zeitnah lösen wollen.

Ich hatte immer den Eindruck, Sie haben in einer gewissen Eskalation, zumindest in der Anfangsphase, ein politisches Kalkül gesehen, linke Parteien nicht mehr wählbar zu machen und selber davon zu profitieren. Das ist Ihnen aber ordentlich auf die Füße gefallen. Sonst hätten Sie damals schon die Richter eingestellt, die Sie bis heute nicht eingestellt haben. Es ist offensichtlich, dass hier nichts vorwärts geht und Sie weiter Vertrauen verlieren.

Heute haben Sie den strategischen Fehler gemacht, Ihre eigene Blamage hier wieder zur Debatte zu stellen und uns Dinge auf den Tisch zu legen, für die Sie selber keinen Plan haben. Ich denke, dass das Ende der Debatte sein wird: Die Menschen, die diese Debatte mitverfolgen, werden weiter Vertrauen in diese Regierung verlieren. Sie werden weiter ratlos vor diesem Betrieb stehen und sich fragen: Wie geht es in diesem Land weiter?

Wir als FREIE WÄHLER stehen zu geltendem Recht. Wir akzeptieren auch nicht dieses Ausspielen der verschiedenen Ebenen gegeneinander, die Hinweise, man müsse jetzt auf die europäische oder auf die nationale Lösung setzen. Wir haben neben der kommunalen Ebene und der Landesebene zwei weitere Ebenen, und diese Ebenen müssen mit den anderen beiden Ebenen ineinandergreifen.

Dieses komplexe Thema der Migration müssen wir gemeinsam lösen. Wir müssen auf der einen Seite dort begrenzen, wo Menschen ohne Recht zu uns kommen, und in Zusammenarbeit mit der Entwicklungspolitik möglichst schnell eine humanitäre Rück

führung organisieren. Auf der anderen Seite müssen wir diejenigen, die hierbleiben können und sollen, gezielt und schnell in den Arbeitsmarkt integrieren. Dann werden junge Männer auch nicht über Monate und Jahre hinweg in Asylheimen dazu verdonnert, nur aus dem Fenster zu sehen, womit dort die Kriminalität geradezu heraufbeschworen wird – auch das ist die Folge einer nicht zu Ende gedachten Politik. Wir müssen schneller zu Entscheidungen kommen. Wir müssen diejenigen, die nicht nach Deutschland kommen dürfen oder schon abgewiesen sind, in ihre Heimat zurückführen, und diejenigen mit einer Bleibeperspektive möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integrieren.

Auf allen Ebenen fehlt aber Ihr Wille. Man "reitet ein wenig oben drüber", reißt die Themen an, und spielt dann gegen die eigene Regierung ein wenig Scharmützel, ohne sich aber wirklich zu trauen. Noch einmal: Ein Herr Seehofer hat noch im Herbst 2017 Frau Merkel als den größten Trumpf der Union angeboten und sagt heute, mit dieser Frau nicht zusammenarbeiten zu können.

(Zuruf des Abgeordneten Tobias Reiß (CSU))

Ich bin überzeugt, dass er das auch schon im Herbst hätte wissen müssen. Insofern ist dieser Spuk an Unglaubwürdigkeit nicht zu übertreffen, und das sieht auch der Bürger. Die CSU kommt immer mehr in die Bredouille. Die Menschen glauben nicht mehr, was Sie ihnen verkünden, weil Sie Ihren Worten keine Taten folgen lassen und nicht das tun, was Sie in Bayern tun könnten und müssten. Folglich muss man sagen: Wieder einmal eine Debatte, die mehr Vertrauen gekostet als Erkenntnisse gebracht hat.

Der Gipfel des Parlamentsbetriebs ist aber – wir müssen es wiederholen –, dass wir hier über einen Plan abstimmen sollen, den Sie selber nicht kennen und der wahrscheinlich nicht einmal existiert. So etwas müssen Sie einmal Ihren Kindern zu Hause erzählen. Das ist Schilda, aber nicht Bayern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Bevor ich dem Kollegen Rinderspacher das Wort erteile, möchte Ich Ihnen mitteilen, dass die CSU-Fraktion für ihren Antrag eine namentliche Abstimmung beantragt hat.

Verehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier in den letzten Jahren im Bayerischen Landtag immer wieder Anträge der Fraktionen zur Flüchtlingspolitik debattiert. Viele Anträge wendeten sich an die Deutsche Bundesregierung, und die Bundesregierung

hat in den letzten Jahren gehandelt. Sie hat mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD zwei Asylpakete und ein Integrationsgesetz auf den Weg gebracht, und Bündnis 90/DIE GRÜNEN waren an manchen dieser Entscheidungen über den Bundesrat beteiligt.