Nein. – Dieser Plan sieht aber auch eine Zurückweisung an der Grenze vor. Darüber haben wir in den letzten 14 Tagen intensiv diskutiert. Für unsere Fraktion darf ich klar zum Ausdruck bringen: Wir begrüßen alle Bemühungen um eine euro
päische Lösung. Wir wollen natürlich am liebsten einen lückenlosen Grenzschutz an den europäischen Außengrenzen, bei dem direkt an der Außengrenze entschieden wird, wer eine Bleibeperspektive hat und wer nicht. Wir sind aber pragmatisch, und wir sind Realisten. Wir warten schon seit drei Jahren auf europäische Lösungen, leider vergeblich. Wir müssen feststellen, dass die politischen Rahmenbedingungen für eine solche europäische Lösung nicht einfacher geworden sind.
Herr Kollege Arnold, ich frage Sie daher: Wie lange sollen wir noch warten, um geltendes deutsches Recht durchzusetzen? Wie lange sollen wir Asylsuchenden, gegen die Wiedereinreisesperren und Aufenthaltsverbote verhängt worden sind oder die nachweislich bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, noch die Einreise gestatten? – Dabei geht es nicht, wie das behauptet wird, um Grenzschließungen. Es geht schlicht und einfach um effektive Grenzkontrollen. Wir wollen diejenigen an der Grenze zurückweisen dürfen, von denen wir schon bei der Einreise wissen, dass sie eigentlich weder einreisen noch bleiben dürfen. Das ist für mich völlig einsichtig und nachvollziehbar.
Ich habe ein weiteres Zitat des Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft zu diesem Thema. Er sagt: Die ganze Diskussion über "Anker-, Bundesausreise- oder sonstige Zentren" würde sich erübrigen, wenn die Bundespolizei "jeden Ausländer ohne Einreiseberechtigung an unseren Binnengrenzen wieder rechtskonform konsequent in unsere zweifelsohne sicheren Nachbarstaaten zurückweisen oder zurückschieben dürfte".
Das sagt der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ernst Walter, der Deutschen PresseAgentur. Deshalb befürworten wir die Anordnung des Bundesinnenministers zur Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze mit sofortiger Wirkung für alle Fälle von Wiedereinreisesperre und Aufenthaltsverbot. Wir befürworten seine Ankündigung, dass bereits jetzt eine Zurückweisung derjenigen vorbereitet wird, die bereits in einem anderen EULand einen Asylantrag gestellt haben.
Unabhängig davon halten wir es selbstverständlich für richtig und wichtig, die Bemühungen um eine europäische Lösung fortzusetzen, um für eine gerechtere Verteilung der mit dem Zuzug verbundenen Lasten zu sorgen, mehr Initiativen zur Verbesserung der Lebensperspektiven in den Herkunftsländern zu starten
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind hier nicht gewählt, um nur unsere Wünsche zu formulieren oder auf bessere Einsichten anderer zu warten. Wir tragen für dieses Land Verantwortung. Das bedeutet auch Bereitschaft zu entschlossenem Handeln, wenn das nötig ist. Wir wollen verhindern, dass Kräfte der politischen Mitte durch einen weiteren Vertrauensverlust geschwächt werden.
(Florian von Brunn (SPD): Herr Reiß, wo sind denn die ganzen Kollegen der CSU? Interessiert sie das Thema nicht? )
Dieser Vertrauensverlust kann letztlich die Stabilität unserer Demokratie gefährden. Herr von Brunn, darin liegen die eigentlichen Gefahren für die europäische Einigung, für das Miteinander innerhalb der EU, für die Grundwerte dieser unserer Gemeinschaft. Bei der geforderten Begrenzung der Zuwanderung geht es auch nicht um irgendeine Zahl, es geht darum, eine Flüchtlingspolitik zu unterstützen, die von breiten Schichten der Bevölkerung getragen wird, eine Flüchtlingspolitik, die deutlich macht, dass der Staat die Kontrolle hat und handlungsfähig ist.
Der Freistaat Bayern schöpft dabei auf Landesebene bereits jetzt alle Möglichkeiten aus, die zur konsequenten Steuerung, Begrenzung und Ordnung der Migration zur Verfügung stehen. Wir alle wissen aber: Die wesentlichen Zuständigkeiten liegen auf Bundesebene und auf europäischer Ebene. Wir fordern die EU und den Bund deshalb auf, ihrer Verantwortung ebenfalls gerecht zu werden. Die Bayerische Staatsregierung geht voran: Am 5. Juni 2018 hat die Staatsregierung einen Bayerischen Asylplan zur Steuerung, Begrenzung und Ordnung der Migration beschlossen, der unsere uneingeschränkte Zustimmung und Unterstützung hat und der Ihnen in allen Einzelheiten bekannt ist.
Mit diesem Plan packen wir die Probleme an. Herr Kollege Arnold, wir lösen die Probleme, wir schieben sie nicht auf die lange Bank. Der Asylplan enthält etliche Punkte, die wir von Bayern aus beeinflussen können: Ausreisepflichtige müssen unser Land verlassen. Wer kein Bleiberecht hat, muss unser Land wieder verlassen und muss konsequent in sein Heimatland zurückgeführt werden. Wir werden das mit eigenen Abschiebeflügen von Bayern aus sicherstellen. Wir planen weitere Abschiebehaftplätze, damit sich Abzuschiebende ihrer Ausreise nicht entziehen können. Wir schaffen Anker-Zentren; denn es bedarf schnellstmöglich der Klarheit über den Ausgang des Asylverfahrens, auch für diejenigen, die zu integrieren sind.
Wird ein Asylbewerber anerkannt, kann zügig mit der Integration begonnen werden. Wird er abgelehnt, muss die Rückführung so schnell wie möglich durchgesetzt werden. Nur so können wir die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten und die Integration zum Erfolg führen.
In diesen Anker-Zentren werden alle wichtigen Behörden zusammenarbeiten, von der Zentralen Ausländerbehörde über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis zu den Jugendämtern und den Verwaltungsgerichten, um eine Bündelung und eine Effizienzsteigerung bei den Entscheidungen zu erreichen. Wir stärken das Rückführungsprogramm für Afrika und wollen die Zahl der freiwilligen Ausreisen weiter steigern. Mit gezielten Anreizen, Hilfen und Gegenleistungen wollen wir die Aufnahmebereitschaft der Herkunftsstaaten stärken. Wir setzen auf Sicherheit und Ordnung, vor allem im Umfeld der Asylbewerberunterkünfte. In den letzten Wochen haben wir es immer wieder erlebt. Deshalb: Personen, die Gewalt gegen Polizei- und Sicherheitskräfte ausüben oder randalieren, haben ihr Gastrecht verwirkt.
Wir befürworten die Pläne der Staatsregierung, eine Taskforce des Landesamts für Asyl und Rückführungen einzurichten, um Ausreisen dieser Personen zu beschleunigen. Wir werden den Vorrang der Sachleistungen vor Geldmitteln wieder einführen, um keine falschen Anreize zu setzen. Wir schaffen die Möglichkeit zu gemeinnütziger Arbeit, und wir sorgen für Sicherheit an der Grenze. Diese Sicherheit ist Voraussetzung für die Freiheit. Diese Sicherheit ist auch Voraussetzung für ein gelingendes Europa. Wirksame Binnengrenzkontrollen an den deutschen Grenzen sind unerlässlich, solange der EU-Außengrenzschutz nicht funktioniert. Damit schützen wir unsere Bürgerinnen und Bürger. Wir bekämpfen damit illegale Migration, menschenverachtende Schleuserbanden und grenzüberschreitende Kriminelle. In diesem Zusammenhang sprechen wir uns auch dafür aus, dass die Bayerische Grenzpolizei die Befugnisse bekommt, in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei an der deutschen Grenze zu kontrollieren und nach den Regeln der Bundespolizei auch zurückzuweisen. Das gehört ebenso zu einem Rechtsstaat wie der Vollzug bestandskräftiger Ablehnungsbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
Wir müssen uns an Recht und Gesetz halten. Wer kein Bleiberecht hat, muss unser Land wieder verlassen, ohne Wenn und Aber. Die CSU-Fraktion steht hier an der Seite des Rechtsstaats. Wir stehen vor allem an der Seite unserer Bürgerinnen und Bürger und nehmen ihre Sorgen und Nöte ernst. Und: Wir
handeln. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag. Ihre Anträge werden wir ablehnen.
Danke schön. Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Es gibt zwei Zwischenbemerkungen, zunächst vom Kollegen Ritter.
Sehr geehrter Herr Kollege Reiß, jetzt haben Sie fast ausschließlich zu den von Ihnen angekündigten bayerischen Maßnahmen gesprochen und nicht zu dem Masterplan, aber sei‘s drum.
Ich habe eine Frage an Sie. Wenn Sie schon so überzeugt sind von dem Masterplan, wären Sie dann auch bereit, hier in diesem Hohen Hause die 63 Punkte dieses Masterplans einzeln zur Abstimmung zu stellen? Wenn nicht, könnten Sie das gegenüber dem Hohen Hause vielleicht kurz begründen? – Danke schön.
(Lachen bei der SPD – Zurufe von der SPD: Das ist an Arroganz nicht zu überbieten! Das ist wür- delos!)
Herr Reiß, wir sind noch nicht fertig. Kommen Sie bitte zurück; die Kollegin Schmidt ist noch dran mit einer Zwischenbemerkung.
Herr Kollege Reiß, da Sie vorhin gesagt haben, Sie wollten ernsthafte und sachbezogene Politik machen, und ich Ihnen das auch glaube, und Sie überdies gesagt haben, dass Sie das jetzt entschlossen machen wollen, hätte ich eine verbindliche Bitte an Sie. Dafür schenke ich Ihnen die Zeit. Würden Sie mir bitte wenigstens den Punkt 47 im Masterplan, vielleicht auch den Punkt 60, ausführlich erklären und erläutern, wie Sie ihn entschlossen umsetzen wollen?
Machen wir halt eine Stichprobe. Sie brauchen ja nicht alle Punkte zu erklären, aber bitte diese beiden. Das würde mich als Sozialpolitikerin sehr interessieren. – Danke schön.
86 % der Deutschen wollen konsequentere Abschiebungen, 69 % wollen mehr Sachleistungen statt Geld, und 62 % sind der Meinung, dass Flüchtlinge ohne Papiere nicht nach Deutschland einreisen dürfen.
Der Bundesinnenminister wird sie Ihnen nächste Woche vorlegen. Wir debattieren genau über diesen einen Punkt, an dem wir uns offensichtlich entscheiden müssen. Was tun wir denn, wenn wir auf europäischer Ebene nicht zu einer Einigung kommen?
Wozu sind wir denn bereit, nachdem die Frau Kollegin Nahles sagt: "Wir können nicht alle bei uns aufnehmen"?
Was heißt es denn, wenn wir das zu Ende denken, dass wir nicht alle aufnehmen können? Was wollen wir tun, wenn wir eine Situation erleben, wie sie 2015 war?