Protokoll der Sitzung vom 12.07.2018

(Tobias Reiß (CSU): Meist rot-grüne Länder!)

Wir reden also von einem Drittel der befristet Beschäftigten, die in diese Situation fallen. Das sind 860 Personen von über 155.000 Lehrkräften. Wer kürzer als ein Jahr beschäftigt ist, für den ist diese Regelung anwendbar. Das hat aber einen Grund, der bei uns im Ausschuss auch besprochen wurde. Das hängt mit dem Urlaub zusammen. Wer weniger als ein Jahr arbeitet, hat auch einen geringeren Urlaubsanspruch. Es wäre nicht verhältnismäßig, diesen Lehrkräften den gleichen Urlaub zu geben wie denjenigen, die einen Jahresvertrag haben.

(Beifall bei der CSU)

Das ist keine Willkür, sondern ein plausibler Grund für eine unterschiedliche Behandlung. Am Schuljahresende kommen aufgrund des Systems neue Absolventen mit besseren Noten als Konkurrenz ins Spiel. Wegen des Leistungsgrundsatzes gehen diese Absolventen immer vor. Wir können deshalb die befristete Beschäftigung nicht ohne Weiteres in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis umwandeln. Dies wäre ein Vertrag zulasten Dritter, nämlich zulasten der nachfolgenden Absolventen mit Staatsnote.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bayern betreibt eine solide und nachhaltige Personalpolitik, auch wenn Sie das nicht sehen wollen. Von diesem Weg lassen wir uns von Ihnen nicht abbringen. Wir werden unseren Weg der Angemessenheit, bei dem wir 155.000 Lehrkräfte im Blick haben, fortsetzen. In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden die Anträge ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Herr Kollege Güll hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Her Kollege Fackler, wer 155.000 Lehrkräfte im Blick hat, könnte ein paar wenige verlieren. Es könnte sein, dass diese aus Ihrer Sicht relativ wenigen jungen Menschen von August bis September nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen oder ob sie noch einkaufen können. In diesen sechs Wochen müssen diese Menschen auch leben.

Sie sagen: Die Unterrichtsversorgung ist gesichert. In meinem Landkreis gibt es eine Grundschule mit zehn Klassen, und fünf Klassenlehrer sind erkrankt. Da müssen Kinder zu Hause gelassen werden, weil ihnen kein Pflichtunterricht erteilt werden kann. Das ist die Realität. Wir können viele Klassen nicht mehr versorgen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Was sollen wir machen, wenn alle zehn Klassenlehrer krank sind? – Was ist denn das für eine dämliche Argumentation?)

Herr Kollege Kreuzer, wir haben auf zwanzig Schulkonferenzen mit Vertretern der Schulen gesprochen. Da haben wir gehört, dass ab dem zweiten Schultag die Versorgung nicht mehr gesichert ist. Deshalb ist es richtig und notwendig, die Lehrerversorgung zu überprüfen. Nichts anderes ist vorhin gesagt worden. Ein Mittel wäre, die Mobile Reserve aufzustocken. Ein weiteres Mittel wäre es, die Lehrerversorgung um 10 % über das Budget zu decken, um solche Fälle abzufedern. Das sind alles Versäumnisse Ihrer Fraktion und Ihres Kultusministers, sonst gar nichts! Wir haben damit gar nichts zu tun. Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben, dann sind die Schulen ordentlich versorgt,m und unsere Kinder haben Lehrer!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es kann doch nicht sein, dass wir in Bayern für diese wenigen Lehrkräfte keine Einstellungsmöglichkeiten schaffen können. Das ist doch lachhaft!

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Herr Kollege Fackler, Sie haben das Wort.

Lachhaft ist auch das, was Sie von sich geben. Sie setzen einfach Ihr Dogma und Ihren Duktus fort: Sie reden immer davon, dass es draußen so und so aussähe. Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus.

(Natascha Kohnen (SPD): Gehen Sie doch an die Schulen!)

Was Sie hier erzählen, entspricht Ihrer Perspektive und Ihrem Weltbild.

(Ruth Müller (SPD): Das ist nicht unsere Perspektive, sondern das sind die Sorgen der Menschen!)

Zu Ihrer Perspektive passt nicht das, was wir sagen. Wir haben bei der Bildung so viele Stellen aufgebaut wie in keinem anderen Ressort. Das müssten Sie anerkennen. Das tun Sie aber nicht. Solange das so ist, werden wir uns hier weiter freudig unterhalten und debattieren. Deshalb sind wir auch hier.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Gehring vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis jetzt kommen die Zwischenrufe und die Störungen von der rechten Seite. Darauf möchte ich nur hinweisen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Gehring, die Zwischenrufe kommen von allen Seiten, je nachdem, aus welcher Fraktion der Redner stammt.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Ich halte es für eine Unsitte, dass bei Interventionen immer Zwischenrufe gemacht werden.

Zur Debatte. – Vielleicht könnte der Herr Kollege Kreuzer – –

(Unruhe)

Meine Herren Kollegen Rinderspacher und Kreuzer, beenden Sie bitte Ihre Zwiesprache, damit Herr Kollege Gehring die Chance hat, hier zu sprechen. – Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Saisonale Arbeitslosigkeit kenne ich in meiner Region nur bei Holzfällern, die nicht arbeiten können, weil der Winter so streng ist.

(Thomas Kreuzer (CSU): Holz wird hauptsächlich im Winter gefällt!)

Herr Kreuzer, es ist klar, dass der Skilehrer im Sommer keine Arbeit findet.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wenn bei Lehrkräften an staatlichen Schulen im August die Arbeitslosigkeit steigt, ist nicht das Wetter schuld.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An den Schulen herrscht kein Arbeitsmarkt, der irgendwelchen Einflüssen folgt. Nein, schuld ist hier der Arbeitgeber. An den staatlichen Schulen gibt es nur einen Arbeitgeber, und das ist der Freistaat Bayern. Und dieser Arbeitgeber entlässt einen Teil der Lehrerschaft nicht in die Ferien, sondern in die Arbeitslosigkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine absurde Situation. Diese Lehrkräfte müssen sich im Voraus arbeitslos melden.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Vielleicht könnten wir in allen Reihen ein bisschen Disziplin halten. – Bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Die Lehrkräfte müssen sich im August als arbeitssuchend melden. Was für eine absurde Situation. Sie werden im August keine Arbeit finden, weil da Ferien sind. Das ist nichts anderes als eine Einsparpolitik des Freistaates auf Kosten von Lehrkräften, die in einer schwachen Position sind.

(Tobias Reiß (CSU): Das stimmt doch nicht!)

Das sind die Lehrkräfte mit den Zeitverträgen und den befristeten Verträgen, die im August ausgestellt werden. Auf deren Kosten betreibt der Freistaat seine Politik. Das ist unfair.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Praxis muss geändert werden. Ja, es gibt diese Regelung, wonach derjenige, der im September beginnt, einen Vertrag bis zum Ende des Schuljahres bekommt. Diese Regelung brauchen wir aber auch für Leute, die während des Schuljahres einsteigen. Das sind nämlich die Lehrkräfte, die einspringen, wenn Not herrscht, wenn Unterrichtsausfall droht, wenn Lehrkräfte schwanger werden, in Elternzeit gehen oder krank werden. Diese Lehrkräfte haben ein Recht auf eine vernünftige Arbeit.

Herr Kollege Fackler, natürlich brauchen wir Flexibilität und die Möglichkeit, Lehrkräfte flexibel einzuset

zen. Wir brauchen diese Flexibilität aber im System; sie darf nicht auf Kosten der Lehrkräfte gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen haben wir den Vorschlag der 110-prozentigen Lehrerversorgung an den Schulen gemacht. Wir wollen genügend Lehrkräfte an Bord haben, die dann flexibel eingesetzt werden können, wenn Schwangerschaften und Krankheiten auftreten. Die Häufigkeit von Schwangerschaften und Krankheiten kann statistisch berechnet werden. Wir wissen immer, wie viel Unterricht in einem Jahr ausfallen wird. In diesen Fällen können diese Lehrkräfte als Springer eingreifen.

Die Mobile Reserve ist ein gutes Beispiel. Die Mobile Reserve hat das Problem, dass sie gleich zu Beginn des Schuljahres ausgeschöpft ist. Wäre sie gut ausgestattet, hätten wir ein gutes Instrument, um Lehrkräfte flexibel einzusetzen. Statten Sie die Schulen deswegen über die 100-prozentige Unterrichtsversorgung hinaus gut aus. Dann haben wir Flexibilität, und dann haben wir nicht mehr das Problem, dass die Leute keine richtigen Verträge bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Vorschlag mag teuer erscheinen. Wir müssen aber eine genaue Rechnung aufmachen: Wenn wir alle ausgefallenen Unterrichtsstunden in Arbeitsstunden umrechnen und die entsprechenden Kosten ansetzen, dann sehen wir, wie hoch der Verlust durch den Unterrichtsausfall tatsächlich ist. Es ist ein monetärer Verlust; aber es ist vor allem ein Verlust an Lehrqualität für die Schülerinnen und Schüler. Jede ausgefallene Unterrichtsstunde zeigt, dass die Schule ihre Aufgabe nicht erfüllen kann.