Protokoll der Sitzung vom 12.07.2018

Unser Vorschlag mag teuer erscheinen. Wir müssen aber eine genaue Rechnung aufmachen: Wenn wir alle ausgefallenen Unterrichtsstunden in Arbeitsstunden umrechnen und die entsprechenden Kosten ansetzen, dann sehen wir, wie hoch der Verlust durch den Unterrichtsausfall tatsächlich ist. Es ist ein monetärer Verlust; aber es ist vor allem ein Verlust an Lehrqualität für die Schülerinnen und Schüler. Jede ausgefallene Unterrichtsstunde zeigt, dass die Schule ihre Aufgabe nicht erfüllen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb schlagen wir die 110-prozentige Lehrkräfteversorgung vor. Wir brauchen Flexibilität im System. Beenden Sie die Praxis der Zeitverträge, die im Juli enden!

Wir werden dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Gehring, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Herr Kollege Waschler hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Kollege Gehring, Sie haben den Begriff "Flexibilität" erwähnt und die Bedeutung der sicheren Unterrichtsversorgung betont. Redner der Opposition haben mehrmals von einer 110-prozentigen Lehrkräfteversorgung gesprochen. Können Sie all denen, die nicht so sehr mit

der Materie vertraut sind und die im Internet, das heißt über "Plenum Online", diese Debatte verfolgen,

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Massen!)

erklären, warum kein Vertreter der Opposition erwähnt hat, dass wir eine historisch hohe Unterrichtsversorgung haben – Stichworte: Mobile Lehrerreserve und Integrierte Lehrerreserve – und dass während eines Schuljahres händeringend Lehrerinnen und Lehrer gesucht werden, auch wenn sie die Staatsnote nicht erreicht haben?

(Isabell Zacharias (SPD): Nehmt doch die arbeitslosen Lehrer!)

Wenn die Frau Kollegin dazwischenruft, wir sollten die arbeitslosen Lehrer nehmen, dann sage ich: Solche sind auf dem Markt nicht verfügbar, wie auch Sie aus verschiedenen Gesprächen wissen.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Weil ihr zu wenig ausgebildet habt!)

Können Sie erklären, warum die Opposition all das mit keinem einzigen Wort erwähnt hat? Es würde zur Redlichkeit dazugehören, darauf hinzuweisen, dass wir in Bayern und darüber hinaus in Deutschland eine exzellente Versorgung haben. Was es mit den Spitzen von 0,5 % auf sich hat, hat Herr Kollege Fackler erklärt. Dabei handelt es sich um absolute Ausnahmen in Notfällen, auch wenn diese kumuliert auftreten können.

Wir haben einen Spitzenstand. Das sind Fakten, die man nachweisen kann. Warum hat die Opposition das nicht erwähnt? Können Sie das irgendwie erklären? Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar, Herr Kollege Gehring.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Gehring, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Kollege Waschler, Sie haben recht: Es ist tatsächlich so, dass während des Schuljahres bei Schulleitern und Schulverwaltungen große Not herrscht, wenn eine Grippewelle einsetzt und die Lehrkräfte ausfallen. Dann ist es tatsächlich schwierig, Leute zu finden. Diese sitzen nicht zu Hause und warten, bis jemand von der Schulleitung anruft und fragt: Hast du Zeit, in den nächsten drei Wochen bei uns die Unterrichtsvertretung zu übernehmen? – Das ist tatsächlich ein Problem.

Wir hatten im vergangenen Jahr gerade in Niederbayern gehäuft Unterrichtsausfall, sodass die Schüler nach Hause geschickt wurden. Das war eine Folge von Grippewellen, die immer wieder auftreten. Das ist ein Problem während des Schuljahres.

Die Lehrerinnen und Lehrer, von denen wir hier sprechen, sind aber auf dem Arbeitsmarkt, auch in diesen Wochen. Im vergangenen Jahr sind nur 30 % der ausgebildeten Realschullehrer – diese Quote gilt auch für die Gymnasiallehrer – eingestellt worden. Das bedeutet, viele junge Lehrerinnen und Lehrer sind in diesen Wochen ohne Job, obwohl sie mit ihrem Studium fertig sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Diese Lehrerinnen und Lehrer sind bereit, einen Arbeitsvertrag abzuschließen und Teil der 110-prozentigen Lehrkräfteversorgung zu werden. Jetzt sind diese Lehrerinnen und Lehrer da, jetzt müssen Sie sie nehmen, jetzt müssen Sie ihnen gute Verträge anbieten. Es wird nicht ausreichen, sie im Oktober anzurufen, um sie Ende Juli nächsten Jahres wieder in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Die Lehrerinnen und Lehrer sind da. Es fehlt nur an guten Angeboten. Diese müssen Sie ihnen machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Gehring, bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Herr Glauber hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Kollege Gehring, könnten Sie Herrn Kollegen Waschler, der lange genug als Lehrer verantwortlich war, erklären, wie die Mobile Reserve in Bayern zum Schuljahresbeginn aufgrund von Schwangerschaften und Langzeiterkrankungen verplant ist? Ich bin seit zehn Jahren Mitglied dieses Hauses, und seit zehn Jahren klagen alle Landkreise Bayerns über die mangelnde Lehrerversorgung, obwohl es die Mobile Reserve gibt. Seit zehn Jahren klagen Petenten, insbesondere Eltern, darüber, dass zu Beginn des Schuljahres die Mobile Reserve verplant ist. Ich kann nicht verstehen, dass ein Lehrer wie Herr Waschler, der lange genug in Verantwortung war, uns hier solche Märchen erzählt.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Die Märchenerzähler sitzen bei Ihnen!)

Seit zehn Jahren erlebe ich immer wieder das gleiche Bild. Könnten Sie das dem Kollegen bitte noch einmal erklären?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Herr Kollege Gehring, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Die Mobile Reserve ist eigentlich ein gutes Modell. Das Problem ist tatsächlich, dass die Reserve leer ist. Dann kann ich aus dieser Reserve nichts mehr schöpfen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Persönliche Erklärung!)

Es ist tatsächlich so – Herr Kollege Glauber hat darauf hingewiesen –, dass in vielen Schulamtsbezirken zu Beginn des Schuljahres alle Leute aus der Mobilen Reserve bereits verplant bzw. im Einsatz sind. Sie sind dann im Dauereinsatz, nicht nur für vier bis sechs Wochen. Sie dienen insbesondere als Ersatz für Lehrkräfte, die infolge von langfristigen Erkrankungen, die es nun einmal gibt, ausfallen. Ein weiterer Grund sind Schwangerschaften von Lehrerinnen. Wenn der jungen Lehrerin vom Arzt die Schwangerschaft bestätigt wird, weiß sie zwar, dass sie zum Beispiel ab Oktober ausfallen wird. Es wird aber nicht eine zusätzliche Ersatzkraft eingestellt, sondern dafür wird jemand aus der Mobilen Reserve genommen. Das heißt, die Mobile Reserve ist zu Beginn des Schuljahres verplant. Das wissen wir seit Jahren, und das thematisieren wir seit Jahren. Die Mobile Reserve wird bisher für die langfristige Unterrichtsvertretung von ausgefallenen Lehrkräften missbraucht. Deswegen funktioniert sie nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Jetzt hat Herr Staatsminister Sibler das Wort. Bitte schön.

(Ein Mitglied der Fraktion der CSU begibt sich zum Saalmikrofon)

Herr Kollege, mir ist bisher nicht mitgeteilt worden, dass Sie sich gemeldet haben. Sie sind der Zweite aus der CSU. Damit ist das Recht erschöpft.

Jetzt hat Herr Staatsminister Sibler das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die Kollegen Fackler und Waschler, dass sie viele Dinge vom Kopf auf die Füße gestellt haben.

95 % der mindestens überhälftig beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer in Bayern sind verbeamtet oder unbefristet angestellt. Das Instrument der zeitlichen Befristung ist also die Ausnahme, nicht die Regel.

Zudem will ich darauf hinweisen, dass von den genannten Zahlen 1.300 Personen in Sondermaßnahmen unterwegs sind, um sich zu Grund- und Mittelschullehrern qualifizieren zu lassen. Diese Lehrerinnen und Lehrer haben dann erneut den Anspruch auf Verbeamtung. Diese Zusage steht. Also wird die Zahl noch ein gutes Stück kleiner.

(Beifall bei der CSU)

Lassen Sie mich darauf verweisen, dass wir in den vergangenen Jahren in den Lehrämtern für die Grundschule, die Mittelschule, die Berufsschule und die Förderschule Einstellungsquoten von 100 % hatten. Wir haben praktisch alle, die sich darum beworben hatten, in das Beamtenverhältnis aufgenommen.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Wo sind sie denn alle?)

Wir haben zweieinhalbtausend Lehrkräfte für die Flüchtlingsbeschulung bereitgestellt, um auch in diesem Bereich die Unterrichtssituation zu verbessern. Die Anstellungssituation ist auch dort sehr gut.

Ich verweise auf Heinz-Peter Meidinger, der sich so zitieren ließ, dass sich die Situation in Bayern in den vergangenen Jahren verbessert hat.

Jürgen Böhm würde dies unterstreichen.

(Zuruf der Abgeordneten Natascha Kohnen (SPD))

Frau Kohnen, er hat von der Situation in Deutschland allgemein und nicht von der in Bayern gesprochen.

(Natascha Kohnen (SPD): Das stimmt nicht!)

Natürlich! Ich habe in den letzten Tagen sogar mit ihm gesprochen.

Für die Realschulen haben wir eine Spezialmaßnahme vorgesehen. Dort halten wir für die schwangeren Lehrkräfte sehr lange genau die Stelle vor, die sie wegen der Schwangerschaft verlassen haben, damit sie dorthin zurückkehren können, wo sie ursprünglich gearbeitet haben. Sie sollen nicht hin und her wechseln müssen. Das ist ein spezieller Service für unsere Lehrkräfte, die auf ihre ursprüngliche Stelle zurückkehren wollen. Wenn Sie so wollen, konkurrieren hier zwei Ziele in der gleichen Lehrergruppe. Wir wollen auch mit unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh

mern gut und vernünftig umgehen. Das ist die Erklärung, warum wir an den Realschulen etwas mehr Stellen vorgesehen haben. Wir wollen, wie gesagt, dass schwangere Lehrkräfte nach ihrer Elternzeit zurückkehren können, wenn sie dies wollen. Weil wir arbeitnehmerfreundlich sind, meine sehr geehrten Damen und Herren!