Protokoll der Sitzung vom 18.09.2018

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Auch inhaltlich ändert das Gutachten nichts. Zu den Gefahren für das ursprüngliche Beihilfeverfahren schweigt das Gutachten. Hören Sie einfach noch einmal den Zeugen Dr. von Bonin; anders als der Ersteller Ihres Gutachtens war dieser bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission dabei. Er hat im

Ausschuss zu den Gefahren eines Rechtsstreits mit der Kommission Folgendes ausgesagt – Zitat –:

Die Kommission sitzt deswegen am längeren Hebel, weil es für die Bank, die in der Krise ist, essenziell erforderlich ist, die Beihilfe genehmigt zu bekommen. Denn wenn die Bank die Beihilfe nicht genehmigt bekommt, die Kommission eine Negativentscheidung mit Rückforderungsanordnung trifft, dann verliert die Bank sofort – und zwar auch dann, wenn Sie oder die Bundesrepublik Deutschland gegen eine solche Negativentscheidung klagen – den Vorteil der zugewendeten Beihilfe. Und da diese Beihilfen ja meistens kapitalquotenstützenden Charakter hatten, würde eine Negativentscheidung der Kommission unmittelbar zum Verfall der Kapitalquoten und letztlich zur Insolvenz der Bank führen.

Auf einen Rechtsstreit mit der EU-Kommission wäre es, wenn man Ihr Gutachten zugrunde legt, hinausgelaufen. Der Zeuge Dr. von Bonin, der anders als Ihr Gutachter dabei war – wie ich schon sagte –, hat eindeutig bejaht, dass die Kommission einen Erwerb durch den Freistaat nicht hinnehmen wird. Bei einem solchen Rechtsstreit hätte nach Aussage dieses Zeugen die Insolvenz der Landesbank gedroht.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die praktische Wirklichkeit der damaligen Verhandlungen mit der EU-Kommission. Die theoretischen Ausführungen eines nachträglich gestellten Auftragsgutachtens ändern daran nichts.

Auch das von Ihnen immer wieder zitierte Memo von Dr. Schütze von Clifford Chance und die Stellungnahme der EU-Kommission helfen Ihnen diesbezüglich nicht weiter. Das Memo enthält keinerlei Begründung, etwa eine Gerichtsentscheidung, für die angedeutete Möglichkeit eines Erwerbs durch den Freistaat. Zweitens hat der Zeuge Dr. von Bonin zu dem Memo sehr eindeutig ausgesagt, dass die Kommission – Zitat – "schon vorher gesagt hatte, dass sie kein Wertgutachten will, und darauf würde es letztlich hier hinauslaufen." – Zitatende. Auch die Aussagen der EU-Kommission stützen Ihre Falschbehauptungen nicht. Die Kommission hat zwar mehrfach mitgeteilt, dass der Freistaat Bayern an einem Bieterverfahren hätte teilnehmen können, gleichzeitig hat die Kommission aber auch immer ausdrücklich vor den Risiken gewarnt. Bildlich ausgedrückt ist es etwa so, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie wenn Sie im 10. Stock eines Hauses zu jemandem sagen: Es ist nicht verboten, vom Balkon zu springen. –

(Thomas Mütze (GRÜNE): Vom 1. Stock!)

Er wird nicht springen. Entsprechend hat sich der Freistaat Bayern am Bieterverfahren auch nicht beteiligt.

(Thomas Mütze (GRÜNE): Er hatte kein Interesse!)

Zu Ihrer fünften Falschbehauptung: Sie behaupten in Ihrem Minderheitenbericht – Zitat –: "… erscheint die ‚Sozialcharta‘ als reines Placebo, um Mieter und Öffentlichkeit zu beruhigen." Die EU-Kommission habe hierzu keine weiteren Vorgaben gemacht. Und weiteres Zitat: "Die für die Sozialcharta maßgebliche Fußnote 11 bezieht sich eindeutig auf alle Transaktionen betreffend Sozialwohnungen, unabhängig von etwaigen Beihilfeverfahren." – Zitatende. – Auch diese Behauptungen sind falsch. Stattdessen hat die Beweisaufnahme eindeutig ergeben, dass die Sozialcharta nur aufgrund umfassender Anstrengungen des Freistaats vereinbart werden konnte und dass die Sozialcharta bis an die Grenze des nach den Vorgaben der EU-Kommission rechtlich Zulässigen ging. Nach den eindeutigen Vorgaben der Kommission in Fußnote 11 des Beihilfebescheids durfte der Käufer der Anteile der BayernLB an der GBW AG neben den geltenden sozialen Leitlinien der GBW Gruppe ausdrücklich nur zur Einhaltung solcher – Zitat – "zusätzlicher sozialer Vorgaben, die in vergleichbaren Transaktionen Anwendung gefunden haben" – Zitatende – verpflichtet werden. Bei vergleichbaren Transaktionen handelt es sich ausschließlich um solche, die ebenfalls Gegenstand eines EU-Beihilfeverfahrens waren.

Zeuge von Bonin hat im Ausschuss zu den von der Kommission gesetzten rechtlichen Grenzen der Sozialcharta Folgendes ausgesagt – Zitat –: "Für die Kommission war Baden-Württemberg die Blaupause, weil die Kommission sagte: Das, was dort gemacht wurde, ist im Markt schon mal gemacht worden und ist deswegen marktüblich." Die Position der Kommission war, sofern sich das, was mit den Bietern vereinbart wird, im Rahmen dessen hält, was bei der Landesbank Baden-Württemberg-Transaktion vereinbart worden ist, ist es marktüblich. Eindeutig meint der Beihilfebescheid mit diesen vergleichbaren Transaktionen somit ausschließlich solche, die ebenfalls Gegenstand eines EU-Beihilfeverfahrens waren.

Aber damit nicht genug, Frau Kohnen hat am vergangenen Mittwoch in der "Kontrovers-Wahlarena" im Bayerischen Fernsehen zu den angeblich zu schwachen sozialen Kriterien beim Verkauf der GBW-Anteile Folgendes gesagt – Zitat –: Man hätte den Kommunen einfach nur gute Konditionen bieten müssen, dann wären die Wohnungen in öffentlicher Hand geblieben. Hätte man die richtigen Bedingungen gestellt, dann hätten die Kommunen kaufen können. – Zitaten

de. Frau Kohnen suggeriert damit, man hätte dem Bieterverfahren mehr Mieterschutz zugrunde legen können, dann hätten die Kommunen gekauft. Das ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen, eine dreiste Falschbehauptung;

(Beifall bei der CSU)

denn die EU-Kommission hat es eben nicht erlaubt, dem Bieterverfahren mehr Mieterschutz zugrunde zu legen. Ich möchte hierzu Ihren Parteigenossen Nils Schmid von der SPD zitieren. Er war von 2011 bis 2016 Finanzminister in Baden-Württemberg. Er hat den ebenfalls von der EU-Kommission angeordneten Verkauf der Wohnungsgesellschaft der Landesbank Baden-Württemberg durchgeführt. Auch hier gab es einen Beihilfebescheid der EU-Kommission. Auch hier musste die Wohnungsgesellschaft nach Vorgabe der EU-Kommission zum bestmöglichen Preis verkauft werden. Auch hier ging der Zuschlag an die PATRIZIA. Auch hier unterlag ein kommunales Bieterkonsortium der PATRIZIA im Bieterverfahren. Alles lief also parallel zum Verkauf der GBW-Anteile bei uns. Parteigenosse Nils Schmid

(Florian von Brunn (SPD): Minister Schmid!)

hat am 09. Oktober 2013 im baden-württembergischen Landtag Folgendes gesagt – Zitat –: "Damit ist klar: In der konkreten Entscheidungssituation war die LBBW gehalten, den Zuschlag demjenigen zu geben, der ihn auch bekommen hat, also der PATRIZIA und nicht dem kommunalen Konsortium. Die Fragen des Mieterschutzes durften dabei keine Rolle spielen. Das ist die klare Aussage." – Zitatende. Ich wiederhole, nicht wir, sondern Ihr SPD-Parteikollege hat im baden-württembergischen Landtag erklärt – Zitat –: "Die Fragen des Mieterschutzes durften beim Zuschlag keine Rolle spielen." – Zitatende. In Richtung der dortigen Landtagsopposition ergänzte Nils Schmid von der SPD – Zitat –: "Deshalb bitte ich Sie: Hören Sie auf, mit Geschichtsklitterung." – Zitatende.

(Hans Herold (CSU): Hört, hört!)

Ich rufe auch Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition und namentlich der SPD und Frau Kohnen, zu: Hören auch Sie bitte damit auf, hier weiterhin schlichtweg die Unwahrheit zu verbreiten!

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Nach alledem, Kolleginnen und Kollegen, ist völlig klar: Der Untersuchungsausschuss war auch deshalb überflüssig, weil die Opposition von Beginn bis zum Ende nicht die Absicht hatte, die Wahrheit zu erkunden. Vielmehr ging es offensichtlich ausschließlich um

ein billiges Wahlkampfmanöver. Anders kann ich mir all diese Zitate überhaupt nicht erklären.

(Beifall bei der CSU)

Anstatt den Mietern, die sich trotz der vereinbarten Sozialcharta Sorgen machen, wie es mit ihren Wohnungen weitergeht, reinen Wein einzuschenken, wird diesen seitens der Opposition weiter Sand in die Augen gestreut und falscherweise behauptet, der Freistaat hätte die Wohnungen einfach kaufen können. Oder die Kommunen hätten sie einfach kaufen können, oder es hätte überhaupt irgendwie anders gehen können. Die verschiedenen Versionen haben wir gehört. Dieses ständige Verbreiten der Unwahrheit wider besseres eigenes Wissen hilft aber den Mieterinnen und Mietern nicht. Es ist unredlich, mit falschen Tatsachenbehauptungen Wähler einfangen zu wollen.

(Beifall bei der CSU)

Und ich sage noch dazu: Die Leute wissen ganz genau, dass es sich bei Ihren krampfhaften Falschbehauptungen um ein drittklassiges Schauspiel der Wählertäuschung handelt.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Durch Lügen über zurückliegende, nicht mehr änderbare Vorgänge werden auch keine Wohnungen geschaffen. Auch das wissen die Menschen.

Am Ende ist das Ergebnis des Untersuchungsausschusses: Die Opposition hat mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses nach mehr als fünf Jahren, nach unzähligen Landtagsdebatten und nach einer Landtagswahl, erst nach dem Verkauf der GBWAnteile durch die BayernLB im Jahr 2013 im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens untauglich versucht, die Staatsregierung und insbesondere Ministerpräsident Dr. Markus Söder mit unberechtigten Vorwürfen zu überziehen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss steht fest – ich darf diesen Bericht allen zum Lesen empfehlen, er liest sich übrigens sehr flüssig –: Sämtliche Vorwürfe der Opposition sind haltlos.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Halbleib das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu den Ergebnissen dieses Untersuchungsausschusses komme und bevor ich Herrn Kollegen König eine entsprechende Antwort gebe, gilt es Dank zu sagen. Wir

bedanken uns ausdrücklich beim Landtagsamt für die hervorragende Unterstützung, bei den Beauftragten der Staatsregierung und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen, die den Untersuchungsausschuss begleitet haben; Dank auch den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, Dank auch Ihnen, Herr Kollege König. Sie haben es als Ausschussvorsitzender zumindest ab und zu geschafft, Herrn Kollegen Weidenbusch zu bremsen und zumindest zeitweise wieder auf den Weg eines gepflegten

parlamentarischen Umgangs zurückzuführen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Dafür herzlichen Dank.

(Unruhe bei der CSU)

Ich sage auch Danke für das Interesse der Berichterstatter,

(Beifall bei der SPD)

die die Bedeutung des GBW-Verkaufs für die Mieter, die Wohnungspolitik und die politische Kultur im Freistaat Bayern in ihrer Berichterstattung deutlich gemacht haben. Von den Medien war durchaus kritisch hinterfragt worden, ob der Untersuchungsausschuss gerechtfertigt war. Heute ist klar, und die Vorwärtsverteidigung von Herrn Kollegen König macht das erst recht deutlich: Der GBW-Untersuchungsausschuss war wichtig. Er war notwendig, und er war ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Er war das nicht für die Opposition, aber für die Aufklärung, für die Wahrheit und für die wirklichen Gründe der Privatisierung der GBW-Wohnungen in diesem Freistaat Bayern.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und Abgeord- neten der FREIEN WÄHLER)

Wir haben weit mehr herausgefunden und feststellen können, als selbst wir am Anfang erwarten konnten. Herr Kollege König, davon ist im Mehrheitsbericht natürlich nichts zu lesen. Ihre Devise scheint das Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" zu sein. Wir behaupten einfach mal das Gegenteil. Ihre Behauptung ist vielleicht politisch verständlich; denn die CSU wäre wahrscheinlich überfordert, wenn sie selbst die politischen Märchen von Markus Söder, der Staatsregierung und der CSU-Fraktion entlarven müsste. Es reicht uns aus, dass die politischen Legenden, die die CSU bis in diese Plenardebatte hinein weiterhin pflegt, mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses als das entlarvt werden konnten, was sie sind: Nebelkerzen, falsche Schuldzuweisungen und

Desinformation der Bevölkerung. Nach diesem Untersuchungsausschuss steht mehr denn je fest: Sie haben die GBW ohne Not privatisiert und über 80.000 Mieterinnen und Mieter in 33.000 Wohnungen ohne Not, ohne rechtlichen Zwang und ohne EU-Vorgaben den brutalen Mechanismen des freien Marktes ausgesetzt.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER und der GRÜNEN)

Sie haben jahrelang Märchen vorgetragen. Sie, Herr Dr. Söder, und Ihre CSU behaupten bis heute wider besseres Wissen, die EU habe eine Übernahme der GBW-Wohnungen durch den Freistaat Bayern verboten. Das ist im Untersuchungsausschuss im Gegensatz zur Darstellung des Kollegen König zusammengefallen wie das sprichwörtliche Kartenhaus.

(Alexander König (CSU): Das war kein Kartenhaus, sondern trat offen zutage, Herr Kollege!)

Ihnen fehlt offensichtlich auch heute noch der politische Sinn dafür, wenigstens jetzt einzugestehen, was außerhalb der CSU, der Staatsregierung und der Bank jeder weiß: Es war eine politische Fehlentscheidung, die GBW-Wohnungen zu privatisieren und nicht in der Hand des Freistaats zu halten.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER und der GRÜNEN)