In ihrem Abschlussbericht widmet die CSU einen ganzen Abschnitt der EU mit nichts anderem als europafeindlichen Angriffen auf die EU-Kommission. Sie fördern damit die Politikverdrossenheit in diesem Land und zündeln gegen Europa. Einen Ministerpräsidenten, der falsche Politik macht und mit dem Finger auf andere zeigt, brauchen wir in Bayern definitiv nicht.
Zur Sozialcharta wird meine Kollegin Waldmann noch etwas sagen. Auch da gibt es natürlich Fake News. Die Sozialcharta XXL beschreibt das Gegenteil von dem, was die Mieterinnen und Mieter heute bei der GBW AG erleben – das Gegenteil. Die Sozialcharta ist besonders niedrig gehalten, und der Mieterschutz ist schlichtweg lächerlich, so traurig das ist. Sie haben die Menschen im Regen stehen lassen. Die Mieterinnen und Mieter sind heute den Kräften des Marktes überlassen. Das sind Mieter, die sich auf den Staat als Vermieter verlassen haben und jetzt sehen, dass dieser Staat, ihr Staat, ihre Wohnungen zum Spekulationsobjekt für Finanzinvestoren gemacht hat. Das ist der Sachverhalt, der bei der GBW leider zu bekunden ist. Sie haben die Wohnungen der GBW AG für die Mieterinnen und Mieter zum Spekulationsobjekt für Fi
nanzinvestoren gemacht. Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass Sie hier auch einmal ein Wort der Entschuldigung sagen.
Die CSU legt den gleichen Zynismus an den Tag, wenn sie behauptet: Was wollen Sie denn überhaupt? Die Wohnungen der GBW AG sind ja noch da.
Das ist zugleich Zynismus und wohnungspolitische Ahnungslosigkeit. Denn die Tausenden von Mietwohnungen, die jährlich aus der Bindung fallen, sind auch noch da. Nur kann sie sich leider kein Normalverdiener mehr leisten. Das ist das Problem, das Sie geschaffen haben.
Leider kann die Gründung der BayernHeim im Jahr 2018, wenige Monate vor der Landtagswahl, diesen massiven wohnungspolitischen Fehler nicht korrigieren. Unabhängig hiervon zeigt sich aber, dass der Freistaat Bayern besser damals schon direkte Verantwortung für die Wohnungen übernommen hätte, und er hätte es auch machen sollen. Dass die Absicht, eine Wohnungsbaugesellschaft zu gründen und selbst in die Wohnungsfürsorge zu gehen, nicht bereits bei der GBW AG im Jahr 2012 handlungsleitend war, bleibt eine dauerhafte schmerzliche Wunde in der Wohnungsfürsorge des Freistaats Bayern, und dafür sind Sie verantwortlich. Sie sehen hoffentlich selbst, dass die Gründung Ihrer BayernHeim leider unglaubwürdig ist. Wenn ich alles zusammenzähle, brauchen wir 26 Jahre, bis wir so viele Wohnungen, wie wir jetzt verkauft haben, im offenen Markt wieder erstellt haben. Sie haben mit der Privatisierung der GBW AG die Mietwohnungen Spekulanten ausgesetzt und damit den größten sozialpolitischen Fehler der letzten Jahrzehnte begangen. Stehen Sie endlich dazu und entschuldigen Sie sich bei den Mieterinnen und Mietern und bei der bayerischen Bevölkerung!
Danke schön. – Jetzt hat für die Fraktion der FREIEN WÄHLER der Kollege Prof. Bauer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich dem bereits mehrfach ausgesprochenen Dank an die Mitar
beiterinnen und Mitarbeiter des Landtagsamtes, die an der Durchführung des Untersuchungsausschusses beteiligt waren, an den Vorsitzenden Herrn König und den stellvertretenden Vorsitzenden anschließen.
Viele betroffene GBW-Mieter haben sich in den letzten Jahren in meiner Bürgersprechstunde immer wieder an mich gewandt und mir ihr Leid geklagt. Sie sprachen von Mieterhöhungen, Mieterhöhungen und Mieterhöhungen. Im Übrigen fand die erste Mieterhöhung bereits sechs Wochen nach der Landtagswahl 2013 statt. So viel zur Sozialcharta XXL. Ich werde darauf später zurückkommen. Im Gegensatz zur CSU-Fraktion sind wir, die FREIEN WÄHLER, sehr dankbar und zufrieden damit, dass wir den Verkauf der GBW AG fünf Jahre nach deren Privatisierung im Rahmen eines Untersuchungsausschusses aufgerollt haben. Wir haben damit die Fakten sorgfältig festgestellt. Die Arbeit ist uns nicht immer leicht gemacht worden. Das lag an der Aktenführung. Auf diesen Punkt werde ich später noch eingehen.
Eine zentrale Frage, die die GBW-Mieter in den letzten fünf Jahren immer wieder bewegt hat, konnten wir im Rahmen des Untersuchungsausschusses eindeutig klären: Die Privatisierung der GBW war tatsächlich nicht alternativlos. Nach gründlichem Aktenstudium und zahlreichen Sitzungen – Herr König hat das ja schon ausgeführt – wissen wir, dass es Alternativen gab. Die GBW-Wohnungen hätten ganz klar in staatlichem bzw. kommunalem Besitz gehalten werden können. Auch wenn uns der damalige Finanzminister und jetzige Ministerpräsident Markus Söder öffentlich immer etwas anderes weismachen will: Es gab eine Reihe von rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten, die GBW AG in öffentlicher Hand zu halten. Das ist das wesentliche und zentrale Ergebnis des Untersuchungsausschusses zum GBW-Debakel.
Ich komme nun zu den einzelnen Möglichkeiten. Zum einen hätte der Freistaat die GBW AG selbst erwerben können. Zum anderen hätte die GBW exklusiv an ein kommunales Konsortium veräußert werden können. Die damalige Staatsregierung hatte vier Handlungsmöglichkeiten, um die Privatisierung der
Erstens. Es gab die Möglichkeit einer exklusiven Veräußerung vor dem Beihilfebeschluss an den Freistaat. Das ist der entscheidende Unterschied: vor dem Beihilfebeschluss. Zweitens. Es gab die Möglichkeit einer exklusiven Veräußerung vor dem Beihilfebeschluss an die Kommunen. Das ist die zweite Variante. Drittens. Es gab die Möglichkeit einer exklusiven Veräußerung an den Freistaat, die mit mehr Nachdruck in den Bei
hilfebeschluss hätte hineinverhandelt werden können und müssen. Viertens. Es gab die Möglichkeit einer exklusiven Veräußerung an die Kommunen, die ebenfalls mit mehr Nachdruck in den Beihilfebeschluss hätte hineinverhandelt werden können. Jedoch hat die Staatsregierung keine dieser Handlungsmöglichkeiten genutzt, weil ihr ganz einfach der entscheidende politische Wille fehlte. Ich frage mich nur, warum. – Mir ist kein Grund eingefallen. Ich kenne keinen.
Stattdessen wurden immer wieder zum Teil fadenscheinige Argumente ins Feld geführt. Der Öffentlichkeit wurde gebetsmühlenartig präsentiert, weshalb ein Halten der GBW in öffentlicher Hand nicht möglich sei.
Ich komme nun zu den einzelnen Fakten. Erstens. Das Märchen vom haushaltsrechtlichen Verbot. Ich möchte ergänzen, was vorhin bereits gesagt worden ist. Die Staatsregierung hat immer nur Argumente gegen eine Übernahme der GBW durch den Freistaat vorgebracht. Zum einen wurde als strategischer Grund angeführt, dass der bayerische Finanzminister dann Vermieter von 33.000 Wohnungen werden würde. Hierzu möchte ich anmerken, dass ein solches Argument für betroffene GBW-Mieter ein Schlag ins Gesicht ist. BayernHeim ist das Stichwort. Zum anderen wurde als wirtschaftlicher Grund die zu geringe Rendite der GBW angeführt. Als fiskalischer Grund wurden die fehlenden Einnahmen für den Staatshaushalt angeführt. Auch wurde angeführt, dass ein späterer Verkauf der GBW am öffentlichen Druck scheitern würde. Nennt man so etwas politisches Duckmäusertum? – Weiterhin wurde angeführt, dass der Wohnungsbau kein wichtiges Staatsinteresse im Sinne der Bayerischen Haushaltsordnung sei. An dieser Stelle frage ich mich: Wieso besitzt der Freistaat sieben Spielkasinos in Bayern? In denen kann man beispielsweise Roulette oder Blackjack spielen. Werden hier wichtige Staatsinteressen verfolgt? Ich möchte die Spitzenjuristen fragen: Was ist da los? – Letztendlich behaupteten die Bayerische Staatsregierung und die CSU, dass die Übernahme der GBW durch den Freistaat nicht mit dem Haushaltsrecht vereinbar sei.
So erklärte der damalige Staatssekretär Franz Josef Pschierer in der Plenarsitzung am 02.02.2012 – das ist bereits vorhin erwähnt worden –:
Schauen Sie mal in die Bayerische Verfassung, schauen Sie mal in das Haushaltsrecht. Wir können und dürfen das gar nicht.
Heute wissen wir, dass all diese Argumente in keiner Weise überzeugen. Die Argumente waren nur vorgeschoben, weil das wichtigste Staatsinteresse im Sinne des Artikels 65 Absatz 1 Nummer 1 der Bayerischen Haushaltsordnung einer politischen Wertung unterliegt und in der Praxis nie eine Rolle gespielt hat bzw. keine Rolle spielt. Die politischen Akteure der CSU und FDP haben entschieden, dass ein Erhalt der GBW-Wohnungen in Staatsbesitz nicht im Interesse des Freistaates liegt. Die Vorschrift hätte durch die regierungstragende Mehrheit im Landtag jederzeit geändert werden können. Dieser Vorschlag kam jedoch nie, auch nicht von Herrn Pschierer. Ich frage nur: Warum?
einen Erwerb der GBW AG durch den Freistaat vorgeschoben waren, zeigen auch folgende Beispiele: Der Freistaat Bayern war am 31. Dezember 2016 unmittelbar an 50 Unternehmen in privater Rechtsform und an 17 Unternehmen in sonstigen Rechtsformen beteiligt. Das waren beispielsweise das Siedlungswerk Nürnberg, Spielbanken – die habe ich schon erwähnt –, die Bayerische Staatsbrauerei, Flughäfen, die Bayerischen Landeskraftwerke usw. Der Freistaat ist überall dort beteiligt. Bei zahlreichen Unternehmen ließe sich die Frage stellen, ob ein herausragendes unmittelbares Interesse des Freistaates vorliegt wie bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für sozial schwache Bürgerinnen und Bürger des Freistaates. Zu den Behauptungen steht auch die vom Ministerpräsidenten Markus Söder nunmehr gegründete staatliche Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim in deutlichem Widerspruch. Warum muss nun plötzlich eine bayerische Wohnungsbaugesellschaft neu gegründet werden? Ist das eine verspätete Einsicht, ein Bekenntnis oder ein Offenbarungseid? Ist man vielleicht zu der Einsicht gekommen, dass man bei den GBW-Wohnungen einen großen Fehler gemacht hat?
Zweitens. Das Märchen vom beihilferechtlichen Verbot durch die Kommission. Ein weiteres Märchen, das vom jetzigen Ministerpräsidenten Markus Söder und der CSU erzählt wird, ist, dass ein Erwerb durch den Freistaat vonseiten der Kommission verboten worden ist. Diese Aussage wurde dadurch abgeschwächt, dass von einem faktischen Verbot gesprochen wurde. Ich bin kein Jurist. Ich weiß nicht, was ein faktisches Verbot sein soll. Das erschließt sich mir nicht. Der Erwerb der GBW AG durch den Freistaat auf Grundlage von Wertgutachten – "Wertgutachten", das ist das entscheidende Stichwort – wäre innerhalb oder außerhalb eines Bieterverfahrens jederzeit möglich gewesen. Zu keinem Zeitpunkt hat es ein irgendwie geartetes Verbot seitens der EU-Kommission gegeben. Auch hat es kein faktisches Verbot gegeben. Das
Das Memorandum des damaligen Rechtsberaters des Freistaates, also des eigenen Rechtsberaters des Freistaates, Dr. Joachim Schütze von der Kanzlei Clifford Chance, das im Finanzministerium angeblich niemand gekannt haben will, kam zu dem Ergebnis, dass der Freistaat sogar gegen die PATRIZIA hätte mitbieten können. Ein möglicher Beihilfevorwurf hätte mittels unabhängiger Gutachten ausgeräumt werden können, so wie beim Fall der Umstrukturierung der polnischen Fluggesellschaft LOT im Jahre 2012. Es gibt vergleichbare Fälle. Ich skizziere kurz die Sachlage: Hier kaufte die staatliche TF Silesia die Anteile, die LOT an Eurolot hielt, im Rahmen eines Bieterverfahrens. Der Verkaufspreis basierte auf einer zuvor vorgenommenen unabhängigen Bewertung, was die Kommission nicht beanstandet hat. Ich verweise hierzu auf den Beschluss der EU-Kommission 2015/119 vom 29.07.2014. Sie können dort alle Einzelheiten nachlesen. Das Besondere ist, dass es wie bei der GBW ein Verfahren im Beihilfeverfahren gab. Das ist der vergleichbare Aspekt. Hierfür müssen wir nicht nach Baden-Württemberg schauen.
Drittens. Das Märchen vom Schwarzen Peter an den Landtag. Die Bayerische Staatsregierung arbeitete offensichtlich auch indirekt auf die bewusste Einschränkung ihrer Handlungsmöglichkeiten hin. Der Schwarze Peter sollte schließlich dem Landtag zugeschoben werden, in dem die CSU/FDP-Mehrheit am 02.Februar 2012 einen Antrag auf Drucksache 16/11153 beschließen ließ, in dem der entscheidende letzte Satz lautete:
Das haben Sie mit Ihrer damaligen Mehrheit beschlossen. Das war eine eindeutige Handlung gegen die 80.000 sozial schwachen Mieter in Bayern. Das war ein weiteres, bequemes Argument, welches ins Feld geführt werden konnte, um als Freistaat die GBW AG nicht übernehmen zu müssen.
Viertens. Die Staatsregierung hat Chancen verstreichen lassen. Das Zeitfenster für den exklusiven Erwerb vor dem Beihilfebeschluss war zu eng. Erste Prüfungen mit Blick auf eine exklusive Veräußerung sowohl an den Freistaat als auch an die Kommunen wurden im damaligen federführenden Staatsministerium der Finanzen lange Zeit verschlafen und nicht umgesetzt. Als die EU-Kommission schließlich ihre grundsätzliche Bereitschaft für eine exklusive Veräußerung an die Kommunen signalisierte, war das Zeitfenster bis zum Beihilfebeschluss im Juli 2012 dafür
schon sehr begrenzt. Die Bildung eines Konsortiums auf Seiten der Kommunen – das haben die Zeugen bestätigt –, die Erstellung der notwendigen Wertgutachten sowie finale Verkaufspreisverhandlungen samt Abschluss der Transaktionen wären aufgrund des engen Zeitfensters schwerlich durchführbar gewesen. Man hat einfach mutwillig viel Zeit verspielt und viel Zeit versäumt.
Fünftens. Untätigkeit statt Verhandlungswille. In den Verhandlungen mit der EU-Kommission ließ es die Staatsregierung bis März 2012 unversucht, zum weiterhin auf Arbeitsebene bestehenden Dissens zwischen dem zuständigen Referat im Staatsministerium der Finanzen und dem zuständigen Case Manager bei der EU-Kommission, Herrn Dr. Lienemeyer, noch einmal im Rahmen eines Spitzengesprächs auf höchster politischer Ebene zu verhandeln – Söder-Almunia oder Seehofer-Almunia oder beide.
Zwischenfazit: Wie Sie sehen, wäre ein Halten der GBW AG in öffentlicher Hand sehr wohl möglich gewesen. Die Privatisierung der GBW AG war damit nicht – wie von der Staatsregierung und dem jetzigen Ministerpräsidenten stets gepredigt – alternativlos. Es bestanden sehr wohl konkrete Möglichkeiten, um die GBW AG in öffentlicher Hand zu halten und den GBW-Mieterinnen und GBW-Mietern ihren langen Leidensweg mit Mieterhöhungen zu ersparen. Fakt ist vielmehr, dass die Staatsregierung ein entsprechendes Vorgehen damals kategorisch ablehnte.
Sechstens. Die Sozialcharta hat keinerlei Mehrwert gegenüber den ohnehin bestehenden gesetzlichen Regelungen. Auch die von Ministerpräsident Dr. Markus Söder und von der Staatsregierung immer wieder hochgepriesene Sozialcharta, mit der eigentlich ein optimaler Mieterschutz der GBW-Mieterinnen und GBW-Mieter sichergestellt werden sollte, ist nichts als heiße Luft. Das muss ich hier leider feststellen. Den GBW-Mieterinnen und GBW-Mietern wird hierdurch nicht ansatzweise ein besserer Mieterschutz gewährt. Das befand auch jüngst das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 9. August 2018 – somit ganz aktuell. Dazu zitiere ich das Aktenzeichen 472 C 8559/18, Randnummer 45:
Auch wenn man die Form der rechtlichen Ausgestaltung der sog. Sozialcharta vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin aus kaum mehr nachvollziehbaren Gründen nicht an diese gebunden fühlt und offenbar einen denkbaren Folgerechtsstreit der Streitverkündeten gegen die Klägerin geradezu provoziert, als wenig geglückt bezeichnen muss, ändert dies nichts an der rechtlichen Wirkung von Ziffer 2.4.1 und 2.4.2, die lediglich inter partes besteht.
Ich denke, dem ist nichts weiter hinzuzufügen. Damit wird deutlich, dass die Sozialcharta nicht einmal das Papier wert ist, auf dem sie steht. Die GBW-Mieterinnen und GBW-Mieter hat Ministerpräsident Markus Söder damit arg gebeutelt zurückgelassen. Ich erinnere nur an den Zeugen Thyroff und an die Expertenanhörung, die wir im Juli 2018 dankenswerterweise im Bayerischen Landtag durchgeführt haben. Der Deutsche Mieterbund und andere kamen zu dem gleichen Ergebnis.
Siebtens. Unvollständige Aktenführung. Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch ein paar generelle kritische Anmerkungen zur Arbeitsweise insbesondere der Ministerialbürokratie machen. Herr Staatsminister Herrmann kennt das. Jetzt ist er leider nicht mehr da. Er kennt das vom Untersuchungsausschuss Modellbau – wie er so schön heißt. Ich sage immer: "Haderthauer-Ausschuss". Da hatten wir mit der Aktenführung auch gewisse Probleme. Ich muss auch hier wieder feststellen, dass der vonseiten der Staatsregierung zur Verfügung gestellte Aktenbestand nicht vollständig war. So sind Anweisungen seitens der Amtsspitze unvollständig dokumentiert. Ich vergleiche das noch einmal mit dem Untersuchungsausschuss Modellbau. Zentrale Aktenstücke, wie beispielsweise Patientenakten, fehlen nach wie vor. Der zentrale Ordner des in der Forensik therapierten Herrn S. fehlt. Die gesamte Aufzeichnung, die gesamte Akte fehlt nach wie vor.
Hier beim GBW-Untersuchungsausschuss scheint es offensichtlich genauso zu sein. Es lässt sich auch in einigen Fällen nicht nachvollziehen, wer von wichtigen Dokumenten oder rechtlichen Stellungnahmen Kenntnis genommen hat. Ergebnisse und Inhalte von Telefonaten wurden nur sehr unsauber dokumentiert. Insbesondere die Kommunikation von der Ministerebene zur Arbeitsebene ist kaum nachvollziehbar. Hier ein Beispiel: Am 23. März 2012 schwenkte die Arbeitsebene im Finanzministerium gegenüber der Arbeitsebene der EU-Kommission innerhalb von viereinhalb Stunden auf das Bieterverfahren ein. Das war die entscheidende Wendung in diesem ganzen Verfahren. Zuvor bekräftigte der zuständige Case Manager in Brüssel, einen exklusiven Verkauf an die Kommunen hielte er für nicht durchführbar. Zwar fand laut Akten in dieser entscheidenden Phase von viereinhalb Stunden noch eine Telefonkonferenz statt, es gibt aber keinerlei Aufzeichnungen über Teilnehmer, Inhalte und Ergebnisse dieser Telefonkonferenz. Das ist einfach nicht hinnehmbar. Hier lässt sich das für die Aufklärung wichtige Geschehen für uns nicht mehr rekonstruieren. Das ist kein sorgfältiges staatliches Handeln in der Aktenführung.
Das alles lässt uns FREIE WÄHLER zu der Schlussfolgerung kommen, dass die seitens der Ministerien gelieferten Akten teils unvollständig dem Untersuchungsausschuss übergeben worden sind. Hierdurch wurde die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses erheblich erschwert bzw. teils unmöglich gemacht. Die Akten – das war schon im mehrfach erwähnten Untersuchungsausschuss Modellbau der Fall – waren auch nicht paginiert, wie es bei Gericht üblich ist. Erst dann kann man nämlich die Lücken erkennen. Mit dieser Loseblattsammlung – das sage ich jetzt einmal – kann man überhaupt keine Lücken feststellen. Man kann das auch nicht chronologisch verfolgen.
Nun komme ich zum Schlussfazit. Durch meine Ausführungen ist mehr als deutlich geworden, dass die Privatisierung der GBW AG nicht alternativlos war. Es hätte durchaus Möglichkeiten gegeben, die GBW in öffentlicher Hand zu halten. Der Staatsregierung fehlte allerdings der entscheidende politische Wille. Die Folge dieses mangelhaften Willens müssen nun die betroffenen GBW-Mieterinnen und GBW-Mieter ausbaden, für die die neu gegründete staatliche Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim wohl Hohn und Spott sein dürfte. Den versprochenen Mieterschutz gewährleistet die hochgepriesene Sozialcharta XXL nicht ansatzweise. Die CSU/FDP-Staatsregierung und an vorderster Stelle der damalige Finanzminister Markus Söder haben damit eine der größten politischen Fehlentscheidungen in der Geschichte unseres Freistaates zu verantworten. Das ist eine Schande für das soziale Gesicht Bayerns.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Ingrid Heckner (CSU): Das ist unglaublich, was man hier alles sagt!)
Vielen Dank, Kollege Prof. Bauer. – Als Nächster hat Herr Kollege Mütze für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach 14 intensiven Sitzungen ist der vierte Untersuchungsausschuss in dieser Legislaturperiode beendet. Man beachte den Titel – kein Name. Die CSU hatte so viel Angst vor diesem Thema, dass man kurzerhand die Geschäftsordnung geändert hat. Künftig sollen Untersuchungsausschüsse nur noch nummeriert werden. Für uns und für die Öffentlichkeit bleibt aber klar: Dieser Untersuchungsausschuss heißt "UA GBW". Da helfen auch keine Geschäftsordnungstricks.