Der dritte Punkt ist auch sehr wichtig: Wir verhindern eine Klage. Die Privaten haben schon angekündigt, wegen der rechtlichen Unsicherheit zu klagen. Es
wäre der schlechteste Weg, mit Klagen oder einstweiligen Verfügungen zu arbeiten, wenn es um die bayerischen Medien geht.
Wir verhindern zudem eine Diskussion zur Unzeit über mögliche Frequenzvergaben. Es kann durchaus zu Streitigkeiten über die Frage kommen, wer auf welche Frequenzen im UKW-Bereich zugreifen kann. Schließlich verhindern wir einen Streit zwischen den Ländern; denn auch die anderen Bundesländer legen sicherlich Wert darauf, dass Bayern sich an den Rundfunkstaatsvertrag hält.
- Das glauben Sie nicht? Herr Kreuzer, Sie glauben nicht, dass die anderen Länder wollen, dass Bayern sich rechtmäßig verhält? Ich denke schon.
- Jedes Bundesland muss Interesse daran haben, dass auch die anderen Bundesländer sich rechtskonform verhalten. Andernfalls braucht man keine Verträge abzuschließen. Pacta sunt servanda.
(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist im Grundsatz richtig, aber in der Sachfrage besteht bei denen kein Interesse!)
- Auch wir haben Interesse daran, dass andere Bundesländer sich entsprechend den ausgehandelten Verträgen verhalten, Herr Kreuzer. So ist zumindest meine Einstellung dazu.
Mit der Annahme unseres Gesetzentwurfs würden wir es schaffen, das Kräfteverhältnis zwischen dem Bayerischen Rundfunk auf der einen Seite und den Privaten auf der anderen Seite so ausbalanciert zu halten, wie es sich im Moment darstellt. Das ist auch der Hintergrund eines solchen Staatsvertrages. Es ist unser aller Interesse, auch das des Bayerischen Rundfunks, die Digitalisierung voranzubringen und auch sonst weitere Chancen zu eröffnen.
Ein letzter Hinweis ist mir wichtig: In solchen Fragen sollte es nicht Sieger und Verlierer geben. Diese Gefahr besteht allerdings, wenn die Züge aufeinander zurollen. Klare Rechtsregeln bieten die Möglichkeit, dass jeder sie akzeptiert.
Wir haben die Ausnahme damals gemeinsam beschlossen, auch wenn wir dabei vielleicht nicht alle Aspekte bedacht haben. Die damals getroffene Rege
lung hat sich als rechtswidrig herausgestellt. Ich würde mich freuen, wenn wir wiederum gemeinsam darüber diskutieren könnten, wie der Widerspruch zu beseitigen ist.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte dem Kollegen Piazolo flapsig zurufen: Daran sehen Sie, wie vorausschauend die Staatsregierung allzeit unterwegs ist. Sie hat schon damals das vorgeschlagen, was Sie jetzt auf den Weg bringen wollen. - Aber in aller Ernsthaftigkeit: Es ist eine Diskussion, die das Land bewegt. Das muss man zugestehen. Die Diskussion umfasst rundfunkrechtliche und medienpolitische Aspekte; beides muss man sauber auseinanderhalten.
In medienpolitischer Hinsicht müssen wir verschiedene Interessen unter einen Hut bringen: das Interesse des Bayerischen Rundfunks, ein Programm aufzustellen, das alle Zielgruppen erreicht, und die Interessen der Klassikfreunde, unterlegt mit einer wuchtigen Petition. Wir hören das Argument derjenigen, die die Balance des dualen Rundfunkwesens, zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen, aktuell gewahrt sehen und hochhalten wollen. Wir hören aber auch das Argument derjenigen, die die Bedeutung der Staatsferne betonen.
Lieber Kollege Piazolo, in der vergangenen Legislaturperiode waren wir alle der Meinung, dass die Programmautonomie des Bayerischen Rundfunks ein hohes Gut sei. Nur weil uns die Ergebnisse nicht passen, können wir jetzt nicht sagen: Dann rollen wir das Ganze wieder auf und schieben die damals beschlossene Regelung beiseite; wir wollen doch hier entscheiden. Wir müssen uns schon klar darüber sein, was wir genau wollen. – Soweit die medienpolitischen Aspekte.
Ich komme zu den rundfunkrechtlichen Aspekten. Da bin ich schon bei Ihnen: Schon die Tatsache, dass uns allen verschiedene Rechtsgutachten zugeschickt wurden, weist auf die Klarstellungsbedürftigkeit hin. Möglicherweise ist das Rundfunkgesetz tatsächlich in sich widersprüchlich; darauf haben Sie schon hingewiesen, Herr Kollege Piazolo. Wir sind uns sicherlich einig, dass wir die Klärung dieser Fragen nicht den Gerichten überlassen wollen. Der Gesetzgeber, der so beschlossen hat, soll auch dafür sorgen, dass keine Auslegungsfragen offen bleiben, zumindest dann nicht, wenn es nicht nur um die Frage geht, wie ein Sachverhalt in der Konkretisierung zu bewerten
Wir haben zwei Normquellen heranzuziehen – darauf haben Sie hingewiesen –, den Rundfunkstaatsvertrag und das Bayerische Rundfunkgesetz. Artikel 2 Absatz 4 des Bayerischen Rundfunkgesetzes – darauf nehmen Sie in Ihrem Gesetzentwurf Bezug – enthält eine Einschränkung, die möglicherweise im Widerspruch zum Rundfunkstaatsvertrag steht. Diesen Widerspruch wollen Sie dadurch beheben, dass Sie die Formulierung aus dem Rundfunkstaatsvertrag fast wörtlich in das Rundfunkgesetz übernehmen.
An diesem Vorschlag habe ich gewisse rechtssystematische Zweifel; denn letztlich hieße es in Absatz 4, es solle das gelten, was in Absatz 1 schon ausgesagt wird. Es wird auf §§ 11 bis 11 f des Rundfunkstaatsvertrages Bezug genommen. Ob das die Lösung des Problems ist, würde ich vorsichtig bezweifeln. Jedenfalls müssen wir darüber diskutieren. Umgekehrt könnten wir Absatz 4 komplett wegfallen lassen. Dann würde der Rundfunkstaatsvertrag in seiner aktuellen Fassung gelten.
Aber auch folgenden Aspekt müssen wir in unsere Überlegungen einbeziehen: Es bleiben Zweifel an der Auslegung des § 11 c Absatz 2 des Rundfunkstaatsvertrages selbst. Wenn ich die Diskussion richtig verfolgt habe, sieht der Bayerische Rundfunk keinen Widerspruch zwischen dem, was er vorhat, und folgender Regelung:
Der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Programms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Programm ist nicht zulässig.
Ich bin nur Erfahrungsjurist und habe gewisse Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie es dort keinen Widerspruch geben kann. Aber es gibt offensichtlich Juristen, die in der Lage sind, den Nachweis zu führen, dass es doch unter einen Hut zu bekommen sei.
Ob wir mit Ihrem Gesetzentwurf unserem Ziel näher kämen, ohne den Rundfunkstaatsvertrag zu berühren, daran habe ich zumindest vorsichtige Zweifel. Ich bin aber bei Ihnen, wenn Sie betonen, dass Rechtsklarheit wünschenswert ist. Über den Weg werden wir noch sprechen müssen.
Lieber Kollege Piazolo, am Ende reden wir doch auch über eine medienpolitische und nicht allein über eine rundfunkrechtliche Frage. In diesem Zusammenhang gibt es zwei Kernbesorgnisse, die wir sehr ernst nehmen müssen; insoweit tragen auch wir als Gesetzgeber Verantwortung. Zum Ersten müssen wir sicherstellen, dass eine Rundfunkanstalt wie der Bayerische Rundfunk ihrem Auftrag nachkommen kann, alle Be
völkerungsschichten und alle Altersgruppen mit ihrem Programmangebot zu erreichen und dort Relevanz zu haben. Zum Zweiten müssen wir sicherstellen, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen Massenprogramm und hochwertigem Spartenprogramm bestehen bleibt. Insoweit könnte ich durchaus dem Argument etwas abgewinnen, dass das Vorhaben, wie es jetzt angelegt ist, in der Tendenz dazu geeignet ist, diese Balance zugunsten von mehr Massenprogramm zu verschieben; es gäbe dann eine etwas geringere Zahl von hochwertigen Spartenprogrammen.
Sie haben es während meiner Ausführungen schon bemerkt: Alles zusammengenommen fällt es mir schwer, hier ein klares Votum abzugeben. Rechtsklarheit ist wünschenswert. Wir müssen das Problem aber vor allem auch medienpolitisch klug angehen, weil der medienpolitische Aspekt nicht zu unterschätzen ist. Wir brauchen am Ende eine rechtlich klare Lösung. Daran sollten wir mit der notwendigen Gründlichkeit arbeiten. Das wünsche ich mir in dem Verfahren. Wir sind dankbar, dass der Bayerische Rundfunk uns die Möglichkeit gegeben hat, ohne Zeitdruck und sachlich zu beraten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Diskussion um den Frequenztausch des Bayerischen Rundfunks – Klassik gegen PULS – möchte ich eines vorausschicken: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender haben den wichtigen Verfassungsauftrag, die Grundversorgung mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung sicherzustellen, und zwar für alle Altersgruppen, für Jung und Alt gleichermaßen.
Unsere digitale Welt schreitet voran. In den vergangenen Jahren hat sich unsere Medienlandschaft rasant verändert. Bis 2016 soll das digitale Netz fast 98 % Bayerns abdecken. Das schafft UKW nicht. Dem digitalen Radio gehört zweifelsohne die Zukunft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, laut Medienanalyse hören täglich eine viertel Million Menschen BR-Klas
sik. Das ist viermal eine ausverkaufte Allianz-Arena. 40 % der bayerischen Hörer empfangen das Programm UKW unabhängig über Satellit, Kabel oder Digitalradio. Die Klassikhörer sollen nun – das sage ich ganz salopp – ins digitale Netz verbannt werden.
Der Jugendsender PULS soll spätestens 2016 auf UKW verbreitet werden. Kolleginnen und Kollegen, wir begrüßen, dass der BR mit PULS ein Programm entwickelt, mit dem er die jungen Hörer erreichen kann. Nicht zu begrüßen ist allerdings, dass er dies zulasten einer treuen Hörerschaft tut.
Der Sender stellt den Rundfunkrat vor die scheinbar alternativlose Entscheidung, höhere Reichweiten für Jugendliche mit PULS nur zulasten der Stammhörerschaft seines Klassiksenders gewinnen zu können. So notwendig und begrüßenswert es ist, dass der Bayerische Rundfunk in Zukunft junge Hörerinnen und Hörer auch mit Zielgruppenprogrammen für die Jugendlichen an sich bindet, so wenig akzeptabel ist es, dass Hörergruppen auf diese Weise gegeneinander ausgespielt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Moment muss man sich das noch einmal verdeutlichen: UKW ist noch der maßgebliche Verbreitungsweg für die Radioprogramme. Das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht so schnell ändern.
Wir sprechen von einem Zeitraum von 10, 15 oder 20 Jahren. Der BR erreicht 0,5 % der 14- bis 29-Jährigen mit seinem Digitalprogramm PULS, entweder über das Internet oder DAB+.
Bayern ist das Land mit einer bunten und vielfältigen Radiolandschaft. Nirgends in Deutschland gibt es mehr Radioanbieter. Unser duales Rundfunksystem hat sich bewährt. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Wir wollen keine Schieflage.
Dass der BR angesichts der deutlichen Reaktion seiner Hörer die Entscheidung des Rundfunkrates über den Frequenzwechsel verschoben hat, zeigt doch, dass noch eingehender und grundsätzlicher Beratungsbedarf besteht. In den Ausschüssen soll darüber beraten werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, soll
te der Frequenztausch in dieser Form nicht stattfinden, sind wir davon überzeugt, dass das sicherlich nicht der Niedergang des Bayerischen Rundfunks ist.