Protokoll der Sitzung vom 30.09.2014

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Umso schlimmer!)

Damit steht den Mieterinnen und Mietern der GBWGruppe in dieser Angelegenheit eine unparteiische Schiedsperson zur Verfügung. Die Kommunikation durch die GBW, wie Günther Beckstein erreicht werden kann, war – das räume ich ein – mit Sicherheit anfänglich nicht ausreichend. Aber auch das ist bei

dem Gespräch vom Mai bereits geklärt und in der Folge verbessert worden.

Individualvertragliche Umsetzung von Schutzrechten hat in erheblichem Umfang stattgefunden. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung, den einzelnen Mieter schützende explizite Regelungen schnellstmöglich, spätestens aber binnen 15 Monaten nach Übernahme der Aktienanteile zu übernehmen. Die GBW hat dazu zunächst die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen, indem sie die Minderheitsaktionäre ausgeschlossen hat. Diese haben dagegen geklagt, und diese Klagen wurden nach entsprechenden Verhandlungen zwischen GBW und ihnen zurückgenommen, ich glaube, Anfang des Jahres 2014. Damit konnte die individualvertragliche Umsetzung begonnen werden, und sie ist zwischenzeitlich abgeschlossen, also deutlich vor Ablauf der 15 Monate.

Eine Bestätigung der Wirtschaftsprüfer über den Versand der Schreiben an alle bekannten Bestandsmieter liegt der BayernLB vor. Die Wirtschaftsprüfer haben zudem bestätigt, dass ein interner Prozessablauf implementiert wurde. Sofern sich herausstellt, dass ein Bestandsmieter ein Angebot nicht erhalten hat, wird durch den Prozessablauf gewährleistet, dass dies unverzüglich erfolgt. Damit haben die Mieter einen individuellen Schutz, der auch im Falle des Weiterverkaufs von Wohnungen gilt.

Ausweislich des von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche mit Datum vom 27. März bescheinigten Berichts wurden vom 27.05., dem Tag der Aktienanteilsübernahme, bis 31.12.2013 alle Vorgaben aus der Sozialcharta eingehalten. Im Einzelnen sind dies: der allgemeine Kündigungsschutz auf Dauer von 10 Jahren - es erfolgten weder Kündigungen wegen Eigenbedarfs noch wegen Verhinderung der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung -, lebenslanger Kündigungsschutz für Bestandsmieter über 60 Jahre und deren Familienangehörige sowie Schwerbehinderte – es gab keine derartigen Kündigungen –,

(Florian von Brunn (SPD): Das können Sie den betroffenen Mietern vortragen!)

der Ausschluss von Luxusmodernisierungen – es wurden keine Luxusmodernisierungen ohne Einwilligung der Mieter durchgeführt –, portfoliobezogene Beschränkung von Mieterhöhungen – im Zeitraum vom 27.05. bis 31.12. wurden die Bestandsmieten nicht etwa um 3,5 %, wie das in Ihrem Beitrag suggeriert worden ist, sondern durchschnittlich um 0,59 % erhöht, und im Übrigen liegt der Grenzwert für die ersten drei Jahre für jeden Einzelfall bei 15 %. So gese

hen würde ich Sie bitten, Einzelfälle von Verstößen gegen diese Charta, wenn Sie solche kennen, mitzuteilen, damit man Deloitte & Touche darauf hinweisen kann, dass das in die Prüfung einbezogen wird, ob das stimmt.

(Florian von Brunn (SPD): Es gibt eine Vielzahl von Einzelfällen!)

Die Maßgabe, im Kalenderjahr einen durchschnittlichen Mindestinvestitionsbetrag von 15 Euro pro Quadratmeter für Instandhaltung und Modernisierung von Bestandswohnungen aufzuwenden, wurde mit einem tatsächlichen Investitionsbetrag von 19,86 Euro eingehalten bzw. überschritten. Der Gesamtwohnungsbestand verringerte sich, saldiert mit Zugängen, im Jahr 2013 um 741 Wohnungen. Damit ist die Maximalzahl von 1.500 Wohnungen deutlich eingehalten.

Das Vorkaufsrecht für Kommunen wurde beim jeweiligen Verkauf den Belegenheitskommunen eingeräumt und in zwei Fällen ausgeübt. Die Patrizia hat sich zudem freiwillig bereit erklärt, der jeweiligen Kommune die Möglichkeit zu geben, ein von ihr benanntes und mehrheitlich gehaltenes kommunales Wohnungsunternehmen in ihr Vorkaufsrecht eintreten zu lassen.

Der Verpflichtung, beim Verkauf von Wohnungen die Erwerber zur Einhaltung der Sozialchartaklausel zu verpflichten, wurde in jedem Einzelfall nachgekommen. Den Regelungen zum Mitarbeiterschutz wurden in jedem Fall entsprochen.

Der Finanzminister – ich habe schon darauf hingewiesen – hat am 16. Mai ein Gespräch mit den bayerischen Mieterverbänden und der GBW-Gruppe geführt. Daran haben teilgenommen: der "Mieterverein München e. V.", "Deutscher Mieterbund Nürnberg und Umgebung e. V.", "Bündnis Bezahlbares Wohnen", der Mieterbeirat der Landeshauptstadt München, die GBW durch ihren Vorsitzenden der Geschäftsführung, die Bayerische Landesbank durch ihren stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, Herr Dr. Günther Beckstein als Ombudsmann, Herr Ministerialdirigent Paas vom Staatsministerium des Innern. In diesem Gespräch wurde abgesprochen,

(Florian von Brunn (SPD): Sie lesen viel vor, sagen aber wenig zur Sache, muss ich feststellen!)

dass im Falle von geplanten Abrissen bestehender Wohnanlagen Mieter künftig früher informiert und in die Planung integriert werden, dass die GBW in Zukunft auf die Androhung von Zahllast bei angekündigten Wohnungsbesichtigungen verzichtet, dass bereits vorgenommene rechtlich zulässige Mieterhöhungen in sozial schwierigen Fällen - zum Beispiel in dem Fall,

dass eine Rentnerin nicht zahlen kann - erneut überprüft werden, dass die GBW Mieterhöhungen, die in Gebieten mit EOF-Wohnanlagen vorgenommen worden sind, zurücknimmt.

Strittig blieb letztlich die Frage der Umwandlung, wobei die GBW der Meinung ist, dass diese zulässig ist. Deshalb hat sie ja auch geklagt. Wir werden abwarten müssen, wie die Gerichte entscheiden.

Nach alledem ist, glaube ich, deutlich geworden, dass es für die heutige Aktuelle Stunde den Anlass in der Überschrift nicht gibt.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Eine großartige Rede! Eine historische Rede! Tosender Applaus!)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Kollege Professor Dr. Michael Piazolo von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Ernst Weidenbusch, glauben Sie, dass Ihre Ausführungen am Rednerpult irgendeinen Mieter der Wohnungen beruhigt haben? Glauben Sie das?

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das ist Desinteresse!)

Die Art und Weise, wie Sie das vorgetragen haben, hat Emotionen und Empathie gegenüber den Mietern vermissen lassen.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Da ist kein Raum für Empathie!)

- Doch, ich glaube, da ist Raum für Empathie, da ist auch Raum für Emotionen. Es geht hier sicherlich nicht um die Reichsten unserer Gesellschaft. Sie sehen sich in Städten, in denen Mieten ständig steigen, großen Problemen gegenüber. Wir als Politiker sind dafür verantwortlich. Und da ist Raum für Empathie und auch für Emotionen, Herr Weidenbusch. Das sehe ich so.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Das Thema GBW-Wohnungen begleitet uns seit 2010. Seit vier Jahren diskutieren wir im Bayerischen Landtag darüber. Ich sage Ihnen: Wenn Sie gute Lösungen gefunden hätten, dann wäre dieses Thema jetzt nicht zum wahrscheinlich zehnten Mal im Bayerischen Landtag. Wenn Sie gute Lösungen gefunden

hätten, dann würden auch die Medien nicht ständig darüber berichten. Wenn Sie gute Lösungen gefunden hätten, dann wären auch die Mieter zufrieden, dann wären die Menschen, die in den mehr als 30.000 Wohnungen wohnen, nicht ständig bei den Medien und bei der Politik auf den Barrikaden.

Insofern, glaube ich, ist es sehr gut, dass wir uns hier die Zeit nehmen und darüber intensiv reden. Ich sage Ihnen auch, wo ich in dieser Debatte den Geburtsfehler sehe. Der liegt nämlich schon in der Ressortierung. Ich weiß, dass der Finanzminister für diese Wohnungen zuständig war und ist. Wenn ein Finanzminister über wichtige soziale Fragen allein entscheidet, dann ist das schon ein Problem an sich; denn dem Finanzminister geht es im Wesentlichen um Geld. Wenn Sie die Geschichte der GBW-Wohnungen betrachten, dann sehen Sie: Das ist im Vordergrund eine Geschichte um Geld und nicht um Sozialrechte. Darin liegt eines der Probleme.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Es ist interessant und auch bedenklich, dass Finanzminister Söder anscheinend inzwischen das soziale Gesicht der CSU ist. In dieser Debatte reden immer nur der Finanzminister und der ehemalige Innenminister. Wo sind eigentlich die Sozialpolitiker der CSU bei diesem Thema geblieben? Wo sind sie geblieben?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Hier geht es nicht zentral ums Geld. Hier geht es um Menschen, um menschenwürdiges Leben und um eine menschenwürdige Miete.

Ich sage ganz deutlich – auch Kollege Lotte hat es ausgeführt -: Die Patrizia hat die Staatsregierung in vielen Bereichen über den Tisch gezogen. Wenn ich an das Wort des Innenministers denke – nicht des Innenministers, sondern des Finanzministers; sehen Sie, ich ordne Sie auch schon falsch zu - "Das Immobilienunternehmen aus Augsburg gewährleistet ein Höchstmaß an Sicherheit für die Mieter", dann frage ich mich, ob man trotz Ihres Berichtes dazu noch stehen kann. Ich glaube, diese Patrizia, die erfahren ist, hat Sie im Grunde genommen ausgetrickst wie Arjen Robben einen Kreisklasse-Spieler austricksen würde: mal rechts vorbei, mal links vorbei, und dann steht er schon vor dem Tor.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wir haben hier einiges gehört: Grundbuchvormerkungen schon vor dem Umwandlungsverbot - sie reagie

ren als Unternehmen sehr schnell, wenn sie merken, hier tut sich etwas -, interne Weiterverkäufe an Mitarbeiter - das ist eine Umstrukturierung der Firma; es ist gerade geschildert worden, ich kann mir das ersparen -, Verkauf derjenigen Wohnungen, die sich am besten verkaufen lassen, bis zu der Grenze des Möglichen und Mieterhöhungen. Das alles geht rechtlich, und all das schöpft die Patrizia bis zum Letzten aus.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Das ist doch nicht wahr! Das ist Unsinn!)

- Es ist wahr, Herr Weidenbusch. Wenn man einem Löwen ein Rudel Antilopen zum Hüten gibt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Löwe bei den Verhandlungen noch die Krallen einzieht und danach zuschlägt. So ist es.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD – Ernst Weidenbusch (CSU): Das hilft dem Mieter nicht! Das ist hochgradig unseriös, was Sie hier machen!)

- Nein, unseriös ist das, was Sie getan haben.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie müssen für den Schutz der Mieter und für sozial verträgliche Mietpreise sorgen, und davon sind Sie noch sehr weit entfernt, Herr Weidenbusch.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Un-Patriziös!)

Danke schön. - Als Nächster hat Kollege Mistol vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kreuzer ist jetzt leider nicht da. Ich hätte noch eine kurze Vorbemerkung gehabt. Aber vielleicht können Sie, Herr Kollege Zellmeier, ihm das ausrichten. Das ist jetzt meine 15. Plenarrede. Ich erwähne das, damit das nicht untergeht und er weiterhin auf dem Laufenden ist.

(Heiterkeit – Beifall bei den GRÜNEN, den FREI- EN WÄHLERN und der SPD – Josef Zellmeier (CSU): Wir werden nachzählen!)

Jetzt zum Thema: Die GBW hatte einmal den Ruf einer sozialen Vermieterin. Doch seit die Patrizia als neue Eigentümerin buchstäblich aus Steinen Geld macht, herrschen unter den rund 80.000 Mieterinnen und Mietern begründete Zweifel daran. Bei den GBWWohnungen passiert nämlich genau das, wovor wir GRÜNE die Staatsregierung beim Verkauf der Woh

nungsbestände von Anfang an gebetsmühlenartig gewarnt hatten: Die neuen Eigentümer maximieren ihren Gewinn. Vor allem dort, wo Wohnungsmangel herrscht, werden Wohnungen veräußert beziehungsweise steigen die Mieten drastisch – zum Leidwesen der Mieterinnen und Mieter; denn die von Staatsminister Söder viel gepriesene Sozialcharta ist und bleibt ein zahnloser Tiger. Sie lässt der GBW genau so viel Spielraum, um unter dem Feigenblatt der Sozialverträglichkeit und teilweise haarscharf am Rande der Legalität den größtmöglichen Profit aus den GBW-Beständen herauszuquetschen. Dass das Vertragswerk der Sozialcharta Lücken hat, mussten Teile der CSU bereits eingestehen. Trotzdem hält es die Staatsregierung nicht für notwendig, die Reißleine zu ziehen und ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen.

Unser Antrag, der einen Einstieg in das von den Kommunen ausgehandelte Vorkaufsrecht forderte, war aus meiner Sicht im Grunde die letzte Chance, um den weiteren Ausverkauf der Wohnungsbestände zu verhindern. Es reicht nicht, dass Staatsminister Herrmann – jetzt ist er nicht da – das Jahr 2014 zum Jahr des Wohnungsbaus ausgerufen hat. Das hat er kurz vor Silvester getan. Diese billige Ankündigung wird völlig konterkariert, wenn in dem von der Staatsregierung vorgelegten Entwurf für den nächsten Doppelhaushalt die Landesmittel für die Wohnraumförderung um über 50 Millionen Euro sinken sollen, und zwar in dem von der Staatsregierung ausgerufenen Jahr des Wohnungsbaus.