Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der ausgedruckten Liste einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Gibt es Enthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Als Erstes rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Regionale Energiewende statt Trassenwahnsinn (Drs. 17/3355)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Kollege Glauber.

Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir diskutieren wieder einmal über die Energiewende. Wir diskutieren wieder einmal darüber, wie man die Energiewende für Bayern am besten gestalten kann. Nachdem 2011 das Unglück von Fukushima geschah und damals der Bayerische Ministerpräsident und der damalige Vizeministerpräsident und Wirtschaftsminister Zeil verkündeten, dass Bayern das leuchtendes

Beispiel für die Energiewende sein werde, ist über Jahre nichts passiert.

Jetzt haben wir folgende Situation: In Berlin wird über zwei Trassen für Hochspannungs-Übertragungsleitungen diskutiert, die nach Bayern führen sollen. Eine dieser Trassen ist die Nord-Süd-Trasse, die in Bad Lauchstädt beginnt und nach der aktuellen Planung Braunkohlestrom nach Bayern transportieren soll. Diese Trasse wurde in Berlin im Bundesrat beschlossen. Wir FREIE WÄHLER sind der Meinung, dass nach den vielen Aussagen, die wir bisher zur Energiewende gehört haben, eines sicher nicht mehr zutrifft: Zwei Hochspannungs-Übertragungsleitungen sind für Bayern notwendig, und das ist alternativlos. Das glauben wir nicht. Wir sind nicht der Meinung, dass diese Leitungen alternativlos sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir fordern die Staatsregierung seit 2011 auf, sie möge für Bayern ein schlüssiges Energiekonzept vorlegen. Dieses Energiekonzept ist bis heute niemandem zugegangen. Um über die Notwendigkeit dieser Hochspannungs-Übertragungsleitungen wirklich diskutieren zu können, müssen wir wissen, was wir in Bayern leisten können, was wir in Bayern leisten wollen und wie der Bedarf ist. Wir werfen Ihnen vor, dass diese Trasse jetzt wieder als notwendig und alternativlos auf dem Tisch liegt. Wir fordern Sie auf: Organisieren Sie die Energiewende – das haben wir in einer Studie in den Jahren 2009 und 2010 dargestellt – regional und lokal.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Reden Sie mit den Landkreisen und den Gemeinden. Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, die Wirtschaftskraft vor Ort zu nutzen. Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, die Wertschöpfung vor Ort zu belassen. Setzen Sie nicht auf eine Braunkohlestromtrasse. Diese HGÜ-Trasse, die Sie und auch die Kollegen der SPD in Berlin als alternativlos ansehen, hat keine Auf- und Abfahrt. Sie schafft momentan Braunkohlestrom nach Bayern. Das ist Fakt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir FREIE WÄHLER wollen nicht, dass Braunkohlestrom nach Bayern transportiert wird. Braunkohlestrom kann auf europäischer Ebene nur deshalb in diesem Ausmaß produziert werden, weil CO2-Zertifikate – das sei auch an die Adresse der GRÜNEN gesagt – in Europa verschleudert werden. Dies macht es überhaupt möglich, dass wir jetzt Strom aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt nach Bayern bekommen. Wir bekommen den Braunkohlestrom, weil hier nicht die besonders effizienten und notwendigen

Gaskraftwerke gebaut werden, sondern weil aufgrund des Verschleuderns von CO2-Zertifikaten der Umweltfaktor nicht eingepreist wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn wir die Energiewende lokal und dezentral organisieren, bedeutet das nicht, dass wir die Energie, die die Windräder in der Nordsee und der Ostsee produzieren, nicht nutzen. Wir können sie wegen der Methanisierung nicht zu 100 % nutzen. Wir können sie aber über 24 Stunden in ein Gasnetz einspeichern. Wir diskutieren darüber, welcher Speicher uns Unabhängigkeit verschafft. Wenn wir den Druck im Gasnetz erhöhen, schaffen wir momentan für über 70 Tage speicherbare Energie. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir in Bayern Unabhängigkeit erzeugen können.

Wenn der Ministerpräsident – und das ist die Adresse – mit den Bürgern ein Moratorium macht, sollte er sich dabei immer eines vor Augen halten: Viele kleine dezentrale Gaskraftwerke sind lokal und regional gut regelbar, über den Energiespeicher Gasnetz steuerbar und haben den charmanten Vorteil, dass wir, etwa wie in Irsching, ein Gas- und Dampfkraftwerk mit einem Wirkungsgrad von mehr als 60 % haben. Wir können aber auch mit kleinen lokalen Gas- und Dampfkraftwerken, wenn wir sie wärmegeführt fahren, noch höhere Wirkungsgrade erzielen. Damit schaffen wir einen Ansatz für regionale, lokale Wertschöpfung und ein energieautarkes Bayern. Das muss unser Ziel sein. Dafür werden wir in Bayern kämpfen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

- Herr Huber, Sie rufen mir "Träumer" zu. Sie waren auch derjenige, der gesagt hat, der Markt werde die Breitbandversorgung regeln. Wer von uns beiden der Träumer war, kann sich das Haus überlegen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Sie waren auch derjenige, der den Donauausbau vorhergesagt hat. Herr Huber, von "Träumern" brauchen wir nicht zu reden.

Wir organisieren die lokale und regionale Energiewende. Wir sind gegen die Trassen, wie sie auf dem Tisch liegen. Wir wollen hier in Bayern keinen Braunkohlestrom.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Danke schön. Ich bitte jetzt Herrn Kollegen Holetschek an das Rednerpult.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie organisieren nicht die Energiewende, sondern Sie organisieren hier zum wiederholten Male ein Kasperltheater. Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, dann holen Sie den Flächenbrand und den Aufstand heraus.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Oh mei, oh mei!)

Herr Aiwanger, Sie brauchten jetzt wieder ein Thema zu Ihrem Parteitag; das haben Sie geschaffen. Aber Sie haben nicht verstanden, worum es geht.

(Beifall bei der CSU)

Ich will Ihnen einmal kurz sagen, worum es geht. Wir haben beim Thema Energiewende schon einiges erreicht, nämlich einen Anteil von 36 % erneuerbarer Energie. Das darf man an dieser Stelle auch einmal sagen.

(Zurufe von den FREIEN WÄHLERN)

Die 10-H-Regelung ist eine Regelung für die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei den FREI- EN WÄHLERN)

- Wenn Sie es bis jetzt noch nicht begriffen haben, werden Sie es auch nicht mehr begreifen.

(Unruhe)

Dann wird Ihnen der nächste Wahlkampf zeigen, was der Bürger von Ihnen hält. Nehmen Sie also zur Kenntnis, dass wir diese Themen abarbeiten, und zwar vernünftig.

(Zurufe der Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD) und Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Durch schreien wird es nicht besser.

(Anhaltende Unruhe)

Bitte, Herr Kollege Holetschek hat das Wort.

Ich habe vorhin kurz in die Leitlinien der FREIEN WÄHLER zur Landtagswahl 2013 geschaut. Auf Seite 44 in den Leitlinien steht: Wir wollen eine Energiewende, bei der die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden.

(Zurufe von den FREIEN WÄHLERN)

Wir führen jetzt den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Das ist die Idee, die dahintersteckt. Wir führen den Dialog, und Sie haben Festlegungen, die das Ergebnis eines Dialogs vorwegnehmen. Das ist Populismus. Ohne Substanz und ohne Ziel werden Sie auch da beim Bürger nicht ankommen. Das will ich nochmals ganz deutlich sagen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist der Dialog, nachdem Sie das Gesetz im Bundestag beschlossen haben. Das ist lächerlich!)

Kolleginnen und Kollegen der SPD, wenn man den Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU liest, findet man auf Seite 44 ganz klar – Herr Ministerpräsident, ich darf das zitieren –, dass die Koalition mit allen Akteuren der Energiewirtschaft einen Dialog pflegen wird. Nichts anderes tun wir.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER ))

Frau Ministerin, wir nehmen uns die Zeit, diesen Dialog zu führen. Wir nehmen uns die Zeit, darüber zu reden, dass die Strommenge sicher, bezahlbar und sauber bleibt. Das ist das Ziel. Dann werden wir auch Ergebnisse vorweisen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Also, dann machen Sie es!)